Protocol of the Session on April 2, 2009

Neben dem Urteil selbst gilt es erstens festzustellen - da gehe ich mit den Erkenntnissen des Ausschusses vollkommen d'accord -, dass von der Einschätzung, dass man etwas tun muss, und dem Beginn einer aktiven Abarbeitung dieser vielen Fälle zu viel Zeit verstrichen ist. Das hat mit einem Streit innerhalb der Regierung zu tun gehabt, wer nun der am besten dafür Geeignete und unter welchen Prämissen dies abzuarbeiten ist. Das hat zu lange gedauert, über 2005 hinweg bis zum Kabinettsbeschluss 2006 und der realen Recherche, die erst in 2007 richtig...

(Holzschuher [SPD]: 1997!)

- Entschuldigung, ich bin jetzt zehn Jahre zu spät. Ich muss mich korrigieren. Es ist vollkommen richtig, 1995/96/97 ist gemeint, nicht zehn Jahre später.

Zweitens ist festgestellt worden, dass die nach Einschätzung des Ausschusses aufgetretenen Schwierigkeiten „objektiver Natur“ nicht mit der politischen Hausspitze bzw. politisch mit dem Kabinett oder in Rückkopplung mit dem Landtag erörtert wurden. Dies ist kritisiert worden, und zwar nach meinem Dafürhalten zu Recht. Das geht bis zu der Entscheidung in meiner Amtszeit, gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes beim Bundesgerichtshof Berufung einzulegen.

Drittens ist konstatiert worden, dass den Mitarbeitern in der Abarbeitung dieses zu spät begonnenen Prozesses im Frühjahr bzw. Mitte 2000 dieses Problem über den Kopf wuchs und sie in einer Art Torschlusspanik auf dem eingeschlagenen Weg, der an sich - auch das ist eine Feststellung - nicht unzulässig war, fortgeschritten sind, um nach Möglichkeit - Herr Homeyer hat einen Bundesrichter zitiert „schlau gedacht, aber nicht rechtsstaatswürdig“ - ans Ziel zu kommen.

Aber in der Einschätzung, wer wann was hätte wissen müssen, unterscheiden wir uns, Herr Görke. Sie beziehen sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs von 2002 und meinen: Spätestens da wäre alles klar gewesen. - Ich sage Ihnen: Falsch!

(Abgeordneter Görke [DIE LINKE]: Nachfragen!)

Das Frankfurter Oberverwaltungsgericht hat dies anders gesehen. Diese Frage ist bis heute nicht ausgeurteilt. Wenn Sie in der Lage sind, das Urteil des Bundesgerichtshofs richtig zu lesen, werden Sie merken, dass dazu gar keine Feststellung getroffen wurde. Es sagt lediglich: Es kann dahingestellt bleiben. Wir gehen davon aus, dass der Weg, der mit der Vertreterbestellung eingeschlagen worden ist, zulässig gewesen ist. Das kann dahingestellt bleiben. - Es ist über die Frage geurteilt worden, ob dies letztendlich relevant ist. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist diese Frage schon deshalb nicht relevant, weil es nicht zu einer rechtswirksamen Eintragung und damit auch nicht zu der entsprechenden Situation, die wir jetzt haben und mit der wir umgehen müssen, gekommen ist.

Sie fordern Konsequenzen im Regierungshandeln und haben diesbezüglich einen gewissen Katalog aufgestellt. Es geht zum Beispiel um die Verantwortung des Finanzministers. Sie haben sich nicht dazu hinreißen lassen, meinen Rücktritt zu fordern

Sie haben es irgendwie verklausuliert; ich weiß nicht mehr genau wie -, aber das mag anderen Umständen geschuldet sein. Sie sagen, jetzt müsste es mindestens irgendeine Form von Missbilligung geben. In der Geschäftsordnung, nach der wir uns gemeinsam richten, gibt es dieses Instrument gar nicht. Aber sei es drum.

Sie fordern auch Konsequenzen gegenüber Mitarbeitern der Landesverwaltung. Ich spiele leidenschaftlich Schach. Im Schach gibt es sogar die Möglichkeit des Dameopfers. Aber im politischen Handeln schließe ich für mich Bauernopfer aus. Das findet nicht statt. Denn das, was die Mitarbeiter gemacht haben - das war eine Erkenntnis, die dann zumindest von der Mehrheit des Untersuchungsausschusses getragen wurde -, war nicht willkürlich oder vorsätzlich, um jemandem zu schaden, sondern in Abarbeitung dieser unklaren Rechtslage, die durch zwei Gesetze entstanden ist und eine Vorgeschichte in der DDR hat. Das ist hier von den Vorrednern ausreichend skizziert worden: das sogenannte Modrow-Gesetz und das Bundesgesetz von 1992.

Dadurch ist eine Rechtslage entstanden, die meines Erachtens bis heute, was die Auswirkungen betrifft, nicht gänzlich klar ist. Für Sie war das schon 2002 klar. Für Sie war wahrscheinlich schon Ende der 80er Jahre klar, dass die DDR bald nicht mehr existiert. Dann hätten Sie aber etwas früher an die Arbeit gehen müssen, um ein bisschen Ordnung in den Grundbüchern zu schaffen, um auf den Rechtszustand, der Sie dann erwartet, vorbereitet zu sein. Das waren Sie aber nicht.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Sondern es wurde mit der heißen Nadel gestrickt. Durch die Arbeit des Untersuchungsausschusses ist bekannt geworden, dass dieses Gesetz, das in der letzten Volkskammer - in der vorletzten, muss man sagen - gestrickt wurde, nicht das gehalten hat, was es versprochen hat. Die Regelung, die 1992 getroffen wurde, hat zu großer Rechtsunsicherheit und auch politischer Unsicherheit geführt.

In diesem ganzen Kontext haben Mitarbeiter ihre Verantwortung auszuüben versucht, wie ich nach wie vor behaupte. Das wird unterschiedlich gesehen, ähnlich in anderen Bundesländern des Ostens, denn wir standen alle vor dem gleichen Problem. Lediglich in Thüringen wurde das Thema nicht angefasst, nach meinem Dafürhalten ist das nicht rechtskonform. Aber darüber müssen andere urteilen.

Was Sie in Ihrem Entschließungsantrag weiter fordern, da sage ich Ihnen: Sie kommen 14 Monate zu spät. Denn seit 14 Monaten arbeiten wir daran, das zu tun, was Sie in Ihrem Entschließungsantrag fordern, nämlich in allen Fällen, in denen das Land nach dem BGH-Urteil unrechtmäßig im Grundbuch steht, eine Korrektur vorzunehmen,

(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

entweder durch Herausnahme, Unrichtigkeitsvermerk bzw. Unrichtigkeitsvermutung, wie auch immer man das juristisch fasst, oder wo es auch nach zehn Jahren nicht gelingt, Erben ausfindig zu machen, durch Ausnutzung der Möglichkeiten, die das Eigentumsrecht bzw. das Erbrecht in Deutschland bieten, um eine Verwertung dieser Grundstücke oder Bewertung und Bewirtschaftung sicherzustellen, um den Grundstückswert im

Sinne der Eigentümer und Erben, die wir nicht kennen, so zu halten, dass er nicht geschmälert wird. Das ist die Aufgabe, die wir abzuarbeiten haben. Sie ist hochkompliziert und begegnet großen Widerständen in der Praxis.

Meine Bitte ist - ich glaube, wir sind in der Erkenntnis, was zu tun ist, gar nicht weit auseinander -, dass Sie das so weit wie möglich auch von Ihrer Seite unterstützen.

Wir haben seinerzeit begonnen, dies kontinuierlich und effizient umzusetzen. Auch 20 Jahre weiter gedacht, wird es nicht so sein, dass wir in den 10 000 Fällen von Bodenreformgrundstücken 10 000 Erben finden, sondern diese Zahl wird wahrscheinlich deutlich unter 1 000 liegen. Ich wage einmal diese Prognose. In dieser Größenordnung wird sich trotz Erbensuche das Ergebnis bewegen. Es gibt professionelle Erbensucher, aber sie fangen erst bei einem Grundstückswert von 30 000 Euro mit der Erbensuche an. Wir haben es im Durchschnitt mit Grundstücken von 2,5 ha Größe zu tun. Sie liegen irgendwo auf einer großen umgepflügten Fläche, die im Rahmen der Kollektivierung und der Industrialisierung der sozialistischen Landwirtschaft zu großen Schlägen verarbeitet wurde. Grenzsteine sind herausgezogen oder untergepflügt worden. Insofern ist es schwierig, also in wirtschaftlicher Hinsicht, die Erben dieser Grundstücke zu finden. Das wird bei einem Großteil wahrscheinlich nicht gelingen.

Nichtsdestotrotz werden wir jeden Weg gehen, der angemessen ist, um diese Eigentumsfragen letztendlich auch zugunsten der Erben zu klären, so wie wir es im Februar letzten Jahres angekündigt haben. Ich verspreche, dass wir nichts unversucht lassen und alles in unserer Macht Stehende tun werden, damit das auch gelingt.

Letztendlich - ich gestatte mir diese Bemerkung - bin ich froh, dass wir im Ausschuss bei diesem schwierigen, schwer durchschaubaren Thema, das in seiner Komplexität schwer zu erfassen ist, im Umgang miteinander zu einer Sachlichkeit gefunden haben, die es ermöglicht, auf dieser Grundlage in der Zukunft das Richtige zu tun. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Herr Görke hat noch eine Minute Redezeit, die er jetzt nutzen möchte. Bevor er mit seinem Redebeitrag beginnt, begrüße ich ganz herzlich Schülerinnen und Schüler des Fläming-Gymnasiums Belzig, und ich begrüße den Bundestagsabgeordneten Herrn Vogelsänger. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Problematik oder den historischen Diskurs zum ModrowGesetz nicht weiter vertiefen. Aber, liebe Kollegin Melior, ich glaube, der Ministerpräsident war Mitglied des Übergangskabinetts. Deshalb meine ich, dass man vielleicht doch eine differenzierte Bewertung zu diesem Gesetz in dieser Zeit erfragen kann.

Gestatten Sie mir, als Entgegnung zu Ihren Darstellungen etwas zu unserem Sondervotum zu sagen.

Sie behaupten, die Versäumnisse und Fehler im Handeln der Landesregierung hätten ihre Ursache in der präzedenzlosen historischen Dimension. Nein, Frau Kollegin. Es waren Schwierigkeiten. Die Hauptursache war, dass die politische Brisanz nicht erkannt wurde und die Nichtwahrnahme von politischer Verantwortung dazu geführt hat, dass im Grunde genommen in den Ministerien die Puppen auf dem Tisch tanzten und der rechtswidrige Sonderweg in dieser Zeit benutzt wurde.

(Minister Speer: Was haben Sie in dieser Zeit gemacht? Waren Sie nicht im Land Brandenburg?)

Das ist die richtige Bewertung und nicht die Problematik, die Sie in Ihrem Votum der Mehrheit formuliert haben.

Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zu Ihrem Punkt „Der Sonderweg bzw. Alleingang des Landkreises Teltow-Fläming“. Richtig ist, dass versucht wurde, die Verjährung zu umgehen. Jedoch haben Sie in Ihrem Votum nicht vermerkt, dass es nicht nur den Alleingang des Landkreises gab, sondern auch das MdF im Jahr 2000 eine aktive Rolle gespielt hat.

(Frau Melior [SPD]: Genau die haben es nicht!)

Das hätte ich erwartet. Deshalb haben wir auch ein Sondervotum formuliert. - Vielen Dank.

Herzlichen Dank. - Frau Melior möchte die ihr noch zur Verfügung stehende Redezeit nicht in Anspruch nehmen. Von den anderen Abgeordneten wird auch kein Redebedarf mehr angemeldet. Dann beende ich die Aussprache. Der Bericht des Untersuchungsausschusses 4/1 ist zur Kenntnis genommen. Die Arbeit des Untersuchungsausschusses 4/1 endet somit in dieser Minute.

Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE, der Ihnen in der Drucksache 4/7426 vorliegt, zur Abstimmung auf. Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt gegen diesen Entschließungsantrag? - Mit Mehrheit ist gegen diesen Entschließungsantrag gestimmt worden. Er ist somit abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Rechnung des Präsidenten des Landtages Brandenburg für das Rechnungsjahr 2006 (gemäß § 114 der Landeshaushaltsordnung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushaltskontrolle

Drucksache 4/7365

in Verbindung mit:

Haushaltsrechnung und Vermögensnachweis für das Haushaltsjahr 2006 (gemäß § 114 der Landeshaushaltsordnung)

Bericht des Ministers der Finanzen

Drucksache 4/5634

Jahresbericht 2008 des Landesrechnungshofes Brandenburg

Bericht des Landesrechnungshofes

Drucksache 4/6946

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushaltskontrolle

Drucksache 4/7366