Protocol of the Session on February 25, 2009

So kommen wir zu Punkt 2 Ihres Antrags, sehr geehrte Damen und Herren von CDU- und SPD-Fraktion. Es mag sein, dass in der öffentlichen Diskussion der Eindruck entstand, dass die Bürgerinnen und Bürger im Land Brandenburg Beiträge für Leistungen zu zahlen haben, die sie vor dem 3. Oktober 1990 vielfach selbst in Eigenleistung erbracht haben. Jedoch bedarf es zu dieser Klarstellung nicht der deklaratorischen Änderung des KAG, also des Kommunalabgabengesetzes. Dafür dauert die öffentliche Diskussion schon viel zu lange.

Fakt ist auch, dass viele dieser Herstellungsbeiträge längst verjährt wären, wenn die Fraktionen von SPD und CDU diese Verjährung nicht auf gesetzgeberischem Wege verhindert hätten. Das, meine Damen und Herren, und die Tatsache, dass RotSchwarz damit auch die Zweckverbände in ein abgaberechtliches Dilemma geführt hat, sind Punkte, die klargestellt werden müssen. Das Vertrauen der brandenburgischen Bürgerinnen und Bürger sowohl in die Gesetzgebung als auch in die Exekutive hat mit der sogenannten geschaffenen abgaberechtlichen Situation nachhaltig Schaden genommen.

Nun wollen Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, wenige Monate vor der Wahl Augenwischerei betreiben, Herr Holzschuher.

(Bischoff [SPD]: Ralf, du Augenwischer!)

Ja, Augenwischerei betreiben, und zwar bezüglich des Schadens, den Ihre Rechtsvorgänger in der 3. Legislaturperiode angerichtet haben.

Zu Punkt 1 Ihres Antrags - auf die Kommunen abwälzen. Die Zweckverbände sollen nun selbst darüber befinden, ob und inwieweit die Altanschließer beitragsrechtlich anders behandelt werden sollen als die Neuanlieger. Damit entfernen Sie sich, Herr Holzschuher, Lichtjahre von dem, was Sie eigentlich bezwecken wollen.

Abgabegerechtigkeit schaffen: Das haben wir bereits im Mai 2008 mit unserem Antrag „Abgabegerechtigkeit für Beitragsund Gebührenzahler“ in der Drucksache 4/6197 - von der Landesregierung verlangt. Mit Arroganz und großspurigen Ankündigungen haben Sie es damals abgelehnt.

Sie, Herr Kollege Petke, haben in der Plenarsitzung am 21. Januar das Ergebnis der Innenausschusssitzung am 15.01.2009 richtig interpretiert, was auch nachzulesen ist. Dort wurde nämlich herausgearbeitet, dass es nicht nur ein

Altanschließerproblem, sondern auch ein Neuanschließerproblem ist. Jedoch löst das, was die Koalition nun mit diesem Ergebnis gebracht hat, nicht das Problem, sondern ist vielmehr eine Kapitulation vor dem Problem, meine Damen und Herren von SPD- und CDU-Fraktion, das Sie selbst geschaffen haben.

In dem vorliegenden Gesetzentwurf kann ich nicht einmal die von Ihnen, Frau Stark, in den vorangegangenen Sitzungen immer beschworenen Bemühungen erkennen, nämlich ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Abgabengerechtigkeit und abgaberechtlicher Notwendigkeit bei der Ausfinanzierung der Anlagen zu schaffen.

Wir werden dennoch, meine Damen und Herren, einer Ausschussüberweisung zustimmen und sind sehr gespannt darauf, was bei der Anhörung herauskommt. Auf alle Fälle werden beide Gesetzentwürfe so nicht durchgehen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Für die Landesregierung erhält Minister Schönbohm das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im September letzten Jahres hatte der Landtag beschlossen, im Januar einen Gesetzentwurf zur Altanschließerproblematik vorzulegen. Dies ist geschehen und ich möchte mich bei allen, die daran mitgewirkt haben, herzlich bedanken; denn wer sich mit Abwasser nicht beschäftigt hat, weiß nicht, wie kompliziert das ist. Wir alle haben dies wohl in der Zwischenzeit begriffen. Von daher kann es keine Lösung geben, wenn man sagt: Dies ist die einfache Lösung, so machen wir das!, und alle jubeln.

Es ist vielmehr eine Lösung, bei der wir die Vielfalt unseres Landes berücksichtigen müssen. Ich denke, das ist mit dem Gesetzentwurf auch geschehen. Wir haben damit - das wird von Ihnen, Herr Dr. Scharfenberg, zum Teil abgelehnt - die Flexibilität geschaffen, dass vor Ort entschieden werden kann. Einige Dinge sind klar:

Erstens: Niemand muss noch einmal für Investitionen zahlen, die vor dem 3. Oktober 1990 geleistet worden sind. Das ist an sich eine Selbstverständlichkeit. Das haben wir mehrfach erörtert, und der Kollege Holzschuher hat es auch noch einmal klargestellt, weil immer wieder darüber diskutiert wird. Das haben wir alle, glaube ich, in unterschiedlichen Situationen erlebt.

Zweitens: Die Koalitionsfraktionen wollen damit die Handlungsmöglichkeiten der kommunalen Aufgabenträger erweitern. Durch diese Option können Gemeinden und Gemeindeverbände selbst entscheiden, ob sie die Altanschließer privilegieren oder nicht. Die Datenerhebung der Landesregierung hatte sehr eindrucksvoll gezeigt, wie unterschiedlich - zum Teil gegensätzlich - die Situation im Lande ist. Darum ist es wichtig, dass der Gesetzgeber nicht alle über einen Kamm schert, sondern dass er den Verantwortlichen in den Kommunen die Möglichkeit gibt, nach den Verhältnissen vor Ort zu entscheiden. Das stärkt auch die kommunale Selbstverwaltung, für die Sie sich immer einsetzen.

Aus der Optionsregelung erfolgt zudem, dass sich die Aufgabenträger bei ihren Beitragssatzungen an der bestehenden Rechtslage orientieren und alle Anschlussnehmer gleich behandeln können. Die Rechtmäßigkeit ist bis zum Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Rechtsprechung geklärt worden, sodass Rechtssicherheit besteht und die Aufgabenträger eine gute Chance haben, wirksame Beitragssatzungen zu erlassen, was - wie die Erfahrung gezeigt hat - in der Vergangenheit nicht immer eine Selbstverständlichkeit war. Darum ist es zu begrüßen, dass das Gesetz eine Option für alle Kommunen vorsieht.

Drittens: Privilegierung heißt „verminderte Beiträge“ und nicht etwa „überhaupt keine Beiträge“. Die Altanschließer profitieren doch auch von Investitionen. Nehmen Sie nur die Sanierung der alten Kanäle oder den Ausbau einer Kläranlage. Das ist nichts, wovon nur die Neuanschließer profitieren, sondern alle, die angeschlossen sind. Die Privilegierung umfasst daher nur den Aufwand, der ausschließlich den neuangeschlossenen Grundstücken zugute kommt, nämlich die Investition für die Erschließung neuer Flächen.

Trotzdem gibt es Stimmen, die fordern, dass die Altanschließer nicht an der Refinanzierung beteiligt werden sollen. Aber wer würde dann die Kosten tragen? Allein die Neuanschließer? - Mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz wäre dies nicht zu vereinbaren. Die kommunalen Aufgabenträger? - Ein solcher Eingriff in die Abgabenhoheit wäre nur bei einer Refinanzierung durch das Land und damit durch den Steuerzahler verfassungsrechtlich haltbar. Bleiben die Gebührenzahler. Die Gebühren können - anders als die Beiträge - auf die Mieter umgelegt werden. Damit würde die Freistellung der Grundstückseigentümer letztlich zulasten der Mieter erfolgen. Wollen wir das? - Daher ist es richtig, dass das Gesetz die Altanschließer an der solidarischen Finanzierung der Investitionen nach dem 3. Oktober beteiligt.

Viertens: Einzelfallgerechtigkeit kann der Gesetzgeber nicht herstellen. Da müsste es so viele Paragrafen geben wie angeschlossene Grundstücke, weil alles unterschiedlich ist. Das Gesetz muss demnach für die Verwaltung geeignete Handlungsspielräume für die Fälle vorsehen, die notwendig sind, um den Normvollzug umzusetzen und nicht zu unbilligen Härten zu führen. Daher ist es gut, dass im Kommunalabgabengesetz die Zulässigkeit von Billigkeitsentscheidungen wie Erlass und Stundung ausdrücklich festgeschrieben ist.

Meine Damen und Herren, das kommunale Abgabenrecht ist eine wirklich komplexe Materie. Darum ist es wichtig, dass die Gesetzesänderungen sorgfältig abgewogen werden. Im Vorfeld ist dies bereits mit der Bestandsaufnahme und mit den zuvor geführten Diskussionen sehr intensiv geschehen.

Nun liegt ein konkreter Gesetzentwurf auf dem Tisch. Ich denke, Sie werden sich im Innenausschuss genau anhören, was die Fachleute zu dem Vorschlag sagen. Ich bin überzeugt: Mit diesem Vorschlag liegt eine gute und gerechte Lösung vor. Ich hoffe, dass wir im Ausschuss nach den intensiven Diskussionen zu einer gemeinsamen Lösung kommen werden. Ich glaube, das wäre für den inneren Frieden und die Auseinandersetzung im Land wirklich gut. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank. Die Aussprache ist somit beendet. Wir kommen zur Abstimmung. Die Fraktionen der SPD und der CDU beantragen die Überweisung des Gesetzentwurfs in der Drucksache 4/7225 an den Ausschuss für Inneres. Wer dieser Überweisung seine Zustimmung geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Einstimmig ist dieser Überweisung gefolgt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Abfallgesetzes und des Brandenburgischen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/7233

1. Lesung

Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung der Drucksache an den Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz. Wer dieser Überweisung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Einstimmig ist dieser Überweisung gefolgt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Gesetz zur Förderung des Mittelstandes im Land Brandenburg (Brandenburgisches Mittelstandsförde- rungs- und Vergabegesetz - BbgMFVG)

Gesetzentwurf der Fraktion der DVU

Drucksache 4/7235

1. Lesung

Ich eröffne die Aussprache, und Frau Abgeordnete Hesselbarth erhält das Wort.

In der Zeit, in der Frau Hesselbarth zum Pult geht, begrüße ich ganz herzlich die Schülerinnen und Schüler des Paul-FahlischGymnasiums aus Lübbenau. Herzlich willkommen hier bei uns!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Krise hat den Brandenburger Mittelstand erreicht. Wie aus dem Mittelstandsbarometer 2009 der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young vom Januar 2009 hervorgeht, erwarten die mittelständischen Unternehmen nicht nur eine Verschlechterung ihrer eigenen Situation, sie wollen auch weniger investieren als im Vorjahr und weniger Mitarbeiter einstellen. Daher ist im Jahr 2009 mit einem deutlichen Rückgang der Beschäftigung in Brandenburger mittelständischen Unternehmen zu rechnen.

Von den mehr als 100 befragten Brandenburger Unternehmen schätzen nunmehr 77 % ihre aktuelle Lage als positiv ein. Im Vorjahr waren es noch 86 %. 19 % beurteilen die Geschäftslage als eher schlecht und 4 % als schlecht. 2008 bewerteten insgesamt nur 14 % der Brandenburger Unternehmen ihre Lage negativ. Nur noch 14 % der befragten Brandenburger Firmen wollen in diesem Jahr noch investieren, während es im Vorjahr noch 29 % waren. Ein Viertel aller Brandenburger Unternehmen gab an, in diesem Jahr Mitarbeiter entlassen zu wollen.

Doch Sie, Herr Minister Junghanns und meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, ergehen sich nach wie vor in politischer Schönfärberei und Nichtstun, loben die teilweise begrüßenswerten Konjunkturprogramme der Bundesregierung in den höchsten Tönen und streiten sich nur noch mit den Kommunen und den Spitzenverbänden darüber, wie die Mittel verteilt werden sollen.

Von den von Ihnen, Herr Minister, noch im Dezember versprochenen flankierenden Maßnahmen seitens der Landesregierung ist inzwischen keine Rede mehr. Ebenso in der politischen Versenkung verschwunden ist der von Ihnen seit 1999 angekündigte Gesetzentwurf für ein aktuelles Brandenburger Mittelstandsförderungsgesetz. Grund genug für uns als DVU-Fraktion, den vorliegenden Gesetzentwurf nochmals einzubringen unter dem Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein.

In Zeiten der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzkrise, wie wir sie heute erleben, ist nicht zuletzt wegen des ökonomischen Zusammenbruchs großer Teile der Großindustrie und des Finanzsektors eine deutliche Umsteuerung der Wirtschaftspolitik hin zu mittelständischen Strukturen geradezu ein Gebot der Stunde. Dazu bedarf es jedoch eines effektiven öffentlichen Förderinstrumentariums und mittelstandsfreundlicher Rahmenbedingungen, die allein schon aus Gründen der Planungssicherheit einer gesetzlichen Grundlage bedürfen, auch und gerade wegen der vonseiten des Bundes zufließenden Mittel im Rahmen der Konjunkturprogramme I und II.

Ganz gleich, ob diese finanziellen Mittel der Brandenburger mittelständischen Wirtschaft direkt zufließen - also über Förderprogramme - oder indirekt - also über öffentliche Aufträge des Landes und seiner Kommunen -, bedarf es im ersten Fall entsprechender förderrechtlicher Instrumente, damit besonders in Zeiten der allgemeinen Kreditklemme seitens der Banken die Fördermittel den mittelständischen Firmen in Brandenburg wirklich direkt zugutekommen. Andererseits brauchen wir, Herr Minister, langfristige mittelstandsfreundliche Vergaberichtlinien, um die aus dem öffentlichen Konjunkturprogramm des Landes und seiner Kommunen hervorgehenden Aufträge auch wirklich und direkt den Brandenburger mittelständischen Unternehmen als Auftragnehmer zukommen zu lassen. Die den heutigen Gegebenheiten angepasste gesetzliche Grundlage dafür ist jedoch nur gegeben, wenn Sie, meine Damen und Herren der anderen Fraktionen, unserem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält Herr Abgeordneter Karney. Er spricht für die Fraktionen der SPD und der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Mittelstand ist in Deutschland und gerade auch hier in Brandenburg das Rückgrat der Wirtschaft. Deshalb verdient er unsere volle Aufmerksamkeit. Die CDU versteht sich seit jeher als Anwalt der Unternehmer und hat in Brandenburg gemeinsam mit dem Koalitionspartner einige wichtige Maßnahmen zur Stärkung des Mittelstandes verabschiedet. Ich möchte an dieser Stelle nur an die Ergebnisse des Sonderausschusses für Bürokratieabbau und an die Erhöhung der Wertgrenzen bei öffentlichen Ausschreibungen erinnern. Beides hat den Unternehmen im Land etwas gebracht und sie weiter gestärkt.

Zu Beginn der Legislaturperiode hatten wir die Hoffnung, dass wir durch die Novellierung des Brandenburgischen Mittelstandsförderungsgesetzes mit einem Schlag die Wirtschaft im Land voranbringen können. Im Laufe des Diskussionsprozesses ist aber klar geworden, dass dies mit der SPD nicht zu machen ist. Stattdessen konnte es mit mehreren Einzelmaßnahmen ermöglicht werden.

Deshalb haben wir als Koalition diverse Anträge und Initiativen gestartet, um möglichst gute Rahmenbedingungen für die Unternehmen im Land zu schaffen. Die Umstellung der Wirtschaftsförderung durch das Haus von Minister Junghanns, von der der Mittelstand enorm profitiert, ist dabei nur ein Beispiel.

Die Diskussion über das Mittelstandsförderungsgesetz der Koalition hat schon im letzten Jahr gezeigt, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine Einigkeit über wichtige Inhalte zwischen CDU und SPD besteht. Wir halten es für unternehmensschädlich, gerade hier in Brandenburg, wenn man das Thema Mindestlohn und Tariftreue in ein solches Gesetz integrieren möchte. Einige Teile unseres Koalitionspartners wollen das so. Mit uns ist das nicht zu machen, denn damit hätten wir ein Mittelstandsverhinderungsgesetz.