Welche Strategie verfolgt die Landesregierung, um Eltern zu verdeutlichen, dass die Hauptverantwortung für die Kinder im Elternhaus liegt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Hartfelder, ungeachtet der Frage, ob wir dem Bericht der „Märkischen Oderzeitung“ folgen und auch annehmen wollen, dass es in unserer Gesellschaft eine zunehmende Verwahrlosung von Schülern gibt, müssen wir zweifellos feststellen, dass es Kinder und Jugendliche mit erheblichen Verhaltens- und Entwicklungsproblemen gibt und Familien zum Teil nicht in der Lage sind, ihrer Kernaufgabe gerecht zu werden. Es gibt Fälle, in den Eltern ihrer Erziehungsaufgabe nicht nachkommen und leider oft auch keine Großeltern, Freunde oder andere Verwandte gefunden werden können, die unterstützend oder korrigierend eingreifen wollen oder können.
Diese bedauerliche Tatsache hat vielfältige Ursachen, die sich unter anderen aus bedrückenden persönlichen, sozialen und materiellen Rahmenbedingungen ergeben. Sie ist aber auch einer Haltung geschuldet, aus der heraus sehr schnell nach dem
Das ist ein Thema, das weit über die Familien hinaus reicht und unser Verhältnis zur Eigenverantwortung und Verantwortung in der Gesellschaft überhaupt betrifft: Es reicht vom kleinen Versicherungsbetrug, um einen selbst verschuldeten Glasschaden zu regulieren bis zum Vorwurf von Eltern an Lehrer, die Erziehung der Kinder in der Schule zu vernachlässigen und sich selbst dabei implizit für nicht zuständig zu erklären. Hier hat Politik durchaus eine Aufgabe. Deswegen ist es auch richtig, wenn nach einer Strategie der Landesregierung gefragt wird, allerdings nur so lange, wie darin nicht auch die Vermutung und Hoffnung steckt, der Staat könne und solle es schon richten.
Um es deutlicher zu sagen: Die richtige bzw. für mich auch selbstverständliche Feststellung, dass die Hauptverantwortung für die Kinder im Elternhaus liegt, darf nicht dazu führen, dass der Staat zur Umsetzung dieses Gedankens kraftvolle Maßnahmen ergreift, die die Idee dann allerdings gleichsam konterkarieren. Eltern zu verdeutlichen, dass die Hauptverantwortung für die Kinder im Elternhaus liegt, ist eine Aufgabe, die sich in vielen Einzelaspekten bei der Gestaltung von Schule, Kita und anderen Jugendhilfeleistungen ausdrücken kann.
Sie sind sicher mit mir einer Meinung, dass eine große Anzeigenkampagne oder ein Brief des Ministerpräsidenten an die Eltern zwar medienträchtig wäre, eine tatsächliche Wirkung auf das Erziehungsverhalten der Eltern aber wohl nicht entfaltet würde. Die Berücksichtigung der Elternverantwortung bei der Gestaltung der pädagogischen Angebote und Institutionen bedeutet zum Beispiel die Bemühung um eine verstärkte Mitwirkung in den Kitas und den Schulen, die Entwicklung von Erziehungsverträgen zwischen Eltern und Schulen, die Schaffung von Möglichkeiten bei der Kindertagesbetreuung unter verantwortlicher Einbeziehung von Eltern, die konzeptionelle Ausgestaltung der Kindertagesstätten als pädagogische Zentren in Gemeinwesen mit der Möglichkeit, Netze für Sozialkontakte zwischen den Eltern zu entwickeln, die Qualifizierung der Elternbildung und zum Beispiel auch die Stärkung der Beteiligung der Eltern im Rahmen der Hilfeplanung bei den Hilfen der Erziehung und vieles mehr.
Jedes einzelne dieser Beispiele wäre es wert, ausführlicher betrachtet zu werden. Insgesamt wird bei allem der Zweck verfolgt, die notwendige Balance zwischen der Verantwortung des Einzelnen und insbesondere der Eltern auf der einen Seite und der Wahrnehmung der Verantwortung der Gesellschaft für die Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder und die öffentliche Unterstützung für Eltern auf der anderen Seite herzustellen. Diese Balance muss immer wieder austariert werden. Wir müssen sicherlich auch streiten, ob jeweils die richtige Balance gefunden wurde. Dabei sollten wir uns alle darum bemühen, keine falsche Polarisierung zu betreiben und immer wieder selbst darauf achten - auch wir -, dass beide Seiten ihre Bedeutung haben und ein Gleichgewicht hergestellt sein muss. - Danke.
Dazu meine Frage: Welchen Stellenwert messen Sie der Familienbildung zur Stärkung der Erziehungskompetenz der Familien im Rahmen des Weiterbildungsgesetzes bei?
Ich will dazu sagen, dass wir gemeinsam mit der Kollegin Ziegler eine Initiative planen, um dies zu einem öffentlichen Thema zu machen. Ich denke, dass viel zu oft das eine vom anderen getrennt wird.
Familienbildung hat, so denke ich, sehr viel mit Schule zu tun, sodass es sehr starke Beziehungspunkte gibt.
Herr Minister, ich habe eine Nachfrage zu dieser Thematik. Sollten wir bei der Beantwortung dieser Frage - das habe ich aus Ihren Ausführungen herausgehört - nicht die Kinder viel mehr in den Mittelpunkt stellen und weniger über die Kompetenzverteilung zwischen Lehrer, Gesellschaft und Familie streiten? Denn es bringt uns nicht viel, Familien, die ihren Kindern keine Zuwendung geben, Anweisungen zu erteilen.
Sehen Sie die Möglichkeit, Verbesserungen in der Tagesbetreuung für Kinder, die noch nicht in die Schule gehen, aber auch im Grundschulbereich, zu erreichen, indem wir auf diesem Gebiet präventiv wirken? Wäre zum Beispiel eine Befreiung von den Kosten eine Möglichkeit, die Kinder besser zu betreuen?
Der erste Teil Ihrer Frage war eine Bestätigung meiner Aussagen. Ich kann das nur noch einmal unterstreichen.
Zum zweiten Teil: Sie wissen, wie problematisch die Finanzierung in diesem Bereich ist. Sie haben natürlich Recht. Man sollte im Einzelfall Möglichkeiten prüfen, ob man dem Kind auch auf diesem Wege etwas Gutes tun kann. Ich setze insgesamt mehr auf den Dialog zwischen Elternhaus und Schule. Diesbezüglich sind, wie gesagt, beide Seiten gefragt. Wenn es Möglichkeiten gibt, im Einzelfall auch finanziell zu unterstützen, sollte das geprüft und von unserer Seite befördert werden.
Danke. - Der Abgeordnete Kuhnert stellt die Frage 174 (Nut- zen und Grenzen des Einsatzes von 1-Euro-Jobs in Schulen).
Die Welt der Arbeit soll in diesen Tagen gerettet werden. Das Zauberwort heißt 1-Euro-Jobs. Wer in dieser Zeit etwas auf sich hält, beantragt einen 1-Euro-Job, so auch zahlreiche Schulen und Schulträger, um ihren Betreuungs- und Begleitungsbedarf für die Schülerinnen und Schüler besser abdecken zu können.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sieht das durchaus kritisch, weil sie die Gefahr erkennt, dass durch solcherlei kurzzeitig von Laien besetzte Jobs die pädagogische Substanz in Gefahr ist.
Deshalb frage ich die Landesregierung - ich hätte fast gefragt, wann die Ministerposten durch 1-Euro-Jobs ersetzt werden; diese Frage verkneife ich mir aber -:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kuhnert, auf die Detailfrage gehe ich nicht ein. Ich will dazu sagen, dass ich ausdrücklich aus meiner Sicht die nach dem so genannten Hartz-IV-Gesetz eröffneten Möglichkeiten, in gemeinnützigen Einrichtungen zusätzliche Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung für Langzeitarbeitslose zu schaffen, begrüße. Ich denke, dass das ein Bekenntnis zu dem Grundsatz „fördern und fordern“ ist, der aufgrund der brisanten arbeitsmarktpolitischen Situation für Langzeitarbeitslose verstärkt an Bedeutung gewonnen hat, was ich persönlich begrüße.
Ein Ziel dabei ist die berufliche und soziale Integration von Langzeitarbeitslosen. Angebote für Tätigkeiten im Bereich der Schule sind wie auch in anderen gemeinnützigen Einrichtungen - ich nenne zum Beispiel Kindertagesstätten, Jugend- und Sporteinrichtungen - dazu ein sinnvoller Beitrag. Der Anschluss der Arbeitslosen an die Arbeitswelt kann durch vielfältige Tätigkeiten im Schulbereich gewährleistet werden. Umgekehrt verbessern diese Langzeitarbeitslosen das Dienstleistungsangebot der Schule und setzen durch ihr Mitwirken und Gestalten an der Schule neue Impulse und beleben dadurch das Schulleben.
Soweit es die inneren Schulangelegenheiten betrifft, wurde daher frühzeitig, nämlich am 08.09.2004, eine Rahmenvereinbarung zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsgelegenheiten im Bereich Bildung, Jugend und Sport zwischen dem zuständigen Ministerium und der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit geschlossen.
Nicht nur diese Rahmenvereinbarung, sondern auch die dazu ergangene Handreichung und Mitteilung meines Hauses verweisen ausdrücklich darauf, dass es sich bei den angebotenen Tätigkeiten für Langzeitarbeitslose im Schulbereich immer nur
um zusätzliche Beschäftigungen und um Tätigkeiten, die nicht von der Arbeitspflicht von Lehrkräften umfasst sind, handeln darf. Die Angebote sind daher auf unterstützende oder ergänzende Tätigkeiten der Lehrkräfte zu beschränken. Um dies zu gewährleisten, sind den Schulämtern und den Schulen des Landes explizite Tätigkeitsfelder beschrieben worden, damit die Möglichkeit der Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen unter Abgrenzung originärer Lehrertätigkeit sinnvoll ohne Gefährdung anderer Arbeitsplätze genutzt werden kann.
Sie können also mit Sicherheit davon ausgehen, dass Langzeitarbeitslosen an Schulen weder die Erteilung von Unterricht noch die Vertretung von erkrankten Lehrkräften zugemutet wird. Aber was spricht zum Beispiel dagegen, wenn ein Langzeitarbeitsloser im Rahmen des Ganztagsangebots die Betreuung von Sport- und Spielangeboten übernimmt oder solch eine Maßnahme vorbereitend unterstützt? Welche arbeitsmarktpolitischen und sozialen Gesichtspunkte könnten dagegen stehen, wenn sich Langzeitarbeitslose an Unterrichtsprojekten wie der Erstellung einer Schülerzeitung beteiligen? Dies sind nur zwei Beispiele, die zeigen, wo Langzeitarbeitslose sinnvoll, ohne in Konkurrenz zu dem Personalbestand der Schule zu treten, eingesetzt werden können.
Der Vollständigkeit halber will ich in dieser Sache noch kurz auf eine Selbstverständlichkeit verweisen, die aber nicht unwichtig ist, nämlich darauf, dass neben den arbeitsmarktpolitischen Grenzen der Einsatz von Arbeitslosen auch dort seine Grenze findet, wo es sich um Leute handelt, die für eine Tätigkeit im Schulbereich ungeeignet sind. Eine sorgfältige Auswahl, in diesem Falle durch den Träger, ist also unumgänglich.
Nach der erst kurzen Zeit der Erfahrung mit dem Einsatz von Langzeitarbeitslosen kann ich entgegen dem manchmal formulierten Vorwurf - Sie haben darauf auch Bezug genommen nicht erkennen, dass die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen in den Schulen zu einer Verzerrung zwischen tarif- und besoldungsgebundener Arbeit geführt hat. Ganz und gar nicht kann ich die Befürchtung der GEW teilen, dass der Arbeitsmarkt der Lehrkräfte durch den Einsatz von Langzeitarbeitslosen an der Schule eine Erosion erlebt, wie es hier heißt, weil dieser eine Billigalternative darstellt. Es kann sich um keine Billigalternative handeln, da - ich betone es nochmals - die Langzeitarbeitslosen nicht alternativ zu den Lehrkräften eingesetzt werden.
Lassen Sie mich zum Schluss darauf hinweisen, dass nach den bisherigen Erfahrungen sowohl die Schulleiterinnen und Schulleiter als auch die Lehrkräfte die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen in der Schule als durchaus belebend und sinnvoll wahrnehmen.
Erstens: Der zuständige Dezernent des Kreises Oberhavel, Herr Garske, hat deutlich gemacht, dass er nicht bereit ist, 1Euro-Job-Kräfte einzusetzen, wenn Bindungen zu Kindern entstehen. Wie bewerten Sie diese Aussage?
Zweitens: Meinen Sie nicht auch, dass die Grenzen bei den von Ihnen dargestellten Beispielen, etwa Ganztagsbetrieb, fließend sind? Wenn im offenen Ganztagsbetrieb 1-Euro-Job-Kräfte eingesetzt werden, ist das pädagogische Arbeit, die eigentlich über den Ganztagsbetrieb finanziert werden müsste. Wie bewerten Sie, dass die Grenzen eigentlich fließend sind, und wie wirken Sie dem entgegen?
Sie und ich haben uns an gleicher Stelle schon einmal mit der Frage auseinander gesetzt, ob alle aufgeführten Tätigkeiten wirklich unproblematisch sind. Ich stimme Ihnen zu, dass man da sehr genau hinschauen muss. Wenn es sich um eine geeignete Person handelt, die in Kontakt zu den Kindern tritt, besteht meiner Meinung nach keine Gefahr. Dass Billigkräfte originäre Lehrerarbeit ersetzen, wollen wir jedoch auf keinen Fall.
Ich wiederhole: Man muss im Einzelfall sehr genau hinschauen; das beginnt bereits bei der Einstellung. Ob jemand geeignet ist, die Arbeit mit Kindern, wie ich sie beschrieben habe, zu übernehmen, kann nicht die Schule feststellen, denn die Schule ist nicht die einstellende Behörde. Darüber hat der Schulträger in Zusammenarbeit mit der Schule zu befinden. Ich denke, das ist der richtige Weg, um bestimmte Probleme auszuschalten bzw. um zum Teil berechtigte Sorge zu nehmen.
Die Unterstützung der Maßnahme durch meine Person bzw. durch unser Haus soll nicht dazu dienen, das Ganztagsangebot durch Aktionen dieser Art zu finanzieren. Wir wollen uns selbstverständlich nicht aus der finanziellen Verantwortung stehlen. Ich bin sicher, dass eine sinnvolle Ergänzung für beide Seiten fruchtbringend ist, sowohl für den Betroffenen, der zum Beispiel durch Arbeit in der Schule wieder Anschluss an die Arbeitswelt findet, als auch für die Schule, die, wie wir gehört haben, vielleicht belebt wird, weil die Schulleiter solche Leute beschäftigen. - Danke.
Danke, Herr Minister Rupprecht. - Ich habe die Freude, die Schüler der 9. Klasse der Gesamtschule Peitz zu begrüßen. Damit ihr einen Eindruck davon gewinnt, wie eine Fragestunde im Landtag abläuft, lasse ich noch die Frage 175 (Schloss Wie- persdorf) zu. Frau Wehlan, Sie haben das Wort.
Zum Jahreswechsel wurde bestätigt, dass es sehr schwierig sein wird, einen kompetenten Träger für das Künstlerhaus Wiepersdorf zu finden, noch dazu unter dem Aspekt, dass sich die Bundesländer aus der Finanzierung zurück gezogen haben. Berichten zufolge ist das Schloss derzeit geschlossen, die früher dort tätigen Mitarbeiter wurden entlassen.
Ich frage die Landesregierung: Welche Chancen sieht sie, für die Fortsetzung des kulturellen und künstlerischen Schaffens an diesem Standort einen kompetenten und finanziell potenten Träger zu finden?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Wehlan, das Künstlerhaus Wiepersdorf ist das älteste Künstlerhaus in Deutschland. Es wurde seit 1990 von der Stiftung Kulturfonds, an der alle neuen Bundesländer beteiligt sind, betrieben. Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben den Staatsvertrag über die Stiftung nun gekündigt. Damit befindet sich die Stiftung in Liquidation. Es gab keine andere Möglichkeit, als den Mitarbeitern zu kündigen. Dies ist innerhalb eines Liquidationsprozesses unvermeidlich, selbst wenn es Anschlussvarianten gibt. Das wurde den Mitarbeitern auch so erklärt.