Dass nun aber insbesondere die SPD und die Grünen dies als Ausstieg aus der Solidarität titulieren, ist geradezu absurd.
Unter der rot-grünen Bundesregierung wäre der Ausstieg aus der Solidarität dann bereits beschlossen worden.
Seit dem 1. Juli 2005 werden die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr je zur Hälfte von den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern getragen.
Mitglieder der GKV müssen seitdem einen zusätzlichen Beitragssatz von 0,9 % aufbringen, ohne dass sich der Arbeitgeber daran beteiligt. Seit dem 1. Januar 2009 ist dieser Sonderbeitrag Teil des bundesweit einheitlichen Beitragssatzes geworden.
Zuletzt ist es völlig falsch - das wird sicherlich absichtlich immer wieder behauptet -, dass die FDP gleiche Gesundheitsprämien für alle Personen haben wolle. Die Krankenkassen sollen die Höhe der Prämien im Wettbewerb festlegen. Dafür müssen sie ihre Beitragsautonomie zurückerhalten. Für staatliche Lenkung und Zentralismus stehen andere und nicht die FDP. - Vielen Dank.
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Zunächst einmal zur Begrifflichkeit, Herr Büttner: Ich spreche hier über die Kopfpauschale und nicht über Ihre Gesundheitsprämie; denn von der Gesundheitsprämie wird man nicht gesünder, sondern viele werden davon ärmer.
Die Abwrackprämie ist eine Abwrackprämie geblieben, auch wenn man sie „Umweltprämie“ genannt hat. Eine Krankenkasse bleibt eine Krankenkasse, auch wenn man sie als „Gesundheitskasse“ bezeichnet.
„Kopflos in die Pauschale - wie gerecht ist die Gesundheitsprämie?“ titelte vor kurzem Anne Will in ihrer Sendung am 7. März. Trotz vieler Nebelkerzen, die in der Debatte gezündet werden, und des gar so heftigen Protestes der CSU wollen wir nicht übersehen, dass der Einstieg in die Kopfpauschale nicht kopflos, sondern leider sehr gezielt und systematisch erfolgt.
Bereits im Jahr 2007 hatte die Große Koalition beschlossen, ab dem Jahr 2010 die sogenannte Deckungsquote des Gesundheitsfonds auf 95 % zu senken. Ab diesem Zeitpunkt sollten sowohl die einkommensabhängigen Beiträge als auch der Steuerzuschuss des Bundes die Gesundheitsausgaben nicht mehr vollständig decken. Den Rest sollen die Kassen durch Zusatzbeiträge eintreiben. Diese gewollte Finanzierungslücke wird für das Jahr 2010 auf 4 Milliarden Euro und für das Jahr 2011 auf 11 Milliarden Euro prognostiziert.
Die ersten Zusatzbeiträge in Höhe von 8 Euro wurden von den Krankenkassen zum 1. Februar 2010 erhoben und treffen ins
besondere Geringverdiener mit einem Einkommen unter 800 Euro im Monat. Die nun ins Gespräch gebrachte zusätzliche Gesundheitsprämie in Höhe von 29 Euro schließt die Finanzierungslücke für das Jahr 2011 und taugt als Einstieg in das Kopfpauschalensystem. Diese kleinen Kopfpauschalen, die zum Stopfen der Finanzierungslöcher herangezogen werden, sind die idealen Türöffner in dem gewollten Systemwechsel und die Aushebelung eines solidarischen und paritätisch finanzierten Gesundheitssystems.
Woher die knapp 5 Milliarden Euro Sozialausgleich für den Einstieg in diese 29-Euro-Kopfprämie kommen sollen, ist derzeit noch schleierhaft. Vermutlich werden wir das erst nach der Nordrhein-Westfalen-Wahl mitgeteilt bekommen.
Eine völlige Umstellung der gesetzlichen Krankenkassenfinanzierung auf einkommensunabhängige Arbeitnehmerbeiträge würde nach Berechnung bei einer Prämienhöhe zwischen 140 und 154 Euro im Monat einen steuerfinanzierten Sozialausgleich zwischen 22 und 35 Milliarden Euro erforderlich machen.
Die GRÜNEN-Bundestagsfraktion - Frau Lehmann sprach es in ihrer Rede an - hat in ihrer Kleinen Anfrage „Gestaltung des von der Koalition geplanten steuerfinanzierten Sozialausgleichs für Kassenversicherungsbeiträge und dessen soziale Auswirkungen“ - so heißt die Anfrage - das Finanzministerium einmal durchrechnen lassen, welche Steuererhöhungen zur Gegenfinanzierung notwendig wären.
Diese Anfrage hat inzwischen Kultstatus erreicht. Es sind Einkommenssteuererhöhungen auf 73 % durchgerechnet worden. Wenn man das liest, ist das richtig lustig. Um den Sozialausgleich gerecht zu gestalten, müsste er im Bereich der Einkommenssteuer stattfinden, und obere Einkommen müssten wesentlich stärker belastet werden. Sonst finanzieren Einkommensschwächere ihren benötigten Sozialausgleich zur Krankenversicherungsprämie teilweise selbst.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kosten für den steuerfinanzierten Sozialausgleich gewaltig und nur über massive Steuererhöhungen finanzierbar sind. Das weiß auch die CDU. Ich zitiere ihren Gesundheitsexperten Jens Spahn:
„Die Haushaltslage macht einen völligen Umstieg auf eine Gesundheitsprämie zumindest in dieser Legislaturperiode sicherlich nicht mehr möglich.“
Schwarz-Gelb will die Steuern senken, nach dem Willen der FDP um bis zu 24 Milliarden Euro. Steuersenkung und Sozialausgleich der Gesundheitsprämie - die Quadratur des Kreises dürfte demgegenüber ein Kinderspiel sein. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen: Entweder gibt es keine Kopfpauschale, oder es gibt keinen Sozialausgleich.
Wir Grünen wollen keine Kopfpauschale, sondern setzen auf unser Modell einer solidarischen grünen Bürgerversicherung.
Ich würde gerne auch noch über sonstige Grundsatzprobleme sprechen, aber das ist vielleicht gar nicht mehr nötig.
Vielen Dank. - Während für die Landesregierung Ministerin Tack zum Rednerpult kommt, begrüße ich unsere Gäste, Schülerinnen und Schüler der Förderschule Perleberg. Bei diesem Thema habt ihr sicher einen spannenden und interessanten Vormittag bei uns.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Prof. Schierack, es hat sich in der Debatte unter Beweis gestellt, dass die Diskussion sehr wohl hier in den Landtag gehört, weil die Auswirkungen dessen, was auf Bundesebene passieren soll, für Brandenburg natürlich sehr gravierend sein werden. Herr Büttner hat sehr stringent begründet, warum alles, was die FDP macht, richtig ist. Vielleicht reden Sie einmal miteinander, damit man auch merken kann, dass auf Bundesebene mit einer Zunge gesprochen wird.
Meine Damen und Herren, die schwarz-gelbe Koalition im Bund hat sich zum Ziel gesetzt - da hat niemand widersprochen -, die gesetzliche Krankenversicherung und die Krankenkassenfinanzierung neu zu gestalten. Die Koalitionsvertreter haben deutlich gemacht, dass sie auf den Kopf gestellt werden sollen. Der Gesundheitsminister, Herr Rösler, hat vor einer Woche eine Regierungskommission berufen, in der nicht ein Fachmann, nicht eine Fachfrau oder ein Vertreter aus den Bundesländern sitzt. Sie hat ihre Arbeit aufgenommen und soll Vorschläge erarbeiten. Die Bundeskanzlerin hat vorsichtshalber schon angekündigt, dass diese Kommission allenfalls evolutionäre, aber keine revolutionäre Veränderungen vorschlagen werde. Wir sagen dazu: Ein bisschen Evolution würde uns in dieser Republik schon gut zu Gesicht stehen. Stattdessen lautet offensichtlich der einzige Auftrag bis zur Landtagswahl in NordrheinWestfalen im Mai, Frau Prof. Wanka: Stillhalten und immer wieder einmal die eine oder andere Nebelkerze setzen!
Das, meine Damen und Herren, kritisieren wir. Gerade wir in Brandenburg haben jede Veranlassung, deutlich zu sagen, was wir von den jetzt bekannt gewordenen Plänen der Bundesregierung halten und welche Konsequenzen für uns in Brandenburg entstehen würden, wenn diese Pläne umgesetzt würden.
Ich möchte diese Debatte mit dem Hinweis darauf beginnen, dass es dabei immer auch ein ideologisches Umfeld gibt, nämlich über Krankenkassenbeiträge, Lohnzusatzkosten und Be
schäftigungswirkung zu diskutieren. Die Bundesregierung predigt bei jeder sich bietenden Gelegenheit, man müsse die Arbeitskosten senken, um Wachstum zu ermöglichen. Damit meint sie die sogenannten Lohnzusatz- und Lohnnebenkosten. Diese Art der Kostenbetrachtung ist meines Erachtens in der Sache wirklich nicht zielführend, meine Damen und Herren, denn die Krankenkassenbeiträge fließen in einen personalintensiven Wirtschaftszweig - das hat hier keiner bestritten -, der gerade in Brandenburg viele Arbeitsplätze schafft. Im gesamten Gesundheitssektor finden in Brandenburg schon jetzt 110 000 Menschen ihre Arbeit. Das ist eine beachtenswerte Größenordnung. Es wird ein Gesamtumsatz von 5,1 Milliarden Euro pro Jahr realisiert. Der Masterplan zur Entwicklung der Gesundheitswirtschaft in Berlin und Brandenburg soll diese Tendenz in den nächsten Jahren verstetigen und verstärken. Jeder Euro im Gesundheitssystem ist somit eine Form direkter regionaler Wirtschaftsförderung und kommt den Menschen in Brandenburg unmittelbar zugute.
Jetzt, meine Damen und Herren, zur aktuellen Diskussion über die Kopfpauschale. Ich empfehle: Lassen wir uns durch die kunstvolle Begriffsverwirrung der schwarz-gelben Koalition nicht beeindrucken. Egal, ob einkommensunabhängige Gesundheitsprämie oder Kopfpauschale, deren sozial ausgewogenen Finanzierung würde - das hat Bundesfinanzminister Schäuble schon einmal ausgerechnet - bis zu 35 Milliarden Euro Steuermittel kosten, Herr Senftleben.
Die dazu notwendigen Steuererhöhungen hat er gleich mitgeliefert, während - das soll nicht unerwähnt bleiben - die FDP nach wie vor ihren angekündigten Steuersenkungsversprechen immer noch hinterherrennt. Das, meine Damen und Herren, ist insgesamt sehr absurd.
Nun zitiere ich Norbert Blüm, der immer für ein Zitat gut ist. Er hat zur Kopfpauschale Folgendes gesagt: