Protocol of the Session on October 6, 2010

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bischoff. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Vogdt hat das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es steht außer Frage, dass auch die kommunalen Finanzen von der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise stark betroffen sind. Bereits in diesem Jahr verzeichnen die Städte und Gemeinden erhebliche Einbrüche in Steueraufkommen und im Aufkommen an Schlüsselzuweisungen. Es steht auch außer Frage, dass der Finanzausgleich neu geregelt werden muss. Sie selbst versprechen in Ihrem Koalitionsvertrag, dass der Finanzausgleich eine aufgabengerechte Finanzausstattung gewährleisten und den unterschiedlichen Entwicklungen im Land Rechnung tragen soll.

Aber genau diese Versprechen können mit dem vorliegenden Gesetzentwurf leider nicht eingelöst werden. Der Solidargedanke des Finanzausgleichs ist ein wichtiger Aspekt, denn auch die ärmeren Gemeinden müssen in Zukunft ihre Aufgaben weiterhin erfüllen können und lebensfähig bleiben. Dafür müssen Instrumentarien entwickelt werden. Aber eine bloße Umverteilung ist wenig sinnvoll.

Warum fördern Sie nicht den Wettbewerb unter den Gemeinden? Diejenigen, die eine erfolgreiche Ansiedlungspolitik betreiben und sich um ihre Wirtschaftsansiedlung bemühen, müssen auch belohnt werden. Sie aber demotivieren die Geber, Mehreinnahmen zu erzielen, da diese über Ihr Modell des Finanzausgleichs abgeschöpft werden. Sie demotivieren ebenso die Nehmer, die Steuereinnahmen zu erhöhen, da Zusatzeinnahmen lediglich die Transferleistung in Form des Finanzausgleichs reduzierten. Warum immer die Maxime: Leistung darf sich nicht lohnen?

(Görke [DIE LINKE]: Ist das die richtige Rede?)

Fraglich ist zudem die Höhe der Finanzausgleichsumlage. Ohne dass Sie die Auswirkungen auf die finanziell gut gestellten Kommunen abschätzen können, setzen Sie einen sehr hohen Satz von 25 % an. Fachleute sagen dagegen: Hier sollte mit einem deutlich geringeren Prozentsatz als vorgeschlagen gearbeitet werden.

Von den Gemeinden, die vom Finanzausgleich profitieren, muss als verbindliche Zielvereinbarung ein Nachweis ihrer Anstrengungen gefordert werden, wie sie ihre Situation verbessern wollen. Ein Demografiefaktor, der diejenigen Gemeinden unterstützt, die von starkem Einwohnerrückgang und Wanderungsbewegungen besonders betroffen sind, fehlt bei Ihnen völlig. Selbstverständlich muss die Infrastruktur angepasst werden, wenn nur noch wenige Menschen in der Gemeinde leben. Aber auch das bedarf einer Finanzierung und eines schlüssigen Konzepts.

Ein ganz entscheidender Faktor, um zu einer fairen und bedarfsgerechten Finanzierung der Kommunen zu kommen, ist die Einhaltung der Konnexität. Hier hat sich das Land in der vergangenen Zeit nicht gerade im Sinne der Kommunen verhalten. Immer häufiger werden Gesetze beschlossen und die entstehenden Kosten auf die Kommunen abgewälzt.

Ebenso zulasten der Kommunen geht der Vorwegabzug von 50 Millionen Euro bei der Verbundmasse, der im Jahr 2006 als Beitrag der Kommunen zur Konsolidierung des Landeshaushalts geschaffen wurde. Ist die Grundlage für diesen Abzug noch gerechtfertigt?

Zu diesem Gesetzentwurf gibt es also noch einen ausgiebigen Beratungsbedarf. Wir sollten im Ausschuss für Haushalt und Finanzen auf jeden Fall ein Anhörungsverfahren mit den Betroffenen beschließen. Insofern stimmen wir der Überweisung an den Ausschuss zu. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Vogdt. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Der Abgeordnete Dr. Scharfenberg hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der vor wenigen Jahren erfolgten Umstellung auf ein Finanzausgleichsgesetz verband sich insbesondere die Erwartung einer höheren Stabilität und Planungssicherheit für die Kommunen im Vergleich zum früheren Gemeindefinanzierungsgesetz.

Das schließt ein, dass der kommunale Finanzausgleich weiterentwickelt und den aktuellen Erfordernissen angepasst werden muss. Dazu sind wir nicht zuletzt durch Entscheidungen des Verfassungsgerichts verpflichtet worden.

Das alles läuft vor dem Hintergrund der schwierigen Finanzsituation des Landes ab, die sich auch im kommunalen Finanzausgleich durch eine Reduzierung von 1,8 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 1,7 Milliarden Euro im kommenden Haushaltsjahr widerspiegelt.

Es gibt kein Füllhorn, aus dem etwas über die Kommunen ausgeschüttet werden kann, obwohl die meisten das zweifellos brauchen könnten. Es kommt also darauf an, im gegebenen Rahmen klug zu agieren. Das widerspiegelt sich in dieser Vorlage.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verbindet sich eine Reihe von Änderungen, mit denen eine Stabilisierung der allgemeinen Schlüsselzuweisungen und eine höhere Wirksamkeit der Kommunalfinanzierung durch aufgabengerechte Verteilung erreicht werden soll. Die Kommunen sollen gestärkt werden, vor allem mit dem Ziel der Sicherung gleichwertiger Lebensbedingungen im ganzen Land.

Die vorgeschlagenen Änderungen - sie sind hier schon behandelt worden - basieren wesentlich auf dem Gutachten von Dr. Vesper und auf einer längeren Diskussion, die zum Teil

schon in der vergangenen Wahlperiode geführt worden ist. Wichtig ist vor allem die Vorbereitung, die im Rahmen des Finanzausgleichsbeirates geleistet worden ist, auch wenn sich nicht alle getroffenen Vereinbarungen als tragfähig erwiesen haben. Die zweifellos wichtigste Änderung - das ist von meinen Vorrednern bereits dargestellt worden - ist die Einführung einer Finanzausgleichsumlage. Damit soll erstmalig eine solidarische Umverteilung ins Gesetz aufgenommen werden, nach der die - hoffentlich immer zahlreicher werdenden - reichen Kommunen dieses Landes einen Teil ihrer Steuerkraft in den Finanzausgleich geben.

Dass diese abundanten Gemeinden darüber nicht erfreut sind, kann man sich denken. Deshalb sollen sie auch einen Teil ihres Überschusses behalten dürfen. Ich sage auch: Bei der Bewertung der Abundanz müssen wir eine zeitnahe Umsetzung finden. Mehr als 18 Monate rückwirkend ist eine sehr lange Zeit. Darüber sollten wir noch einmal nachdenken.

Die Landesregierung schlägt mit dem Entwurf vor, den Ausgleichsfonds nach § 16 des Finanzausgleichsgesetzes schrittweise von gegenwärtig 64 Millionen Euro auf 40 Millionen Euro im Jahr 2013 abzusenken. Diese Regelung geht nicht zulasten der sogenannten Feuerwehrpauschale, die in der gewünschten Erweiterung des Verwendungszwecks künftig auch den Katastrophenschutz einschließen soll. Ich denke, wir sind nicht in der Situation, dass künftig notleidenden Gemeinden nicht geholfen werden kann, da es sich ja hierbei um rückfließende Mittel handelt.

Mit dem neuen FAG sollen die kreisfreien Städte in besonderer Weise gestärkt werden. Das ergibt sich aus dem großen Umfang und der Komplexität der Aufgaben, die diese Zentren zu leisten haben, und ich denke, diese Veränderung wird in diesem Hause unstrittig sein.

Wer die Situation bei den Theatern und Orchestern im Land Brandenburg kennt, weiß, dass sich seit der Einführung der Pauschale im GFG 2001 allein im tariflichen Bereich eine rasante Kostenerhöhung vollzogen hat. Insofern ist die seitdem erste Erhöhung der Theater- und Orchesterpauschale um 1,5 Millionen Euro mehr als angemessen.

(Görke [DIE LINKE]: Genau!)

Zu den vorgeschlagenen Änderungen gehört auch die Wiederbelebung des Schuldenmanagementsfonds Wasser/Abwasser. Die Regelung wird zeitlich bis 2012 begrenzt und bezieht sich auf einen Bedarf von maximal 34 Millionen Euro. Auch hier hat es erheblichen Druck aus den Kommunen gegeben. Wir wissen, dass das mehr als berechtigt ist. Die gegenwärtig zunehmenden Diskussionen um die sogenannten Altanschließer weisen darauf hin, dass viele Verbände unter dem finanziellen Druck eine volle Veranlagung auch der zu DDR-Zeiten angeschlossenen Grundstücke anstreben. Hier besteht deutlicher Handlungsbedarf, um zumindest die Kompromisslösung der differenzierten Herstellungsbeiträge handhabbar zu gestalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist kein Geheimnis, dass es auch Überlegungen für die Einführung eines demografischen Faktors gab; der Finanzminister hat dies hier angedeutet. Dieser vom Städte- und Gemeindebund eingebrachte Vorschlag ist jedoch in der Diskussion verworfen worden...

Herr Abgeordneter Scharfenberg, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich bin sofort fertig.

... da damit die Wirkungen des Bevölkerungsrückganges vor allem in den berlinfernen Gemeinden nur verzögert, aber nicht aufgefangen werden können. Das Problem, wie diesen Gemeinden geholfen werden kann, bleibt damit bestehen. Ich freue mich auf eine interessante Diskussion im Ausschuss. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Scharfenberg. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Ich begrüße an dieser Stelle ganz herzlich die Mitglieder der Fraktionen der CDU und FDP, Frauenliste Cottbus. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Bitte, Herr Vogel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Wer den heute vorliegenden Gesetzentwurf der Regierung und die Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes vom 4. August nebeneinanderlegt, kann kaum glauben, dass die Vertreter beider Institutionen im selben Land leben.

So geht der Regierungsentwurf zur Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs davon aus, dass bis zum Jahr 2008 eine „mehr als befriedigende finanzielle Situation der kommunalen Haushalte“ bestand und die Kommunen einschließlich des Krisenjahres 2009 jährliche Überschüsse in Millionenhöhe erwirtschafteten. Die hierdurch geschaffenen Finanzpolster reichten angeblich aus, die aktuellen Finanzprobleme erheblich abzumildern, sodass die Landesregierung und ihr Gutachter Dr. Vesper keinen Anlass für eine Nachsteuerung sehen.

Ganz anders der Städte- und Gemeindebund, der eine solche Einschätzung kaum glauben kann und nur bitter enttäuscht ist, dass die rot-rote Koalition den in sie gesetzten Hoffnungen zur Neugestaltung des Finanzausgleichs nicht entspricht. Besonders schmerzhaft empfindet der Städte- und Gemeindebund, dass die Regierung den Landeshaushalt auf Kosten der Kommunen sanieren will, und ignoriert, dass die Einnahmenausfälle infolge der Wirtschaftskrise erst 2011 richtig zu spüren sein werden.

Ich denke, unbestritten sollte sein, dass es im Gefolge der Wirtschaftskrise des Jahres 2009 zu Einbrüchen in der Verbundmasse von rund 200 Millionen Euro pro Jahr gekommen ist. Damit ist die Nettoverbundmasse, also das an die Kommunen zu verteilende Steueraufkommen, und der kommunale Anteil an den Sonderbedarfs-Ergänzungszuweisungen wieder auf den Stand des Jahres 2005 zurückgefallen. Gleichzeitig sind aber

die Sozialausgaben der Kommunen in diesem Zeitraum gravierend angestiegen, allein für Sozial- und Jugendhilfe um rund 50 Millionen Euro.

Die vom Land errechneten Überschüsse aus dem Jahr 2009 in Höhe von 100 Millionen Euro sind damit bereits aufgebraucht. Aber diese Überschussrechnung war ja ohnehin eine Milchmädchenrechnung, da sie die unterschiedliche Entwicklung der Gemeinden nicht berücksichtigt. Inzwischen unterliegt aber die Hälfte der Kommunen der Haushaltssicherung. Denen hilft es wenig, wenn man mit Verweis auf Gemeinden mit Haushaltsüberschüssen den Finanzausgleich kappt.

Konsequenterweise fordert daher auch der Städte- und Gemeindebund, dass der ab 2006 eingeführte Vorwegabzug in Höhe von 50 Millionen Euro abgeschafft wird. Mit diesem Vorwegabzug sicherte sich das Land einen ordentlichen Batzen Geld aus den Gemeindesteuern - aus dem einzigen Grund, dass es Geld benötigt. Finanzpolitisch korrekt wurde das damals „Konsolidierungsbeitrag“ genannt.

In der Begründung zum vorliegenden Gesetzentwurf heißt es nun, zu dieser Minderung habe man sich entschlossen, weil man mit einer sehr guten Entwicklung der Gemeindesteuern rechnete. Diese Erwartungen haben sich 2007 und mehr noch 2008 bestätigt; sehr richtig. In den Jahren 2007 und 2008 hat aber auch der Landeshaushalt Überschüsse in dreistelliger Millionenhöhe erwirtschaftet, war also auf diesen Konsolidierungsbeitrag überhaupt nicht angewiesen. Korrekt wäre es nun, im nächsten Dreijahreszeitraum auf diesen Vorwegabzug zugunsten der notleidenden Gemeinden zu verzichten. Aber Sie ahnen es schon: kein Gedanke daran!

Auch die Quotenveränderung des Jahres 2005 zeigt die Landesstrategie, auf Kosten der Kommunen zusätzliche Einnahmen zu generieren. Die Beteiligung der Kommunen an den Sonderbedarfs-Ergänzungszuweisungen in Höhe von 40 % wurde mit einer Absenkung der Steuerverbundquote von 25 auf 20 % gegenfinanziert. Dumm für die Kommunen ist: Die Sonderbedarfs-Ergänzungszuweisungen laufen degressiv bis zum Jahr 2020 aus. Der Fehlbetrag für die Kommunen aus der Quotenveränderung im Jahr 2005 erreicht in diesem Jahr bereits 38 Millionen Euro - Punkt, Satz und Sieg für den Landeshaushalt!

Es wäre zu hoffen gewesen, dass das Land den Wünschen der Kommunen nach einem Demografiefaktor im Finanzausgleich entgegenkommt. Demografiefaktor bedeutet, dass diejenigen Gemeinden, die vom Einwohnerrückgang besonders betroffen sind, besonders berücksichtigt werden. Die Steuerkraftmesszahl der Kommunen im engen Verflechtungsraum, also im Speckgürtel, ist inzwischen um ein Viertel höher als in den berlinfernen Regionen. Handeln ist also gefordert. Wann wäre die Gelegenheit günstiger als jetzt, wo selbst der Städte- und Gemeindebund mit dem Verweis auf den Solidargedanken unter den Kommunen einen demografischen Faktor fordert. Aber wiederum Fehlanzeige! Begründung: Man traut sich nicht, den Status quo infrage zu stellen - wörtlich -, „so dass sich hier die Frage der politischen Umsetzbarkeit stellt“, weil - logisch -: Wenn die einen mehr erhalten, müssen die anderen draufzahlen. Anstatt den Städte- und Gemeindebund beim Wort zu nehmen, geht man wieder nur einen halben Schritt, und zwar durch die Einführung einer Finanzausgleichsumlage, die von den Überschussgemeinden - sogenannte abundante Gemeinden

aufgebracht werden soll. Ich denke, zumindest über diese drei Dinge - Wegfall des Vorwegabzugs, Quotenveränderung und Einführung eines demografischen Faktors - sollten wir in den Ausschusssitzungen fundiert diskutieren. Angesichts so vieler Landtagsabgeordneter, die zugleich Mandate in Kommunalparlamenten inne haben, sollten noch Änderungen möglich sein. Herzlichen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90, CDU und FDP)

Das Wort könnte nunmehr noch einmal die Landesregierung erhalten. - Sie zeigt Verzicht an. Insofern sind wir am Ende der Debatte und kommen zur Abstimmung.

Meine Damen und Herren, das Präsidium empfiehlt Ihnen die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, Drucksache 5/2012, Neudruck, 1. Lesung des „Zweiten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes“, an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen - federführend und an den Ausschuss für Inneres. Wer dieser Überweisung Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag einstimmig an beide Ausschüsse überwiesen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Justizkostengesetzes und zur Änderung landesrechtlicher Vorschriften

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/1834