Protocol of the Session on January 22, 2009

Herzlichen Dank. - Ich beende die Aussprache, und wir kommen zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 4/6986, eingebracht von der Fraktion DIE LINKE. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Mehrheitlich ist gegen den Antrag gestimmt worden; er ist somit abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 rufe und Tagesordnungspunkt 6 auf:

Evaluation des Personalstellenprogramms

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/7020

Ich eröffne die Aussprache, und der Abgeordnete Krause spricht für die Fraktion DIE LINKE. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt ein Antrag der Linksfraktion zur Evaluation des Personalstellenprogramms in der Jugendarbeit vor. Das Thema ist ein Dauerbrenner im Land Brandenburg, und das im Prinzip von Anfang an. Es wurde im Jahr 1996 ins Leben gerufen. Dass man sich damals für 610 Stellen entschieden hat, hatte keinen fachpolitischen Hintergrund und keine fachpolitische Begründung. Das zur Verfügung gestellte Geld hat halt für 610 Stellen gereicht. Das ist nicht schlimm, wir sind froh, dass das Programm damals eingerichtet wurde, denn es war ein großer und wichtiger Schritt.

Schon damals gab es die Ansage vonseiten des Landes, dass es sich um ein Anschubprogramm handele, und an die Kommunen war die Aufforderung gerichtet, sich verstärkt an diesem Programm zu beteiligen und diese Aufgaben zu übernehmen. Dies war damals schwierig und ist es noch heute. Trotzdem sind wir jetzt so weit, dass die Landesregierung das Programm zurückzufahren beginnt; dazu später mehr.

Neben der Freude, die damals herrschte, als das Programm aufgelegt wurde und wir 610 Sozialarbeiter in der Jugendarbeit im Land Brandenburg einsetzen konnten, gab es natürlich auch Spannungen. Besonders zum Jahreswechsel hin gab es immer heftige Diskussionen in den Landkreisen und kreisfreien Städten, wie die Stellen über den Jahreswechsel gerettet, ob die Mittel wieder bewilligt und somit Arbeitsplätze gesichert werden können. Neben der Angst um die Arbeitsplätze gab es aufseiten der Jugendlichen Unsicherheit, wie es mit den Kontakten zu ihren Sozialarbeitern weitergeht. Es gab Demonstrationen und Poteste vor Ort. Ich kann mich gut an eine „Vor Ort“-Sendung des damaligen ORB in der Prignitz erinnern, die sehr lebhaft und von heißen Diskussionen begleitet war.

Mittlerweile sind wir hinsichtlich der Programmausgestaltung ein ganzes Stück weitergekommen und können über Verpflichtungsermächtigungen über Jahre hinweg Sicherheit herstellen. Trotzdem ist es bis heute ein schwieriger Prozess geblieben, mit den Jugendverbänden zu unbefristeten Verträgen zu kommen, damit diese Sicherheiten an die Beschäftigten weitergereicht werden.

In der 4. Legislatur bzw. mit dem Amtsantritt von Minister Rupprecht fiel die Neukonzeption des Programms ein Stück weit zusammen. Es wurde festgelegt, dass es in dem Bereich zu Reduzierungen kommen wird. Mittlerweile sind wir über die Jahrestreppe nach unten bei 510 Stellen angelangt. Es sind neue Bestimmungen, über die wir damals kritisch diskutiert haben und die wir auch heute kritisch anmerken wollen, in das Programm eingeführt worden. So ist damals die Regelung eingeführt worden, dass mindestens 25 % der für das Programm zur Verfügung stehenden Mittel für Schulsozialarbeit bzw. Sozialarbeit an Schulen einzusetzen sind. Das hatte die Konsequenz, dass 145 der 610 Stellen aus der direkten Jugendarbeit herausgenommen wurden und für Sozialarbeit an Schulen verwendet wurden.

Auch den Faktor für die Berechnung der zur Verfügungstellung von Personalmitteln für den ländlichen Raum und die Grundlage für die Berechnung des Alters der betreffenden Bevölkerungsgruppe haben wir kritisiert. Nun ist es so. Das Programm wird weiterhin umgesetzt. Die Kürzungen und die genannten Bestimmungen sind vollzogen. Wir sind heute an einem Punkt, an dem man sich die Zeit nehmen und einmal schauen sollte, wie die Landkreise und die Städte mit dieser Situation umgehen; darauf zielt unser Antrag.

Unsere Erfahrung - das wird sicherlich auch die Ihre sein - ist, dass in den Landkreisen sehr unterschiedlich damit verfahren wird; denn man hat nach unterschiedlichen Wegen gesucht, wie man diese Situation abfedern kann und mit den Kürzungen und Reduzierungen zurechtkommt.

Es wurden Sozialräume neu strukturiert. In der Regel wurden sie - das verwundert nicht - größer geschnitten, weil man mit

weniger Personal zurechtkommen muss. Das bedeutet, dass es weitere Wege sind, dass es schwieriger ist, die Jugendlichen zu erreichen und Angebote zu unterbreiten.

Es gab Landkreise, die Pädagogen entlassen haben. Es gab Versetzungen, und es gab Stundenreduzierungen, um die Personalanzahl zu erhalten und gleichwohl mit den finanziellen Reduzierungen zurechtzukommen.

Egal, wie die Landkreise damit umgegangen sind, festzustellen ist, dass in vielen Fällen Vertrauensverhältnisse zu den Jugendlichen zerbrochen sind, weil Sozialpädagogen woanders eingesetzt wurden, weil sie weniger Zeit haben und weil sie sich um mehr Jugendliche und Kinder kümmern müssen. Auch Kontakte zu Bürgermeistern, Ämtern und Institutionen müssen neu aufgebaut werden, was zu einem zusätzlichen Arbeitsaufwand führt. Insoweit sind wir uns wohl einig.

Was wir nun aber nicht wissen, ist - das ist ein Grund, warum dieser Antrag diesmal eingebracht wurde -, ob es nicht auch gute Ansätze gibt, die die Landkreise gefunden haben. Es wäre für uns, aber gerade auch für andere Landkreise und kreisfreien Städte, denen dies als positives Beispiel dienen könnte, ganz gut, dies zu wissen.

Uns müsste daran gelegen sein, zu erfahren, wie mit der Mittelverwendung im Einzelnen umgegangen wird und wie dieses Programm Umsetzung findet. Wenn wir dies erst einmal erhoben haben, müsste uns daran gelegen sein zu schauen, ob man unter den jetzigen Bedingungen eine qualitativ hochwertige Jugendarbeit so leisten kann, wie es in den Jugendhilfeausschüssen auf Landesebene diskutiert wird und wie es von verschiedenen Interessengemeinschaften, zum Beispiel der AGJ, diskutiert und angeregt wird, ob die Voraussetzungen überhaupt vorhanden sind, dem gerecht zu werden, also die inhaltliche Sinnhaftigkeit dieses Programms der Untersetzung zu hinterfragen.

Dazu würden wir Sie gern auffordern, um mit Ihnen gemeinsam hier einen Sachstand zu erreichen, um gemeinsam über die Zukunft dieses Programms diskutieren zu können. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich diesem Antrag nicht verschließen würden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Lieske. Bevor sie zum Pult geht, begrüße ich ganz herzlich die Mitglieder des Seniorenbeirats Henningsdorf. Herzlich willkommen bei uns!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Krause, das Programm zur Förderung von Personalkosten von sozialpädagogischen Fachkräften in der Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit in Brandenburg ist so, wie Sie schon richtig erwähnten, im Jahre 1996, ganz konkret im April, vom MBJS mit dem Ziel verabschiedet worden, einen Beitrag zur Sicherung einer personellen Grundausstattung der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit zu leisten.

Schon bei diesem Titel und der Einrichtung des Programms dafür danke ich Ihnen sehr, dass Sie schon selbst darauf hingewiesen haben - ist klar, dass es sich bei diesem Programm um eine Anschubfinanzierung handeln sollte. Mit der Entwicklung dieses Programms ist von Anfang an klar gewesen: Das Land Brandenburg möchte sich gern aus dieser Anschubfinanzerung Schritt für Schritt zurückziehen und setzt damit ein Zeichen, diese Grundausstattung mit Beginn des Programms zu unterstützen.

Jetzt haben wir das Jahr 2009. Wir befinden uns immer noch in diesem Programm, auch als Landesfinancier. Dafür von meiner Seite als jugendpolitische Sprecherin herzlichen Dank für das Engagement des Landes Brandenburg. Sie haben vielleicht vergessen zu erwähnen, dass dieses Engagement für das Jahr 2012 bereits festgeschrieben ist, zwar nur mit der Grundausstattung von 510 Stellen, aber es ist festgeschrieben bis zum Jahr 2012, also weit über die jetzige Legislaturperiode hinaus. Insofern ergibt sich zwischen diesem Programm und Ihrem Antrag bereits der erste Widerspruch. Es geht um einen Beitrag und um die Grundausstattung.

Die Prioritätensetzung und die Modalitäten bei der Umsetzung des Programms veränderten sich, um auch dem geänderten Bedarf gerecht zu werden. Ich möchte das gern an meinem eigenen Landkreis Märkisch-Oderland festmachen und die Entwicklung darstellen. Das können auch einige Abgeordnete aus Ihrer eigenen Fraktion mit begleiten, weil sie selbst dort kommunalpolitische Verantwortung mittragen.

In früheren Jahren konnten sich die Träger in Märkisch-Oderland um diese Stellen einfach bewerben. Sie haben sicherlich entsprechend ihrer Schnelligkeit den Zuschlag erhalten. In den Folgejahren wurden diese Stellen nach geänderten Prämissen entsprechend der regionalen Bedarfslage vergeben. Ich glaube, dass einer Änderung, die von quantitativer Seite vorgegeben wird, manchmal auch eine qualitative Verbesserung nicht abgesprochen werden kann. Genau das können wir in MärkischOderland feststellen.

Die Verantwortung wurde hier ganz konkret in den Sozialraum gegeben. Ich sage: Das war gut so. Ein wichtiges Ergebnis in Märkisch-Oderland war, dass in jedem Amt und in jeder amtsfreien Gemeinde mindestens eine hauptamtliche Fachkraft in diesem Bereich tätig ist. Das spricht genau dagegen, dass wir nicht flächendeckend vertreten sind. Hier zeigt ein Landkreis seine Verantwortung bei der Vergabe dieser Stellen.

Das Programm wird damit aus der Sicht des Landkreises selbst als effizient und möglichst bestens nutzbar dargestellt. Märkisch-Oderland hat nach der Förderung die Pflicht, mindestens 38 Stellen zu fördern. Insgesamt fördert Märkisch-Oderland, obwohl es ein Haushaltsdefizit von mehr als 40 Millionen Euro hat, 40 Vollzeitstellen - das sind zwei Vollzeitstellen mehr, als der Bedarf hergeben würde -, die sich in 48 Personalstellen widerspiegeln. Davon sind die von Ihnen schon erwähnten 25 % in dem Bereich der Arbeit zwischen Schule und Jugendhilfe tätig. Wir vernehmen allesamt im Land Brandenburg, dass dieser Ruf nach Förderung von Schulsozialarbeit immer stärker wird und möglichst auch die Förderung aus dem öffentlichen Bereich dafür.

Um an dieser Stelle bestimmten Dingen zu widersprechen: Überwiegend sind hier die Beschäftigten mit 36 Wochenstun

den tätig. Das ist aus meiner Sicht eine akzeptable Arbeitszeit, mit der man sein Leben bestreiten kann.

Ich könnte Ihnen jetzt darstellen, wie sich der Beschäftigungsumfang in den einzelnen Verbänden widerspiegelt: Das sind 75 % bei den freien Trägern, 4 % bei den Wohlfahrtsverbänden, 2 % bei der Kirche und 19 % bei den kommunalen Trägerschaften. Auf Landesebene sehen diese Prozentsätze besser bzw. unterschiedlich aus. Das zeigt die unterschiedliche Bedarfslage vor Ort. Jeder Landkreis, jeder Träger der Kinder- und Jugendhilfe muss selbst herausfinden, an welcher Stelle welche Prioritäten gelten. Damit hat das Land Brandenburg, auch wenn es die 25 % für Schulen und Jugendhilfe vorgegeben hat, trotzdem die anderen 75 % weitgehend freigestellt und den Landkreisen viele Möglichkeiten gegeben, ihren Bedarf zu decken.

Der Landkreis Märkisch-Oderland hat eine intensive Evaluation seines Programms vorgenommen, sicherlich unter der Voraussicht, dass nur ein begrenzter Förderungsumfang für Stellen zur Verfügung steht. Aber er geht damit sehr verantwortlich um und schätzt selbst ein, dass das eine gute Angelegenheit war, die die Qualität in den Einrichtungen verbessert hat und die Bedarfssituation in dem sozialen Raum deckt.

Kommunale Selbstverwaltung - das sage ich als Bürgermeisterin einer Gemeinde, die selbst eine freie Finanzierung einer Sozialarbeiterin in der Gemeinde über 15 Jahre aus dem kommunalen Topf finanziert hat - geht mir über alles. Ich glaube, die Landkreise und kreisfreien Städte sind durchaus in der Lage, mit dieser Verantwortung umzugehen und mit ihren Jugendhilfeausschüssen die Prioritäten zu setzen.

Ich empfehle meiner Fraktion, Ihrem Antrag nicht zu folgen.

(Beifall bei der SPD - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Das ist sehr bedauerlich!)

Das Wort erhält die Abgeordnete Fechner von der DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Worum geht es? Das 610-Stellen-Programm wurde vor einiger Zeit auf 510 Stellen reduziert. Nun möchten die linken Genossen einen Bericht darüber, inwieweit damit eine zeitgemäße Jugendarbeit noch gewährleistet ist. Reichen die 510 Stellen aus, oder besteht Änderungsbedarf?

Im März haben die linken Genossen noch ganz pauschal gefordert, das 510-Stellen-Programm auf 610 Stellen aufzustocken. Diese Zahl von 100 wurde wieder einmal ganz willkürlich von den Genossen gewählt. Ich hatte bereits in meinem damaligen Redebeitrag bemängelt, dass die Erhöhung um 100 Stellen eher symbolisch als sachlich begründet zu sein scheint.

Deshalb freut es mich heute, dass die Genossen meine damalige Kritik zum Anlass genommen

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

und heute diesen Antrag konzipiert und eingebracht haben. Doch, meine Damen und Herren Genossen der PDS - nein, der

Linken. So oft, wie sich diese Partei umbenannt hat, kommt man schon einmal in Schwierigkeiten.

(Beifall bei der DVU - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Ja, Sie haben Schwierigkeiten, etwas mitzubekommen!)

Was würde ein solcher Evaluierungsbericht aber letztendlich bewirken? Glauben Sie ernsthaft, dass das Land Brandenburg, würde dieser Evaluierungsbericht zutage bringen, dass in der Jugendarbeit wesentlich mehr hauptamtliche Personalstellen zur Verfügung gestellt werden müssten, in der Lage wäre, diese zusätzlichen Stellen zu finanzieren?

In der Begründung Ihres Antrags schreiben Sie selbst, dass im Jahr 1998 ein Stellenbedarf von 1 000 ermittelt wurde. Obwohl es damals diesen Bedarf an 1 000 Stellen gab, wurden lediglich 610 Stellen bewilligt. Glauben Sie also tatsächlich, dass dieser Evaluierungsbericht irgendetwas - außer der Möglichkeit, dass er als Argumentationshilfe zur Begründung des einen oder anderen Antrags von Ihnen im Plenum dienen würde - bewirken könnte? - Dennoch kann ein solcher Evaluierungsbericht nicht schaden, weshalb wir den Antrag der linken Genossen nicht ablehnen werden.

(Beifall bei der DVU)

Für die CDU-Fraktion erhält die Abgeordnete Hartfelder das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits im März 2008 haben wir über einen Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Überschrift „Qualität in der Jugend- und Jugendsozialarbeit sichern“ debattiert. Dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Mit dem heute vorliegenden Antrag fordern Sie die Evaluation des Personalstellenprogramms. Mit dem Personalstellenprogramm unterstützt das Land die Kreise und kreisfreien Städte in der Jugend- und Jugendsozialarbeit. Selbst vor dem Hintergrund notwendiger Einsparungen haben wir uns bislang immer dazu bekannt, eine freiwillige Förderung durch das Land in diesem Bereich weiter vorzunehmen und weiter zu sichern.