Protocol of the Session on June 2, 2010

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Burkardt erhält für eine Kurzintervention das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns den Tagesordnungspunkt anschauen, dann stellen wir fest, dass er sich mit der strafbefreienden Selbstanzeige zur Vermeidung von Strafverfolgung und dem Eröffnen der Chance, seine Steuern doch noch zu bezahlen, befasst. Nach den Redebeiträgen der Fraktionen geht der Finanzminister nun ans Mikrofon und erklärt, er habe am Ende dieses Tages - nachdem wir noch ein Ausgabengesetz beschlossen haben - eine Haushaltssperre verhängt, ohne dass den Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause, die sich um die Finanzpolitik zu kümmern haben und die im Haushalts- und Finanzausschuss Verantwortung tragen, eine Chance gegeben wurde, sich mit diesem Vorgang auseinanderzusetzen.

(Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Wenn wir uns die Reaktion des Ministers auf unsere Vorschläge a) vor der Haushaltsberatung, b) in der Haushaltsberatung und c) nach der Haushaltsberatung anschauen - die Vorschläge, die darauf abzielten, eine Haushaltskonsolidierung zu betreiben -,

(Frau Prof. Dr. Heppener [SPD]: Ja!)

dann haben wir gesehen, wie wichtig ihm das noch vor wenigen Tagen und vor wenigen Wochen war. Und nun verkündet er wie Zieten aus dem Busch - eine Haushaltssperre. Was hat denn zur neuen Erkenntnis beim Finanzminister beigetragen? Was ist denn passiert, dass Sie auf einmal innerhalb weniger Tage - noch vor drei Wochen haben Sie sich in Frankfurt (Oder) mit Blick auf mich beschwert, da gäbe es andere in diesem Saal, die die Haushaltslage des Landes anders sehen würden - heute nun die Haushaltslage genau so sehen, wie wir sie schon vor einer Vielzahl von Wochen dargestellt haben und die wir nie aufgehört haben anzumahnen.

(Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Meine Damen und Herren, drei Wochen nach Verabschiedung des Haushalts eine Haushaltssperre zu verhängen verlangt nach einer Regierungserklärung. Wir erwarten, dass Sie morgen die Tagesordnung ändern und eine Regierungserklärung zu diesem Vorgang abgeben. - Schönen Dank.

(Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90 - Unruhe)

Vielen Dank, Herr Burkardt. - Es gibt eine weitere Anmeldung auf eine Kurzintervention. Herr Goetz, Sie haben das Wort.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Markov! Das, was wir hier gerade eben erlebt haben, ist schon ein Stück aus dem Tollhaus.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Seit 10 Uhr sitzen wir hier zusammen. Die Regierung hat jederzeit die Möglichkeit, sich zur Tagesordnung zu melden und zu sagen: Ich habe eine Erklärung abzugeben. - Das hätten Sie um 10 Uhr oder um 10.05 Uhr - vor Einstieg in die Beratungen, vor Beschlüssen zu Ausgabengesetzen - tun können. Nun kurz vor 18 Uhr - eigentlich sind wir bereits seit einer halben Stunde zum parlamentarischen Abend des BBI eingeladen - rücken Sie bei einem völlig fremden Tagesordnungspunkt mit der Haushaltssperre heraus. Das ist mangelnder Respekt vor diesem Parlament, den wir uns nicht gefallen lassen können.

(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90)

Es ist völlig richtig, wenn Kollege Burkardt die entsprechende Regierungserklärung fordert, weil: Wo sind wir denn? - Hier wird gesagt: 650 Millionen Euro - das ist ein toller Haushalt. Wir haben alles im Griff. Wir beschließen das so. - Dieser Beschluss ist noch nicht lange her und wurde mit einer Mehrheit gefasst, die vor mir sitzt, damit das Jahr ordnungsgemäß bzw. in ordentlichen Bahnen verlaufen kann. Aber noch bevor die nächste Parlamentsdebatte bzw. der nächste Sitzungstag vorbei ist, haben Sie Erkenntnisse, dass 650 Millionen Euro Nettokreditaufnahme - neu - offensichtlich nicht ausreichen; denn sonst gäbe es ja keine Haushaltssperre. Ich möchte gern von Ihnen wissen: Wie viele 100 Millionen Euro kommen dieses Jahr noch dazu, dass Sie jetzt eine Haushaltssperre verhängen?

(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90)

Sie stellen sich jetzt hier vorn hin und sagen ganz nebenbei: Ich habe eine Haushaltssperre verkündet. - Dafür muss es doch Gründe geben, die Sie offenlegen müssen! Rücken Sie diese gefälligst heraus, damit wir darauf reagieren können! Lassen Sie vor allem auch nicht Ihre eigene Fraktion ins Messer laufen. Vorhin wurde das Schüler-BAföG beschlossen. Der Ministerpräsident vertritt mit Verve, dass das Schüler-BAföG wichtig ist und dass die Ärmsten der Armen dies bitter nötig haben. Nun kommen Sie und sagen einige Minuten nach dem Beschluss: Das Geld ist nicht mehr da. - Das heißt: Vergessen Sie Ihr Schüler-BAföG. Denn bei den Ausnahmen, die Sie genannt haben, ist Schüler-BAföG nicht dabei.

(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90)

Verklapst zu werden ist die harmloseste aller möglichen Varianten, wie man das benennen kann. Nicht nur die Opposition, sondern auch die Regierungsparteien bzw. die Regierungskoalition wurden in gleicher Weise behandelt. Dennoch sitzen Sie

von der Koalition schweigend da und lassen sich das einfach so gefallen. Das geht doch nicht, meine Damen und Herren! Sie sind Parlamentarier wie wir auch.

(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90)

Wir sind 88 Abgeordnete in diesem Haus, und wir alle 88 - sowohl Regierung als auch Opposition - sind nicht die Erfüllungsgehilfen dieser Regierung. Wir haben eine eigene Verantwortung. Unsere Aufgabe ist es, die Regierung zu kontrollieren und diese Verantwortung wahrzunehmen. Also nehmen Sie Ihre Verantwortung endlich wahr und ziehen Sie Ihren Minister zur Rechenschaft, weil das, was hier läuft, ein Stück aus dem Tollhaus ist.

Ich erwarte - wie Herr Kollege Burkardt - morgen die Regierungserklärung, damit wir endlich wissen, woran wir sind. Möglicherweise haben Sie Herrschaftswissen, wir jedoch nicht. Wenn Sie es haben, teilen Sie es mit uns. Hier wurde keine Erklärung gegeben. So etwas kann man sich als Landtag nicht gefallen lassen. Ich bin zwar neu in diesem Landtag und weiß nicht, wie es früher war, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass solche Aktionen hier schon einmal stattgefunden haben - unabhängig davon, dass die CDU-Fraktion früher alles besser fand.

Morgen muss hier Klarheit auf den Tisch. Ich erwarte, dass die Tagesordnung umgestellt wird und der Finanzminister sagt, wo wir stehen und wie viel Neuverschuldung auf uns zukommt, damit wir uns in der weiteren Parlamentsarbeit darauf einrichten können. Jedem künftigen Beschluss, der hier gefasst wird und der mit finanziellen Mitteln zu tun hat, fehlt jede Grundlage, solange das nicht geklärt ist.

(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Es gibt weiteres Begehren nach Kurzinterventionen, die ich angesichts der Ernsthaftigkeit der Lage zulassen werde. - Herr Bischoff, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde, gelinde gesagt, die Aufregung der Opposition schon etwas überraschend.

(Lachen bei der CDU - Petke [CDU]: Ja! - Weitere Zuru- fe von der CDU)

Das will ich auch kurz begründen. Die finanzielle Lage in Brandenburg ist so, wie sie ist. Der Hauptgrund ist, dass uns Einnahmen in Höhe von 950 Millionen Euro fehlen,

(Zuruf des Abgeordneten Petke [CDU])

weil Sie alles daransetzen, die Einnahmesituation der Länder und der Kommunen nicht zu verbessern, sondern zu verschlechtern. In Sonntagsreden sagen Sie, der Haushalt müsse saniert werden, und schon am Montag stellen Sie sich hin und sagen, es sei furchtbar, wenn wir auf die schwierige Situation reagieren und sie bewältigen wollen. Sie müssen sich wirklich einmal

überlegen, was Sie als Opposition hier im Parlament eigentlich bezwecken wollen.

(Zuruf von der CDU: Mein Gott! - Weitere Zurufe von der CDU)

Der Haushalt 2010 soll wie vom Parlament beschlossen ins Ziel kommen. 650 Millionen Euro Nettokreditaufnahme sind sicherlich 650 Millionen Euro zu viel, und es soll kein Cent mehr sein. Insofern ist diese Reaktion, eine Haushaltssperre zu verhängen, üblich, und sie ist gemäß der Finanzverfassung auch notwendig.

(Frau Lehmann [SPD]: Aber nicht jetzt!)

Meine Damen und Herren von der CDU, ich will Ihnen Folgendes in Erinnerung rufen: Wir haben zehn Jahre lang gemeinsam regiert. In diesen zehn Jahren wurden mehrere Haushaltssperren verhängt.

(Zurufe von der CDU)

Sie wurden immer dann verhängt, wenn sich abzeichnete, dass man mit den im Haushalt veranschlagten Mitteln - wie vom Parlament beschlossen - bis Jahresende nicht zurechtkommt. Das ist eine normale Reaktion.

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend noch an Folgendes erinnern: Vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl haben Sie gesagt: Wir werden die Steuern senken. - Dennoch wurden Sie fast abgewählt.

Herr Abgeordneter Bischoff, Ihre Interventionszeit ist verstrichen. Zwischenfragen dazu gibt es nicht.

Nun ist die Rede von Steuererhöhungen. Eine verlässliche Finanzpolitik sieht völlig anders aus. Unsere Reaktion ist eine Reaktion auf einbrechende Einnahmen und steigende Ausgaben. Darauf muss man auch - wenn man finanzpolitisch ein wenig Anstand hat - politisch reagieren und einen geraden Rücken zeigen. - Danke schön.

(Beifall des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

Weiterer Interventionsbedarf zur Rede von Herrn Dr. Markov wurde durch Herrn Abgeordneten Vogel angezeigt. Anschließend erhält Herr Dr. Markov die Gelegenheit, darauf zu reagieren. Meine Damen und Herren, Fragen zur Intervention kann ich nicht zulassen.

(Beifall des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

Frau Präsidentin, wir sind nur deswegen aufgeregt, weil es uns etwas überrascht, dass der Haushalt gerade erst verabschiedet

wurde, wir heute zur Kenntnis nehmen mussten, dass unsere Fraktionen völlig überzogene Einsparvorstellungen hätten, und der Finanzminister nun erklärt, dass er in ähnlicher Dimension versucht, Einsparungen vorzunehmen, wie sie die Oppositionsfraktionen im Rahmen der Haushaltsberatung vorgeschlagen hatten.

Das Problem ist, dass heute ein Leistungsgesetz beschlossen wurde und wir uns kontinuierlich mit Ausgaben auseinandersetzen, dass aber letztlich erforderlich gewesen wäre - das wurde zu Recht kritisiert -, vor solchen Beratungen zu erfahren, in welcher Haushaltsnotlage sich das Land befindet.

Ich schließe mich für meine Fraktion ausdrücklich der Forderung von Herrn Burkardt und Herrn Goetz an, nämlich dass die Regierung morgen hier vor diesem Parlament Stellung nimmt und erläutert, warum und in welchem Ausmaß sie diese Haushaltssperre durchführt, damit wir uns darüber unterhalten können. Ich denke, das ist nicht sehr dramatisch, sondern Herr Dr. Markov ist Manns genug, seine Position darzustellen und das nicht so en passent bei einem ganz anderen Tagesordnungspunkt kurz einzuführen. - Danke.