Protocol of the Session on October 6, 2010

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Markov, Sie erhalten das Wort.

Verehrte Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das seit dem 1. Januar 2005 gültige Brandenburgische Finanzausgleichsgesetz ist die Rechtsgrundlage für den kommunalen Finanzausgleich in Brandenburg. Sie wissen, dass beschlossen wurde, im Jahr 2007 das erste Mal und dann alle drei Jahre eine Evaluierung vorzunehmen. Das ist geschehen. Im Jahr 2010 ist der Finanzwissenschaftler Dr. Vesper damit beauftragt worden, und es hat eine enge Abstimmung mit dem Beirat für den kommunalen Finanzausgleich gemäß § 21 des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes gegeben.

Es bestanden zwei Grundnotwendigkeiten: einmal, die Dinge, die uns das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidun

gen vorgeschrieben hat, insbesondere bezüglich des SGB XII, zu erfüllen und gleichzeitig eine veränderte Herangehensweise an den kommunalen Finanzausgleich zu erledigen.

Ich glaube, dass sich das vorgelegte Gesetz in einigen Punkten grundlegend positiv von den vorhergehenden Gesetzen unterscheidet. Erstens: Wir haben eine Finanzumlage für abundante Gemeinden eingeführt. Damit verändert sich natürlich gleichzeitig die Binnenverteilung der allgemeinen Schlüsselzuweisungen. Da wir den Hauptansatz für die kreisfreien Städte um fast drei Prozentpunkte angehoben haben, werden die kreisfreien Städte annähernd 9,4 Millionen Euro mehr erhalten. Gleichzeitig werden die Ausgaben für die Landkreise auf 9,6 Millionen Euro erhöht.

Da wir das Gesetz jetzt verabschieden wollen - ich hoffe, dass es eine mehrheitliche Zustimmung erhält -, hätte das für die Kommunen, die ihre Haushalte für 2011 teilweise schon aufgestellt haben, bedeutet, dass sie diese noch einmal neu hätten aufstellen müssen. Deswegen haben wir in der Haushaltsplanung für 2011 vorgesehen, dass das Land diese Summe einmalig zur Verfügung stellt und die Finanzausgleichsumlage für die abundanten Gemeinden ab 2012 gilt.

Wir haben gleichzeitig einen Schonbetrag eingeführt, mit dem erst dann eine Finanzausgleichsumlage fällig ist, wenn die gemeindliche Steuerkraft um mindestens 15 % über dem Finanzbedarf liegt. Das haben im Übrigen Länder, die ähnliche Systeme eingeführt haben, nicht alle so umgesetzt.

Zweitens: Wir haben eine Veränderung vorgenommen, indem wir den Schuldenmanagementfonds für Wasser und Abwasser in dieses Gesetz integriert haben. Das heißt, diese Mittel fließen zusätzlich in den Ausgleichsfonds. Wir haben aber gleichzeitig eine jährliche Absenkung um 10 Millionen Euro aus diesem Ausgleichsfonds vorgesehen, sodass dieses Geld in der Umverteilmasse für die Kommunen bestehen bleibt.

Drittens: Wir haben in diesem Zusammenhang die Theaterpauschale um 1,5 Millionen Euro erhöht.

Heute früh wurde argumentiert, dass wir den Kommunen mehr Geld wegnähmen. Es stimmt, dass die Einnahmen der Kommunen dementsprechend sinken, wenn die Steuereinnahmen, an denen die Kommunen mit 20 % beteiligt sind, sinken. Es stimmt natürlich auch, dass der Anteil der Kommunen an den SoBEZ, an denen die Kommunen mit 40 % beteiligt sind, jährlich in aktuellen Größen abnimmt, weil die SoBEZ abnehmen.

Wir haben trotzdem mit diesem Gesetz dazu beizutragen versucht, dass den Kommunen wenigstens ein Stück weit mehr aus dem Verteiltopf zur Verfügung gestellt wird. Das hat mit dem Finanzausgleichsgesetz jetzt nichts zu tun; ich will es trotzdem noch einmal nennen, weil es durchaus sehr wichtig ist. Dadurch, dass wir die Grunderwerbsteuer erhöht haben und die Kommunen daran mit 20 % beteiligt sind, haben sie noch einmal Mehreinnahmen im Verteiltopf der Kommunen in Höhe von 7,5 Millionen Euro.

Wir haben uns eng an das gehalten, was uns auch von den verschiedenen gesellschaftlichen Interessengruppen genannt worden ist. Was auch in der Debatte war, betraf für die entfernteren Kommunen eine Berücksichtigung des demografischen Faktors für die Zeit von drei Jahren rückwärts. Das ist in dieses

Gesetz nicht aufgenommen worden. Es hätte letztlich auch nicht zu einer dauerhaften Verbesserung beigetragen. Es hätte tatsächlich einmal die Basis verändert, aber dann wäre der Winkel gleichlaufend wieder so gewesen wie vorher. Deswegen, finde ich, ist das kein Verlust, selbst wenn ich mir durchaus vorstellen kann, dass die Kommunen in den entfernteren Regionen dadurch enttäuscht sind. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Minister Markov. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Herr Burkardt wird zu uns sprechen.

Offensichtlich gibt es eine frischgebackene Oma unter uns. Herzlichen Glückwunsch, Frau Muhß!

(Allgemeiner Beifall)

Wir begrüßen unsere Gäste, Schülerinnen und Schüler der Kinder- und Jugendakademie Eberswalde. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Abgeordneter Burkardt, Sie haben das Wort.

Zunächst auch von mir herzlichen Glückwunsch, Frau Muhß!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten kommunal interessierten Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Entwurf der Novelle des FAG hinterlässt ein zwiespältiges Gefühl. Wenn man es positiv bewerten wollte, würde man sagen können: Es ändert sich nicht viel. Wenn man es negativ bewerten wollte, könnte man sagen: Verbesserungen sind in der Substanz nicht erkennbar, jedenfalls keine Verbesserungen der Finanzlage der Kommunen.

Wir haben eben - nicht jetzt bei der Einführung dieser Novelle, sondern bei der Einbringung des Haushalts - vom Finanzminister gehört, dass wir - so darf ich ihn zitieren - eine Menge positiver Dinge für die Gemeinden vorgenommen haben. Ich fürchte, die Gemeinden sehen das nach dem, was bisher von Ihnen zu hören war, ein wenig anders. Der berühmt-berüchtigte Vorwegabzug von 50 Millionen Euro bleibt, die Verbundquote wird nicht erhöht, obwohl sie seinerzeit gesenkt worden war, nachdem man die Gemeinden mit einem höheren Anteil an den Sonderbedarfs-Ergänzungszuweisungen beteiligen musste, und das Abschmelzen, das nun daraus resultiert, wird nicht ausgeglichen. Das diente damals als Begründung für die Senkung der Umlagegrundlage.

Dann dürfen wir feststellen, dass kein Demografiefaktor mehr vorgesehen ist, wie es im ursprünglichen Referentenentwurf vorgesehen war. Ob das am Ende - das will ich dem Finanzminister gern zugestehen - in der Substanz so viel und nicht nur eine zeitliche Verzögerung eingebracht hätte, darüber können wir gerne reden. Vielleicht gibt das ja einmal den Anlass, das zu tun, was der neugewählte Fraktionsvorsitzende - allerdings auch schon der alte Fraktionsvorsitzende - uns angekündigt und prophezeit hatte, nämlich dass wir einmal miteinander

reden, gute Vorschläge untereinander austauschen und nicht nur etwas ablehnen, weil es vom Anderen kommt.

Meine Damen und Herren, das Vesper-Gutachten, das die Grundlage für diese Novelle bilden sollte, ist eigentlich keine vernünftige Grundlage. Hier werden nur vordergründig die Einnahmesituationen betrachtet. Es wird ignoriert, dass die Mehrbelastungen, die den Kommunen zuwachsen und eigentlich dem Konnexitätsprinzip widersprechen - ich darf dazu auf die Ausführungen des Städte- und Gemeindebundes verweisen -, nicht angemessen ausgeglichen werden und dass eine systematische Analyse der Aufgabenbelastungen der Kommunen unterbleibt. Damit wird dieses Gutachten und gleichermaßen auch die Novelle der Aufgabenstellung, wie sie im FAG ausgeführt ist, nicht gerecht, die Verbundquote im Hinblick auf die gebotene proportionale Verteilung der Finanzmittel zu den wahrgenommenen Aufgaben zwischen dem Land und den Kommunen zu überprüfen.

Es ist auch nicht so gewesen, dass alles im FAG-Beirat ein Harmoniefestival gewesen wäre. Denn sonst wäre die Forderung des Städte- und Gemeindebundes nicht erklärbar, dass in der Begründung zur FAG-Novelle auch die sich widersprechenden Aussagen im Beirat, der Widerstreit, der dort stattgefunden hat, festgehalten werden sollten. Im Gegenteil, in einem Schreiben von Mitte Juli an die Staatssekretärin im Finanzministerium übt der Städte- und Gemeindebund sehr harsche Kritik an der Darstellung auf der Pressekonferenz am 07.07.2010. Ich möchte das einmal zitieren:

„Hintergrund dieses Unmutes sind etliche Botschaften aus den von Ihnen in Ihren Beiträgen verwendeten Vortragsfolien, mit denen offensichtlich der Eindruck erweckt werden sollte, das Änderungsgesetz würde die Finanzkraft der Kommunen durch Erhöhung der Finanzmasse stärken, die Inhalte der Koalitionsvereinbarung zu einer verbesserten Finanzausstattung der Kommunen umsetzen, die Spürbarkeit der Erfolge der wirtschaftlichen Entwicklung überall im Land garantieren, die Kommunen durch eine Stabilisierung der allgemeinen Schlüsselzuweisung stärken und die Handlungsspielräume aller Kommunen erweitern, während“

- so heißt es dort weiter

„der vorliegende Gesetzentwurf und eine diesem zugrunde liegende Proberechnung zeitgleich eine genau gegenläufige Sprache spricht.“

So der Städte- und Gemeindebund, und dem ist nur wenig hinzuzufügen.

Die vermeintlichen Verbesserungen bewegen sich im Nanobereich, hart unterhalb der Wahrnehmbarkeitsgrenze und sind mit einer Ausnahme nur Umverteilungen. Das gilt für die Erhöhung der Hauptansatzstaffel der kreisfreien Städte, die Wiedereinführung des Schuldenmanagementfonds beim Bereich Wasser und Abwasser und - es wird noch darüber zu reden sein, wie man das künftig handhaben sollte - die Erhöhung beim Vorwegabzug für die Theaterpauschale. Es gibt keine Antwort auf die strukturellen Fragen und in Sonderheit keine Reaktion auf die hohe Verschuldung der kreisfreien Städte und vieler Landkreise. Eine hohe Belastung der kreisangehörigen Gemeinden durch die Kreisumlage wird ebenso ignoriert.

Ich möchte Ihnen das an lediglich zwei Zahlen deutlich machen. Die kreisfreien Städte Frankfurt, Cottbus und Brandenburg haben 100 Millionen Euro Schulden. Das mag für kreisfreie Städte im Bereich von 50 000 bis 100 000 Einwohnern durchaus noch verkraftbar sein.

Herr Abgeordneter Burkardt, Ihre Redezeit ist bereits überschritten.

Zwei Sätze noch, wenn ich darf. - Aber sie haben auch Kassenkredite, die fast beim Vierfachen liegen und im Grunde genommen von ihnen nicht mehr zu stemmen sind. Deswegen haben der Oberbürgermeister der Stadt Cottbus wie auch der Stadtverordnetenvorsteher Recht, wenn sie in einem Brief an den Landtagspräsidenten schreiben, dass diese Herausforderungen von den kreisfreien Städten so nicht mehr zu stemmen sind. Wir werden im Ausschuss darüber reden müssen.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Burkardt. - Wir kommen zum Redebeitrag der SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Bischoff hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Burkardt, in der Tat ist dieses Gesetz, das Finanzausgleichsgesetz, eines der wirklich zentralen Gesetzgebungsvorhaben der Landespolitik. Hier wird gestaltet.

Ganz kurz die Frage: Worum geht es im Kern? Es geht zum Ersten darum, dass die Kommunen an den Finanzen, an den Einnahmen des Landes Brandenburg gerecht beteiligt werden. Zum Zweiten geht es darum, dass der kommunale Finanzausgleich zwischen den Gemeinden - da unterscheiden wir sehr wohl zwischen großen kreisfreien Städten, Landkreisen, Städten, Dörfern, also schlicht und ergreifend den Gemeinden - in irgendeiner Form gerecht gelingt.

Das ist im Kern - da zitiere ich jetzt keinen Regierungsvertreter, sondern den Gutachter, auf den man sich auch im Städteund Gemeindebund und im Landkreistag verständigt hat: Vesper - auch so gelungen.

Ich will aber nicht verhehlen, dass wir deutliche Probleme sehen, und zwar in der Entwicklung entsprechender Kreishaushalte im berlinfernen Raum zum einen und bei kreisfreien Städten zum anderen. Das will ich nicht verhehlen; das gehört auch zu der Entwicklung, die wir hier beobachten müssen.

Wenn Sie davon sprechen, Herr Kollege Burkardt, es handele sich um Änderungen im Nanobereich, dann möchte ich kurz fünf dieser von Ihnen so berühmt-berüchtigt genannten Nanobereiche aufzählen. Der Finanzminister hat es schon deutlich auf den Punkt gebracht. Wir haben Gemeinden, die eine außergewöhnlich hohe Steuer haben. Jetzt sind wir einmal ehrlich: Die tun auch etwas dafür. Aber es sind nicht selten auch Brief

kästen, die in einer Gemeinde hängen. Darüber wird letztlich eine ganze Menge an Steuergeldern in die Gemeindekasse gespült. Diese Gemeinden leisten einen Solidaritätsbeitrag ich nenne sie jetzt nicht abundant, sondern ich sage einmal, sie leisten einen Solidaritätsbeitrag - für das Gesamtwohl der kommunalen Familie und deren finanzielle Besserstellung. Das ist Punkt 1. Das ist kein Nanobereich, sondern ein zweistelliger Millionenbetrag.

Punkt 2, die großen kreisfreien Städte: Auch hier sind die Probleme erkannt und auf den Punkt gebracht. - Sie können sich gern melden, Herr Kollege. - Bei den großen kreisfreien Städten wird zum dritten Mal in Folge durch Entscheidungen unserer Landespolitik, nämlich die der regierungstragenden Fraktionen, eine Erhöhung in diesem Prozentsatz jetzt um 3 % erfolgen. Das heißt: Es gibt in keiner anderen Stadt, in keinem anderen Dorf so viel Einwohnerveredlung wie in einer großen kreisfreien Stadt. Ich finde, es ist auch berechtigt, weil sich dort zentrales Leben in einer Kommune abspielt. Die Stichworte sind hier: Staatstheater, Schwimmbäder, Musikschulen, Bibliotheken etc.

Dritter Punkt - auch kein Nanobereich -, die Investitionspauschale: Ich möchte es an dieser Stelle einmal unterstreichen: Die Investitionspauschale bleibt, wie gehabt, in bewährter Weise auch auf der kommunalen Ebene. Dies tasten wir nicht an, obwohl das auch gelegentlich von Landkreisen so gewollt war. Wir werden dabei bleiben: Die Investitionen werden am besten dort eingesetzt, verantwortet und auch beschlossen, wo die Stadtverordneten- oder Gemeindeverbandsvertreter sitzen.

Der vierte Punkt ist auch kein Nanobereich, nämlich die Theaterpauschale. Seit zehn Jahren ist die Theaterpauschale, die, wenn man so will, ein Solidaritätsbeitrag von allen Gemeinden für die kulturellen Leuchttürme unseres Landes Brandenburg ist, nicht angepasst worden. Die Pauschale wird - ich gebe es zu - nicht exorbitant erhöht, aber angepasst. Davon werden auch die großen kreisfreien Städte unter anderem als die Zentren der Kultur profitieren.

Ich möchte noch einen fünften Punkt nennen, der nicht im Finanzausgleichsgesetz steht, aber heute Nachmittag eine Rolle spielen wird. Auch die Anhebung der Grunderwerbsteuer, die von Ihnen so heftig kritisiert worden ist - von Ihrer Fraktion, von Ihrer Fraktionsvorsitzenden, Herr Kollege Burkardt -, kommt den Gemeinden speziell in ihrer Kasse in einem fast zweistelligen Millionenbereich zugute. Denn ein Anteil der Grunderwerbsteuer steht, wie Sie wissen, den Gemeinden zu.

Ich fasse zusammen: Nach 20 Jahren brandenburgischer, auch kommunaler Finanzpolitik muss man konstatieren: Ja, es stimmt, die Bäume wachsen auch hier nicht in den Himmel. Aber die durchschnittliche Verschuldung der Gemeinden in Brandenburg - Kollege Burkardt, wenn Sie mir noch etwas Aufmerksamkeit schenken würden - ist, und die Zahlen liegen ja vor, eine der geringsten Verschuldungen auf kommunaler Ebene in dieser Bundesrepublik Deutschland. Die Sachsen haben eine der geringsten Verschuldungen in ihrem Land, aber gleichzeitig eine der höchsten Verschuldungen auf Kosten und Schultern der kommunalen Familie. Diesen Weg haben wir vor 20 Jahren nicht eingeschlagen. Wir werden ihn auch weiterhin mit einem fairen Finanzausgleich, der nicht zulasten der kom

munalen Familie geht, nicht einschlagen. - Ich bedanke mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bischoff. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Vogdt hat das Wort.