Protocol of the Session on April 2, 2009

Rechnung des Landesrechnungshofes Brandenburg für das Rechnungsjahr 2006 (gemäß § 101 der Landeshaushaltsordnung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushaltskontrolle

Drucksache 4/7367

Rechnung der Präsidentin des Verfassungsgerichtes des Landes Brandenburg für das Rechnungsjahr 2006 (gemäß § 114 der Landeshaushaltsordnung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushaltskontrolle

Drucksache 4/7368

Nach diesem langem Vorspann eröffne ich die Aussprache. Herr Abgeordneter Klein erhält als Vorsitzender des Ausschusses für Haushaltskontrolle das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Irgendwie habe ich den Eindruck, dass das Publikum hier von der Fahne geht - bei diesem doch so wichtigen, jedenfalls vermeintlich wichtigen Thema.

(Helm [CDU]: Nur, weil du vorn stehst!)

- Weil ich hier stehe? - Ich hoffe, dass es nicht daran liegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts der von den Fraktionen beantragten Redezeiten habe ich Sorge, wenn ich diese Redezeiten mit einer großen Kirche vergleiche, die auch nicht immer voll ist. So ist es hier auch mit den Redezeiten. Diese müssen nicht unbedingt ausgeschöpft werden. Ich weiß nicht - darauf werde ich nachher noch eingehen -, ob es nötig ist, so lange über dieses Thema zu debattieren, obwohl es im Ausschuss einvernehmlich behandelt worden ist.

Im fünften Jahr der Legislaturperiode behandeln wir zum fünften Mal einen Rechnungshofbericht. Mit diesem Rechnungshofbericht befasst sich naturgemäß der Ausschuss für Haus

haltskontrolle, dem ich seit fünf Jahren - diese Ehre wurde mir zuteil - als Vorsitzender vorstehe. Aus diesem Grund sei mir an dieser Stelle gestattet, den Mitgliedern des Ausschusses für ihre konstruktive Mitarbeit zu danken und natürlich auch den Mitarbeitern des Landesrechnungshofes und der Ministerien, den Ministern und den Staatssekretären dafür herzlich zu danken, dass wir immer wieder ordentlich zusammengearbeitet haben.

Wie Sie alle wissen, meine sehr verehrten Damen und Herren, prüft der Landesrechnungshof die ordnungsgemäße Ausgabe des Geldes, das im Haushalt durch die Landesregierung festgelegt worden ist. Der Haushaltskontrollausschuss im Besonderen und der Landtag im Allgemeinen müssen ein starkes, ein geradezu vitales Interesse daran haben, zu beobachten, wie das Geld ausgegeben wurde, ob es ordnungsgemäß ausgegeben wurde oder ob es Beanstandungen gibt.

Die Öffentlichkeit, das heißt der Bürger - man sagt immer so schön: der Bürger draußen im Lande - geht immer von dem Standpunkt aus, dass die Landesregierung über bestimmte finanzielle Mittel verfügt und diese ordnungsgemäß ausgibt. Diesbezüglich möchte ich das Beispiel anbringen, dass irgendwo etwas eröffnet wird. Mal betrifft dies eine Straße, mal ein Gefängnis, wobei ich jetzt keinem Minister zu nahetreten möchte. Bei einem solchen Ereignis tritt immer jemand auf, der Nutznießer ist - zum Beispiel bei der Fertigstellung einer Straße oder bei der Eröffnung eines Gefängnisses - und sagt: „Vielen Dank, Herr Minister,“ - das Gleiche gilt für die Ministerinnen - „dass Sie uns das Geld für diese Baumaßnahme zur Verfügung gestellt haben.“ In der ersten Reihe stehen dort drei Abgeordnete, die eigentlich dieses Lob einheimsen müssten; denn sie - die Abgeordneten dieses Landtages - haben durch das Instrument der Haushaltsgesetzgebung der Landesregierung die Möglichkeit gegeben, so segensreich im Lande tätig zu werden.

(Minister Schönbohm: So ist es richtig!)

Macht die Landesregierung das?

(Minister Speer: Ich immer! - Minister Schönbohm: Immer!)

In den seltensten Fällen. Ich könnte diesbezüglich wunderbare Beispiele anbringen. Diese würden jedoch nur Minister betreffen, die jetzt nicht mehr im Amt sind.

(Heiterkeit - Schulze [SPD]: Das ist alles eine Frage des Protokolls!)

Herr Klein hat jedoch nicht mehr so viel Zeit, darüber zu berichten.

Frau Präsidentin, ich habe nachher noch als Fraktionsmitglied die Möglichkeit, hier ordentlich vom Leder zu ziehen. Ich glaube, es wurden der SPD-Fraktion 15 Minuten Redezeit eingeräumt. Demnach bitte ich Sie darum, mir die Zeit, die ich jetzt mehr in Anspruch nehme, später abzuziehen. Ich werde die Redezeit nachher nicht ausnutzen.

Nun kommen wir zum Thema zurück: Im November 2008 hat uns der Landesrechnungshof den Jahresbericht übergeben, und zwar als Ergebnis einer intensiven Prüfungsarbeit. Seit dieser Zeit beschäftigt sich der Haushaltskontrollausschuss - damit sind die Abgeordneten gemeint - mit diesem Bericht.

Was haben wir als Erstes getan? - Wir haben die Aufgaben verteilt, mit denen sich der einzelne Abgeordnete bzw. die einzelne Abgeordnete zu beschäftigen hat, um das, was der Landesrechnungshof festgelegt hat, mit dem entsprechenden Ministerium zu behandeln. Anschließend hat das einzelne Mitglied dies mit dem Vertreter des Landesrechnungshofs, mit dem entsprechenden Direktor bzw. der entsprechenden Direktorin, und mit den Vertretern der Ministerien verhandelt, um zu einem ordentlichen Ergebnis zu kommen. Anschließend wird durch diesen Kollegen eine Beschlussempfehlung erarbeitet. Mit dieser Beschlussempfehlung kommt der Kollege in die Endberatung des Haushaltskontrollausschusses, in dem wir dann darüber beraten. Übrigens haben wir vor fünf Jahren noch drei Tage für die Beratung gebraucht, beim letzten Mal waren es lediglich zwei bzw. zweieinhalb Stunden, um zu einem ordentlichen Ende zu gelangen.

Dann beschließt dieser Ausschuss über folgende Entlastungen: Er entlastet den Präsidenten des Landtages, den Präsidenten des Landesrechnungshofs, die Präsidentin des Verfassungsgerichts und zum Schluss auch die Landesregierung, wenn alles klappt.

Es gab auch mal eine Zeit, in der es eine kleine Panne gab.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Um diese Entlastung, die der Haushaltskontrollausschuss all diesen Stellen in der Person der Präsidenten erteilt hat, bittet er heute auch den Landtag. Wenn sich Frau Mächtig nachher nicht noch zu mächtig ins Zeug legt, sodass ich hier vielleicht ein wenig kleinlaut antworten müsste, dann bin ich eigentlich schon am Ende mit meiner Rede. - Vielen Dank.

Herzlichen Dank. - Nun erhält Frau Mächtig das Wort.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Namens meiner Fraktion möchte ich zunächst ein Dankeschön an den Landesrechnungshof und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die geleistete Arbeit sagen. Danken möchte ich auch Herrn Koldehoff und Herrn Siegler aus dem MdJ und dem MdF. Ich denke, wir werden uns auch weiterhin auf eine sachdienliche Zusammenarbeit mit dem Landesrechnungshof verlassen können. So war es zumindest in diesem Jahr.

Doch nun zu Ihnen, Herr Kollege Klein. Sie als Ausschussvorsitzender - übrigens haben Sie diese Rede bereits voriges Jahr gehalten; ich habe extra noch einmal nachgeschaut - bitten jedes Jahr darum, auf die Redezeiten zum Jahresbericht zu verzichten.

(Zuruf des Abgeordneten Klein [SPD])

- Sie bitten darum, auf die Redezeit zu verzichten oder diese wenigstens auf ein Minimum zu beschränken. Ich weiß ja um

Ihre Angst, hier vorn zu stehen, und ich akzeptiere sie; denn ich habe sie auch immer. Doch wie in jedem Jahr kann ich Ihnen diesen Wunsch nicht erfüllen. Meine Fraktion sieht das nämlich anders.

Ich verstehe ja, dass zu einem Bericht, der zunächst feststellt, dass sich aufgrund der positiven bundesweiten Entwicklung der Steuereinnahmen die Nettokreditaufnahme im Haushaltsjahr 2006 auf rund die Hälfte des Haushaltsansatzes verringerte und im Jahr 2007 gänzlich entbehrlich war, aus Sicht der Regierungsfraktionen nicht mehr viel zu sagen ist und, wie ich sehe, nicht einmal mehr ein Fünftel im Raum anwesend ist. Immer nach dem Motto: Alles schick, alles fit!

Allerdings - da spreche ich für meine Fraktion - hatte bzw. habe ich auch das Empfinden, dass der Landesrechnungshof, Herr Präsident, in der Arbeit das Gewicht zu sehr auf die Bewertung der gesamten haushaltswirtschaftlichen Lage gelegt hat und die Prüfung in der Mittelbewirtschaftung und die Prüfungen in den einzelnen Ressorts offenbar nicht mehr so sehr in den Mittelpunkt seiner Berichte stellte. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass der Jahresbericht darauf verweist, dass der Bericht nicht alle Prüfungen repräsentiert, sondern nur eine Zusammenfassung bedeutsamer Prüfergebnisse ist und dass der Landesrechnungshof den geprüften Einrichtungen Gelegenheiten gibt, sich zu den Feststellungen der Prüfungen zu äußern und dass, falls unterschiedliche Positionen auftreten, diese mit dargestellt werden.

Für mich und meine Fraktion ergeben sich daraus zwei Fragen: Wer entscheidet darüber, ob eine Prüfung bedeutsam ist oder nicht? Heißt das, dass die Öffentlichkeit und der Landtag nur noch über solche Prüfungen unterrichtet werden, bei denen man sich in der Bewertung der Prüfergebnisse uneins ist, und alle anderen Prüfungen mit ihren Ergebnissen als Geheimnis der Häuser verbleiben?

Wir würden uns wünschen, dass die Einzelfallprüfungen in den Ministerien und die konkrete Finanzkontrolle künftig wieder mehr Raum einnehmen und dass der Landtag zumindest über sonstige Prüfungen unabhängig davon, ob das betreffende Ressort bereits Fehler eingeräumt oder behoben hat, informiert wird.

Doch nun zum vorliegenden Bericht. Nachdem Kollege Klein wie immer für unsere Gäste erklärt hat, wie ein Ausschuss, in dem Fall der Haushaltskontrollausschuss, arbeitet, und die obligatorische „Lobhudelei“ hinreichend betrieben hat, kommt hier die sicher erwartete Kritik meiner Fraktion, und das wie immer mit der Bemerkung: Meine Damen und Herren, wir reden über gelebtes Leben, wir reden über das Jahr 2006.

Im Jahre 2006 wurden Investitionsmittel in Höhe von 295,1 Millionen Euro insbesondere im Ministerium für Wirtschaft und im Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt- und Verbraucherschutz nicht ausgegeben. Dafür wurden 25,4 Millionen Euro für sächliche Verwaltungskosten, 9,5 Millionen Euro für Gebühren, Auslagen und Entschädigungen in Rechtssachen, 7,8 Millionen Euro für Aufwandsentschädigungen an Vormünder, Pfleger und Betreuer und 12,8 Millionen Euro vom MBJS an Schulen in freier Trägerschaft mehr als geplant ausgegeben. Ich betone: Mehr als geplant.

Nun könnte man das alles bei dem Gesamtvolumen unseres Haushaltes als Kleinkram bezeichnen, wenn sich dahinter nicht reale Politik verbergen würde, die es kritisch zu hinterfragen

gilt. Herr Wirtschaftsminister, verbirgt sich zum Beispiel hinter den geringen Investitionsfördermitteln durch Ihr Ministerium und das Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt- und Verbraucherschutz eine ungenügende Finanzkraft von Unternehmen und Kommunen für eine zukunftsorientierte Investitionspolitik?

Oder Frau Justizministerin: Verbergen sich hinter den Zahlungen für Entschädigungen in Rechtssachen unzulässige Fristüberschreitungen, die ein Indiz für zu wenig Personal sind? Oder verbirgt sich hinter den höheren Kosten für Pfleger, Vormünder und Betreuer eine verfehlte Politik hinsichtlich der ungenügenden Schulung und Förderung des auf dem Gebiet möglichen Ehrenamtes? Und nicht zuletzt: Trug und trägt das MBJS mit seinen überplanmäßigen Förderungen von Schulen in freier Trägerschaft nicht wesentlich dazu bei, dass sich immer mehr freie Schulen zulasten der öffentlichen Schulen etablieren können?

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [SPD])

- Wenn das wirklich nur etwas mit Demografie zu tun hätte, Herr Kollege!

(Schulze [SPD]: Demokratie!)

- Da haben Sie aber Glück; ich habe „Demografie“ gehört. Dann hätten wir gleich wieder ein neues Diskussionsthema gehabt.

Meine Damen und Herren, diese Fragen haben wir uns als Landespolitiker ernsthaft zu stellen. Aber wenn der Bericht die Lage des Jahres 2006 widerspiegelt, so sind die Zahlen dennoch Indizien für einen verfehlten Mittelan- und -einsatz.

Doch schauen wir weiter, welche Kritik im Bericht des Landesrechnungshofs steht. Auf ein zunehmendes Risiko wird im Zusammenhang mit der Bildung buchungstechnischer Rücklagen, denen keine wirklichen Finanzmittel gegenüberstehen, verwiesen. Meine Fraktion schließt sich dem mahnenden Hinweis des Landesrechnungshofes an, das Instrument der Rücklagen tatsächlich kritisch zu überdenken. Buchhalterische Rücklagen sind auch aus unserer Sicht auf das Notwendigste zu beschränken.

Im MBJS stellte der Rechnungshof fest, dass zugunsten der ich nenne es einmal - „Projektomanie“ im Rahmen des Maßnahmenpaketes für Familien- und Kinderfreundlichkeit Mittel des Landesjungendplans gekürzt wurden und somit eine kontinuierliche Jugend- und Jugensozialarbeit nur noch beschränkt stattfand. Schlimm ist dies, weil im Lebenslagenbericht der Landesregierung nicht nachgewiesen werden konnte, dass das genannte Maßnahmenpaket tatsächlich zur Verbesserung der Lage der Kinder und Jugendlichen im Land Brandenburg beigetragen hat. Wozu also dann diese erhöhten Mittelausgaben und der genannte Verschiebebahnhof?