Ein weiterer Akzent, den wir gern setzen würden, ist eine deutliche Verbesserung der Leistungen beim BAföG - Herr Jürgens ist bereits ausführlich darauf eingegangen -, vorausgesetzt natürlich, dass die Länder vom Bund einen angemessenen Ausgleich für die Mehraufwendungen erhalten. Gegenwärtig liegt der Gesetzentwurf des Bundes für Änderungen am BAföG dem Bundesrat zur Stellungnahme vor. Dieser Entwurf ist zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung, jedoch noch zu dünn. Die sogenannte A-Seite der Länder sieht unter anderem hinsichtlich der Freibeträge, der Anrechnungsbeträge und der Altersgrenzen noch deutlichen Verbesserungsbedarf. Sie wissen, wir wollen ein Studium in Teilzeit ermöglichen, worauf man sich beim BAföG auch einstellen muss.
Aus unserer Sicht muss beim BAföG mehr geschehen als nur eine Anpassung des Gesetzes an die Gegebenheiten. In diesem Sinne haben Sie uns mit dem Landtagsbeschluss einen Auftrag erteilt. Der Bundesrat wird sich in dieser Woche mit dem Gesetz abschließend befassen. Wünschenswert wäre es - Herr Jürgens hat das bereits angesprochen -, wenn das ungerechte Stipendiensystem abgeschafft und das Geld, das hierfür eingestellt ist, in Gänze für das BAföG ausgeschüttet würde.
Meine Damen und Herren, das Thema Bildung hat Vorfahrt. Zumindest für die Landesregierung und die sie tragende Koalition gilt das. Ich wünschte mir, auch große Teile der Opposition würden sich diesem Satz anschließen. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen werden jedenfalls weiterhin an der Vollendung des 10%-Ziels arbeiten. - Vielen Dank.
Zum Abschluss der Debatte erhält noch einmal Frau von Halem von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte in der wenigen mir verbleibenden Zeit noch gern einige Punkte herausgreifen. Zunächst zum Thema „demografische Rendite“: Diesbezüglich stehen wir im Mittelfeld. Die demografische Rendite,
die an der Schüler-Lehrer-Relation gemessen wird - wir haben hier bereits mehrfach gehört, dass sich in dieser Zahl Nutzen der demografischen Rendite niederschlägt -, stellt ein Mittelfeld dar. Es ist nur ein Teil der Wahrheit, dass die demografische Rendite tatsächlich wieder hier ankommt; denn bis zum Jahr 2014 werden nach der Personalbedarfsplanung 280 Lehrerstellen gestrichen.
Darüber hinaus möchte ich sagen, dass es nicht darauf ankommt, wie viele Schüler sich in einer Klasse befinden. Das allein ist nicht der Schlüssel zum Glück. Wenn dem so wäre, würden die Schülerinnen und Schüler in den Randregionen sehr viel bessere Ergebnisse aufweisen als diejenigen im berlinnahen Raum. Das ist nicht so. Das alleine reicht nicht. Das ist nicht der Weisheit letzter Schluss, sondern es gibt auch noch andere Dinge, über die in diesem Zusammenhang nachgedacht werden muss.
Zweitens, Kita-Betreuungsschlüssel: Ja, die Erhöhung heißen wir gut; das sage ich hier noch einmal ausdrücklich. Das ist eine tolle Sache. Aber bei der Debatte heute geht es um den Zeitraum bis 2015. Wir haben hier im Landtag schon mehrfach darüber diskutiert, ob es nicht einen Maßnahmenplan geben kann, eine Vorstellung darüber, wie es im Kita-Bereich weitergehen soll. Wir sind bei der Qualität der Kinderbetreuung nicht Spitze. Wir sind im bundesweiten Maßstab relativ schlecht. Ich wünsche mir darüber eine Debatte, nicht eine Beweihräucherung dessen, dass der Kita-Betreuungsschlüssel jetzt erhöht worden ist. Wir sind am Anfang der Legislaturperiode. Das kann es
doch nicht gewesen sein! Wir brauchen tatsächlich einen Blick und einen Plan dafür, wie es weitergeht.
Schüler-BAföG, dritter Punkt: Wir halten es weiterhin für sinnfrei, wir stehen damit nicht alleine. Aber dazu kommen wir nachher noch einmal.
Ich wünsche mir, dass es in dieser Gesamtdebatte nicht darum geht, andere Bundesländer bzw. die Bundesebene zu kritisieren, sondern - ich erinnere noch einmal - der Fokus soll auf dem liegen, was wir hier im Land machen. Bei der Erhöhung der Kosten für Bildung und Forschung ist der Maßstab, dass 40 % vom Bund kommen und 60 % von den Ländern. Da wird auch eine Debatte auf Landesebene erwartet. Ich finde es richtig. Deshalb geht es, liebe Frau Ministerin Münch, nicht nur um Rückschau, das war nicht der Fokus dieser Debatte, sondern es geht darum, was in den nächsten Jahren, was bis 2015 passiert. Ich möchte gerne den Blick nach vorne. Insofern möchte ich noch einmal das Bild aufgreifen, von dem vorhin die Rede war. Wir müssen weg vom Maulwurf. Der Maulwurf hat überhaupt keinen Überblick. Wir brauchen eine Giraffe. Wir brauchen ein Tier, das einen weiten Blick hat, das nach vorne schauen kann bis 2015;
denn Bildung - nein, grün bietet eine gute Farbkombination mit diversen anderen Farben - hat Vorfahrt, das ist richtig. Aber wie wir das genau machen werden, darüber werden wir sicher noch trefflich streiten.
Wir beginnen mit der Frage 222 (Kosten für Medizinstudien- plätze), die die Abgeordnete Melior stellen wird.
Von einigen Fraktionen wird hier im Landtag immer wieder gefordert, dass wir zur Behebung des Ärztemangels - hier hört gerade niemand zu; muss auch niemand, oder? -
im ländlichen Raum - diese Forderung wird immer wieder erhoben - eine medizinische Fakultät einrichten. Das würde bedeuten, dass das Land Brandenburg auch eine Universitätsklinik vorhalten müsste.
Ich frage die Landesregierung, welche Kosten mit einer medizinischen Fakultät und einer Universitätsklinik auf das Land zukämen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Melior, vielen Dank für diese Frage; denn sie gibt mir Gelegenheit, dieses viel zitierte Wunschthema Medizinfakultät noch einmal mit Zahlen untersetzt darzustellen.
Die Kosten, die dem Land durch die Einrichtung einer medizinischen Fakultät und einer Universitätsklinik entstehen würden, lassen sich nur grob schätzen. Der Wissenschaftsrat hat im Jahr 2005 eine Stellungnahme zu Leistungsfähigkeit, Ressourcen und Größe universitätsmedizinischer Einrichtungen abgegeben. Darin ist festgehalten, dass zur Sicherung eines hinreichenden Qualitätsniveaus in der Medizinerausbildung die kleinsten universitätsmedizinischen Standorte eine Auslastung mit rund 60 hauptamtlichen humanmedizinischen Professoren benötigen, und sie sollten mindestens knapp 200 Studienanfänger pro Jahr aufweisen. Daneben sieht der Wissenschaftsrat für die klinische Ausbildung dieser Studienanfänger die Vorhaltung einer Untergrenze von rund 850 Planbetten an einem Kernuniversitätsklinikum als erforderlich an. Mittels Kooperation mit weiteren Krankenhäusern und Lehrpraxen müssten für 200 Studienanfänger insgesamt mindestens 1 100 Planbetten zur Verfügung stehen. Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes für die entsprechende Fächergruppe sind pro Professor durchschnittlich 5,3 akademische Mitarbeiter und 17,6 nichtwissenschaftliche Mitarbeiter anzusetzen. Dementsprechend ergäbe sich also ein Gesamtstellenbedarf an 60 Professoren, 318 akademischen Mitarbeitern und 1 065 nichtwissenschaftlichen Mitarbeitern. Das sind zusammen 1 434 Stellen. Die laufenden Grundmittel je Professur liegen laut Statistischem Bundesamt bei rund 900 000 Euro pro Jahr. Allein für die Finanzierung der erforderlichen Mindestzahl an humanmedizinischen Professuren wären dementsprechend voraussichtlich laufende Grundmittel in Höhe von 54 Millionen Euro jährlich vom Land Brandenburg bereitzustellen. Das entspricht fast einem Viertel des derzeitigen Hochschulbudgets insgesamt und liegt weit über dem Budget beispielsweise der BTU Cottbus.
Hinzu kämen die nicht unbeträchtlichen Investitionen und Erstausstattungskosten für notwendige Flächen, die wir gar nicht berechnet haben, aber die man natürlich hinzuaddieren müsste, und die bereitzuhaltenden universitätsklinischen Betten, deren Zahl zurzeit nicht abschätzbar ist.
Insgesamt ist also festzustellen, dass die Einrichtung eines humanmedizinischen Studienangebots in Brandenburg eben nicht nur einmalige, sondern vor allem laufende Kosten in überhaupt nicht darstellbarem Umfang verursachen würde. Aussagen zu den konkreten Kosten eines einzelnen Medizinstudienplatzes lassen sich vor diesem Hintergrund nicht unmittelbar treffen. Die in Fachkreisen hierzu vorhandenen Einschätzungen schwanken zwischen 30 000 und 40 000 Euro pro Student und Jahr.
Der Marburger Bund geht von Gesamtkosten eines Medizinstudienplatzes für die Gesamtdauer des Medizinstudiums von rund 250 000 Euro pro Student aus. - Danke.
Frau Ministerin, wie bewerten Sie die erst kürzlich in der Presse geschilderte Schließung der Fakultät in Lübeck vor diesem Hintergrund? Die Studierenden in Lübeck haben diese Universität vor allem wegen des Medizinstudiums angewählt. Das ist prägend für die gesamte, übrigens kleinste Universität in Deutschland. Wie bewerten Sie vor dem Hintergrund der geschilderten Zahlen diese Schließung, und zwar im Kontext mit dem Land Brandenburg?
Ich halte die geplante Schließung - es ist ja zum Glück noch nicht so weit - der Medizinischen Universität Lübeck bildungspolitisch für eine Katastrophe. Das zeigt, was passiert, wenn man bildungspolitisch die falschen Prioritäten setzt. Die Medizinische Hochschule Lübeck leistet eine hervorragende Ausbildung. Sie liegt in den Rankings immer ganz weit vorne, und es ist ein großer Verlust sowohl für das Land Schleswig-Holstein aber die schwarz-gelbe Regierung dort muss wissen, was sie tut - als auch bundesweit für alle jungen Menschen, die Medizin studieren wollen.
Es gibt nicht nur die Forderung nach einer medizinischen Fakultät und einer Hochschule, sondern es gibt auch viele private Initiativen zur Errichtung von Privatuniversitäten, von Stiftungsuniversitäten, aber auch zur Entwicklung von Dependancen oder Kooperationen mit medizinischen Einrichtungen deutschlandweit oder in europäischen Ländern des Bologna-Prozesses. Wird die Landesregierung diese Initiativen positiv begleiten? Ist ihr klar, was das für den Landeshaushalt bedeuten würde? Sind Sie bereit, diese Initiativen - möglicherweise auch finanziell - zu begleiten?
Sehr geehrter Herr Prof. Schierack, es ist nicht Aufgabe der Landesregierung, private Initiativen zu begleiten. Das ist der fundamentale Unterschied, den ich gerade dargestellt habe, dass staatlicherseits eine medizinische Fakultät im Land Brandenburg nicht darstellbar ist. Es gibt nach wie vor gute Gründe, warum der Wissenschaftsrat damals diese Entscheidung getroffen hat. Was private Initiativen betrifft, so ist es wirklich nicht meine Aufgabe, sie darzustellen. Ich weiß, dass es Konzepte gibt. Mir ist bis jetzt kein einziges wirtschaftlich ausgereiftes, tragfähiges, kluges Konzept bekannt. Was diese Initiativen tun,
das können sie gerne machen. Sie wissen, es gibt auch in anderen Bundesländern entsprechende Initiativen. Aber ich möchte zu bedenken geben, dass wir uns im Hochschulgesetz ganz klar dazu verpflichtet haben, dass es eine Studiengebührenfreiheit gibt. Diese privaten Träger gehen davon nicht aus. Deshalb halte ich persönlich das nicht für unterstützenswert. Es gibt derzeit überhaupt kein Konzept, was in irgendeiner Form klare Konturen und ein sinnvolles Vorgehen hätte.
Meine Frage bezieht sich auf das schwarz-gelb regierte Schleswig-Holstein und die angekündigte Schließung der Medizinischen Fakultät. Man geht davon aus, dass damit dort jährlich 40 Millionen Euro eingespart werden können. Gleichzeitig wird gesagt, dass von der Schließung auch Fächer in den naturwissenschaftlichen Studiengängen betroffen seien. Stimmen Sie mit mir darin überein, dass mit Errichtung einer Medizinischen Fakultät an einer Universität weitere naturwissenschaftliche Studiengänge eröffnet werden müssten und die Kosten somit weiter stiegen?
Zu Schleswig-Holstein habe ich in der Antwort auf die vorige Anfrage ja schon einiges ausgeführt. Generell ist zu sagen, dass die Naturwissenschaften in dem Bedarf zur Deckung der laufenden Kosten - 50 Millionen Euro - enthalten sind. Sie sind ein weiterer Kostenfaktor, da haben Sie vollkommen Recht. Für einen Standort wie Lübeck bedeutet eine solche Entscheidung eine Katastrophe; sie wird sich nachhaltig negativ auswirken.
Frau Ministerin, danke für die ausführlichen Erläuterungen, welche finanziellen und investiven Maßnahmen nötig wären, um eine Medizinische Fakultät an einer Brandenburger Hochschule aufzubauen. Würden Sie mir vor diesem Hintergrund dahin gehend zustimmen, dass der Vorschlag zur Errichtung einer Medizinischen Fakultät in Brandenburg absurd ist?
Ich möchte diesen Vorschlag nicht bewerten. Ich denke, wenn man sich die Zahlen und die Grundkonstellationen vor Augen führt, erübrigt sich eine Antwort.
Vielen Dank. - Die nächsten beiden Fragen werden zusammen beantwortet. Zunächst erhält Frau Steinmetzer-Mann Gelegenheit, die Frage 223 (Hilfe für Mühlberg/Elbe) zu stellen.
Am Pfingstmontag zerstörte ein Tornado zu großen Teilen die Stadt Mühlberg an der Elbe. In der Presse war zu lesen, dass der Sturm einen Schaden von rund 20 Millionen Euro angerichtet hat. Die Klosterkirche, das Schloss, die Elbbrücke und viele Häuser wurden beschädigt bzw. sind einsturzgefährdet. Nach ersten Einschätzungen weisen mehr als 80 % der Gebäude in der rund 4 400 Einwohner zählenden Stadt Sturmschäden auf. Das Land sicherte der Stadt und den Bürgerinnen und Bürgern schnelle Hilfe zu.
Ich frage die Landesregierung: Mit welchen konkreten Maßnahmen wird sie die Stadt Mühlberg/Elbe sowie die Bürgerinnen und Bürger bei der Beseitigung der Schäden unterstützen?