Sie erhalten einen Stimmzettel mit dem Namen des Kandidaten, auf dem Sie Ihre Wahl kenntlich machen können; ansonsten das gleiche Prozedere wie bisher.
Wird zum Wahlverfahren das Wort gewünscht? - Da das nicht der Fall ist, bitte ich die Schriftführer, mit dem Namensaufruf zu beginnen.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich möchte Sie fragen, ob jeder von Ihnen Gelegenheit hatte, seine Stimme abzugeben. Das scheint der Fall zu sein. Ich schließe diesen Wahlgang und bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.
Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Ergebnis des letzten Wahlgangs bekannt: An der Wahl von Herrn Andreas Jörg Dielitz als Richter am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg haben sich 83 Abgeordnete beteiligt. Null Stimmzettel waren ungültig, also alle 83 abgegebenen Stimmzettel gültig. Für den Wahlvorschlag haben 70 Abgeordnete gestimmt, mit Nein stimmten 10 Abgeordnete, und es gab 3 Enthaltungen. Somit wurde Herr Andreas Jörg Dielitz mit der Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitglieder des Landtages zum Richter am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg gewählt.
Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Geduld. Wir haben bei den Kandidaten jetzt den „Status electus“ erreicht, und morgen werden wir das Werk vollenden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie geht es weiter mit der Problematik der Altanschließer respektive der altangeschlossenen Grundstücke? Diese Frage beschäftigt den Landtag und die Landesregierung seit März vergangenen Jahres intensiv. Aber nach wie vor ist guter Rat teuer. Ich hoffe, wir sind uns zumindest darin einig, dass die kürzlich beschlossene Verlängerung der Verjährungsfrist für Herstellungsbeiträge nicht als Ruhekissen verstanden werden darf, auf dem man sich jetzt bis 2011 zurücklehnen kann. Vielmehr ist nach wie vor großer Handlungsdruck vorhanden, und dieser sollte nicht mit der gegebenen Kompliziertheit der Materie und der zweifellos notwendigen Sorgfalt relativiert werden.
Vor diesem Hintergrund ist mir völlig unverständlich, wieso die Landesregierung keinen Informationsvorlauf zur Sachlage in den Abwasserverbänden hatte und warum sie dann für die vom Landtag beschlossene Datenerhebung bei den Zweckverbänden so viel Zeit benötigt hat. Noch unverständlicher ist, dass das im Ergebnis der Datenerhebung erarbeitete Gutachten nachweislich seit dem 21. November der Landesregierung vorlag - siehe Deckblatt des Gutachtens -, dem Landtag aber erst am 8. Januar förmlich zugeleitet worden ist - und das übrigens auch nicht im Selbstlauf. Ich will mich nicht bei diesen Formalien aufhalten, aber irgendwie habe ich schon den Eindruck, dass damit Zeit geschunden werden soll. Der Verdacht liegt nahe, dass die nächsten neun Monate überbrückt werden sollen, um das schwierige Problem auf einen neuen Landtag und eine neue Landesregierung zu verschieben.
- Sorgen Sie lieber für Ruhe in Ihrer Fraktion, Herr Baaske! Damit ist die Linke nicht einverstanden, wie an unseren parlamentarischen Aktivitäten in den vergangenen Monaten sicherlich deutlich geworden ist.
Die Koalition hat auf Betreiben der SPD mit Entschließungsanträgen auf unsere Initiativen reagiert. Die damit verbundenen Vorgaben scheint die Landesregierung jedoch nicht so richtig ernst zu nehmen. So wurde die Landesregierung im September 2008 mit einer solchen Entschließung der Koalition beauftragt, im Januar 2009 einen Gesetzentwurf vorzulegen, der zumindest eine Besserstellung der Altanschließer bei den Herstellungsbeiträgen ermöglichen soll.
(Schulze [SPD]: Das war keine Entschließung der Koali- tion, sondern des Landtags; das wollen wir schön ausein- anderhalten!)
- Sie haben sie initiiert, und wir haben zugestimmt. Das ist völlig richtig. - Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung: Wo ist dieser Gesetzentwurf? Was sind die Gründe dafür, dass dieser Auftrag des Landtags nicht erfüllt worden ist?
Wir nehmen diesen unhaltbaren Zustand nicht hin, sondern werden weiter Druck machen. Deshalb haben wir auch den vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes eingebracht. Wir halten damit an unserer Auf
fassung fest, dass für viele Altanschließer von einer Verjährung bis Ende 2003 ausgegangen werden kann, die eine nachträgliche Erhebung von Herstellungsbeiträgen ausschließt.
Wir sehen uns in diesem Vorgehen bestärkt dadurch, dass Prof. Udo Steiner zwischenzeitlich im Auftrag des BBU ein Gutachten erstellt hat, auf das wir uns inhaltlich stützen. Prof. Steiner ist eindeutig zu dem Schluss gelangt, dass die im Jahre 2004 in Kraft getretene Änderung des Kommunalabgabengesetzes die durch Eintritt der Festsetzungsverjährung erloschenen Abgabeverpflichtungen nicht mehr rechtlich wiederbeleben kann. Eine solche Vorschrift würde, so der Bundesverfassungsrichter a. D. eine verfassungsrechtlich unzulässige echte Rückwirkung anordnen. Deshalb empfiehlt Prof. Steiner eine Änderung des KAG, mit der klargestellt wird, dass die neue Fassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG von 2004 auf die Fälle keine Anwendung findet, in denen nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG alte Fassung in der Auslegung durch die Rechtsprechung des OVG Brandenburg Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Wir sollten nicht vergessen, dass das Innenministerium nachweislich bis zum Jahre 2005 ähnlich argumentiert hat. So absurd kann diese Rechtsauffassung also nicht sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mittlerweile wissen wir durch die nun endlich verfügbare Datenerhebung Genaueres über Umfang und Struktur des Problems der Altanschließer. Wir reden von etwa 90 000 Grundstücken, die bis zum Inkrafttreten des KAG im Jahre 1991 bereits an das Abwassernetz angeschlossen waren. Im Bereich des Trinkwassers sind es 113 000 Grundstücke. Wir wissen jetzt auch, dass beim Abwasser etwa 45 % der Verbände - absolut sind es 56 von 127 Verbänden - von der Altanschließerproblematik betroffen sind. Im Bereich des Trinkwassers sind es über 29 % der Verbände. Interessant ist zudem die große Bandbreite der Betroffenheit. So gibt es fünf stark betroffene Verbände, die allein mindestens 20 000 Altanschließer haben. Erschreckend ist auch die große Differenzierung bei der Betroffenheit der einzelnen Grundstückseigentümer, die bis zur nachträglichen Erhebung von 23 000 Euro Herstellungsbeitrag reicht.
Da das Gutachten anonym gehalten ist, gibt es bisher keine Aussagen darüber, welche Verbände besonders betroffen sind. Deshalb konnte bei der Vorstellung des Gutachtens im Innenausschuss leider nichts zu eventuellen räumlichen Konzentrationen gesagt werden.
Die jetzt geschaffene Übersicht liefert keine Problemlösung, sondern bestätigt die hohe Komplexität und Unübersichtlichkeit des Problems. Dazu trägt auch die Aussage bei, dass von den Altanschließern Herstellungsbeiträge im Umfang von etwa 320 Millionen Euro beim Abwasser erhoben werden könnten, die jetzt zulasten der Neuanschließer gehen würden. Die im Gutachten angedeutete Verlagerung der Sichtweise von einem Altanschließerproblem zu einem Neuanschließerproblem wird jedoch von uns nicht geteilt. Dabei wird zum Beispiel negiert, dass die Altanschließer in der Regel seit 1991 über die Gebühren ebenfalls an den Investitionskosten beteiligt waren, obwohl sie bereits an das zentrale Abwassersystem angeschlossen waren.
Im Wissen darum, dass es eine absolute Gerechtigkeit bei dieser viel zu spät angefassten Problematik nicht geben kann, schlagen wir Ihnen mit unserem Gesetzentwurf einen Schritt zu einer umfassenden und zufriedenstellenden Lösung für alle
Sie sollen damit nicht nachträglich zu Beiträgen für die Anbindung ihres Grundstücks an zentrale Abwasseranlagen herangezogen werden; denn der Anschluss war 1991 bereits hergestellt. Bei einer strikten Umsetzung der OVG-Urteile vom Dezember 2007 würde diese bestechende Tatsache völlig negiert und zum Nachteil der Altanschließer angewandt werden. Wie die nach 1990 erfolgten Investitionen in den Ver- und Entsorgungsanlagen berücksichtigt werden sollten, ist ungeklärt. Verbesserungs- und Erneuerungsbeiträge können gegenwärtig nicht gefordert werden, womit die Frage steht, wer hier eigentlich wofür zahlen muss. Das von der SPD favorisierte Modell Sachsen-Anhalt mit reduzierten Herstellungsbeiträgen wirft angesichts der außerordentlich differenzierten Situation mehr Fragen auf, als es Antworten gibt.
Die rechtliche Bedenklichkeit ist ja bereits mehrfach gutachterlich und mit eindeutigen Stellungnahmen der Landesregierung festgestellt worden. Das Problem ist mit der Verlängerung der Festsetzungsverjährung nicht gelöst, sondern nur verschoben worden.
Kein Verständnis habe ich dafür, dass sozusagen mit einem Federstrich der im Gutachten von Prof. Steiner vorgeschlagene und von uns aufgegriffene Lösungsansatz vom Tisch gefegt werden soll. Solange es keine andere akzeptable Lösung gibt, verbietet sich ein solches Vorgehen von selbst.
Meine Damen und Herren, machen wir uns doch nichts vor: Die Landesregierung will offensichtlich alle Entlastungsmöglichkeiten für die schwer verschuldeten Verbände aktivieren. Wir befürchten, dass die Landesregierung nicht mit der nötigen Objektivität vorgeht, sondern sich von einem ausgeprägten Interesse leiten lässt, die wesentlich von ihr herbeigeführte schwierige finanzielle Situation der meisten Abwasserverbände durch die komplette Einbeziehung der Altanschließer in die Erhebung von Herstellungsbeiträgen abzumildern. Deshalb hat der Landtag hierbei eine besondere Verantwortung, der er mit seinen konkreten Aufträgen an die Landesregierung bisher gerecht geworden ist. Diese Aufträge sind von der Landesregierung unbefriedigend oder gar nicht erfüllt worden.
Mit Blick auf die politischen Herausforderungen dieses Jahres werbe ich dafür, auch im verschärften Wettbewerb zwischen den demokratischen Parteien bei diesem Thema eine gemeinsame Verantwortung im Interesse der zahlreichen Betroffenen in den Mittelpunkt der Bemühungen zu stellen. Es wäre deshalb naheliegend, dass Sie unserem Antrag auf Überweisung des Gesetzentwurfs in den Innenausschuss folgen und damit den Weg für eine vertiefte Befassung freimachen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werter Kollege Scharfenberg, ich glaube, wir müssen Sie heute enttäuschen, enttäuschen deshalb, weil es von der Oppositionspartei natürlich immer gern gesehen wird, wenn die Regierungsfraktionen in Schwierigkeiten geraten. Bei diesem Thema sind wir in der Tat alle gemeinsam zunächst einmal über die letzten Monate hinweg in rechtliche Schwierigkeiten geraten. Aber im Gegensatz zu Ihrer Auffassung haben wir sehr intensiv daran gearbeitet.
Ich muss Sie enttäuschen, weil Sie eine Kritik an die Landesregierung richten, die sie nicht nur hier, aber hier ganz besonders, überhaupt nicht verdient. Der Antrag, den wir hier im Landtag gemeinsam beschlossen haben, richtet sich nicht an die Landesregierung. Wenn Sie hineinsehen, werden Sie lesen, dass dort nur steht, dass dem Landtag im Januar etwas vorgelegt werden soll. Wir waren uns damals als die regierungstragenden Fraktionen schon im Klaren, dass dies möglicherweise auch aus den Fraktionen heraus kommen müsse, weil wir die Initiative dazu bereits sehr weit geführt hatten.
zwar nicht heute, aber ich bin sehr optimistisch, dass wir im Januar einen gemeinsamen Vorschlag beider Regierungsfraktionen auf den Tisch legen werden, ein Gesetzesvorhaben initiieren werden, mit dem das Problem der Altanschließer im Land aus unserer Sicht in gerechter Weise und ohne unangemessene Belastungen für die Bürger im Land gelöst werden wird. Wir arbeiten aktuell noch daran - ein bisschen Spannung muss noch bleiben - und ich bin tatsächlich sehr optimistisch.
Ihr Vorschlag, dem man immerhin das Verdienst zusprechen kann, dass er auf dem Tisch liegt - auch Sie haben sich bemüht, das will ich anerkennen -, ist für uns - das ist die dritte Enttäuschung, die Sie aber vielleicht nicht vollständig überraschen wird -, jedenfalls in dieser Form, nicht akzeptabel, weil er keine Probleme löst, weil er von falschen Voraussetzungen ausgeht. Sie beziehen sich auf das Gutachten von Prof. Steiner. Wenn man es wörtlich nehmen würde, wenn er wirklich Recht hätte - ich hätte kein Problem damit, wenn er Recht hätte -, dann sagt er, der Landtag hat 2004 eigentlich kein schlechtes Gesetz gemacht, nur das OVG hat es in einer verfassungswidrigen Weise falsch interpretiert. Wenn er also Recht hätte, dann müssten wir jetzt nur abwarten, dass ein Verfassungsgericht diese Auffassung bestätigt, und dann wären alle Probleme im Land gelöst. Damit hätten wir keine Schwierigkeiten. Nur: Als Gesetzgeber, als politisch Verantwortliche können wir uns nicht darauf zurückziehen, dass das schon so sein wird. Sie wissen wohl, dass es viele Gutachter, viele Fachleute in diesem Bereich gibt, die sagen, Prof. Steiner, ein außerordentlich fähiger, erfahrener, qualifizierter Jurist, hat ein sehr gutes Gutachten vorgelegt, das jedoch in einem entscheidenden Punkt am Anfang einen Denkfehler enthält, weil die Forderungen gar nicht verjährt waren, weil es im vorliegenden Fall tatsächlich nicht um eine Rückwirkung, sondern um einen ganz anderen Sachverhalt ging. Das ist in der Tat juristisch außerordentlich
komplex. Es ist so kompliziert, dass es schwer ist, das hier in einer Landtagssitzung im Einzelnen zu erörtern.
Wenn Sie dachten, dass wir uns jetzt verhalten, wie wir das immer tun, dann müsste ich Ihnen schon die vierte Enttäuschung beibringen. Deswegen, denke ich, ist es gut, dass wir auch Ihren Entwurf in Ruhe weiterdiskutieren, um die Probleme besser im Einzelnen verständlich machen zu können, um Sie zu überzeugen, dass wir auf dem richtigen Weg sind und Sie tatsächlich auf dem falschen. Deswegen werden wir einer Überweisung in den Ausschuss zustimmen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Rechtlich fragwürdige gesetzliche Tricks bringen uns bei der Altanschließerproblematik nicht weiter. Der vorliegende Gesetzentwurf der Linken agiert großspurig mit dem Rechtsinstrument des Vertrauensschutzes. Sie will hier nun über die Festsetzungsfrist eine Beitragspflicht der Altanschließer bei den Wasserver- und Abwasserentsorgungsanlagen umgehen. Mit Ihrem Antrag in Drucksache 4/6252, Herr Dr. Scharfenberg, wollten Sie noch eine Stichtagsregelung. Nun frage ich mich eigentlich: Was wollen Sie? Wollen Sie eine Stichtagsregelung, eine Festsetzungsfrist oder wie auch immer?
Aber auch Ihr heutiger Antrag dürfte schon rechtlich widersprüchlich und bei einer zu erwartenden Klageflut, insbesondere der Neuanschließer, wegen der dann höheren Gebühren kaum zu rechtfertigen sein. Das wurde ebenfalls angesprochen.