Protocol of the Session on February 25, 2009

Sie blenden zum anderen völlig aus, dass die Güterströme und auch die Gütermenge seit Jahren auf niedrigem Niveau bleiben und dass es - das ist der aktuelle Aspekt der sich entwickelnden Wirtschaftskrise dazu - neben dem bereits niedrigen Niveau zu stark rückläufigem Güteraufkommen und Transportmengen hier in der Region Berlin-Brandenburg gekommen ist. Sie haben sicherlich den aktuellen Sachstand zur Kenntnis genommen, dass DB Regio Kurzarbeit im Güterverkehr angesetzt hat, dass die Lufthansa ihren Frachtverkehr eingestellt hat, dass es im Brandenburger und Berliner Speditionsgewerbe ein großes Risiko gibt, dass viele Arbeitsplätze in dieser Krise verloren gehen und es schon vielerorts Firmenpleiten der kleinen Logistikunternehmen in Brandenburg gibt. Wir erwarten, dass die Landesregierung und insbesondere der Verkehrsminister endlich zur Kenntnis nehmen, dass das Verkehrsprojekt 17 überdimensioniert ist, dass es unwirtschaftlich ist und deshalb von der Tagesordnung genommen gehört.

Während im Berliner Abgeordnetenhaus - ich bin darauf eingegangen - bereits im Juni vergangenen Jahres beschlossen wurde, die überdimensionierten Planungen und den vorgesehenen Millioneneinsatz von Steuergeldern abzulehnen, weil massive Eingriffe in Natur, Wasserhaushalt, Landschaft und Stadtbild angesichts des tatsächlichen und niedrigen Bedarfs und rückläufiger Prognosezahlen nicht zu vertreten sind, scheinen in Brandenburg zu diesem Thema weiterhin Ignoranz und Planungssturheit zu herrschen.

Herr Minister Dellmann, Sie sind offensichtlich einer der härtesten Verfechter des weiteren Ausbaus von Havel und Spree. Wie wir der Antwort auf die Große Anfrage entnommen haben, können Sie Ihre Argumente, die Verkehrsverlagerung von der Straße aufs Schiff und die Verbesserung der Fahrgastschifffahrt ganz konkret auf den Sacrow-Paretzer Kanal bezogen, überhaupt nicht belegen - das ist den Antworten zu entnehmen -, denn dazu fehlen Ihnen die konkreten Zahlen.

Ich will daran erinnern: Es gibt zwei Gutachten des Bundes, die nachgewiesen haben, dass es sinkende Transportzahlen für die Güterschifffahrt bis zum Jahre 2015 gibt und solche auch bis zum Jahre 2025 für Brandenburg prognostiziert sind. Trotzdem beschwören Sie weiter, dass das VDE-Projekt 17 der rich

tige Weg sei. Wir sagen, es ist der falsche Weg. Wir sagen aber auch, was die Region in der Wasserstraßenpolitik dringend braucht: Sie braucht dringend Sanierungsmaßnahmen im Kanal- und auch im Wasserstraßensystem. Das sollten Sie beschleunigt angehen. Dafür sollten Sie sich sehr engagiert einsetzen.

Gegen den Ausbau - das will ich abschließend sagen - des Sacrow-Paretzer Kanals und auch der Schleuse in Kleinmachnow haben sich im vergangenen Kommunalwahlkampf sehr viele prominente Bundes- und Landespolitikerinnen und -politiker eingesetzt. Ich will von den Anwesenden nur einige nennen. Ich erinnere mich an Herrn Baaske, Frau Geywitz, Herrn Dr. Klocksin, Frau Melior, die Kollegen der Linksfraktion sowieso, und ich kann mich auch erinnern: Herr Schrey und andere haben sich hier sehr vehement dafür ausgesprochen, diese überzogenen Planungen endlich zu beenden.

Vielleicht ist es ein gutes Zeichen, dass in den Projektlisten der Konjunkturprogramme I und II sowohl die Schleuse Kleinmachnow wie auch der Sacrow-Paretzer Kanal als Projekt nicht aufgeführt sind. Vielleicht ist das schon ein gutes Zeichen, sich doch vom VDE 17 zu verabschieden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete GregorNess.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche heute für die Fraktion der SPD,

(Heiterkeit bei der SPD)

weil ich in der Fraktion von diesem Projekt auf jeden Fall nicht direkt betroffen bin und deshalb auch einmal einen Blick von außen auf das Projekt werfen darf.

Dass VDE 17 ein Schlüsselprojekt ist, steht erst einmal fest. Das bedeutet nicht nur Schlüsselprojekt für die Logistikbranche, nicht nur für die Binnenschifffahrt. Es ist ein Schlüsselprojekt in diesem Haus; denn allein in dieser 4. Wahlperiode haben wir uns fünfmal in Ausschusssitzungen damit befasst, gab es sechs Kleine Anfragen, gab es mehrere Anträge, Entschließungsanträge, und wir haben heute zum Abschluss auch noch die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE zu behandeln.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Warum „zum Ab- schluss“?)

Die Frage war für mich: Warum diese Große Anfrage? Denn die aus den eventuell zu erwartenden Antworten abzuleitenden Schlussfolgerungen haben Sie bereits im Vorspann Ihrer Großen Anfrage gezogen: Das Projekt ist überdimensioniert, unwirtschaftlich, greift in den Naturhaushalt ein, alles steht schon fest. Wir kennen auch Ihre Meinung: Das Projekt ist schlichtweg abzulehnen. - Also, warum stelle ich da noch eine Große Anfrage? Nun hätte es ja sein können, da es im zeitlichen Zusammenhang mit der Einreichung der Klage der Stadt Potsdam

stand, dass Sie für die Klagebegründung noch ein paar Fakten gebraucht hätten. Das erschließt sich mir allerdings nicht, weil man mit einer Klagebegründung nicht ein Vierteljahr warten kann, bis die Große Anfrage beantwortet ist.

Also, die Frage ist: Was wollen wir hier eigentlich erreichen? Ein Verfahren, das zum Glück in dieser Bundesrepublik Deutschland ordentlich geführt wird, das über Raumordnung, Planfeststellung bis hin zu Gerichten zu entscheiden ist, ist aufgrund dieser Tatsache zum Glück dem politischen Einfluss erst einmal entzogen. Darauf bin ich stolz und damit bin ich auch zufrieden, weil eine politische Einflussnahme in einem solchen Abwägungsprozess nicht gut sein kann. Bis zum Planfeststellungsbeschluss sind alle Maßnahmen auf ihre Verträglichkeit geprüft worden, sie sind reduziert worden, der Ausbau ist entsprechend zurückgefahren worden. Das werden Gerichte zu beurteilen haben. Das, was Sie jetzt noch haben wollen, sind Prognosezahlen. Selbstverständlich sind die Prognosezahlen für die ursprüngliche Begründung des Projekts nicht mehr nachvollziehbar.

Auch im Bereich der Binnenschifffahrt gibt es extreme Schwankungen. Wir haben die Einmaleffekte des Ausbaus von Berlin gehabt. Wir haben in der Zwischenzeit sozusagen ein gesettetes Niveau von Verkehrsströmen, aber wir haben auch einen Aufwuchs, der vor allem im Transport von nachhaltigen Brennstoffen in Richtung Berlin begründet ist, weil die Heizwerke in Berlin einen höheren Bedarf vor allem an Holz haben. Wir haben es in Brandenburg mit der Versorgung von Schrott für die Stahlproduktion.

Das Problem ist: Wir können das Ganze hin- und herdiskutieren - Ihre Meinung steht fest. Ich warte jetzt einfach auf die Entscheidung des Gerichts. Dann können wir uns damit gern wieder befassen. Eine Einflussnahme auf das jetzt laufende Verfahren verbietet sich. Wenn man mit der Beantwortung von Fragen unzufrieden ist, kann man sich im Umkehrschluss bitte auch mal fragen: Habe ich die Fragen richtig und vor allem dem richtigen Adressaten gestellt?

(Zuruf der Abgeordneten Tack [DIE LINKE])

An dieser Stelle gehen unsere Meinungen auseinander. Was Herr Dellmann in seinem Haus und die Landesregierung an Antworten gegeben haben, war das, was hier zu beantworten war. Alles andere entzieht sich unserer Sphäre. Wenn Sie der Meinung sind, in Berlin werde alles offener und klarer behandelt, dann mag das so sein, dann müsste man vielleicht einmal die Opposition in Berlin fragen, ob sie das auch so sieht. Dann wird sich schon auftun, wo die Differenzen liegen, und dass sie Ihre Zustimmung nicht teilt. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Gregor-Ness. - Als Nächste spricht Frau Hesselbarth für die DVU-Fraktion.

Herr Baaske! Meine Damen und Herren! Frau Tack, es gibt einen Landtagsbeschluss vom 15.12.2004, der die Drucksachennummer 4/273-B trägt. Darin heißt es: Das Projekt Deutsche

Einheit 17 wird nicht infrage gestellt. - Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der DVU)

Als Nächster spricht der Abgeordnete Schrey für die CDUFraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Havelausbau erhitzte in der Vergangenheit immer wieder die Gemüter, und das wird wohl eine Zeitlang so bleiben. Viele Menschen haben dazu ihre eigene Meinung, und das ist auch gut so; denn bei solchen Großprojekten müssen alle Bedenken gegeneinander abgewogen werden.

Lassen Sie mich etwas Grundsätzliches dazu sagen. Die CDU will die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Binnenschifffahrt erhalten und sichern. Wir wollen unter wirtschaftlichen Betrachtungen mehr Güterverkehr von der Straße auf das Wasser verlagern. Aus diesen Gründen befürworten wir den Ausbau der Havel zu einer verkehrstüchtigen und effizienten Wasserstraße.

Zurzeit ist jeder Autofahrer und Spediteur froh über die niedrigen Spritpreise. Dass sich dies aber schnell ändern kann, zeigte das letzte Jahr sehr deutlich. Aus diesem Grund kann ich mir durchaus vorstellen, dass in absehbarer Zeit die Güter- und Logistikbranche ein höheres Interesse an einem Transport über die Wasserstraßen in Deutschland hat. Die sicherlich entscheidende Frage ist hierbei: Kann ich dies wirtschaftlich darstellen? Um dies positiv zu beantworten, muss klar sein, auf welchen Wasserstraßen das überhaupt machbar wäre. Dabei kommt der Bundeswasserstraßenverbindung Rühen - Magdeburg - Berlin als Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 17 eine besondere Bedeutung zu.

(Dr. Klocksin [SPD]: Das sieht Frau Reiche aber anders!)

Der entsprechende Ausbau würde die Wettbewerbsfähigkeit unserer Transportbranche in Deutschland weiter untermauern. In der Großen Anfrage möchte die Opposition einige Fakten über die Wirtschaftlichkeit, eventuelle Prognosen, oder etwas zum aktuellen Stand der Planung des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit 17 erfahren. Nun kann man sicherlich streiten, wer der richtige Adressat für die einzelnen Fragen sei. Grundsätzlich liegt die Zuständigkeit für den Ausbau des Kanals bei der Bundeswasserstraßenverwaltung. Es ist verständlich, dass aufgrund laufender Klageverfahren das zuständige Bundesverkehrsministerium keinerlei Antworten auf spezielle Fragen geben kann. Auf andere Fragen wiederum hätten mich die Antworten selber interessiert. Allerdings kann man sich an fünf Fingern abzählen, dass der jetzige Zeitpunkt entweder zu früh ist oder wegen der laufenden Verfahren die zuständigen Landes- und Bundesbehörden nicht gewillt sind, dies öffentlich zu machen.

(Dr. Klocksin [SPD]: Das ist ja allerhand!)

Zum Schluss möchte ich sagen: Grundsätzlich befürworten wir den Ausbau der Havel, ihrer Nebenflüsse und Kanäle und be

grüßen die entsprechende Unterstützung mit Bundesmitteln. Allerdings sollte man dabei nicht die Augen vor wirtschaftlichen oder örtlichen Bedenken verschließen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Schrey. - Für die Landesregierung hat jetzt Minister Dellmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Baaske! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Tack, mich als Hardliner in dieser Frage zu bezeichnen finde ich schon etwas ungewöhnlich. Sie bezeichnen mich als Hardliner, obwohl ich für die konkrete Baumaßnahme nicht zuständig bin. Sie dürfen jemanden als Hardliner bezeichnen, der dafür zuständig ist - dafür habe ich Verständnis -, aber nicht jemanden, der wahrlich nicht direkt an dem gesamten Verfahren beteiligt ist.

Ich darf noch einmal daran erinnern, dass es sich um eine Bundesmaßnahme, um eine Bundesaufgabe handelt. Das Land Brandenburg ist nur in einer einzigen Frage formal beteiligt. Das sind die naturschutzfachlichen und wasserrechtlichen Fragen. Nur da ist das Land beteiligt. Wie Sie sehr wohl wissen, hat es, was den wasserrechtlichen Teil anbelangt, überhaupt keine negativen Auswirkungen auf die hiesige Landschaft, keine negativen Auswirkungen auf das Weltkulturerbe in Potsdam. Was den naturschutzfachlichen Teil anbelangt - Sie kennen die Zahlen bestens, Sie kennen sogar das Projekt, es ist bundesweit, europaweit gelobt worden -, kann man sagen, dass hier bis zum heutigen Tag schon mehr als 85 % der Maßnahmen des Ausgleichs als vorgezogene Maßnahmen umgesetzt bzw. beauftragt worden sind. Auch ist immer ein bisschen seltsam, dass die Naturschutzszene auf der einen Seite dieses Projekt ganz großartig lobt und sagt, wie toll das alles ist. Auf der anderen Seite gibt es Klagen. Das ist kein geradliniger Weg, der eingeschlagen wird.

Ich glaube, notwendig für eine erneute Betrachtung ist es, zu fragen: Was ist eigentlich in den letzten Jahren geschehen? Sie haben es in Ihrer Rede so dargestellt, als ob das Verkehrsprojekt 17 noch den gleichen Planungsstand wie zu der Zeit habe, als es gestartet wurde. Das ist jedoch mitnichten der Fall. An vielen Stellen hat es erhebliche Überarbeitungen gegeben. Ein deutliches Abspecken hat stattgefunden. Wenn Sie davon sprechen, dass die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung nicht reagiere, ist insbesondere das Berliner Beispiel ein positives Beispiel dafür, dass an den Stellen, an denen es geht und an denen es sinnvoll ist, auch eine Modifizierung stattfindet. Dass der eine oder andere sagt, es solle auch an anderen Stellen modifiziert werden, ist vielleicht nachvollziehbar, aber zu behaupten, Frau Tack, dass sich die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung überhaupt nicht bewege, entspricht schlichtweg nicht den Tatsachen.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [DIE LINKE])

Deshalb sollte es auch einmal so dargestellt werden.

Ich darf noch einen Vorschlag unterbreiten: Wenn Sie Fragen haben, steht es dem Landtagsausschuss frei, die Wasser- und

Schifffahrtsverwaltung des Bundes in den Landtagsausschuss einzuladen und ihr vorneweg einen Fragenkatalog zu übersenden. Das können Sie gern tun. Dann können Sie die Fragen an die Richtigen adressieren und mit den Richtigen dieses Thema diskutieren. Wir sollten jedoch die Kirche im Dorf lassen,

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Wie in der Lausitz!)

sprich: die Verantwortlichkeiten benennen und diejenigen einladen, die die Verantwortung dafür haben.

Die Landesregierung hat sich in den für sie zuständigen Fragen positioniert und die Maßnahmen, die am Sacrow-Paretzer Kanal bzw. auch in dem anderen Planfeststellungsverfahren bezüglich Kleinmachnow notwendig sind, für verträglich erklärt.

Frau Tack, erwecken Sie bitte nicht wieder den Eindruck - dafür sind Sie viel zu sehr Verkehrspolitikerin -, dass die aktuelle Delle im Bereich des Güterverkehrs bzw. im Bereich der Logistik nun als Messlatte für den Ausbau von Verkehrswegen genommen werden könnte; denn Sie wissen sehr wohl, dass man Verkehrswege tatsächlich in einem völlig anderen Zeithorizont planen und bauen muss. Ich gehe davon aus, dass die Planungen des Bundes - ich habe keine Veranlassung, daran zu zweifeln - auch künftig sinnvolle Maßnahmen vorsehen.

Dennoch betone ich zum Schluss noch einmal: Die Hauptverantwortung dafür liegt bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Eventuell sprechen Sie die Einladung an die Kolleginnen und Kollegen aus, sodass wir sie im Ausschuss zu den Fragen, die Sie haben, noch einmal hören können. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Dellmann. - Frau Tack erhält noch einmal für die Fraktion DIE LINKE das Wort.