Heute früh habe ich in die Zeitung geschaut und ein Interview mit dem Bildungsminister gelesen. Er wurde darauf hingewiesen, dass die Umsetzung bis September nicht möglich sei, schon deshalb, weil noch die passende Software fehlt. Der Minister antwortete, dass das Geld wahrscheinlich in der Tat erst ab November ausgezahlt werden könne. Das sei aber nicht so schlimm, kein Drama. Herr Minister, sagen Sie das einmal den Menschen, die auf dieses Geld warten! Sie behaupten die ganze Zeit, das Geld solle für Bildungsausgaben verwendet werden, um zum Beispiel Hefte, Stifte und Mappen zu kaufen. Wenn Sie helfen wollen, was sagen Sie dann der Familie, die am Schuljahresanfang die versprochenen Leistungen nicht erhält? Soll diese Familie einen Kredit aufnehmen in der vagen Hoffnung, dass der Antrag vielleicht irgendwann positiv beschieden wird? Was Sie da machen, ist absoluter Unsinn!
(Widerspruch bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE - Dr. Woidke [SPD]: Sie wollen denen gar kein Geld ge- ben!)
- Herr Dr. Woidke, Sie selbst haben das Schüler-BAföG als „Projekt mit Symbolcharakter“ bezeichnet. Und genau das ist es! Diese Symbolpolitik betreibt Rot-Rot die ganze Zeit. Diese Art der Politik folgt wahrscheinlich den Berechnungen Ihres Generalsekretärs, der das aus irgendwelchen Gründen der brandenburgischen Machtarithmetik durchsetzen will. Man erkennt daran auch, wie schwach der Minister ist, wenn er ein Vorhaben durchsetzen muss, von dem er eigentlich selbst nichts hält.
Frau Große, Sie haben Angst, dass die anderen europäischen Staaten uns davonziehen. Diese Befürchtung ist berechtigt. Aber Sie sollten auch Angst bekommen, wenn Sie auf das Leis
tungsgefälle innerhalb Deutschlands schauen. Dann erkennen Sie nämlich, dass zum Beispiel Sachsen und Bayern zur europäischen Spitze gehören. Das müsste Ihnen auch Angst machen.
Noch eine Anmerkung, Frau Große: Sie sagten, Schwarz-Gelb im Bund habe im Prinzip in allen Politikbereichen versagt. Mit dem nächsten Halbsatz allerdings wollen Sie der Bundesregierung die alleinige Kompetenz für den Bereich Bildung zuweisen. Wie soll das zusammengehen? Das funktioniert doch alles nicht.
Wir brauchen eine Qualitätsoffensive. In Zeiten knapper Kassen ist es wichtig, dass die Gelder effektiv ausgegeben werden. Stellen Sie sich deshalb Ihrer Verantwortung! Fahren Sie nicht mit einer inneren Blockade zum Gipfel, sondern tragen Sie dazu bei, dass er ein Erfolg wird. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Kollegin Frau Große hat vorhin schon darauf hingewiesen, wie wirklich aktuell diese Aktuelle Stunde ist. Das Thema ist zudem auch noch politisch sehr interessant; denn in dem ganzen Drumherum des Bildungsgipfels spielen nämlich auch die BAföG-Novelle, das sogenannte „Nationale Stipendienprogramm“ und das 2-Milliarden-Programm für die Lehre eine Rolle.
Lassen Sie mich mit Letzterem anfangen. Die Trennung der Zuständigkeiten im Bildungsbereich hat sich gerade für die Hochschulen als sehr negativ herausgestellt. Nicht ohne Grund hat der Bund nach der Föderalismusreform durch die Hintertür mit seiner Exzellenzinitiative versucht, Geld ins System zu geben. Ehrlicher wäre es, dem Bund wieder Kompetenzen im Bildungs- und Hochschulbereich zu geben. Das haben wir als Linke vor der Föderalismusreform gefordert, und das werden wir auch nach der Föderalismusreform fordern.
Nun soll mit einem Programm über 2 Milliarden Euro die Lehre gefördert werden. Frau Schavan als Bundesbildungsministerin hat dieses Programm als Riesenerfolg gefeiert. Aber, meine Damen und Herren, dieses Programm soll bis 2020 laufen - das sind pro Jahr 200 Millionen Euro. Für die Forschung steht die gleiche Summe in der Hälfte der Zeit zur Verfügung. Damit schafft man keine exzellente Lehre, das ist bestenfalls ein kümmerlicher Versuch.
Ein nicht nur kümmerlicher, sondern auch gefährlicher Versuch ist das sogenannte „Nationale Stipendienprogramm“. Dabei sollen die leistungsstärksten 10 % der Studierenden mit monatlich 300 Euro gefördert werden. Das Geld soll zu 25 % von den Ländern, zu 25 % vom Bund und zu 50 % von privaten Geldgebern aufgebracht werden, insgesamt mit einem Volumen von 600 Millionen Euro.
Den Hochschulen wird dabei die Auswahl der Studierenden, die Suche nach privaten Geldgebern und die Verwaltung der Vergabe überlassen. Als wäre das nicht schon Mogelpackung genug, sollen die privaten Geldgeber auch noch selbst entscheiden dürfen, für welchen Fachbereich das Stipendium vergeben wird. Zusätzlich haben Regionen ohne starke Wirtschaft einen Standortnachteil. Gerade im Zuge von Bologna ist es geradezu ein Witz, dass das Stipendium bei einem Hochschulwechsel nicht mitgenommen werden kann, es also Mobilität hemmt. Das alles ist höchstproblematisch. In Nordrhein-Westfalen, wo die FDP übrigens auf diese absurde Idee gekommen ist, werden genau diese Schwachstellen deutlich.
Die Linke lehnt das „Nationale Stipendienprogramm“ ab. Ein solches Stipendiensystem verstärkt die soziale Ungleichheit an der Hochschule,
die Zwei-Klassen-Hochschullandschaft, die Dominanz naturund wirtschaftswissenschaftlicher Fächer und den Einfluss der Privatwirtschaft. Schon heute weisen die Stipendienprogramme der meisten Begabtenförderungswerke eine soziale Schieflage auf. Es werden überwiegend Studierende aus reichen Elternhäusern gefördert. Eine Auswertung der gegenwärtigen Stipendienprogramme zeigt, dass etwa drei Viertel der Begünstigten aus einer „hohen“ oder „gehobenen“ sozialen Schicht stammen, nur 10 % kommen aus der sozialen Herkunftsgruppe „niedrig“. Nein, meine Damen und Herren, viel besser wäre es, die vom Bund und den Ländern geplanten Anteile von rund 300 Millionen Euro dem BAföG zugute kommen zu lassen. Das wäre hilfreicher, sozial ausgewogener und damit zielführender.
Damit bin ich auch schon beim dritten Schwerpunkt des Bildungsgipfels, der BAföG-Novelle der Bundesregierung. Sie bleibt hinter unseren Erwartungen zurück. Die Höchstsätze und die Freibeträge sind immer noch deutlich zu niedrig, und der Anteil der Anspruchsberechtigten muss dringend ausgebaut werden. Dennoch sind Änderungen wie die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften oder die Anhebung der Altersgrenze bei einem Masterstudium auf 35 Jahre richtig und begrüßenswert.
Umso spannender ist es, dass Länder wie Hessen und Bayern im Finanzausschuss des Bundesrates gegen die BAföG-Novelle gestimmt haben - und, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, das Saarland mit Ihnen als Koalitionspartner war munter mit dabei. Liebe Frau von Halem, Sie fordern in Ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde, die Landesregierung solle zeigen, wie viel ihr Bildung auch in Zeiten knapper Kassen wert sei. Wenn Sie wie die Linke und die SPD diese BAföG-Novelle für richtig halten, stimmen Sie Ihre Kollegen von den Grünen in Hamburg und im Saarland um. Am Freitag stimmt der Bundesrat über das Gesetz ab; bis dahin hätten Sie Zeit.
Der Bildungsgipfel am 10. Juni ist de facto schon gescheitert wie der Bildungsgipfel davor und der Bildungsgipfel davor. Am Rande sei hier nur erwähnt, dass auch der Bologna-Gipfel von Frau Schavan am 17. Mai dieses Jahres als Alibiveranstaltung gescheitert ist. Bildungspolitisch ist Deutschland unter Schwarz-Gelb so weit wie nur möglich von einem echten Gip
fel entfernt. Im Gegensatz dazu ist der rot-roten Koalition in Brandenburg Bildung sehr viel wert. Wir setzen hier klare Akzente und erwarten das auch von der Bundesebene. - Danke schön.
Ich begrüße bei uns im Plenum als neue Gäste Vertreter der fqg-Transfergesellschaft Brandenburg an der Havel. Herzlich willkommen im Landtag in Potsdam!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie fragen, was uns im Land Brandenburg Bildung wert ist. Ich könnte mich jetzt für meinen Bereich - nämlich die Hochschulen - leicht zurücklehnen und fragen: Sieht man das denn nicht? Da Sie aber nun einmal eine recht lange Zeit in der Landespolitik nicht sehr präsent waren, möchte ich etwas ausholen. Wie Sie wissen, war Brandenburg vor 20 Jahren das Bundesland mit dem mit Abstand geringsten Bestand an Hochschulen. Insofern war es eine klare und richtige Entscheidung der ersten Landesregierung, das Hochschulsystem von Grund auf neu aufzubauen und neu aufzustellen.
Die Notwendigkeit ergab sich zwingend aus der Einsicht, dass eine gesellschaftlich und wirtschaftlich positive Landesentwicklung ohne Hochschulen nicht erreicht werden kann. In einem Land mit vergleichsweise wenig Bodenschätzen sowie einem nicht ausreichenden Industriebestand sind Investitionen in Köpfe - genau darum geht es - die einzige erfolgversprechende Alternative, die mittelfristig die Konkurrenzfähigkeit des Landes sicherstellt.
Mit einem immensen finanziellen Aufwand hat das Land Brandenburg daher in den letzten 20 Jahren eine Hochschullandschaft aufgebaut, die inzwischen in jeder Weise national und zum Teil auch international konkurrenzfähig ist. Die weit überproportionalen Zuwachsraten bei den Studierendenzahlen sind ein deutlicher Beweis dafür. Gleiches gilt für den parallel stattgefunden habenden Aufbau der außeruniversitären Forschungslandschaft, die inzwischen internationales Renommee hat und um die uns so manches Bundesland - auch der große Nachbar mitten in unserem Bundesland - beneidet. Ich würde mich freuen, wenn diese Dinge auch die gebührende Anerkennung und Wahrnehmung erfahren würden, die sie verdienen.
Trotz dieses Erfolgs sprechen Sie von Mängelverwaltung. Ich frage mich, von welchem Mangel Sie eigentlich sprechen. Die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung steigen im Jahr 2010 um 11,3 %. Dieser Anstieg ist deutlich stärker als der des brandenburgischen Haushalts insgesamt. Ist das Mängelverwaltung?
Wir wollen, dass die Studierenden, die sich für ein Studium im Land Brandenburg entscheiden, hervorragende Studienbedingungen vorfinden. Das ist der Grund, aus dem wir bereits kurz nach meinem Amtsantritt die Bilanzierung des Bologna-Prozesses auf den Weg gebracht haben; denn wir nehmen die Sorgen der Studierenden sehr ernst und verbessern die Studienbedingungen dort, wo es notwendig ist. Auch hier frage ich mich: Ist das vielleicht Mängelverwaltung?
Seit 2008 werden Projekte mit einem Gesamtvolumen von mehr als 6,2 Millionen Euro zur Steigerung der Studierneigung gefördert. Sehr gezielt werden in diesen Maßnahmen die Zukunftssorgen und Bedenken der Jugendlichen und ihrer Eltern aus nichtakademischen Elternhäusern aufgegriffen. Wir wollen sie von den Möglichkeiten und Chancen überzeugen, die ein Studium bietet. Seit Beginn unserer Maßnahmen - das verdeutlicht den Erfolg - ist die Bruttostudierquote um 18 % gestiegen - mehr als in jedem anderen Bundesland. Auch hier frage ich mich: Ist das vielleicht Mängelverwaltung?
Vielleicht noch ein Satz zum Thema Symbolpolitik: Sie sprechen im Zusammenhang mit der Ausbildungsförderung für Schülerinnen und Schüler von Symbolpolitik, also von einem wenn man es übersetzt - sinnfreien Gestus der Landesregierung.
nämlich junge Menschen mit höherem Schulabschluss zum Studium zu ermuntern - nun den zweiten Schritt zu gehen und jungen Menschen aus wirtschaftlich schwachen Elternhäusern den Erwerb eines höheren Schulabschlusses zu erleichtern? Das ist kein bisschen sinnfrei und auch nicht symbolisch, sondern eine konsequente Bildungspolitik mit dem Ziel der Bildungsgerechtigkeit.
Vielleicht noch kurz ein Satz zum Thema Bildungsgipfel: Es wurde bereits mehrfach erwähnt, dass am 10. Juni die Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten ein Gespräch führen wird. Dabei geht es aus meiner Sicht nicht unbedingt um einen Bildungsgipfel; denn dort wird nicht so sehr über Inhalte gesprochen werden. Vielmehr geht es um einen Bildungsfinanzierungsgipfel. Bildung selbst ist Ländersache, und Brandenburg ist diesbezüglich sehr gut aufgestellt.
Zwischen Bund und Ländern muss vor allem geklärt werden, wie die unterschiedlichen Vorstellungen zur Finanzierung des 10%-Ziels zum einen über Bundesprogramme und zum anderen über die Umsatzsteuer in Einklang gebracht werden können; denn - meine Vorredner haben das bereits erwähnt - der entscheidende Knackpunkt ist eine Erhöhung des Umsatzsteueranteils für die Länder, um diese enormen Ausgaben schultern zu können.
Gemeinsam mit meinem Kollegen Rupprecht habe ich mit großem Bedauern und Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass das Konsensziel - das sollte zumindest unter Bildungspoliti
kern in allen Bundesländern vorhanden sein -, 10 % des Bruttoinlandsprodukts für Bildung zu verwenden, mittlerweile bröselt, und zwar ausgerechnet in den schwarz-gelb regierten Ländern. Darüber waren wir sehr betroffen und sehr traurig. Betroffen waren im Übrigen auch die Bundesländer, die das Ganze mittragen, zum Glück noch immer die Mehrheit.
Lassen Sie mich nun noch einen letzten Stichpunkt zur sogenannten dritten Säule des Hochschulpakts erwähnen. Bezüglich der Finanzierung durch Bundesprogramme ist ein Kompromiss bei der dritten Säule des Hochschulpaktes 2020 zur Steigerung der Qualität der Lehre in greifbare Nähe gerückt. Der Bund hat zum Glück endlich verstanden, dass es bei der Qualität der Lehre nicht darum gehen kann, nur einige wenige Hochschulen zu fördern. Bei der Exzellenzinitiative, die nur wettbewerblich ausgerichtet war, mussten wir leidvoll erleben, dass dort, wo schon viel vorhanden war, noch mehr hingekommen ist. Das wollen wir ausdrücklich nicht, wenn es um das Thema Qualität der Bildung geht. Schließlich ist eine regional ausgewogene Förderung der Hochschulen notwendig.
Insgesamt stehen in dieser sogenannten dritten Säule 2 Milliarden Euro bereit, um zum Beispiel die Personalausstattung für die Lehre oder Qualifizierungsmaßnahmen für Lehrende zu verbessern. Hier gibt es sehr gute Chancen, dass unsere Hochschulen bis zum Jahr 2020 erhebliche zusätzliche Ressourcen zur Steigerung der Qualität der Hochschulbildung erhalten. Das Geld wird jedoch nicht nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet. Die Hochschulen werden ein Konzept vorlegen müssen, das von einem Expertengremium bewertet wird. Anschließend wird das zur Verfügung stehende Geld entsprechend einer Länderquote verteilt werden. Es war ein langer Kampf, die Bundesbildungsministerin davon zu überzeugen, dass dies mehr Gerechtigkeit bedeutet, als wenn nur nach dem Wettbewerbsprinzip vorgegangen wird.
Ich bin sehr optimistisch, dass es unseren Hochschulen gelingen wird, Konzepte zu entwickeln, die vor den Augen der Gutachter Bestand haben; denn wir haben insbesondere im Bereich der Qualität der Lehre vorgearbeitet. Mit der letzten Hochschulgesetznovelle, mit der Förderung des Netzwerks Studienqualität Brandenburg und mit der gegenwärtig laufenden Bologna-Bilanz wurden deutlich sichtbare Vorarbeiten geleistet, worauf die Hochschulen aufbauen können.
Meine Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie fordern in Ihrem Antrag, dass die Landesregierung vor dem Bildungsgipfel Akzente setzt. Das, was ich gerade beschrieben habe, ist mehr als nur ein Akzent.
Ein weiterer Akzent, den wir gern setzen würden, ist eine deutliche Verbesserung der Leistungen beim BAföG - Herr Jürgens ist bereits ausführlich darauf eingegangen -, vorausgesetzt natürlich, dass die Länder vom Bund einen angemessenen Ausgleich für die Mehraufwendungen erhalten. Gegenwärtig liegt der Gesetzentwurf des Bundes für Änderungen am BAföG dem Bundesrat zur Stellungnahme vor. Dieser Entwurf ist zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung, jedoch noch zu dünn. Die sogenannte A-Seite der Länder sieht unter anderem hinsichtlich der Freibeträge, der Anrechnungsbeträge und der Altersgrenzen noch deutlichen Verbesserungsbedarf. Sie wissen, wir wollen ein Studium in Teilzeit ermöglichen, worauf man sich beim BAföG auch einstellen muss.