Protocol of the Session on May 6, 2010

Es ist ja so. Sie haben, was den öffentlichen Beschäftigungssektor betrifft, zu drei Vierteln über Berlin gesprochen und Brandenburg nur kurz angerissen. Das darf ich wohl behaupten.

(Frau Nonnemacher [GRÜNE/B90]: Sie orientieren sich an Berlin!)

Das tun wir überhaupt nicht.

Ich habe gesagt - und das haben auch Sie gesagt -, dass wir besser werden müssen. Wenn wir besser werden wollen, werden wir etwas verändern müssen. Das habe ich oft genug beschrieben, und das haben wir sogar aufgeschrieben. Das kann man nachlesen, wenn man will. Meistens ist das Schwarze die Schrift.

Ansonsten will ich Ihnen nur sagen: Wir wollen besser werden, und wir werden bei den Maßnahmen, die wir ergreifen, auch zweifellos darauf drängen, Herr Büttner, Frau Nonnemacher, dass sowohl bei der öffentlichen Beschäftigung als auch beim Programm „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“ Qualifizierungsinhalte dabei sind, weil wir wollen, dass eine Eingliederungsvereinbarung mit denjenigen geschlossen wird, die von diesen Maßnahmen profitieren, dass vorher klargestellt wird, in welche Richtung die Beschäftigung gehen könnte, in welcher Richtung man sich vielleicht noch etwas qualifizieren muss, um danach das beste arbeitsmarktpolitische Instrument daranzuhängen, nämlich den Eingliederungszuschuss.

Sie haben, Herr Büttner, diese Frage nicht umsonst gestellt. Dann muss aber die Schlussfolgerung nicht sein, nur noch mit Eingliederungszuschüssen zu arbeiten, denn so gut waren diese auch nicht. Es muss eine Kette gebildet werden. Wir müssen dazu kommen, mit den Langzeitarbeitslosen über ihre Defizite und deren Behebung zu sprechen. Die öffentliche Beschäftigung soll ein Bestandteil dieser Kette sein, um die Integration in Arbeit zu ermöglichen.

Dazu muss ich ganz klar sagen: Etwas Besseres ist Ihnen nicht eingefallen und ist auch den Linken in Berlin nicht eingefallen. Ich meine, dass das die Lösung ist, weil dies ein Punkt ist, der in den letzten Jahren viel zu kurz kam. Mir haben viele Leute, die in den Beiräten vor Ort sitzen - bei euch im kommunalpolitischen Forum - berichtet, dass es vier verschiedene Schubladen gibt, und dann kommt ein Heer aus 3 000 oder 5 000 Bedarfsgemeinschaften oder von den Erwerbsfähigen, die darin sind, in eine dieser Schubladen. Das kann es nicht sein, das ist keine Eingliederungsvereinbarung. Man muss wirklich individuell herangehen, und man braucht letztendlich tatsächlich ein paar tausend Eingliederungsvereinbarungen in unterschiedlicher Qualität in einer ARGE. Ein Bestandteil davon - das ist auch eine Bedingung für unsere Förderung - soll dann sein, dass man dort das Programm „Arbeit für Brandenburg“ einfließen lässt. Das möchte ich hier nur noch einmal sehr deutlich gesagt haben.

Sie haben auch gesagt, es sollte keinen Verdrängungswettbewerb geben. Das habe ich in der Tat auch immer wieder sehr deutlich hervorgehoben. Dabei muss man doch einmal prüfen, ob zum Beispiel die Erweiterung der Kita-Öffnungszeiten jetzt bin ich wieder bei Herrn Büttner - ein Verdrängungswettbewerb wäre. Man könnte zum Beispiel zu einigen Randzeiten morgens und abends Unterstützung in die Kita geben - es muss natürlich immer eine Erzieherin dabei sein -, damit die Betreuungszeiten ausgeweitet werden. Ich möchte, dass das möglich ist, erst recht, weil wir wissen, dass wir auch Fachkräfte in diesem Bereich qualifizieren wollen. Die Leute könnten in den Randzeiten unterstützend tätig sein, sie könnten begleitend qualifiziert werden und später als Kita-Erzieher eingesetzt werden. Man muss einmal etwas Phantasie entwickeln und nicht von vornherein sagen: Das geht gar nicht. - Das wollten Sie gerade tun, stimmt’s, Herr Burkardt?

(Zuruf des Abgeordneten Burkardt [CDU])

Nein, eben nicht, denn die Öffnungszeit ist jetzt von 8 bis 17 Uhr. Wenn es aber eine Erweiterung bis 20 Uhr gibt, dann verdrängt das überhaupt keinen Arbeitsplatz, sondern ermöglicht einer Verkäuferin mit Kind, den ihr angebotenen Job anzunehmen. Das ist der Kern.

(Beifall SPD)

Ich möchte noch einige Worte zu dem sagen, was in den nächsten Jahren bei der Qualifizierung zu beachten ist, weil Sie, Frau Schier, gesagt haben, dass wir das kooperative Modell weiterhin brauchten. Daran glaube ich nicht einmal so sehr. Jedoch müssen wir bei der Qualifizierung junger Leute verstärkt Hilfstätigkeiten avisieren, zum Beispiel in einer Ausbildung zur Pflegehilfskraft; dazu haben wir im vorigen Jahr ein Gesetz verabschiedet. Vielleicht sollten wir uns auch bemühen, mehr Hilfskräfte für andere Berufe zu finden, sodass zum Beispiel Förderschulabgänger qualifiziert werden und dann arbeiten gehen können. Das ist ein Punkt, über den man noch einmal intensiver nachdenken muss; das betrifft Assistenzberufe und Ähnliches.

Herr Minister Baaske, lassen Sie eine Nachfrage zu?

Ja, bitte.

Herr Minister, sind Sie der Auffassung, dass es dem Kindeswohl dient, wenn Kinder im Vorschulalter bis nach 20 Uhr außerhalb der Familie betreut werden?

(Widerspruch bei der SPD)

Ich denke, dass das durchaus möglich ist. Es kommt immer auf die Gegebenheiten und die Qualität der Kita an. Ich habe solche Einrichtungen gesehen und kann nicht erkennen, dass ein Kind daran Schaden genommen hätte. Natürlich ist es schön, wenn es bei der Oma ist oder wenn das Kind zu Hause betreut werden kann. Aber für eine alleinerziehende Mutter heißt es eben, wenn diese Möglichkeit nicht besteht, dass sie zu Hause bleiben muss. Sie kann als Krankenschwester oder als Verkäuferin nicht beschäftigt werden. Das ist mit Sicherheit auch nicht schön für das Kind. Darum meine ich, ist dies ein gangbarer Weg. Unter anderem kann man auch mit Tagespflege oder ähnlichen Strukturen arbeiten.

(Beifall SPD)

Noch einige Worte zur LASA: Nicht, dass Sie denken, Frau Nonnemacher, ich wollte hier ein Problem kleinreden, sondern ich will die Wahrheit sagen. Sie haben vorhin gesagt: Wenn wir den Antrag in diesem Jahr nicht stellen können, geht es vielleicht darum, dass wir 12 Millionen Euro nicht bekommen. Ich will der Ehrlichkeit halber sagen: Wir müssten jetzt einen Antrag über 131 Millionen Euro stellen, das ist der Punkt.

Jetzt bin ich bei der nächsten Frage. Wenn in den letzten drei Jahren die Zahlen falsch eingegeben wurden, wird dies nicht

innerhalb weniger Wochen rückgängig gemacht werden können. Es müssen alle Zahlen noch einmal neu eingegeben werden, und zwar mit einem neuen Verfahren. Darum finde ich den Antrag, wir sollten das Personal bei der LASA reduzieren, nicht hilfreich. Das wird derzeit absolut nicht möglich sein. Das ist absolut nicht denkbar, denn wir müssen gerade dort jetzt alle Kraft hineinstecken, auch aus allen anderen möglichen Quellen, die wir haben, um das hinzubekommen. Das wird anders überhaupt nicht möglich sein.

Alles andere, was diesen Haushalt angeht, wurde im Wesentlichen schon von Frau Lehmann und Frau Wöllert gesagt. Ich möchte noch ein Problem offenlegen, das hier so gut wie noch gar nicht angesprochen wurde. Es geht um die pflichtigen Leistungen der Sozialhilfe. Es sind in der Tat 340 Millionen Euro, das heißt über 53 % des Haushalts, die in gesetzliche, pflichtige Leistungen fließen. Es sind oftmals Leistungen im Bereich der Behindertenhilfe, also Mittel für die Werkstätten und die Wohnstätten von Behinderten, für ambulante Hilfe, für teilstationäre Hilfe usw. Es ist aber auch ein wachsender Anteil, den wir für Hilfe zur Pflege ausgeben, das heißt für ältere Menschen, die in einer Wohneinrichtung, im Seniorenheim oder in ähnlichen Einrichtungen leben und kein Geld haben, um den Pflegesatz zu finanzieren. Dann kommt der Sozialhilfeträger für diese Leistung auf.

Die am stärksten wachsende Bevölkerungsgruppe in Brandenburg sind die über 80-Jährigen. Das heißt, die Aufwendungen für die Pflege und die Hilfe zur Pflege werden in den nächsten Jahren drastisch steigen. Das Land zahlt davon 85 %, die Kommunen zahlen 15 %. Allein in den nächsten fünf Jahren rechne ich, wenn wir nicht massiv gegensteuern, allein für diesen Ausgabenblock mit zusätzlichen 6 Millionen Euro. Das heißt, wenn weiterhin nur Seniorenheime entstehen, in die die älteren Leute einziehen, und uns nicht etwas Pfiffigeres einfällt, wie man die Leute zu Hause halten kann, was die meisten älteren Menschen auch wollen und was finanzpolitisch auch sinnvoll ist, dann werden wir mit dieser Ausgabensteigerung von 6 Millionen Euro leben müssen.

Ich will, dass wir zusammen mit den Kommunen auf diesem Gebiet besser werden, als wir es in der Vergangenheit waren. Wir müssen in der Lage sein, mit den Möglichkeiten, die wir durch eine ambulante Betreuung vor Ort haben, darauf hinzuwirken, dass die Leute nicht gleich ins Heim gehen. Das Landespflegegesetz muss letztlich auch dafür sorgen, dass den Leuten vor Ort gute Angebote unterbreitet werden, die nicht darauf abzielen, dass die Menschen ins Heim gehen.

Ansonsten halte ich den Haushalt unter den gegebenen schwierigen Umständen für durchaus vernünftig. Es ist ein guter Haushalt. Wir werden unsere pflichtigen Leistungen erfüllen können. Wir werden aber auch all die freiwilligen Leistungen, die wichtig sind, um eine gute Sozialpolitik im Lande zu machen, in diesem und im nächsten Jahr aufrechterhalten. - Schönen Dank.

(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Minister. - Das Wort erhält noch einmal die CDU-Fraktion. Die Abgeordnete Schulz-Höpfner spricht.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte ein paar Aspekte bezüglich des Bereichs der Familien-, Frauen- und Seniorenpolitik aufgreifen. In diesem Zusammenhang ist es mir eine große Freude, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass Frau Ludwig gestern ihren Sohn bekommen hat. Er heißt Arthur.

(Allgemeiner Beifall)

Das ist also der Part „nicht reden, sondern handeln“ in der Familienpolitik, und ich glaube in Ihrer aller Namen sprechen zu dürfen, wenn wir Frau Ludwig und ihrer Familie - insbesondere ihrem Sohn - von hier aus alles Gute auf dem Lebensweg wünschen.

(Allgemeiner Beifall)

Es ist schön, etwas so Positives am Anfang der Rede sagen zu können.

Ich hatte den Eindruck, dass in der neuen Koalition zwischen der gestrigen und der heutigen Debatte schon ein Lernprozess eingesetzt hat. Ich habe heute nicht wieder gehört, dass alles auseinandergepflückt wurde und man der Auffassung war, die vermeintlich solide Finanzpolitik der SPD - der Vergangenheit und die vermeintlich unsolide der CDU zuordnen zu müssen. Denn der Ministerpräsident hat gesagt, dass er auf einer grundsätzlich soliden Finanzpolitik der Vergangenheit aufbaut. Daher denke ich, Sie haben schon ein wenig gelernt, dass dieses seltsame Auseinanderdividieren nicht fruchtbar ist. Es ist nur schade, dass Sie gerade dabei sind, das Sparbuch, das wir gemeinsam angelegt haben, zu verfrühstücken.

(Unmut bei der SPD - Beifall CDU)

Sie alle wissen: Es kommen durchaus harte Zeiten auf uns zu. Es wäre sicherlich fatal, wenn wir die Geschenke, die jetzt verteilt werden, später wieder einsammeln müssten. Diese Erfahrung haben wir in der Vergangenheit bereits gemacht. Ob solch eine Politik tatsächlich solide Finanzpolitik ist, können Sie sich am Ende der Wahlperiode fragen.

Frau Schulz-Höpfner, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Görke zu?

Ja, bitte.

Liebe Kollegin, Sie sagten, dass wir die Sparbücher verfrühstückten, die eine mögliche alte Koalition angelegt hat. Können Sie diese haushalterisch benennen?

(Lachen bei der CDU)

Wir würden das dann gern heute noch im Zusammenhang mit der Haushaltsberatung im Haushaltsausschuss erörtern.

Sie als Experte der Finanzpolitik wissen sicherlich besser als ich, dass wir Rücklagen gebildet haben. Sie sind dabei, alles zu verfrühstücken - sie legen nämlich noch etwas obendrauf und machen im Land Schulden. Dazu hat Kollege Burkardt gestern ausführlich Stellung genommen. Ihre Frage ist etwas albern.

Sie sprechen von einer „vermeintlich vergangenen“ Koalition ich glaube, es gab tatsächlich eine schwarz-rote Koalition. Da ich den heutigen Debatten entnommen habe, dass wir auf einige Dinge aufbauen, die die schwarz-rote Koalition auf den Weg gebracht hat, kann sie nicht gar so katastrophal gewesen sein.

Frau Schulz-Höpfner, würden Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Bischoff zulassen?

Ja.

(Zuruf von der CDU: Da kommt der nächste Experte!)

Frau Kollegin, Sie sprachen gerade von den Rücklagen. Ich frage noch einmal nach: Meinten Sie damit im Ernst die Zweijahresüberschüsse, die wir für die Pensionsvorsorge und die Absenkung der Nettokreditaufnahme benötigen, oder meinten Sie damit die über 18 Milliarden Euro Schulden, die seit Ende der gemeinsamen Regierungszeit auf dem Minuskonto des Landes Brandenburg liegen?

Ist das, was Sie hier abliefern, nicht ein wenig unter Ihrem Niveau? Ich denke, schon. Es stimmt mich etwas traurig, aber gut.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Ich nehme nun Stellung zu dem von mir angesprochenen Politikfeld. Ich denke, gerade Familienpolitik ist ein sehr wichtiges Politikfeld und auch eine Querschnittsaufgabe. Die Kolleginnen und Kollegen der Opposition hier im Hause haben dazu schon Grundsätzliches gesagt. Das sollte uns weiterhin genauso wichtig sein, denn ohne Kinder werden wir einen drastischen Bevölkerungsrückgang erleben. Die Arbeitskräfte von morgen ich erinnere nur an die Fachkräfte - und die Einzahler in die Sozialkassen werden uns fehlen. Dem sollte man mit der Querschnittsaufgabe Familienpolitik entgegenwirken.

Es ist nämlich nicht so, dass man Familienpolitik immer ganz eng betrachten sollte. Herr Büttner sagte schon, wir sollten das sehr breit thematisieren. Nicht ohne Grund plädiere ich auch heute von dieser Stelle aus für eine transparente und zielgenaue Förderung von Maßnahmen in der Familienpolitik, und zwar in Vernetzung mit allen Ressorts der Landesregierung.

Wir sehen dabei insbesondere die Bildung als Schwerpunkt. Das wurde bereits gestern thematisiert, als wir sagten, dass daher ein von uns gestrickter Haushalt wahrscheinlich größere Prioritäten in diesem Bereich setzen würde.