Protocol of the Session on November 11, 2010

Wenn Politik einen Plan hat, wenn sie sich bemüht, dann muss man ab und zu auch einmal nachschauen, was dabei herauskommt. Hierzu sage ich Folgendes: Wir haben vor wenigen Tagen eine Schallgrenze durchbrochen, wir sind zum ersten Mal seit 1990 bei der Arbeitslosigkeit unter 10 % gekommen - als zweites ostdeutsches Bundesland, nur Thüringen war eher dort, alle anderen sind noch nicht so weit. Ich weiß, dass dies nie einer einzigen Landesregierung und schon gar nicht nur einer Landesregierung geschuldet ist. Das ist immer multikausal. Hieran haben viele - Unternehmen, Arbeitnehmer, Betriebsräte, vorherige Regierungen - ihren Anteil. Aber eines wird nicht angehen, Frau Dr. Ludwig, nämlich dass Sie sagen, für die Dinge, die nicht funktionieren, ist diese Landesregierung zuständig, aber für das, was gut ist, wo die Menschen sagen, das sei ein Erfolg, ist diese Landesregierung nicht zuständig. - So einfach werden wir es Ihnen nicht machen. Nein, das ist auch der Erfolg der Bemühungen dieser Landesregierung. Darüber bin ich auch froh.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ich will gar nicht darauf abheben, dass die Ihnen eher nahestehende Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft Brandenburg zur dynamischsten Wirtschaftsregion erklärt hat. Nein, ich hebe einfach einmal auf die Europäische Union ab, die Brandenburg vor wenigen Tagen zu einer der drei innovativsten und, Herr Vogel, ökologisch ausgerichtetsten Regionen in Europa erklärt hat. So schlimm kann es also alles nicht sein, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ja, wir wollen diesen Aufschwung nutzen, um Kraft für gemeinsame Anstrengungen zu wecken, um Brandenburg weiter zu einem modernen, zu einem hochmodernen Land zu machen, in dem wirklich miteinander gelebt werden kann. Das ist unser Ziel, und dafür werden wir uns auch in den nächsten Jahren heftig anstrengen. Wir sind dankbar, wenn wir von Ihnen, auch von der versammelten Opposition, dazu Ideen bekommen. Denn - Herr Vogel, Sie haben es gerade getan - es ist sehr wohl auch Aufgabe der Opposition, neben der Kritik auch durch Ideen anzutreiben. Die zweite Stelle müssen Sie, Frau Dr. Ludwig, noch besetzen. Da fehlt noch ein bisschen was.

(Frau Stark [SPD]: Ja! - Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, Frau Ludwig hat eben gesagt, was hier alles fürchterlich ist und was Sie alles so toll gemacht hätten. Ich sage einmal, weil Sie so laut, fast emphatisch gerufen haben: Ländlicher Raum! Ich habe in diesen zwölf Monaten von der Opposition als Idee für den ländlichen Raum eine einzige wahrgenommen: Diese erfolgreiche Landwirtschaft Brandenburgs, eine der erfolgreichsten in Deutschland überhaupt, ist marxistisch-leninistisch verseucht. Das war der einzige Beitrag, den Sie bisher zum ländlichen Raum geleistet haben.

(Beifall SPD)

Vielleicht hat es Sie doch beschäftigt, dass der Vertreter Ihrer Partei auf der Landesbauernversammlung nicht einmal als Redner gewünscht war. Da sollte man sich vielleicht auch einmal fragen, ob man alles richtig gemacht hat oder ob man eben nicht alles richtig gemacht hat, verehrte Frau Ludwig. Sie haben gesagt, nach 20 Jahren wäre es ganz normal, dass die Zahl der Ideen nachlässt, dass man etwas ideenloser wird. Ich nehme wahr: Bei Ihnen hat ein Jahr Opposition ausgereicht, um völlig ideenfrei zu arbeiten.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Da kann es also auch noch schneller gehen. Das muss man einfach einmal feststellen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Herr Büttner, Sie haben in Ihrer Rede gefragt, warum da und dort nichts passieren würde. Wir sehen uns gelegentlich in der Uckermark. Ich nenne einmal das Stichwort Fachkräftesicherung. Sie müssen sich auch ein bisschen mehr um das kümmern, was im Landtag und in der Landesregierung passiert. Die interministerielle Arbeitsgruppe hat ein großes Maßnahmenpaket geschnürt. Ich drucke Ihnen das gerne einmal aus und bringe es Ihnen mit. Leute aus anderen Bundesländern kommen schon, um sich dieses Paket anzuschauen. Vielleicht sollten Sie auch einmal im Land schauen, was da so läuft. Das ist ganz interessant. Dann bräuchten Sie auch diese Frage nicht zu stellen. Übrigens, der EU-Kommissar, der neulich hier war, hat gesagt, sogar die EU schaue auf das, was Brandenburg bei der Lösung demografischer Fragen macht, weil wir relativ weit vorneweg sind. Da passiert eine ganze Menge.

Frau Dr. Ludwig hat gesagt, sie habe sich angewöhnt, in längeren Perioden zu denken. Das ist gut so, Frau Dr. Ludwig.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Ich glaube, Sie müssen in sehr langen Perioden denken.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Ludwig [CDU])

Wenn Sie mit dem, was Sie hier vorgetragen haben, jemals wieder Regierungsverantwortung übernehmen wollen, wird das sehr, sehr lange dauern, verehrte Frau Dr. Ludwig.

(Starker anhaltender Beifall SPD und DIE LINKE)

Zusammengefasst kann man sagen: Ja, dieses Land steht weiter vor erheblichen Problemen. Deshalb regiert auch diese Große Koalition; und das ist gut so. - Vielen Dank.

(Starker anhaltender Beifall SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, ich begrüße unsere neuen Gäste, Schülerinnen und Schüler der Oberschule Vetschau. Herzlich willkommen an diesem spannenden Vormittag im Landtag Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Zum Redebeitrag des Ministerpräsidenten hat Frau Dr. Ludwig eine Kurzintervention angemeldet. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich bin wirklich erstaunt, was Sie mir alles zutrauen. Dass ich jetzt sozusagen die Bundesebene in den Griff kriegen soll, finde ich klasse.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Ich beschäftige mich lieber mit dem Land Brandenburg. Ich halte Ihnen auch nicht vor, dass momentan die Bundes-SPD in einem Zustand ist, wie wir es in der Bundesrepublik auch noch nicht gewohnt waren. Ich glaube, da befinden wir uns im gleichen Boot.

(Beifall CDU)

Herr Ministerpräsident, Sie sind einmal als Menschenfänger bezeichnet worden, höchstwahrscheinlich auch zu Recht. Sie hatten auch Gefühl für dieses Land und für diese Bürger. Aber ich muss Ihnen deutlich sagen: Sie verlieren dieses Gefühl. Sie verlieren sehr deutlich dieses Gefühl, was die Brandenburger betrifft. Die Brandenburger sind zwar stur, man kann sie als stur bezeichnen, aber sie sind nicht dumm.

(Zurufe von der SPD: Was?)

Sie sind nicht dumm. Das, was Sie hier machen, ist wirklich, die Brandenburger für dumm zu verkaufen.

(Beifall CDU - Frau Wehlan [DIE LINKE]: Dem muss ich widersprechen!)

Sie haben gerade angesprochen, dass das Land Brandenburg im Dynamik-Ranking der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft ganz weit vorn liegt. Da haben Sie Recht. Aber was Sie nicht sagen, ist, dass die Entwicklung in den Jahren 2006 bis 2009 betrachtet wurde.

(Beifall CDU)

Da komme ich zu dem Punkt, Herr Ministerpräsident. Ich weiß auch nicht, wie ich Ihnen da helfen kann, aber Sie scheinen wirklich das Thema der Aktuellen Stunde nicht verstanden zu haben.

(Frau Hackenschmidt [SPD]: Ha, ha! - Beifall CDU)

Es geht jetzt nicht um die Jahre 2006 bis 2009, als die Wirtschaftsentwicklung dieses Landes tatsächlich hervorragend war, es geht um das letzte Jahr. Es geht um die Weichen, die Sie stellen müssen, damit es auch weiter so geht,

(Holzschuher [SPD]: 10 %!)

und es geht um die Zukunft.

Herr Holzschuher, wenn Sie nur und ausschließlich die Umfragen - ich weiß nicht, wie alt die jetzt sind - zurate ziehen, nur und ausschließlich das als Ihr Wahlprogramm darlegen

(Zurufe von der SPD)

und dann noch so ein bisschen Bundesschelte betreiben: Das ist genau das, was die Brandenburger spüren - dass Sie das Gespür für Brandenburg verlieren.

(Beifall CDU - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Ich habe wirk- lich gedacht, Sie reden jetzt bis 11.11 Uhr weiter!)

Meine Damen und Herren, das geht bei einer Kurzintervention nicht; da ist die Redezeit auf drei Minuten begrenzt. Als Reaktion auf die fragenden Gesichter aus dem Plenum stelle ich fest: Die Kurzintervention bezog sich hinreichend auf den vorhergehenden Redebeitrag und ist als solche durchaus zulässig gewesen. Der Redner hat jetzt die Möglichkeit, auf diese Kurzintervention zu reagieren. Gibt es Bedarf dafür, Herr Ministerpräsident?

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Ludwig hat gesagt, Umfragen würden nicht gelten. Das hat Herr Büttner auch gesagt. Frau Dr. Ludwig, wenn Umfragen nicht gelten, dann nehme ich einmal eine Wahl aus den letzten Wochen. In Potsdam, mit großen Hoffnungen von Ihrer Seite her gestartet, gab es eine Oberbürgermeisterwahl. Das Ergebnis waren 75 % für die beiden rot-roten Kandidaten. Mehr braucht man dazu nicht zu sagen, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir setzen die reguläre Rednerliste mit dem Beitrag des Abgeordneten Ness für die SPD-Fraktion fort.

Frau Richstein, wollen Sie noch eine Kurzintervention zu Ihrem Wahlergebnis machen?

(Gelächter bei der SPD - Frau Richstein [CDU]: Ich pro- testiere, Herr Ness!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist heute schon viel darüber philosophiert worden, ob diese Aktuelle Stunde Sinn macht oder nicht. Ich finde, sie macht Sinn. Man bekommt interessante Einblicke in Parallelwelten. Ich greife gern diese Vokabel des Ministerpräsidenten auf. Wir haben jetzt seit einem Jahr eine Große Koalition in diesem Land. Wir haben seit einem Jahr eine schwarz-gelbe Regierung auf Bundesebene. Wir bekommen pausenlos Umfragen. Diese Umfragen beschreiben kontinuierlich, dass die rot-rote Regierung an Zustimmung gewinnt. Würden wir heute wählen, wären die Kollegen von der FDP nicht mehr hier, die Grünen wären etwas gestärkt, Rot-Rot würde zusammen 60 % bekommen. Das ist die Wirklichkeit in diesem Land. Die heutigen Redebeiträge haben einen Einblick in die Denkweise der Opposition gewährt, auch in die Organisation von Parallelwelten. Frau Ludwig, ich würde Ihnen empfehlen: Lesen Sie morgens nicht nur die „PNN“ und die „Bild“-Zeitung, sprechen Sie auch einmal mit Menschen in diesem Land!

(Beifall SPD und DIE LINKE)