Protocol of the Session on January 22, 2009

Mit dem heute vorliegenden Antrag fordern Sie die Evaluation des Personalstellenprogramms. Mit dem Personalstellenprogramm unterstützt das Land die Kreise und kreisfreien Städte in der Jugend- und Jugendsozialarbeit. Selbst vor dem Hintergrund notwendiger Einsparungen haben wir uns bislang immer dazu bekannt, eine freiwillige Förderung durch das Land in diesem Bereich weiter vorzunehmen und weiter zu sichern.

Im Jahr 2003 haben die Koalitionsfraktionen anlässlich der Haushaltsberatungen beschlossen, die Personalkosten für die Jugend- und Jugendsozialarbeit pauschaliert zweckgebunden an die Kreise zuzuweisen. Hintergrund waren nicht nur notwendige Einsparungen zu jenem Zeitpunkt, sondern auch eine größere Flexibilisierung beim Einsatz des Geldes für diesen Bereich. Ziel war es, mit den vorhandenen Mitteln eine höhere Effizienz zu erreichen. In den Kreisen hat sich damit der Spielraum für die eigenständige Gestaltung von Jugend- und Jugendsozialarbeit erhöht. Dies entsprach auch dem Wunsch vieler Kreise zu diesem Zeitpunkt.

Bei der Neuberechnung der Stellenkontingente wurde durch das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport die Situation der Kreise mit besonderen sozialen Belastungen beachtet. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Feststellung und Deckung eines darüber hinausgehenden Bedarfs den örtlichen Trägern

der öffentlichen Jugendhilfe vorbehalten bleibt. Genau dies ist auch geschehen und geschieht in jedem Jahr.

Die Kreise und kreisfreien Städte nehmen die Jugendarbeit ernst. So haben von 13 Kreisen zehn Kreise für das Jahr 2008 höhere Haushaltsansätze veranschlagt. Auch beim Personalstellenprogramm werden die durch das MBJS vorgegebenen Richtgrößen in 17 Fällen überschritten. In einem Fall wird die Richtgröße eingehalten. In diesem Jahr gibt es 630 Vollzeiteinheiten und 713 Beschäftigte. Dies sind mehr, als im Jahr 1998 in dem 610Stellen-Programm ursprünglich beschlossen wurde.

Diese Zahlen sprechen für sich. Dies war uns auch bereits vor einem Dreivierteljahr bekannt, als wir das letzte Mal über das Personalstellenprogramm beraten haben. Ende März wurde in einer Antwort auf eine Anfrage des Abgeordneten Krause eine detaillierte Übersicht über das Personal und die einzelnen Maßnahmen in den Kreisen vorgelegt. Ihren Antrag, bis Ende des I. Quartals 2009 einen Evaluationsbericht vorzulegen, muss man schon aus zeitlichen Gründen ablehnen. Ihre Aussage, dass es tatsächlich nur 510 Stellen gibt, ist nicht zutreffend, wie meine Vorredner und ich bereits darstellten.

Die im Jahr 1998 ermittelten Zahlen haben aufgrund des Geburtenrückgangs nach der Wende keine Relevanz mehr. Würde man sie in Betracht ziehen, müsste man neu vorgehen, neu berechnen und neu analysieren.

Ich freue mich darüber - dies möchte ich betonen -, dass wir als Land die freiwillige Förderung beim Personalstellenprogramm fortgesetzt haben. Ich hoffe, dass wir dies auch fortsetzen werden. Damit wird es für die Kreise und kreisfreien Städte einfacher, die Jugendpolitik vor Ort zu gestalten.

Den vorliegenden Antrag wird die CDU-Fraktion ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Landesregierung erhält Minister Rupprecht das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst meine Überraschung über Ihren Antrag, Herr Krause, kundtun; denn noch im März des letzten Jahres haben Sie in einem Antrag zur Jugendarbeit die vorliegende Evaluation der Personalkostenförderung zur Grundlage genommen. Nun beantragen Sie, eine solche Evaluation erneut durchzuführen.

Des Weiteren haben Sie vorhin den Begriff „Dauerbrenner“ genannt. Ich finde es gut, dass wir in der Vergangenheit häufig über dieses Programm gesprochen haben. Dies werden wir sicherlich auch künftig tun. Dennoch kann man den Begriff „Dauerbrenner“ auch überstrapazieren, was nicht bedeutet - dies möchte ich klarstellen -, dass ich nicht bereit bin, mit Ihnen weiterhin über dieses Thema zu sprechen und mich der Diskussion zu stellen.

Jedoch wissen Sie, Herr Krause, so gut wie ich, dass wir mit den ausgewerteten Berichtsbögen aller im Programm geförder

ten Fachkräfte bereits über eine solide Datenbasis verfügen, um auch die Wirkungen des Programms sowie die qualitativen Entwicklungsprozesse in der Jugendarbeit recht gut beurteilen zu können.

Lassen Sie mich nun einige Rahmendaten ins Gedächtnis rufen: Aus den Landesmitteln werden insgesamt 713 sozialpädagogische Fachkräfte mitfinanziert. Wenn man alle Teilzeitstellen auf Vollzeitstellen umrechnet, ergeben sich immerhin noch 630 geförderte Vollzeitstellen. Damit ist die personelle Mindestausstattung - dies war immer nur das Ziel der Landesförderung - gesichert.

Zudem konnten wir in den vergangenen Jahren eine deutliche Anhebung des Qualifikationsniveaus der beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter feststellen. Die vielfältigen Kooperationen mit Schulen zeigen: Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit werden inzwischen als Bildungsinstanz wahrgenommen und in Bildungsprozesse - unter anderem in unseren Ganztagsschulen - einbezogen. Man könnte sagen: Nicht immer, aber immer öfter.

Die wichtigste Feststellung ist folgende: Die Kreise und kreisfreien Städte - dafür bin ich sehr dankbar - nehmen ihre gesetzliche Aufgabe viel umfassender wahr, als es das Land im Namen des Personalkostenprogramms von ihnen erwartet. Entgegen dem Eindruck, den der Antrag hervorrufen soll, stelle ich fest: Auch wenn das Land die im Rahmen des Programms bereitgestellten Mittel demografiebedingt um 17 % gekürzt hat, ist die personelle Ausstattung der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit stabil geblieben und hat sich - bezogen auf die Zahl der Jugendlichen - sogar erhöht. Die aktuelle Kinder- und Jugendhilfestatistik weist für das Land Brandenburg insgesamt 922 Beschäftigte in der Kinder- und Jugendarbeit aus.

Frau Lieske hat auf die 25 % hingewiesen. Das Land fordert, 25 % der Mittel für Kooperationsvorhaben von Jugendarbeit und Schule einzusetzen. Dies wird, glaube ich, nicht mehr wie es eventuell noch vor einiger Zeit war - als Bevormundung gesehen. In zahlreichen Kommunen wird diese Prozentzahl sogar deutlich überschritten. Inzwischen teilen auch Vertreter der sozialpädagogischen Praxis unsere Auffassung, dass Ganztagsangebote und Schulsozialarbeit die richtigen Antworten auf eine Reihe von pädagogischen Fragen sind.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch kurz auf die von Ihnen angesprochene Neustrukturierung von Sozialräumen kommen. Sie haben Recht: Das System der Jugendhilfe in den Landkreisen und kreisfreien Städten ist zum überwiegenden Teil auf einen sozialräumlichen Ansatz umgestellt worden. Dies hat aber - das möchte ich deutlich sagen nichts mit der Mittelreduzierung im Personalkostenförderprogramm zu tun, sondern ist das Ergebnis der Integration von Hilfsangeboten aus verschiedenen Säulen der Jugendhilfe. Deswegen ist Ihre Behauptung, Sozialräume müssten neu zugeschnitten werden, um wegfallende Personalkosten zu kompensieren, falsch. Diesbezüglich verkennen Sie, Herr Krause, die Kriterien der sozialräumlichen Planung.

Ich bin überzeugt - ich komme zum Schluss -, dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe auch weiterhin im Rahmen ihrer Planungsverantwortung dafür Sorge tragen werden, dass die zur Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Einrichtungen und

Dienste rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort erhält noch einmal der Abgeordnete Krause für die antragstellende Fraktion. - Bitte, Herr Krause.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe in den letzten 15 bis 20 Minuten viele Argumente gehört. Dennoch gibt es kein einziges Argument, das tatsächlich gegen unseren Antrag spricht.

Auch wir unterstützen die kommunale Selbstverwaltung. Frau Lieske, ich freue mich, wenn es Landkreise gibt, in denen es positiv läuft. Wenn dies im Landkreis Märkisch-Oderland der Fall ist, dann freue ich mich darüber. Vielleicht liegt es daran, dass ein Dezernent unserer Partei dort für diesen Bereich zuständig ist

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

- vielleicht, ich weiß es nicht. Ich meine, dass hier eine ganze Reihe von Argumenten auf dem Tisch liegt, die für diesen Antrag sprechen. Frau Hartfelder, ich freue mich auch, dass Sie sich für die CDU dafür ausgesprochen haben, dieses Programm weiter zu finanzieren. Ich meine, dass wir diesem Antrag beruhigt zustimmen könnten.

Der Herr Minister hat eben gesagt, dass die Berichtsbögen vorliegen. Sie liegen zwar vor, aber wir haben sie im Ausschuss nie diskutiert. Es gibt auch keine Bewertung Ihres Hauses oder der Landesregierung insgesamt, wie Ihre Sicht auf diese Berichtsbögen, auf diese Auswertung ist. Wir haben dazu Datenmaterial, das stimmt. Aber wir müssten uns damit auch einmal ordentlich auseinandersetzen.

Ansonsten kann ich dazu nur sagen: Der Antrag - davon haben Sie gesprochen - soll keinen Eindruck hervorrufen; denn es geht hier nicht um einen Eindruck, sondern es geht hier um einen Antrag, und über den sollten wir abstimmen. Nach den Argumenten, die ausgetauscht sind, könnten wir alle dem zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Wir werden also abstimmen. Falls die Abstimmung negativ ausfallen sollte, verweise ich noch einmal auf das Selbstbefassungsrecht der Ausschüsse, Herr Krause. Dann können die Bögen dort diskutiert werden.

Es liegt Ihnen der Antrag der Linksfraktion, Drucksache 4/7020, vor. Wer diesem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist bei wenigen Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Mehrsprachigkeit: „Muttersprache plus zwei“ soll in Brandenburg Realität werden

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/7104

Außerdem liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 4/7160 vor.

Die Debatte wird mit dem Beitrag der antragstellenden Fraktion eröffnet. Frau Abgeordnete Stobrawa, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

„Die Vorteile einer globalisierten Welt in der europäischen Gesellschaft voll auszuschöpfen, das ist Sinn und Inhalt dieser Strategie. Vielfältige Sprachkenntnisse ermöglichen Kommunikation, gegenseitiges Verstehen und das Finden neuer Lösungen.“

So betonte kein Geringerer als Vizepräsident Günter Verheugen in der Europäischen Union, als das Strategiepapier „Mehrsprachigkeit plus zwei“ auf den Tisch gelegt wurde.

Wir beantragen nun, dass diese Mehrsprachigkeit „Muttersprache plus zwei“ in Brandenburg Realität werden soll. Die sprachliche Vielfalt - darin stimmen Sie sicherlich mit mir überein gehört zu den charakteristischen Merkmalen der Europäischen Union. Sie beeinflusst das soziale, kulturelle und berufliche Leben der Bürger wie auch die wirtschaftlichen und politischen Aktivitäten der Mitgliedsstaaten.

Wir müssen uns noch einmal vergegenwärtigen, dass ca. 500 Millionen Bürger der EU 23 Amtssprachen und 60 weitere Sprachen, die nur in bestimmten Regionen gesprochen werden, sprechen. Aber sie alle sind Bestandteil unseres gemeinsamen kulturellen Erbes. Diese große Palette wird durch die Sprachen und die Kulturen, die Zuwanderer mitbringen, erweitert.

Wie wichtig Sprachen für uns alle sind, das erleben wir sicherlich sehr unterschiedlich, aber doch eigentlich täglich, ob nun bei einer Touristenreise ins Ausland, für junge Leute bei einem lukrativen Job oder einem Studienangebot im Ausland oder auch ganz einfach bei einer interessanten Information im Internet, die möglicherweise in einer Sprache abgefasst ist, die man nicht versteht; sei es auch ein ausländischer Film, der nicht synchronisiert ist, oder, wenn man in Frankfurt (Oder) oder in der Nähe lebt, dass man mal zum Einkaufsbummel nach Slubice geht.

Sprachliche Vielfalt kann also eine Quelle des Gewinns und des Reichtums sein, sie kann aber auch Probleme aufwerfen. Es können Kommunikationsbarrieren zwischen Menschen aus verschiedenen Kulturen erhöht werden, es können soziale Trennlinien verschärft werden. Deshalb geht es uns darum, dass wir in Zukunft Wettbewerbsvorteile, die sich mit Mehrsprachigkeit

hauptsächlich für junge Leute ergeben, auch im Ausland nutzen können. Es geht uns aber auch darum, dass gerade die Verwaltungszusammenarbeit unseres Landes - das eine 250 km lange Grenze mit Polen hat, wo wir also in einer Grenzregion mit einer anderssprachigen Region zusammenleben - mit Polen intensiviert wird und damit die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedsstaaten der EU effizienter wird.

Die große Herausforderung besteht gegenwärtig darin, die Hindernisse, die mit der Sprachenvielfalt verbunden sein können, für die EU-Bürger möglichst zu verringern und sie in die Lage zu versetzen, die Chancen, die die Mehrsprachigkeit bietet, zu nutzen. Deshalb hat die EU-Kommission eine Mitteilung herausgegeben, in der es heißt: Mehrsprachigkeit - Trumpfkarte Europas, aber auch gemeinsame Verpflichtung.

Wir wollen, indem wir Ihnen heute diesen Antrag vorlegen, erreichen, dass sich auch Brandenburg dieser Strategie anschließt, dass sich auch Brandenburg mit einem nachvollziehbaren Konzept dieser Strategie einordnet. Wir wollen, dass jeder eine Chance bekommt, entsprechend kommunizieren zu können, und wir wollen, dass jeder, der es möchte, Zugang zu angemessenem Sprachunterricht erhält. Wir gehen davon aus, dass damit die interkulturelle Kompetenz erhöht wird.

Wir wollen aber auch - wir wissen, dass das notwendig ist -, dass die Brandenburgerinnen und die Brandenburger für das Erlernen von Fremdsprachen sensibilisiert werden. Gerade in unserem Land geht es vorrangig um die Nachbarsprache Polnisch, es geht aber auch um die in Brandenburg gesprochene Minderheitensprache Niedersorbisch. Darüber hinaus gilt es, die notwenigen Rahmenbedingungen für die Vermittlung der Fremd-, Minderheiten- und Regionssprachen zu schaffen und hierfür auch Aus- und Weiterbildungsformen entsprechend zu nutzen.

Entgegen der heute früh in der Aktuellen Stunde geführten Diskussion stelle ich fest, dass in den demokratischen Parteien zu dieser Problematik Übereinstimmung, zumindest annähernde Übereinstimmung, herrscht. So werte ich auch den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, mit dem wir sehr gut leben können, Herr Senftleben und Frau Geywitz. - Danke schön.