Protocol of the Session on May 7, 2010

Ich frage die Landesregierung: Welchen wirtschaftlichen Mehrwert sieht sie bei den Gesprächen mit Ländern, denen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung völlig fremd ist?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Homeyer. - Herr Minister Markov, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einen recht schönen guten Morgen! - Lieber Kollege Homeyer, ja, es stimmt, ich habe Gespräche mit Botschaftern aus Belarus, Ecuador, Kuba und Bolivien geführt. Das habe ich auch schon in meiner Funktion als Vorsitzender des Internationalen Handelsausschusses des Europäischen Parlamentes getan - und nicht nur mit Botschaftern der verschiedensten Länder, sondern auch mit Präsidenten und Chefs von Weltbanken. Das ist normales politisches Geschäft.

Sie fragen, welcher wirtschaftliche Mehrwert bei Gesprächen mit Ländern, denen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung völlig fremd sei, entstehe. Wirtschaftlicher Mehrwert entsteht, indem Handel getrieben wird. Handel kann Armut reduzieren. Handel ist immer der Austausch von Waren. Es ist im Interesse von kleinen und mittelständischen Unternehmen, entweder Waren aus anderen Ländern zu erwerben oder Waren dorthin zu verkaufen.

Warum nun diese Länder? - Weil die Europäische Union ganz speziell mit diesen Ländern gegenwärtig die ökonomischen Partnerschaftsabkommen verhandelt, die aus drei Komponenten bestehen: Erstens politische Kooperation, zweitens Dialog und drittens Freihandelsabkommen. Dass ich kein Verfechter der Durchsetzung von Freihandelsabkommen bin, weil ich glaube, dass das die Möglichkeiten der Souveränität dieser Staaten begrenzt, ist eine andere Sache. Insofern halte ich es durchaus für wichtig und richtig, dass man mit einem Bereich anfängt.

Ich bin mir darüber hinaus ganz sicher, dass diese Staaten, weil sie Botschafter und diplomatische Vertretungen in der Bundesrepublik haben, die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik kennen. Das ist die Beantwortung Ihrer Frage.

Dass sie in ihren Ländern andere Strukturen haben, stimmt. Die Verfassungen von Ecuador und von Bolivien sind Präsidialverfassungen mit einer sehr starken Macht des Präsidenten. Das unterscheidet sich von der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland sehr wohl. In diesen Ländern haben übrigens Volksabstimmungen zur Inkraftsetzung der Verfassung stattgefunden. Die Verfassungen sind per Volksentscheid in Kraft gesetzt worden -

(Beifall des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

anders als die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Allerdings haben die Brandenburger ihre Verfassung per Volksentscheid in Kraft gesetzt. Das muss man einmal lobend erwähnen.

(Beifall DIE LINKE)

Die Linke bzw. die damalige PDS war zu jener Zeit verfassunggebende Partei, weil wir für diese Verfassung argumentiert haben. Das sollte man auch nicht vergessen.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Weil Sie im Übrigen Venezuela erwähnt haben, mit dessen Vertretern ich noch nicht gesprochen habe, will ich Ihnen sagen: Auch da hat es Volksentscheide gegeben. Aber als der Präsident die Verfassung ändern und Errungenschaften der bestehenden Verfassung aushebeln wollte, hat das venezolanische Volk Nein zu dieser Verfassungsänderung gesagt. Ich glaube an die Kraft der Bevölkerung.

Eine allerletzte Bemerkung: Ich glaube, dass Sie durchaus in den unterschiedlichsten Medien nachlesen können, dass, wenn ich eine andere Auffassung zu Menschenrechten in einem Land habe, ich dies immer artikuliert habe und das nach wie vor tue. Das ist nämlich ein Bestandteil von politischem Dialog. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Minister, es gibt Nachfragebedarf beim Fragesteller. Herr Abgeordneter Homeyer, Sie haben das Wort.

Herr Minister, ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Bekenntnis zu den Menschenrechten. Ich möchte trotzdem nachfragen. Es geht um den Messestandort Frankfurt (Oder), den wollen Sie ja stärken. Ich frage mich allen Ernstes, ob Sie wissen, wie das Auswärtige Amt die wirtschaftliche Kraft, zum Beispiel von Bolivien oder Ecuador, beurteilt. Wissen Sie, dass das Auswärtige Amt sagt, dass Bolivien das ärmste Land Südamerikas ist - ein klassisches Entwicklungsland? Ich bin sehr für Entwicklungshilfe und habe den Antrag auch unterstützt, aber es geht hier um den Messestandort Frankfurt (Oder), und den wollen wir hier entwickeln. Ich frage mich, wie das denn funktionieren soll.

Ich frage Sie, ob Sie zum Beispiel wissen, dass es in der Beurteilung des Auswärtigen Amtes heißt, dass die allgemeine Rechtsunsicherheit in Bolivien ein Problem für Investoren und Handelspartner ist. Das Auswärtige Amt warnt geradezu davor, aufgrund der allgemeinen Verunsicherung mit dem Staat in

Handelsbeziehungen zu treten. Wissen Sie das alles? Ich frage Sie: Wie wollen Sie unseren Messestandort, der das bitter nötig hat, damit stärken?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Recht vielen Dank für diese Nachfrage. Ich habe versucht, Türöffner in dem Sinne zu sein, dass ich Kontakte zwischen der Geschäftsführung der Messe Frankfurt (Oder) und den Botschaftern dieser Länder hergestellt habe, und zwar insbesondere auf zwei Gebieten, auf denen Brandenburg führend ist und die im Interesse dieser Länder liegen.

(Zuruf: Weiß das Christoffers?)

- Selbstverständlich war auch das Ministerium von Herrn Christoffers auf der Arbeitsebene eingebunden, ebenso wie das MUGV. Die Schwerpunktthemen sind regenerative Energien, insbesondere Wind- und Solarenergie. Da haben wir in Brandenburg nun wirklich die führenden Firmen, die ein Exportinteresse haben. Ein Großteil dieser Länder hat nämlich das Problem, dass sie ausreichend Erdöl und Erdgas haben, aber in ihren Verfassungen haben die „Indigenas“, also die Ureinwohner, sehr weitgehende Rechte, auf deren Ursprungsgebiet dürfen diese Rohstoffe nicht ausgebeutet werden. Deswegen müssen diese Länder auf anderen Wegen Energie zu produzieren versuchen. Brandenburg kann da ein wunderbarer Partner sein, weil wir die Unternehmen in diesem Lande haben. Natürlich weiß ich genau und könnte ich Ihnen sagen - ich habe die Zahlen -, wie hoch gegenwärtig der Export aus Bolivien nach Brandenburg ist. Es gibt ihn so gut wie gar nicht. Und genau deswegen ist das eine Chance für Brandenburger Unternehmen.

Ein zweiter Gesichtspunkt, der stark hineinspielt: Wenn man so etwas macht, braucht man Länder, in denen die Regierungen ein Interesse haben, solche Messen mit Fördermitteln aus ihrem Land zu unterstützen, denn die kleinen und mittelständischen Unternehmen dort, die wir ja als Partner haben wollen, sind nicht in der Lage, sich allein an einer Messe sonstwo zu beteiligen. Deswegen sucht man sich Länder, in denen Außenhandelspolitik tatsächlich im Interesse der Regierungspolitik dieser Länder ist - genau deswegen. Sie könnten auch fragen, warum die Europäische Union - Deutschland lässt ja über die Europäische Union verhandeln - mit der gesamten afrikanischen Region verhandelt. Das könnte man doch auch sein lassen. Wozu wird das gemacht? - Wissen Sie, dass Bolivien eines der Länder mit den größten Rohstoffreserven der Welt ist? Das sind nicht nur Zinn, Zink und Blei. Das ist eine ganze Menge mehr. Daran hat Brandenburg durchaus ein existenzielles Interesse. Deshalb halte ich es für absolut richtig, notwendig und zwingend geboten, mit diesen Ländern zu reden. Ich hoffe, dass es klappt. Ich hoffe es für Frankfurt und für unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die Frage 204 (Versetzung von in Brandenburg verbeamteten Lehrern in andere Bundesländer) wird durch Herrn Abgeordneten Büttner gestellt. - Herr Büttner, Sie haben das Wort.

Die Einstellungsoffensive, die vom Minister für Bildung, Jugend und Sport, Holger Rupprecht, angekündigt worden ist, beinhaltet, junge Lehrer in Brandenburg zu verbeamten, um Anreize zu schaffen, die Lehrermangel verhindern sollen. In Brandenburg verbeamtete Lehrer haben natürlich die Möglichkeit, Anträge auf Umsetzung nach Berlin oder in andere Bundesländer zu stellen.

Ich frage die Landesregierung: Wie viele verbeamtete Lehrer aus Brandenburg hatten in den letzten vier Jahren je nach Schulamtsbezirk einen Umsetzungsantrag nach Berlin bzw. in andere Bundesländer gestellt?

Herr Minister Rupprecht, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Büttner, zur Gewährleistung der Mobilität der Lehrkräfte haben sich die Bundesländer darauf geeinigt, dass sich jede Lehrkraft, die in einem Bundesland der Bundesrepublik angestellt ist, in jedem anderen Land bewerben und dort auch eingestellt werden kann. Damit dieser Wechsel jedoch nicht zulasten der Schüler und der Unterrichtskontinuität geht, kann so ein Wechsel nur dann erfolgen, wenn das abgebende Bundesland eine sogenannte Freigabeerklärung abgegeben hat.

Es gibt eine zweite Möglichkeit, in ein anderes Bundesland zu wechseln; das ist das sogenannte Tauschverfahren. Das tritt immer dann in Kraft, wenn jemand aus sozialen Gründen wie Familienzusammenführung, den Antrag stellt, zu seinem Ehepartner zum Beispiel nach Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz zu ziehen. Dann erfolgt, wie der Name schon sagt, ein Tausch, und zwar wirklich eins zu eins, Kopf für Kopf. Es gibt keinen Rechtsanspruch. Wir bemühen uns in solchen Fällen aber natürlich, mit den anderen Bundesländern eine möglichst einvernehmliche Lösung zu finden.

Für Brandenburger Lehrer gibt es noch eine dritte Möglichkeit. Die hat mit dem Gastschülerabkommen zu tun. Berlin hat sich verpflichtet, im Rahmen des Gastschülerabkommens bis zum Schuljahr 2013/14 bis zu 40 Lehrerinnen und Lehrer aus Brandenburg aufzunehmen - allerdings auch hier wieder nur, wenn in diesem Fall durch das abgebende staatliche Schulamt eine Freigabe erklärt worden ist.

Sie sehen also, dass wir durch diese Regelung ganz gut geschützt sind. Ihre konkrete Frage kann ich leider nicht beantworten, weil ich habe das Prozedere beschrieben - wir eine statistische Erfassung der Zahl derer, die das wünschen, nicht brauchen. Die gibt es also auch nicht. Es wird keine Datenerhebung vorgenommen, deshalb kann ich die Frage nicht beantworten.

Es gibt Nachfragebedarf beim Abgeordneten Büttner.

Herr Minister, wie ist denn Ihre Freigabepraxis? Wie wollen Sie denn in Zukunft verfahren, wenn Lehrer Umsetzungsanträ

ge stellen und zum Beispiel nach Berlin gehen wollen? Wollen Sie die Freigabe erteilen, wollen Sie eine Einzelfallentscheidung herbeiführen, oder welche Maßnahmen wollen Sie treffen?

Ich habe es ja beschrieben. Es gibt in jedem Fall eine Einzelfallentscheidung durch das Schulamt - zum Beispiel beim Wechsel nach Berlin. Wir werden kein Problem damit haben, einen Lehrer nach Berlin gehen zu lassen, wenn in der entsprechenden Fächerkombination ausreichend Personal bei uns vorhanden ist. Wir werden einen Lehrer mit Sicherheit dann nicht gehen lassen, wenn er ein Mangelfach unterrichtet, in dem wir dringenden Bedarf haben und sogar Lehrer suchen, wie wir das jetzt offensiv praktizieren. In dem Fall gibt es immer Einzelfallprüfungen, und wir schützen uns schon, dass uns nicht Lehrer abhanden kommen, die wir selbst dringend brauchen.

Vielen Dank, Herr Minister. Ich sehe keinen weiteren Nachfragebedarf. - Wir kommen zur Frage 205 (Geplante Off-Road- Rallye in Lauchhammer), gestellt durch den Abgeordneten Jungclaus.

Die LMBV will mit Beschluss der Stadt Lauchhammer 313 ha ehemaliger Tagebaufläche im Ortsteil Kostebrau an einen Investor abgeben, der dort eine Rennstrecke betreiben will. Dort sollen amerikanische Offroad-Rennserien veranstaltet werden, die in den USA aufgrund von Umweltauflagen nicht erlaubt sind. So fahren die Fahrzeuge ohne Katalysatoren und mit verbleitem Benzin. Des Weiteren verursachten die bis 800 PS starken Fahrzeuge sehr große Schäden an dem Geländeuntergrund sowie an Flora und Fauna. Ohne jegliche Schalldämpfung erreichen diese Off-Road-Fahrzeuge mehr als 120 Dezibel und überschreiten damit die maximal erlaubten bzw. vorgeschriebenen Werte von 85 Dezibel deutlich. Dadurch werden sowohl die Tierwelt als auch die Bewohner umliegender Ortschaften erheblich gestört.

Daher frage ich die Landesregierung: Ist das genannte Rallyekonzept in Lauchhammer nach Ansicht der Landesregierung mit geltendem Recht vereinbar, und wie positioniert sich die Landesregierung zu diesem Vorhaben?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Das ist klar eine Frage an Herrn Minister Vogelsänger.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Jungclaus, weder meinem Ministerium noch den Ministerien von Frau Tack und Herrn Christoffers liegen entsprechende Projektanträge zu einer Off-Road-Rallye vor. Wenn keine Projektanträge vorliegen, ist es schwer, uns dazu zu äußern.

Ich will aber gern grundsätzlich etwas dazu sagen. Wenn es kommunale Beschlüsse gibt und Projekte von der Kommune gewünscht werden, dann ist es für die Landesregierung immer schwierig, der Spielverderber zu sein, aber wir müssen das tun.

Das, was Sie genannt haben, sind starke Eingriffe. Wenn dieser Antrag gestellt wird, muss das sehr sensibel geprüft werden. Das betrifft nicht nur die Lärmimmissionen, sondern Großveranstaltungen haben ja auch Folgewirkungen. Es ist mit erhöhtem Verkehrsaufkommen und anderem zu rechnen.

Ich weise darauf hin, dass wir in einem Spannungsfeld stehen. Deshalb appelliere ich auch an die kommunale Ebene, das abzuwägen. Sie haben ja bereits gesagt, dass es, wenn es zu diesem Projekt kommt, auch in anderen Orten entsprechende Beeinträchtigungen gäbe. Deshalb der Appell auch von meiner Seite, dass man auf kommunaler Ebene zusammenarbeitet und prüft, ob solche Projekte für die Region insgesamt verträglich sind. Wir haben uns am gestrigen Tag schon kurz darüber ausgetauscht. Selbstverständlich bin ich gesprächsbereit, wenn der Antrag vorgelegt werden sollte. Ich werde dann auch das Gespräch mit der kommunalen Ebene suchen.

Es gibt Nachfragebedarf beim Fragesteller.

Vielen Dank, Herr Vogelsänger. - Ich hätte an dieser Stelle eine Antwort der Umweltministerin erwartet. Aber da ist die Landesregierung natürlich frei. Sie sagten, die Prüfung habe deshalb nicht stattgefunden, weil Ihnen das Projekt nicht bekannt war. Es ist ja ein Projekt, das auch in Folgejahren stattfinden soll. Kann ich Ihrer Antwort entnehmen, dass Sie sich zukünftig damit befassen werden und das prüfen werden?

Herr Minister.

Zum Einen: Ich habe auch Frau Tack genannt. Wir werden gut zusammenarbeiten, was solche Projekte betrifft. Aber es kann nun einmal nur einer hier vorn die Frage beantworten.

Zum Anderen: Wir werden uns, wenn ein solcher Projektantrag vorliegt, selbstverständlich damit zu beschäftigen haben. Es ist aber ein Unterschied, ob man ein solches Projekt einmalig oder dauerhaft beantragt. Da sind - je nachdem - andere Auflagen und Vorschriften einzuhalten. Ich hoffe, Sie haben aus meiner Antwort herausgehört, dass wir mit solchen Projekten sehr sensibel umgehen und alles berücksichtigen.

(Beifall GRÜNE/B90)