Protocol of the Session on July 2, 2009

Er merkt deutlich an, Klimawandel, Verlust der biologischen Vielfalt und Ressourcenknappheit, ökologische Folgen schrankenlosen Wachstums und wachsender gesellschaftlicher Spaltung und Ausgrenzung, die Gewalt begünstigen, Armut und Krankheit, Verletzung der Menschenrechte und kriegerische Gewalt im globalen Maßstab gefährden die natürlichen Lebensgrundlagen und stehen einer gerechten Verteilung der Lebenschancen innerhalb der und zwischen den Generationen entgegen.

Was ist nun die politische Konsequenz daraus? Auf alle Fälle nicht ein „Weiter so!“. Sie, verehrte Damen und Herren der Koalition, hätten sich schon in dieser Legislaturperiode in Umsetzung ihrer eigenen Koalitionsvereinbarung viel stärker selbst in die Pflicht nehmen müssen. Hier haben Sie die stärkere Integration der nachhaltigen Entwicklung in die Fachpolitik der Ressorts der Landesregierung als eine Aufgabe in der Regierungskoalition benannt.

Erinnern möchte ich an dieser Stelle daran, dass wir Sie diesbezüglich hier im Landtag Brandenburg öfter mit Anträgen und Anfragen in dieser Sache gefordert haben. Im Jahr 2007 haben Sie, die Landesregierung, auf unsere Anfrage hin erklärt, dass mit der Arbeit an einer brandenburgischen Nachhaltigkeitsstrategie gerade begonnen worden sei und dass der inzwischen eingesetzte Nachhaltigkeitsbeirat daran beteiligt werden solle. Der aktuelle Stand in dieser Frage wurde uns bis heute nicht vermittelt. Deshalb bleibt festzustellen, dass ein fachübergreifender programmatischer Handlungsansatz, der den Brandenburger Verhältnissen entspricht und das Denken ausschließlich in Legislaturperioden ein Stück weit aufbricht, schlichtweg fehlt. Unseres Erachtens ist dazu eine Veränderung der Anbindung der Zuständigkeit für die nachhaltige Entwicklung - derzeit beim Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz - unbedingt notwendig. Nachhaltige Entwicklung muss zur Chefsache werden. Sie ist Querschnittsaufgabe über alle Ressorts und bedarf eines integralen Ansatzes von Ökologie, Ökonomie und Soziokulturellem.

Dabei sollte sich eine Nachhaltigkeitsstrategie für Brandenburg nicht auf eine Regierungsstrategie beschränken; sie muss vielmehr als Landesstrategie die gesamte Gesellschaft und natürlich auch die darin handelnden Akteure einbeziehen. Für eine konsequente Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit ist es notwendig, breite Bevölkerungskreise anzusprechen und einzubeziehen sowie zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen und Organisationen in Entwicklungs- und Entscheidungsproz

essen zu fordern. Große Lücken gerade in dieser Frage wurden auf der Nachhaltigkeitskonferenz festgestellt. Der Beirat vermerkt dazu kritisch:

„In Brandenburg ist viel kreatives Potenzial vorhanden, das zurzeit eher ausgebremst wird, anstatt es gezielt zu nutzen und zu fördern. Insgesamt ist in Brandenburg noch zu wenig die Bereitschaft zu erkennen, innovative Gedanken und Lösungen aufzugreifen und sich konsequent um Möglichkeiten der Umsetzung zu bemühen.“

Für uns gehört die Einbeziehung der Wirtschaft und der Wissenschaftler unbedingt dazu. Deshalb haben wir im März 2007 die Berufung des aus Experten bestehenden Beirats für Nachhaltige Entwicklung durch die Landesregierung sehr deutlich unterstützt. Der Aufgabe, die Landesregierung zu Fragen der Nachhaltigkeit zu beraten und an der Ausgestaltung relevanter Strategien und Programme des Landes mitzuwirken, ist der Nachhaltigkeitsbeirat konsequent gefolgt. Sie können sich auf der Internetseite über die vielen Initiativen, aber auch über Positionspapiere zu grundsätzlichen Fragen der Entwicklung Brandenburgs eingehender informieren.

In einem Konsultationspapier zu den Grundzügen einer Nachhaltigkeitsstrategie für Brandenburg hat der Beirat inhaltliche und prozessuale Anforderungen an die Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie gestellt sowie prioritäre Handlungsfelder für Brandenburg benannt. Auf der ersten Nachhaltigkeitskonferenz wurden die bisher erreichten Arbeitsergebnisse einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt und diskutiert.

Breiter Konsens unter den ca. 250 Akteuren aus Brandenburg war, dass die Erarbeitung einer Landesnachhaltigkeitsstrategie für Brandenburg dringend geboten ist. Denn klar ist, dass Brandenburg von der Transformation der ländlichen Räume, der Veränderung von Siedlungsstrukturen und dem demografischen Wandel besonders stark betroffen ist. Das hat natürlich Auswirkungen, insbesondere auf die peripheren, strukturschwachen Räume Brandenburgs und die Tragfähigkeit der für die öffentliche Daseinsvorsorge nötigen Infrastruktur, zum Beispiel in den Bereichen Allgemeine Versorgung, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Schulen, Gesundheitsdienste, Erwachsenenbildung, Mobilität und Kultur.

Wir wollen kein weiteres Vertagen der Diskussion über diese Fragen. Wir brauchen Strategien und politisches Handeln für eine nachhaltige Entwicklung. Vor allem aber brauchen wir öffentliche Debatten und Diskurse im Parlament und in der Zivilgesellschaft. Deshalb sind der im September zu erwartende Bericht des Nachhaltigkeitsbeirates und seine Handlungsempfehlungen dem Landtag zeitnah zu übermitteln, und zwar natürlich einschließlich der daraus abgeleiteten landespolitischen Konsequenzen. Nehmen Sie sich - in Umsetzung Ihrer eigenen Koalitionsvereinbarung - da beim Wort!

Natürlich erfordert die Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie im Sinne eines langfristigen, Legislaturperioden überdauernden, umfassenden Leitbildes einen ebenso langfristig ausgerichteten Arbeitsprozess. Dafür sollte es heute, in der letzten Sitzung des Landtages, deutliche Signale geben. Die Arbeitsfähigkeit des Beirates ist über das Ende der 4. Wahlperiode hinaus zu sichern. Das ist natürlich zum einen Ausdruck der Aner

kennung für die geleistete Arbeit, zugleich aber auch Anspruch an die zukünftige Bearbeitung dieses strategischen Politikfeldes. Diesem Anliegen widmet sich Punkt 2 unseres Antrags.

Ich bitte Sie, unseren Antrag zu unterstützen.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Abgeordnete Gregor-Ness spricht für die Koalitionsfraktionen.

Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Wer es mit der Nachhaltigkeit ernst meint, der hätte diesem Antrag zustimmen können wenn er denn zum richtigen Zeitpunkt gestellt worden wäre. Das wäre ein Antrag für die erste Sitzung des neuen Parlaments gewesen, um sich intensiv mit diesem wirklich wichtigen Thema auseinanderzusetzen.

(Beifall der Abgeordneten Hartfelder [CDU])

Ich gebe Frau Wehlan inhaltlich in fast allen Punkten Recht. Am Montag und Dienstag dieser Woche fand die Konferenz statt. Der Nachhaltigkeitsbeirat wird seinen Abschlussbericht im September vorlegen. Das ist eine gute Arbeitsgrundlage für die nächste Legislaturperiode. Wir alle, die wir uns dann zeitgleich in der zweiten Halbzeit der UN-Dekade befinden, sind gut beraten, uns dieses Papier zu Gemüte zu führen, Schlussfolgerungen abzuleiten und auch darüber nachzudenken, wie wir den Nachhaltigkeitsbeirat für uns nutzbar machen können und wie wir ihn vernünftig neu implementieren. Aber dazu bedarf es, mit Verlaub, dieses Antrags nicht. Das muss Aufgabe der nächsten Legislatur sein. Deshalb bitte ich Sie, den Antrag abzulehnen. Er fällt ansonsten der Diskontinuität anheim. Aber das wird dem Ganzen nicht gerecht. - Danke.

(Beifall bei der SPD sowie der Abgeordneten Hartfelder [CDU])

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Frau Wehlan, bitte.

Frau Gregor, ich habe Ihren Ausführungen entnommen, dass der erste Punkt unseres Antrags für Sie nicht ernsthaft genug ist, weil darüber erst in der nächsten Legislatur ordentlich beraten werden soll. Würden Sie dann wenigstens dem zweiten Punkt zustimmen, dass es Maßnahmen bedarf, mit denen die Arbeitsfähigkeit des Beirates über die zu Ende gehende Legislaturperiode hinaus gesichert und eine deutlich bessere Anbindung erreicht werden kann?

Ich finde schon, dass es der in der nächsten Legislatur zu bildenden Regierung obliegt, in welcher Form sie sich den Ergebnissen der Arbeit des Nachhaltigkeitsbeirates, die im September vorliegen, stellt. Wir glauben nicht, dass wir mit der heutigen Regierung die nächste sozusagen verpflichten können. Vor

diesem Hintergrund ist Ihr Antrag einfach entbehrlich.

Wir könnten nicht einmal einer Überweisung zustimmen. Denn was Sie mit einer Überweisung machen, haben Sie bewiesen, als es um die Ehrenrente für Feuerwehrleute ging. Es geht Ihnen wirklich nur darum, kurz vor dem Wahlkampf ein Thema zu besetzen. Sie wollen nicht wirklich Nachhaltigkeit befördern. Das ist das Problem, das wir an dieser Stelle haben.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der DVU - Wider- spruch bei der Fraktion DIE LINKE)

Der Abgeordnete Norbert Schulze setzt für die DVU-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die unter Punkt 1 des Antrags der Linksaußen-Fraktion enthaltene Aufforderung an die Landesregierung, den zu erwartenden Bericht des Beirates mit den entsprechenden Handlungsempfehlungen dem Landtag zu übermitteln und die abzuleitenden landespolitischen Konsequenzen darzulegen, ist durchaus zustimmungswürdig.

Anders verhält es sich jedoch mit Punkt 2 des Antrags. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb trotz der Kenntnis des Endes der Legislaturperiode die Arbeitsplanung des Beirates nicht so gestaltet wurde, dass ein derartiger - ich nenne es ganz einfach mal so - „Situationsbericht“ und eine Ergebnisanalyse nicht zur letzten Landtagssitzung im Juli vorgelegt werden konnten. Dann wäre eine Beratung in diesem Parlament noch möglich gewesen, und man hätte die entsprechenden Entscheidungen über das Fortbestehen des Beirates über das Jahr 2009 hinaus noch treffen können. So fällt die Entscheidung darüber mit Sicherheit erst in der 5. Legislaturperiode.

Dass die Tätigkeit des Nachhaltigkeitsbeirates durchaus sinnvoll und für das Land Brandenburg nützlich ist, dürfte wohl außer Zweifel stehen. Dennoch sind wir als Parlamentarier verpflichtet, den Umfang einer solchen Nützlichkeit genau zu prüfen, um selbst Schlussfolgerungen hinsichtlich der Tätigkeit und der Arbeitsergebnisse des Beirates ziehen zu können. Schließlich kostet die Tätigkeit des 25-köpfigen Beirates mit Sicherheit eine ganze Menge Geld - Steuergeld, meine Damen und Herren!

Unsere DVU-Fraktion wird also dem Antrag die Zustimmung verweigern, weil wir grundsätzlich gegen Pauschalverlängerungen bei Tätigkeiten von Gremien sind, deren Ergebnisse wir nicht konkret kennen.

(Beifall bei der DVU)

Minister Dr. Woidke, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich war gerade etwas überrascht, weil ich dachte, dass die CDU-Fraktion noch ein wegweisendes

Wort zur Nachhaltigkeit in Brandenburg finden wird; aber das ist offensichtlich nicht der Fall.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist mir eine große Ehre, die voraussichtlich letzte Rede in dieser Legislaturperiode zum Thema Nachhaltigkeit halten zu dürfen. Es wird Sie nicht überraschen, dass ich Ihnen jetzt mit sehr gutem Gewissen sagen kann: Brandenburg ist in den letzten fünf Jahren in vielen Bereichen nachhaltiger geworden.

Ich möchte drei Beispiele nennen. Das erste betrifft den Landschaftswasserhaushalt. Wir haben mittlerweile viele Millionen investiert, um den Landschaftswasserhaushalt in Ordnung zu bringen. Das hat sich in den Regionen mittlerweile positiv ausgewirkt. Es zahlt sich für die Natur, aber auch für die Landund Forstwirtschaft aus.

Wir sind außerdem im Bereich der Energieerzeugung nachhaltiger geworden. Wir haben im letzten Jahr den Leitstern für erneuerbare Energien vom Deutschen Institut für Wirtschaft erhalten. Das ist eine Auszeichnung, die sich viele Länder in Deutschland gerne an das Revers geheftet hätten. Das wurde übrigens auch im Nachhaltigkeitsbeirat anerkannt. Wir sind auch in der Bildung nachhaltiger geworden. Das betrifft nicht nur die schulische Bildung. An dieser Stelle möchte ich mich beim Kollegen Holger Rupprecht sehr herzlich bedanken, der mit mir gemeinsam in den letzten Jahren auf vielen Konferenzen unterwegs war und dieses propagiert hat.

(Im Saal ist das Weinen eines Babys zu hören.)

- Das ist Nachhaltigkeit, meine Damen und Herren!

(Allgemeine Heiterkeit und Beifall)

Ich möchte mich auch bei den vielen Ehrenamtlichen bedanken, die mitgeholfen haben, dass die Ökofilmtour in Brandenburg mit 60 bis 70 Spielorten regelmäßig jedes Jahr stattfinden kann, auf diese Weise den Nachhaltigkeitsgedanken in sozialer, ökologischer, aber auch ökonomischer Hinsicht in die Fläche unseres Landes transportiert und diese Fragen in Kirchengemeinden, vor Studenten oder in Schulen thematisiert und anschließend diskutiert.

Wir werden uns natürlich auch in den kommenden Jahren damit beschäftigen, wie wir in den einzelnen Politikfeldern die Nachhaltigkeit weiter und besser verankern können. Wir können jedoch nicht den Willen des künftigen Landtages und der kommenden Landesregierung vorwegnehmen, wie die Vorredner bereits ausgeführt haben - dafür bin ich Martina Gregor sehr dankbar.

Brandenburg wird mit Sicherheit in den nächsten Jahren noch nachhaltiger werden. Das wird genau dann passieren, wenn Sie, meine Damen und Herren, Ihre Sommerpause nachhaltig nutzen und dann mit nachhaltigem Engagement hier - sofern Sie diesem Hohen Haus wieder angehören - wieder an die Arbeit gehen. Ich wünsche Ihnen für die Erholung, aber auch für die kommende Arbeit alles Gute. - Danke sehr.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Linksfraktion in der Drucksache 4/7705. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist ohne Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.

Meine Damen und Herren, wir kommen zum Schluss. Schlussworte sind heute schon einige gehalten worden. Ich schließe als Erstes den Tagesordnungspunkt 23, als Zweites die heutige Sitzung und als Drittes diese Legislaturperiode. Ich bedanke mich für die Zusammenarbeit, wobei ich glaube, das auch im Namen meiner Vizepräsidentin sagen zu dürfen. Sie waren meistens erträglich, manchmal sehr temperamentvoll, und ich weiß nicht, ob es uns gelungen ist, dies durch unorthodoxe Verhandlungsführung zu kompensieren. Ich hoffe, Sie haben es auch ausgehalten. Auf gute weitere Zusammenarbeit!

(Allgemeiner Beifall)

Ende der Sitzung: 18.46 Uhr