und wenn wir für einen Teil dieser acht Proben bis heute kein Ergebnis haben, und wenn wir für 100 Proben, die im Schwerpunktlabor in Frankfurt angekommen sind - wir haben sechs Bundesländer im Laborverbund, Brandenburg und Niedersachsen sind schwerpunktmäßig für Dioxin verantwortlich -, drei Wochen brauchen, dann frage ich mich: Was machen wir, wenn wir in Situationen wie in Niedersachsen, wie in anderen Bundesländern geraten? Wie lange wollen wir dann auf Ergebnisse warten?
Da besteht eine Menge Handlungsbedarf. Ich kann Sie nur auffordern, endlich aktiv zu werden, Ihren Laden in den Griff zu bekommen und den Verbraucherschutz in diesem Land zu stärken.
Frau Ministerin, Sie haben jetzt Gelegenheit, darauf zu reagieren oder in Ihrem zweiten Redebeitrag dazu zu sprechen. Dann verfahren wir so.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir in den vergangenen Tagen erfahren haben, hat mir die Sprache verschlagen und den Appetit verdorben. Selbst für diejenigen, die sich wenig Gedanken über die Herkunft unserer Lebensmittel machen, ist es nichts Neues, dass Kühe beileibe nicht nur Grünfutter erhalten. Jedes Schulkind weiß, dass die Hühner, die heute in der Pfanne liegen, keineswegs „einst in schönen Tagen bald im Hofe, bald im Garten lebensfroh im Sande scharrten“. Nein, wir wissen: Die Tierzucht ist seit langem nicht besonders naturnah. Aber wir vertrauen darauf, und wir sollten darauf vertrauen dürfen, dass sie doch wenigstens nicht gesundheitsschädigend ist. Dafür gibt es Gesetze, dafür gibt es Kontrollen. Es gibt auch die ethische Verantwortung der Unternehmen, den Profit nicht vor die Unbedenklichkeit ihrer Produkte zu stellen. Auf diese Gesetze, auf diese Kontrollen und auf diese Rechtschaffenheit verlassen sich die Bauern, die Futtermittel kaufen, und darauf verlassen sich vor allem die Verbraucherinnen und Verbraucher, die im Geschäft zu Eiern, Wurst und Geflügel greifen. Es bleibt ihnen ja auch gar nichts anderes
übrig, denn: Wer Hunger hat, der muss essen, und weil die Balkontomate nicht das ganze Jahr genug abwirft, ist man gezwungen, beim Händler Obst und Fleisch, Eier und Brot zu kaufen.
Beim Essen aber geht es nicht nur um Lebensqualität, Essen ist lebensnotwendig. Hier ist der Verbraucherschutz viel mehr als Ausdruck gesellschaftlichen Wohlstands, hier ist er essentielle Voraussetzung für Gesundheit und Wohlergehen der Menschen. Wo sich früher ein Einzelner einen Vorkoster leisten konnte, der vergiftetes Essen schnell entdecken sollte, steht heute die staatliche Lebensmittelkontrolle, das staatliche Lebensmittelrecht als das demokratische Pendant zum Vorkoster. Die heutigen Vorschriften und Kontrollen sollen aber auch die schleichende Vergiftung verhindern und versteckte und langsam wirkende Schadstoffe aus dem Essen fernhalten helfen.
Darauf, dass die Vorschriften eingehalten werden und dass diese Kontrollen funktionieren, müssen wir Verbraucherinnen und Verbraucher uns verlassen können. Jeder Einzelne von uns vertraut darauf, und das ganz unabhängig davon, ob man Bioprodukte kauft - auch das ist ja hier schon angesprochen worden oder konventionell hergestellte Lebensmittel. Der Verbraucher setzt voraus, dass unabhängige Kontrollen die Qualität der Nahrungsmittel, die Einhaltung der Vorschriften garantieren. Der aktuelle Skandal zeigt nun: Die staatlichen Kontrollen erfüllen zumindest bei der Futtermittelherstellung diesen Zweck nicht. Die Kontrollen können offenbar nicht verhindern, dass im Einzelfall mit krimineller Energie die Vorschriften umgangen werden. Wenn jemand betrügen will, so ist es schwer, ihn zu erwischen, heißt es allenthalben. Deshalb ist es notwendig, die Rahmenbedingungen für die Herstellung von Tierfutter so zu ändern, dass das kriminelle Vermischen und Vermengen von Speisefetten und Motorölen, das Panschen und Strecken mit dioxinbelasteten Ölabfällen nicht mehr so leicht fällt wie heute.
Die Sonderkonferenz der Agrar- und Verbraucherschutzminister hat sich am Dienstag auf eine lange Liste von Verbesserungen geeinigt, über die Ministerin Tack hier schon gesprochen hat, insbesondere die Trennung von Produktionsströmen, die Verschärfung von Eigenkontrollen und Meldepflichten und die Stärkung des Informationsinteresses der Verbraucherinnen und Verbraucher im Verbraucherinformationsgesetz. Das ist der richtige Weg.
Wir brauchen den Druck im Bundestag auf die Ministerin Aigner, damit es hier nicht allein bei Ankündigungen bleibt. Ich bin allerdings sehr dafür, dass wir uns im Ausschuss gemeinsam mit dem Ministerium die derzeitigen Abläufe ansehen und darauf abklopfen, ob sie in der heutigen Form ausreichend sind. Schließlich will ich beim Frühstück sagen können „Nimm ein Ei mehr!“ und nicht in meiner Morgenzeitung lesen müssen, was ich gestern besser nicht gegessen hätte. - Danke schön.
Während der Abgeordnete Büchel für die Linksfraktion noch einmal an das Rednerpult kommt, begrüße ich unsere zweite Besuchergruppe, die ebenfalls von der Otto-Tschirch-Oberschule in Brandenburg an der Havel kommt. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte angekündigt, mich noch einmal intensiv mit dem vorliegenden Entschließungsantrag auseinanderzusetzen, um Ihnen deutlich zu machen, wo dieser fachlich falsch und bereits überholt ist. Da erstaunt es mich schon, Herr Wichmann, warum Sie, wenn Sie so viele intensive Gespräche in den letzten Wochen geführt haben, dann nicht heute gesagt haben: Ich gestehe ein, in diesem Antrag sind allerhand Fehler; wir ziehen ihn zurück. Aber ich helfe Ihnen jetzt gerne dabei.
„Am Ende des vergangenen Jahres sind in Eiern deutschlandweit erhöhte Dioxinwerte festgestellt worden.“
Es ist richtig, dass deutschlandweit überall auf erhöhte Dioxinwerte kontrolliert wurde, aber es ist falsch, zu schreiben, dass deutschlandweit erhöhte Dioxinwerte festgestellt worden seien. Es sind nur in Bayern, Nordrhein-Westfahlen und Niedersachsen erhöhte Dioxinwerte festgestellt worden. Oder haben Sie jetzt die Intention, dass nur noch diese drei Bundesländer Deutschland darstellen - und Brandenburg nicht?
„... vorübergehend wurden gesperrt, darunter auch Geflügel- und Schweinemastanlagen in Brandenburg.“
Das ist eine fachlich falsche Aussage. Es ist richtig - das hat die Ministerin Tack vorhin deutlich gemacht -, dass acht Betriebe in Brandenburg unter Beobachtung standen, jedoch waren ein Geflügelbetrieb und ein Putenmastbetrieb amtlich gesperrt. Sie werden mir Recht geben, dass Geflügel und Puten keine Schweine sind. Damit ist dieser Satz fachlich falsch.
Jetzt komme ich zu jenem Satz, den Sie in den letzten Tagen in den Medien immer wieder hoch- und runtergespult haben:
„Lediglich fünf Mitarbeiter sind beim Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz für die Kontrollen der Futtermittelherstellung im Land Brandenburg zuständig und führen ein- bis zweimal im Jahr eine angemeldete Kontrolle in den entsprechenden Herstellerbetrieben durch.“
Erstens haben Sie ja schon selbst dargestellt, dass es nur vier Mitarbeiter sind und nicht fünf - Sie widersprechen also selbst Ihrem Antrag -, zweitens haben wir vorhin festgestellt, dass auch die Landwirte mit zu den Futtermittelherstellern gehören. Also ist es zwar richtig, dass im Landesamt nur fünf Mitarbeiter vorhanden sind, aber es sind nicht nur fünf Mitarbeiter, die für die Kontrolle zuständig sind, sondern es sind diese fünf im Landesamt, es kommen die Zuständigen im Landkreis und die zuständigen Mitarbeiter im Ministerium hinzu. Das sind also viel mehr als diese fünf, die Sie hier explizit nennen.
Darüber hinaus empfehle ich Ihnen, einmal das amtliche Futtermittelkontrollergebnis des Jahres 2009 zu lesen.
„Jeder Betrieb wird risikoorientiert... ohne Voranmeldung, in bestimmten Abständen, die sich nach dem Ergebnis einer landeseinheitlichen und verbindlichen Risikoanalyse bemessen, aufgesucht und kontrolliert.“
Erstens sind dies also nicht angemeldete, sondern unangemeldete Kontrollen, und das ist auch richtig und gut so. Zweitens ist es falsch zu schreiben, dies geschehe nur ein- bis zweimal. Wenn in einem Betrieb Risiko erkannt wird, geschieht dies auch mehr als nur ein- bis zweimal. Dieser Satz ist also wieder einmal eindeutig falsch. Die Mitarbeiterzahl ist einfach an den Haaren herbeigezogen. Vor allen Dingen ist es auch gut und richtig so, dass risikoorientiert kontrolliert wird und nicht einfach pauschal ein- bis zweimal im Jahr.
Kommen wir noch einmal zum Landeslabor Berlin-Brandenburg. Ich habe gerade noch einmal im Protokoll der Diskussion im Oktober 2008 gelesen, wo der Staatsvertrag, der zum 01.01.2009 in Kraft trat, diskutiert wurde. Sie stimmen mit mir sicherlich überein, Herr Wichmann, dass die CDU-Fraktion im Jahr 2008 noch in der Regierungsverantwortung war. Der Herr Kollege Dombrowski hat sich damals an der Diskussion beteiligt. Dort steht - ich darf noch einmal aus der damaligen Diskussion zitieren -:
In diesem Staatsvertrag wurde vereinbart, dass das Mitarbeiterniveau dieses Landeslabors von Brandenburg auf das Niveau des Landeslabors von Berlin heruntergesetzt wird, also auf das Niveau eines Stadtstaates und nicht eines Flächenlandes, und das im Jahr 2008, wo Sie in der Regierungsverantwortung waren!
(Vereinzelt Beifall DIE LINKE - Zurufe des Abgeordne- ten Krause und der Abgeordneten Wehlan [DIE LINKE])
Jetzt kommen wir noch einmal zu Ihrem Beschlusstext an sich. Ich denke, die Punkte c) und d) haben sich erledigt bzw. sind überholt. Hier stellen Sie bestimmte Forderungen auf, die nach meiner Erkenntnis auf der Verbraucherschutzministerkonferenz diskutiert worden sind, wo auch entsprechende Haftungsregelungen festgesetzt und glücklicherweise auch bestimmte Vereinbarungen definiert und entsprechend terminiert worden sind. Sie erklären unter Punkt b), dass dies nur gelingen kann, wenn die Labor-Untersuchungsergebnisse mit den Ergebnissen der Eigenkontrolluntersuchungen der Unternehmen verknüpft werden. Sie wissen selbst, dass die Ergebnisse dieser Eigenkontrollen, die die Betriebe selbst erstellen müssen, wenn das Land Brandenburg vor Ort ist, der Behörde vorliegen müssen und dass dies kontrolliert wird. Es gibt aber keine gesetzliche Verpflichtung - hier stimme ich mit Ihnen überein -, dass die Betriebe die Ergebnisse ihrer Eigenkontrolluntersuchung auszuhändigen haben und diese einpflegen zu lassen. Das können wir aber nicht im Land regeln; das ist eine Bundesaufgabe. Wir können nicht im Land Brandenburg sagen, der Landwirt habe der Ministerin hier die Berichte vorzulegen und in Sachsen wiederum nicht. Das ist rechtlich eine Bundesangelegenheit. Das kann hier nicht definiert werden.
Erlauben Sie mir noch zum letzten Punkt, dem Dioxinmonitoring, etwas zu sagen: Sie haben sicherlich das Protokoll der Verbraucherschutzministerkonferenz gelesen. Dort steht unter Beschluss 10, dass eine entsprechende Dioxindatenbank eingeführt wird - federführend beim Bund. Selbstverständlich wird das Land Brandenburg, wenn dies eingeführt wird, seine Zuarbeit leisten, denn wovon sollte diese Datenbank sonst leben?
Es ist also erkennbar: Dieser Antrag ist überholt, fachlich falsch, und daher kann ihm auch nicht zugestimmt werden.
Bevor Ministerin Tack das Wort erhält, möchte Herr Wichmann die Gelegenheit zu einer Kurzintervention nutzen. Ich möchte Sie aber bitten, hieraus keine Serienproduktion zu machen und dies nicht als Instrument zu benutzen, zusätzliche Redezeiten zu bekommen.
Vielen Dank, Herr Präsident, für diesen Hinweis. Wir sind zwar in der Zeit schon ein wenig fortgeschritten, aber ich möchte noch einmal kurz auf den Redebeitrag des Kollegen Büchel eingehen.
Ich meine, es ist klar, dass man als Mitglied einer Regierungsfraktion auch bestrebt ist, sich vor die eigene Ministerin zu stellen. Aber nicht einmal die Ministerin hat heute der Feststellung widersprochen, dass wir lediglich vier Mitarbeiter im Landesamt für Verbraucherschutz haben, die für die Außendienst-Probenentnahmen bei den großen Futtermittelherstellern zuständig sind.