Protocol of the Session on September 9, 2010

Die Bundesregierung versucht gegenwärtig, die Gewerbesteuer abzuschaffen. Dem muss man einen Riegel vorschieben. Die bisherigen Vorschläge koppeln die Gemeinden von den Gewinnen ihrer Betriebe ab. Na wunderbar. Deswegen sage ich: Der von uns vorgeschlagene Weg, dass man alle, die einem Gewerbe nachkommen, an einer Steuerabgabe beteiligt, ist richtig. Natürlich muss man in diesem Zusammenhang auch dafür sorgen, dass man beim Wertansatz des Grundvermögens einen allge

meinen Ansatz findet, der dann auch die gemeinsame Basis für die Grundsteuer, die Vermögensteuer und einer Erbschaftsteuer ist. Selbstverständlich! Das ist Bestandteil dessen, was wir tun müssen.

Ich bin der Regierungskoalition für den Antrag dankbar. Wir werden ihn mit unseren Partnern umzusetzen versuchen. Ich bin mir sicher, dass ein Großteil der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland es als richtig erachtet, dass Steuererleichterungen herbeigeführt werden und Steuergerechtigkeit herzustellen ist. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der schwarz-gelben Bundesregierung - es beschert uns im Jahr 2011 80 Millionen Euro Mindereinnahmen im Haushalt - hat nichts, aber auch gar nichts mit Steuergerechtigkeit und sozialer Gerechtigkeit zu tun. Das ist Klientelpolitik für die, die es nicht nötig haben. Ich verstehe unter Solidarität, dass derjenige, der mehr hat, mehr gibt, eben weil er es kann. - Danke.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Minister, das war eine Punktlandung, was die Zeit betrifft. - Wir kommen noch einmal zur Fraktion DIE LINKE. Der Abgeordnete Görke hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eine Situation in Deutschland, die viele darüber nachdenken lässt, ob dieses Steuersystem wirklich zukunftsweisend ist. Daher gibt es auch ein Umdenken - der Kollege Helmut Markov hat es gesagt - in Bezug auf die SPD.

Herr Kollege Vogel, es ist schon erstaunlich, dass Sie mit großen Vorschlägen hier vorn stehen. Vielleicht können Sie sich an die Föderalismuskommission I entsinnen, es war, glaube ich, noch unter Rot-Grün. Sie waren sicher nicht ein einflussreicher Faktor in dieser Regierung. Leider haben Sie das Ziel der bundesdeutschen Steuerverwaltung verfehlt. Sie haben dafür gesorgt, dass der Spitzensteuersatz auf 42 % abgesackt ist und dass, wenn man sich heute gut anstellt und alle Abschreibungsmöglichkeiten nutzt, der durchschnittliche Steuersatz der 450 Reichsten dieser Bundesrepublik bei 34,4 % liegt. Das ist Ihr Ergebnis.

Ich freue mich aber, dass Sie jetzt auch darüber nachdenken und hier eine neue Situation beschreiben. Ihr Kollege, der Fraktionsvorsitzende im Bundestag, hat ja auch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes gefordert, jetzt auf 45 %. Damit sind Sie in guter Gesellschaft - nicht nur mit den CDU-Ministerpräsidenten, und deshalb ist die Situation günstig, dass wir mit diesem Signal aus dem Brandenburger Landtag versuchen sollten, auf den Bundesrat einzuwirken und diese Diskussion voranzubringen.

Sehr geehrte Frau Vogdt, Sie sprachen ein Hilfsangebot aus: Sie sind da, wenn wir Sie brauchen. Allerdings müssten wir diese Hilfe nun wirklich dankend ablehnen, denn wir haben gesehen, wie diese Hilfe bei der letzten Haushaltsdebatte beispielsweise bei der CDU aussah. Sie hatte die Landesregierung gebeten, Einsparungsvorschläge vorzulegen. Aber die eigentliche Aufgabe der Opposition ist es, selbst Vorschläge zu unterbreiten. Aber bis auf eine Veränderung der Kreditermächtigung im Rahmen der Haushaltsordnung des Landes oder eine

Präzisierung der Erläuterungen im Haushaltstitel des MASF kam sehr wenig von Ihnen. Insofern glaube ich, dass wir diese Hilfe zunächst einmal ablehnen können.

Aber wir sind natürlich sehr offen für die nächste Haushaltsdiskussion, wenn wir möglicherweise eine Deckungslücke von 833 Millionen Euro ausgleichen müssen und wenn wir darüber reden, ob wir uns eine Absenkung der Nettokreditverschuldung weiter leisten können. Hier gibt es Signale, dass wir dies weiter wollen, aber wir werden sicherlich auch im Bereich der Ausgaben darüber reden, wie wir diesen Haushalt in der Waage halten können. Aber wir brauchen auch Einnahmen. Deshalb bin ich dabei, hier zu sagen: Die durchschnittliche Steuerquote in der Bundesrepublik liegt bei 23 % im Vergleich zu den OECDLändern. Das habe ich vorhin schon im Fernsehen gesagt. Das bedeutet Mehreinnahmen in Höhe von 80 Milliarden, die der Bund, die Länder und die Kommunen dringend brauchen.

Schauen Sie sich die Lage an, die 2003 mit der Steuersenkungspolitik eingeleitet wurde, schauen Sie sich die öffentlichen Haushalte an, schauen Sie sich diese Kurven an! Sie sind verhängnisvoll. Deshalb wollen wir hier innehalten und endlich diesen neuen Weg gehen.

Herr Kollege Burkardt, Sie haben das Argument gebraucht, Steuererhöhungen würden die Kapitalflucht ins Ausland verstärken. Als der Spitzensteuersatz unter Rot-Grün gesenkt wurde, floss das Geld schließlich auch nicht in Strömen nach Deutschland.

Herr Abgeordneter Görke, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Tomczak zu?

Ja, gerne.

Herr Görke, Sie sind zwar nicht der Unterzeichner dieses Antrages, aber ich frage Sie trotzdem: Sie formulieren hier, der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer soll angehoben und die Vermögensteuer wieder eingeführt werden. Weiter heißt es:

„Dabei muss allerdings sichergestellt werden, dass der 'Mittelstand' bei der Anhebung des Spitzensteuersatzes der Einkommensteuer nicht weiter belastet wird... und die Gewerbesteuer weiterzuentwickeln ist...“

(Krause [DIE LINKE]: Wir wollen gar nicht wissen, was da drinsteht!)

Können Sie erklären, wie Sie hier die Quadratur des Kreises vornehmen wollen?

Lassen Sie mich den letzten Punkt erläutern. Sie haben momentan in der politischen Pipeline in Berlin als bürgerliche Regierung die Sichtweise, dass Sie die Gewerbesteuer grundsätzlich abschaffen wollen. Genau das ist der verhängnisvolle Weg, weil wir glauben - der Landkreistag sowie der Städte- und Gemeindebund und auch die Bundesorganisationen dieser

kommunalen Vertretungen haben das beziffert -, dass dies zu Einnahmeverlusten von 5,5 Milliarden Euro führt. Deshalb wollen wir eher dazu übergehen, die Bemessungsgrundlage bei der Gewerbesteuer zu verändern, sodass natürlich auch - und da bin ich dabei - Notare und Rechtsanwälte ihren Beitrag, nicht den Beitrag, den Sie uns vielleicht unterstellen wollen, leisten, sondern überhaupt einen Beitrag leisten, denn dieser ist bis zum heutigen Tag nicht abgefordert, und ich glaube, er ist dringend nötig.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Der Kollege Burkardt hat ein Zitat gebraucht; ich werde auch etwas zitieren, und zwar den US-Politiker Robert Wagner, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine bezeichnende Umschreibung eines Sachverhalts formuliert hat, den wir heute besprechen:

„Steuern sind der Preis der Zivilisation. Im Urwald gibt es keine Steuern.“

Wenn ich unter diesem Aspekt Ihre Äußerungen, Herr Burkardt, heute sehe, sind Sie eher auf dem Weg in die Vergangenheit. Diese rot-rote Koalition will in die Zukunft, und zwar mit Steuergerechtigkeit. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Damit sind wir am Ende der Aussprache und kommen zur Abstimmung. Ihnen liegt der Antrag in der Drucksache 5/1923, eingebracht von der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE vor. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag bei einigen Gegenstimmen angenommen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Zukunft für Bildung in Brandenburg - Kommission für eine bessere Bildung in Brandenburg einsetzen

Antrag der Fraktion der FDP

Drucksache 5/1921

Die Aussprache wird mit dem Beitrag der antragstellenden Fraktion eröffnet. Der Abgeordnete Büttner erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass sich dieser Landtag am Anfang der beiden Plenartage mit der Bildung beschäftigt hat. Genauso gut ist es, dass wir uns kurz vor Ende dieser Plenarsitzung im vorletzten Tagesordnungspunkt wieder mit der Bildungspolitik - bei allen Unterschieden, die wir haben - beschäftigen.

Vieles von dem, was wir gestern in der Diskussion oder auch im Verlauf der beiden Tage schon gehört haben, werden wir auch jetzt wieder hören. Die kürzlich veröffentlichten Bildungsrankings haben der Brandenburger Bildungspolitik, die im

Übrigen - ich wiederhole es - seit 16 Jahren von der SPD verantwortet wird, ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Das Land Brandenburg gehört in nahezu allen untersuchten Bereichen zu den Schlusslichtern.

Trotz zahlreicher Novellen des Schulgesetzes gibt es keine Besserung. Die Reformen scheinen also ins Leere geführt zu haben. Zwar haben die Regierungsfraktionen aus der Linken und der SPD in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass Bildung Priorität hat. Das unterschreiben wir Liberale auch auf ganzer Linie. Aber was ist so ein Papier wert, auf dem diese Versprechungen stehen, wenn sie nicht umgesetzt werden? Die Gelder des Schüler-BAföG beispielsweise hätten sinnvoller in die Bildungsinfrastruktur einfließen können. Dies haben wir auch immer wieder gemeinsam mit den anderen Oppositionsfraktionen und verschiedenen Verbänden wie der GEW gefordert.

(Vereinzelt Beifall FDP)

Doch stattdessen schafft die Landesregierung ein bürokratisches Gesetz mit dem Resultat, dass es noch genauso viele Schulabbrecher, genauso viel Unterrichtsausfall und genauso viel Lehrermangel geben wird wie zuvor.

(Zuruf von der SPD: Das ist doch gar nicht wahr!)

Die Unterrichtsqualität kann dadurch also keineswegs verbessert werden, aber auf die Unterrichtsqualität kommt es an. Die Bildungsqualität in den Kitas und den Schulen ist es, die zu einer besseren Ausbildung der Schulkinder im Land führen und den Fachkräftemangel in Brandenburg lindern kann.

Wir Liberalen fordern daher mit der Vorlage dieses Antrages eine Zukunftskommission für eine bessere Bildung, durchaus unter Leitung des für Schule zuständigen Ministers...

(Zuruf von der SPD: Das können doch Sie machen!)

- Ja, gerne.

... aber mit Beteiligung aller im Landtag vertretenen Fraktionen und externen Experten. Ziel soll es sein, dass über parteipolitische Dogmen hinweg konstruktiv die bestmöglichen Lösungen, um aus der Bildungsmisere herauszukommen, entwickelt werden.

Da wir wissen, dass es in vielen Bereichen aufgrund grundsätzlicher Unterschiede kaum eine Einigung geben wird, haben wir dies insbesondere auf die Schulentwicklungsplanung, die Situation der Lehrerausbildung, die künftige Finanzierung von Bildung und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonventionen bezogen.

Brandenburger Schülerinnen und Schüler dürfen nicht mehr zu den Bildungsverlierern im deutschlandweiten Vergleich gehören. Darum muss Bildung in Brandenburg zukunftsfähig gemacht werden, damit wir auch im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe weiter bestehen können.

(Einzelbeifall FDP)

Daher wird die Landesregierung beauftragt, einen Bildungsbericht speziell für Brandenburg anzufertigen, damit die Defizite aufgedeckt werden können.

Dabei sollen neben der Schulentwicklungsplanung und der Situation in der allgemeinen schulischen Bildung auch die aktuelle Lage der frühkindlichen Bildung genauer betrachtet werden. Frühkindliche Bildung ist grundlegend und wegweisend für die Bildungsbiografie eines Menschen. Hier werden die Weichen für den Erfolg in der Schule gestellt. Wir alle hier sind uns im Klaren, dass es besonders in diesem Bereich Nachholbedarf gibt. Die unzureichende Sprachförderung in der Kita beispielsweise ist maßgeblich für das schlechte Abschneiden von Schülerinnen und Schülern in der Studie der KMK und des IQB über sprachliche Kompetenzen der Schüler.

Zudem soll in dem Bildungsbericht auch die Situation der Lehrerausbildung dargestellt werden. In den Ausschüssen für Wissenschaft und Bildung wurde nämlich mehr als einmal deutlich, dass das Wissenschafts- und das Bildungsministerium sich offenbar nicht ausreichend bei der Lehrerbedarfsplanung abstimmen. Diese Zusammenarbeit muss in Kooperation mit den Universitäten verbessert werden, und zwar vor dem Hintergrund, dass wir hier in Brandenburg darauf angewiesen sind, Lehrkräfte für unseren eigenen Bedarf auszubilden, und alle Anstrengungen unternehmen müssen, um sie im Land zu halten.

Bezüglich der Schulentwicklungsplanung ist die demografische Entwicklung besonders relevant. Sinkende Schülerzahlen und der bereits zutage tretende Fachkräftemangel - besonders in den berlinfernen ländlichen Regionen - stellen die Politik vor große Herausforderungen; denen können wir nur gemeinsam begegnen.

Meine Damen und Herren, dieser von der Landesregierung zu erarbeitende Bildungsbericht stellt eine Bestandsaufnahme der Bildungspolitik im Land dar und bildet eine Grundlage für die Arbeit einer Zukunftskommission. Hieraus soll ein Maßnahmenpaket entwickelt werden, das den Kindern im Land nachhaltig zu einer exzellenten Bildung verhilft. Dies können wir als Parlamentarier nicht allein leisten. Es bedarf dabei der fachlichen Unterstützung von Experten wie der Gewerkschaft, dem Brandenburgischen Pädagogenverband, den kommunalen Spitzenverbänden sowie den Landesräten der Lehrer, Eltern und Schüler. Sie wissen am besten, wo Probleme bestehen, und kennen Lösungsvorschläge, die wir zusammen in der Kommission konstruktiv diskutieren und voranbringen können.