Wir beginnen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion. Der Abgeordnete Holzschuher spricht zu uns.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Mit dem heutigen Gesetzentwurf haben wir ein Ergebnis vorliegen, mit dem es sich die Koalitionsfraktionen nicht leichtgemacht haben. In den vergangenen Monaten - man kann sagen, fast ein Jahr lang - haben wir intensiv die Problematik diskutiert, die infolge eines Urteils des Oberverwaltungsgerichts BerlinBrandenburg aus dem Dezember 2007 akut wurde und die im Land verständlicherweise sehr große Unruhe ausgelöst hat. Wir haben einen Gesetzentwurf erarbeitet und vorgelegt, der aus unserer Sicht sehr gut geeignet ist, um diese Unruhe ein für allemal aus dem Land zu schaffen, und der eine gerechte Lösung beinhaltet.
Die Rechtslage im Zusammenhang mit Abwasser und Trinkwasser und dem Kommunalabgabenrecht sind außerordentlich kompliziert. Das ist der Grund dafür, warum es lange gedauert hat, einen Vorschlag zu unterbreiten. Das ist auch der Grund dafür, warum bis heute, trotz vielfacher Diskussionen im Land, immer noch falsche Vorstellungen darüber herrschen, worüber wir eigentlich reden, was die Konsequenz des Handelns ist, was möglich und was nicht möglich ist, im Land zu regeln. Deswegen eingangs einige klare Feststellungen, was dieser Gesetzentwurf bezweckt und was er beinhaltet.
Erstens: Es gibt eine klare Regelung. Niemand wird in Anspruch genommen für Investitionen aus DDR-Zeiten, für Investitionen, die vor dem 3. Oktober 1990 in Abwasser oder Trinkwasser in irgendeiner Form, sei es durch staatliche Stellen, sei es sogar in Eigenleistung, getätigt wurden. Niemand wird dafür in Anspruch genommen. Es wird keine Umlage dieser Investitionen geben. Es darf sie nicht geben. Das steht im Gesetz, und das ist so. Das kann man leider gar nicht oft genug betonen, weil dieser Kernpunkt immer wieder in der Diskussion im Land auftaucht und leider auch von einigen Medienvertretern immer noch in Fragestellungen verbreitet wird. Es ist so: Es wird keine Inanspruchnahme geben.
Zweitens: Wir ermöglichen eine differenzierte Beitragserhebung für Altanschließer und Neuanschließer, indem wir es ermöglichen wollen, dass Investitionen, die allen zugute kommen, wie die neue Kläranlage, auch auf alle umgelegt werden, dass aber Investitionen, die nur der Erweiterung des Netzes dienen, das schon zu DDR-Zeiten existierte, nur von denen zu tragen sind, denen sie letztendlich Vorteile bringen - den Neuanschließern. Diese differenzierte Beitragserhebung ähnlich einem Modell, das in Sachsen-Anhalt bereits erfolgreich praktiziert ist, führt dazu, dass es möglich ist, Altanschließer gegenüber der derzeitigen Rechtslage erheblich zu entlasten, allerdings nicht überall; das wissen wir auch.
Deswegen, weil überall der Sachverhalt nicht greifen würde im Land herrschen nämlich unterschiedliche Rechtsverhältnisse -, sagen wir: Dies können wir nicht durch Gesetz zwingend vorschreiben. Dies gestalten wir als eine Kann-Bestimmung. Wir richten eine Möglichkeit für die Verbände, für Kommunen ein, sich zu entscheiden, ob dieser Weg tatsächlich der geeignete ist. Des Weiteren sagen wir: Wir wünschen uns eine möglichst flexible Handhabung des Ermessens im Bereich von Stundungs- und Erlassregelungen, denn wir wollen unter keinen Umständen, dass jemand, der mit Beiträgen in Anspruch genommen wird - seien es Neu- oder Altanschließer -, gezwungen ist, deswegen sein Haus zu belasten, sein Haus am Ende gar zu verkaufen. Niemand soll durch einen Beitragsbescheid in finanzielle Schwierigkeiten gestürzt werden. Dafür bietet das Abgabenrecht Möglichkeiten, und diese Möglichkeiten werden im Gesetz ausdrücklich noch einmal erwähnt - mit der Bitte des Landtages - mehr können wir nicht tun, es ist eine kommunale Angelegenheit -, aber der ausdrücklichen Bitte des Landtages, hier doch möglichst großzügig das Ermessen auszuüben, wenn wir denn dazu kommen, dies gemeinsam zu verabschieden. Ich hoffe, dass wir uns da auch verständigen.
Eine weitere Sache möchte ich noch nennen: Wir haben uns natürlich auch mit Alternativen befasst, Alternativen dazu, welche Möglichkeiten es noch gäbe, die aktuelle Problematik zu klären. Wir waren uns schnell einig, dass nichts zu tun nicht der Weg ist. Das wäre der einfachste Weg, aber ein politisch nicht verantwortbarer Weg gewesen, denn dann hätten alle in gleicher Weise in Anspruch genommen werden müssen. Die Unruhe im Land wäre verständlicherweise groß gewesen und geblieben, und die Verbände hätten erhebliche Probleme mit der Situation gehabt. Aber wir haben uns auch nicht verständigen können, dem Gesetzentwurf der Linken zu folgen, der hier schon im Haus diskutiert worden ist, denn dieser Gesetzentwurf ist - davon sind wir überzeugt; übrigens nicht nur wir, sondern die Fachleute, die sich damit befassen - rechtlich nicht
haltbar. Es tut mir leid, er ist rechtlich nicht haltbar. Darüber hinaus führte er dazu, dass die Gebührenzahler diejenigen Beitragsausfälle ausgleichen müssten, die nach dem Gesetzentwurf der Linken auftreten würden. Wir würden also die Kosten verlagern, weg von den Besitzern der Grundstücke hin zu allen Anschlussnehmern, den Gebührenzahlern im Land. Das sagen wir auch ganz bewusst: Das ist aus sozialdemokratischer Sicht eine ungerechte Lösung. Das wollen wir nicht, denn diejenigen, die vor Ort profitieren - die Eigentümer der Grundstücke -, sind diejenigen, die zunächst einmal in Anspruch genommen werden müssen.
Wir werden, denke ich, dies in den Feinheiten weiter diskutieren, wenn wir dazu kommen, diesen Entwurf an den Innenausschuss zu überweisen. Es wird selbstverständlich zu beiden Entwürfen eine Anhörung geben, in der wir die Feinheiten diskutieren können. Ich will das Haus nicht damit langweilen, die sehr komplexen juristischen Probleme im Einzelnen darzulegen, die wir in der Vergangenheit schon diskutiert haben. Aber ich bin sicher, dass im Ausschuss sehr schnell klar wird, dass unser Entwurf nicht nur der Beste, sondern aus meiner Sicht der alternativlose ist, um einerseits Gerechtigkeit im Lande zu schaffen und andererseits eben auch Ruhe in die Diskussion einkehren zu lassen.
Lassen Sie mich abschließend noch darauf hinweisen, dass das aus meiner Sicht auch durchaus ein besonderer Entwurf ist. Es gab hier eine Diskussion, oftmals den Ansatz, dass wir in einen Konflikt mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte kommen, wenn wir unseren Entwurf so, wie er ist, in die Welt setzen. Es gab verfassungsrechtliche Bedenken, aber die wurden eben auf die Rechtsprechung unseres Oberverwaltungsgerichts oder anderer Oberverwaltungsgerichte gestützt. Ich war darüber immer etwas verwundert, denn diejenigen, die so argumentierten - es waren erstaunlicherweise sogar einzelne Abgeordnete darunter -, verhielten sich so, als seien wir hier eine Satzungsversammlung eines Zweckverbandes, der die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu beachten hat. Das sind wir aber nicht, das sind wir in keiner Weise. Wir sind die demokratisch gewählten Repräsentanten des Souveräns im Land Brandenburg, und wir haben die Verpflichtung, für diesen Souverän gerechte Lösungen zu erarbeiten, ohne dass wir uns dabei - bei allem Respekt vor den Gerichten - an die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu halten hätten. Wie der Name schon sagt, sind diese nämlich nur zur Kontrolle der Exekutive, aber nicht des Landtages zuständig, und deswegen stehen über uns nur die Verfassung, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Landesverfassungsgerichts. Die haben wir zu beachten, und die haben wir beachtet. Die haben wir sehr intensiv geprüft, und wir sind sehr, sehr überzeugt, dass dieser Weg, dieser Vorschlag, der auf dem Tisch liegt, in jeder Hinsicht mit dem Grundgesetz, mit der Verfassung des Landes und auch mit der Rechtsprechung der Verfassungsgerichte in Einklang steht.
Ich freue mich daher, dass dieser Gesetzentwurf - gerade auch wegen des aufgezeigten Konflikts - aus den Landtagsfraktionen von SPD und CDU heraus erarbeitet worden ist, und hoffe, dass wir nach einer intensiven Diskussion im Ausschuss in einigen Monaten dazu kommen, diesen Entwurf in diesem Haus - auch gemeinschaftlich von allen demokratischen Fraktionen getragen - zu verabschieden. Das wäre wohl das beste Signal an das Land, dass wir einen Weg gefunden haben, der
Herzlichen Dank, Herr Holzschuher. Sie haben sozusagen auf den Punkt genau Ihre Redezeit ausgeschöpft. - Nun erhält Herr Abgeordneter Dr. Scharfenberg das Wort. Er spricht für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Holzschuher, ich kann Ihnen versichern: Auch wir sind daran interessiert, bei diesem wichtigen Thema einen Konsens in diesem Landtag zu bilden. Noch haben wir es in der Hand. Ich will hier noch einmal ausdrücklich sagen: Zu den vielen offenen Fragen, die noch in dieser Wahlperiode zu lösen sind, gehört zweifellos das Problem der Altanschließer, denn mit dem Zweiten Gesetz zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben und der darin enthaltenen KAG-Änderung von 2004 ist, auch wenn das die Koalitionäre nicht gerne hören, dieses Problem noch potenziert worden.
Nachdem die Linke im Januar den Entwurf für ein Viertes Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vorgelegt hat, wartet die Koalition jetzt mit dem für Januar angekündigten Gesetzentwurf auf. Damit sind zwei Gesetzentwürfe im Geschäftsgang, und ich denke, das ist gut, denn es heißt ja nicht umsonst: Konkurrenz belebt das Geschäft. Beide Gesetzentwürfe haben das Ziel einer Entlastung der Altanschließer von Herstellungsbeiträgen. Unterschiedlich ist die Konsequenz, mit der dieses Ziel verfolgt wird.
Die Linke setzt sich nach wie vor für die vollständige Entlastung der Altanschließer durch Anerkennung der erfolgten Verjährung ein. Die SPD - unterstützt von der CDU - will dagegen das Modell Sachsen-Anhalt mit differenzierten Herstellungsbeiträgen auf Brandenburg übertragen, was zwangsläufig damit verbunden ist - Herr Holzschuher hat das auch zum Ausdruck gebracht -, dass die Notwendigkeit einer Veranlagung der Altanschließer anerkannt wird.
... Gutachten vor, die zum Teil sehr gegensätzlich sind. Wir haben seit Januar einen grundsätzlichen Überblick zum Umfang und zur Tiefe der Problematik altangeschlossener Grundstücke durch eine Darstellung wesentlicher Ergebnisse der Datenerhebung in Zweckverbänden. Wir wissen jetzt, dass nicht alle 126 Verbände betroffen sind, sondern mit 57 knapp die Hälfte. Wir wissen, dass es sich um eine Summe von ca. 320 Millionen Euro handelt, die nachträglich von den etwa 90 000 Altanschließern bei Abwasser und 113 000 bei Wasser aufzubringen wären. Wir wissen jetzt auch, dass es eine große Bandbreite bei der Höhe der nachträglich zu erhebenden Beiträge gibt. Das ist ein Problem, dessen Tiefe über
haupt noch nicht überschaut werden kann. Das alles unterstreicht nachdrücklich den großen Handlungsbedarf, der durch die Verlängerung der Verjährungsfrist nur notdürftig kaschiert worden ist.
Der Gesetzentwurf der Koalition ist insofern ein Schritt in die richtige Richtung, als damit dieser Handlungsbedarf anerkannt und ein Aussitzen und Verzögern nicht mehr möglich ist. Sie wissen, wir waren da skeptisch. Sie haben den Gesetzentwurf vorgelegt. Das ist okay.
Wir gehen davon aus, dass es nicht nur in der Linksfraktion, sondern eben auch in der SPD eine intensive Diskussion und ein heftiges Ringen um eine befriedigende Lösung zu dieser außerordentlich komplizierten und komplexen Frage gibt. Deshalb hoffe ich - da stimmen wir überein -, dass die weitere Auseinandersetzung mit den beiden Gesetzentwürfen - dafür haben wir im Innenausschuss noch genügend Gelegenheit - mit dem notwendigen Maß an Offenheit für den anderen Standpunkt stattfinden kann. Das fordere ich aber auch für unseren Gesetzentwurf.
Meine Damen und Herren! Den Schwachpunkt des Gesetzentwurfs von SPD und CDU sehen wir darin, dass das Problem einschließlich der damit verbundenen Risiken und Aufwendungen auf die kommunale Ebene und letztlich auch auf die Gerichte verlagert wird. Damit werden zwei Vorbehalte geschaffen. Zum einen müssen die Zweckverbände in eigener Verantwortung entscheiden, ob sie die Altanschließer nach dieser gesetzlichen Ermutigung - mehr ist es nicht - besserstellen als Neuanschließer oder ob sie sie voll veranlagen. Zum Zweiten haben sie über den Umfang und die konkrete Umsetzung einer solchen Regelung zu entscheiden. Das soll vor dem Hintergrund geschehen, dass solche gesplitteten Herstellungsbeiträge - da teile ich nicht Ihre Auffassung - nach wie vor rechtlich umstritten sind - sieht man einmal von dem von der SPD in Auftrag gegebenen Gutachten ab, wobei es dort auch Feinheiten gibt, die wir sehr wohl zur Kenntnis genommen haben. Daraus erklärt sich sicher auch das eher negative Echo, das der Gesetzentwurf an der Basis bereits gefunden hat. Wenn ich für den Gesetzentwurf der Linken werbe - was für Sie sicher nicht überraschend ist -,
dann weiß ich, dass auch dieser Vorschlag rechtlich bedenklich ist. Ich darf hier noch einmal sagen: Wir stützen uns auf ein BBU-Gutachten und auf die Empfehlung des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Prof. Steiner, den wir natürlich zur vorgesehenen Anhörung einladen werden. Wir meinen jedoch, dass ein klarer Schnitt, wie wir ihn vorschlagen, besser ist als der von der Koalition aufgezeigte Weg mit allen seinen Mühen und Unwägbarkeiten.
Der Ausschuss für Inneres hat bereits den Weg für eine Anhörung zu beiden Gesetzentwürfen durch eine erste Diskussion abgesteckt. Damit gibt es die Möglichkeit, aus der Sicht von Praktikern und Experten beide Gesetzentwürfe in der Gegenüberstellung zu bewerten. Mittlerweile gibt es auch weitere Anregungen vom Wasserverbandstag, die Sie sicher auch erhalten haben. Ich denke, die kann man in die Diskussion einbeziehen. Ich bedauere, dass wir uns mit unserem Vorschlag eines zügigen Vorgehens durch eine Anhörung bereits Ende März nicht durchsetzen konnten. Jetzt ist ein Anhörungstermin für Ende
April ins Auge gefasst worden. Ich hoffe sehr, dass es dadurch nicht zu dem von uns befürchteten Zeitdruck kommt. Sie haben sich damit in eine Verpflichtung begeben - Frau Stark weiß, wovon ich rede -; denn Mitte Mai und Anfang Juli finden die voraussichtlich letzten Plenarsitzungen in dieser Wahlperiode statt. Wir werden in jedem Fall darauf drängen, dass es noch in dieser Wahlperiode eine gesetzliche Regelung zugunsten der Altanschließer geben wird. Ich hoffe, dass wir wenigstens in dieser Frage dann Übereinstimmung erzielen können. Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Dr. Scharfenberg, jawohl, es wird vor der Sommerpause eine gesetzliche Regelung für die Alt- und Neuanschließer geben, und wenn Sie wollen, können Sie dieser gesetzlichen Regelung zustimmen. Das Angebot ist da, nicht nur bei diesem Gesetzgebungsvorhaben, sondern natürlich bei allen Gesetzgebungsvorhaben, die die Koalition oder die Landesregierung in den Landtag einbringt.
Bevor ich zum Thema spreche, möchte ich darauf eingehen, was wir in den letzten Wochen und Monaten bezüglich dieser Problematik geleistet haben. Wir haben im Januar einen Gesetzentwurf vorgelegt, so wie wir das in Aussicht gestellt hatten. Dass wir ihn jetzt im Februar besprechen, liegt daran, dass es im Januar keine Landtagssitzung mehr gegeben hat. Insofern sei mir dieser Hinweis gestattet.
Wir hatten insgesamt sechs Gutachten von insgesamt 269 Seiten auszuwerten, und sie widersprechen sich in vielen wichtigen Punkten. Da gibt es Gutachten, die hier schon angesprochen worden sind, die einen offenbar sehr einfachen Weg aufzeigen. Aus anderen Gutachten gibt es den Schluss, dass dieser einfache Weg so nicht gangbar ist, dass er zu mehr Unsicherheit und vor allen Dingen zu neuen Ungerechtigkeiten im Land führen würde.
Insofern ist Ihr Gesetzentwurf, Herr Dr. Scharfenberg, der Gesetzentwurf der LINKEN, ein Versuch, einen schnellen Strich zu ziehen. Aber er kann für die Regierungskoalition deswegen nicht infrage kommen, weil er zum einen neue Ungerechtigkeiten im Lande schaffen würde und zum anderen rechtlich auf so tönernen Füßen steht, dass wir die Gefahr sehen, einfach realistisch sehen, dass das vor dem Verfassungsgericht keinen Bestand hat. Damit wäre uns nicht geholfen, vor allen Dingen aber wären die Tausenden Grundstückseigentümer damit überfordert, wenn der Landtag hier etwas verabschiedete, was dann sehenden Auges in eine mögliche Niederlage vor dem Verfassungsgericht führte.
Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt und damit unter Beweis gestellt, dass diese Regierungskoalition, diese Landtagsmehrheit in dieser wichtigen Frage handlungsfähig ist, handlungsfähig, indem sie noch vor der Sommerpause Rechtssicherheit schafft. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin
weisen, dass durch den Zeitablauf niemand einen Schaden zu gewärtigen hatte. Es ist nicht so, wie gelegentlich behauptet wurde, dass durch die notwendigen Beratungen hier im Landtag durch das ganz normale Gesetzgebungsvorhaben vor Ort jemand einen finanziellen oder einen anderen Schaden zu gewärtigen hatte.
Wir werden mit diesem Gesetzentwurf sicherstellen, dass es einen Ausgleich zwischen Alt- und Neuanschließern gibt, dass wir keine neue Neuanschließerproblematik damit in die Welt setzen, da es nun einmal so ist - ich glaube, das sieht auch die große Mehrheit der Grundstückseigentümer in Brandenburg so -, dass, wenn man Eigentum hat, man dafür auch Verantwortung zu übernehmen hat. An anderer Stelle - wenn ich an die Bankenkrise und anderes denke - betont DIE LINKE zu Recht, dass das aus dem Grundgesetz so abgeleitet werden kann.
Aber die Verantwortung darf sich natürlich nicht auf Dinge beziehen, für die man tatsächlich keine Verantwortung zu übernehmen hat, zum Beispiel für Geschehnisse vor dem 3. Oktober 1990. Insofern bin ich Kollegen Holzschuher dankbar, dass er noch einmal darauf hingewiesen hat, dass ein Großteil der Berichterstattung, ein Großteil der Verunsicherung, die es gegeben hat, unnötig war. Wir bemühen uns auch, in Veranstaltungen vor Ort, in vielen Gesprächen, immer wieder darauf hinzuweisen, dass das, was diesbezüglich in die Welt gesetzt worden ist, nicht korrekt ist.
Was die kommunale Ebene betrifft, die dann entscheiden kann, unter welchen Umständen und in welcher Höhe Grundstückseigentümer zur Zahlung von Beiträgen herangezogen werden, so meine ich nicht, dass wir dort zu einer Überforderung kommen werden. Es liegt geradezu in der Natur der Sache, dass diese Dinge auch vor Ort entschieden werden können. Da mögen wir ein unterschiedliches politisches Verständnis haben, ob Sie das nun hier entscheiden oder ob Sie das den Damen und Herren, die vor Ort Verantwortung tragen, überlassen. Ich glaube, mit dem vorgesehenen Gesetzentwurf - ich denke, das wird in den Anhörungen entsprechend bestätigt werden - geben wir der kommunalen Ebene sehr wohl die Möglichkeit, sachgerechte Entscheidungen zu treffen. Sachgerecht heißt, dass die Dinge, die vor Ort eine Rolle spielen, von Relevanz sind, dann auch entsprechend beachtet werden können. Das gelingt uns so besser, als wenn wir hier eine Regelung für das gesamte Land Brandenburg treffen würden.
Ich freue mich auf die Beratung im Innenausschuss und auf die Anhörung. Ich bin auch gespannt darauf, wie wir das dann zwei Gesetzentwürfe, die das Gleiche wollen, aber etwas Unterschiedliches zum Regelungscharakter haben - praktisch durchführen werden. Zudem bin ich sehr gespannt darauf, ob es zu einer Unterstützung unseres guten Gesetzentwurfs kommt, wenn die Mehrheit der Anzuhörenden sagen sollte, dass das, was Sie aufgeschrieben haben, rechtlich nicht umzusetzen ist. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Eine rotschwarze Landesregierung hat den Zweckverbänden die Suppe
eingebrockt. Nun sollen die Zweckverbände diese Suppe auslöffeln. Genau das ist der Tenor und die Intention des vorliegenden Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen.
Mit dem Gesetz zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben in der Drucksache 3/6324 hat die damalige rotschwarze Landtagsmehrheit den Aufgabenträgern erst die Möglichkeit eröffnet, altangeschlossene Grundstücke zu einem Herstellungsbeitrag heranzuziehen. Für die betroffenen Eigentümer altangeschlossener Grundstücke hat dies zur Folge, dass sie zur Beitragszahlung herangezogen werden, obwohl ihr Grundstück oftmals bereits jahrzehntelang an eine öffentliche Anlage angeschlossen ist; denn ursprünglich kam es bekanntermaßen für die abgaberechtlichen Verjährungen nicht auf die Rechtswirksamkeit der Beitragssatzung an. Das sind die rechtlichen Fakten, Herr Holzschuher.
So kommen wir zu Punkt 2 Ihres Antrags, sehr geehrte Damen und Herren von CDU- und SPD-Fraktion. Es mag sein, dass in der öffentlichen Diskussion der Eindruck entstand, dass die Bürgerinnen und Bürger im Land Brandenburg Beiträge für Leistungen zu zahlen haben, die sie vor dem 3. Oktober 1990 vielfach selbst in Eigenleistung erbracht haben. Jedoch bedarf es zu dieser Klarstellung nicht der deklaratorischen Änderung des KAG, also des Kommunalabgabengesetzes. Dafür dauert die öffentliche Diskussion schon viel zu lange.