Protocol of the Session on October 16, 2008

Meine Damen und Herren, selbstverständlich - Frau Dr. Schröder, diesbezüglich stimme ich Ihnen zu - werden wir uns der Diskussion über Ergebnisse des Berichts nicht verweigern; denn ich gehe davon aus - schließlich besitzen Sie die Mehrheit -, dass Sie die Aufforderungen zur Vorlage des Berichts heute beschließen wollen. Voraussetzung für eine konstruktive Debatte ist - neben der termingerechten Vorlage durch die Landesregierung; darauf legen wir Wert - der Wille der Koalition, eine solche Debatte auch zuzulassen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Frau Abgeordnete Schulz.

(Unruhe)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann an dieser Stelle nahtlos an das anknüpfen, was ich zu dem vorherigen Antrag gesagt habe,

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

nur, dass hier die Zielgruppe eine andere ist. Ich glaube, auch in diesem Zusammenhang stehen wir vor genau diesen Herausforderungen zur Fachkräftesicherung in Brandenburg.

Ich möchte noch eine Bemerkung zu meiner Vorrednerin loswerden. Es erstaunt mich doch sehr, mit welcher Leichtfertigkeit, ja geradezu Lächerlichkeit die Anträge zur Kenntnis genommen werden. Das qualifiziert Sie nicht gerade dafür, im Sinne des Landes aktiv zu werden.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Das muss ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen, ich finde es auch nicht in Ordnung...

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Totalausfall!)

- Es war wirklich deplatziert, Frau Kollegin Kaiser, solche Äußerungen hier im Parlament zu machen. Das stimmt mich schon etwas ärgerlich.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Ich habe ihr nur Recht gege- ben! - Frau Bednarsky [DIE LINKE]: Das hat nicht Frau Kaiser gesagt!)

Ich glaube nämlich, dass diese Themen

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Ich habe sie nur zitiert!)

für die weitere Entwicklung im Land Brandenburg sehr wichtig sind. Fachkräftesicherung, Wirtschaft, wirtschaftliche Entwicklung, Schule, Bildung - all das sind Themen, die für die

Entwicklung des Landes eklatant wichtig sind. Sie stellen sich jedoch hierher und kichern sich beinahe einen ab - so lächerlich finden Sie das. Ich finde Ihr Verhalten unglaublich. Das muss ich Ihnen an dieser Stelle sagen. Das sind ernsthafte Themen, die hier auch ernsthaft besprochen werden müssen. Zudem denke ich, dass wir vor dem Hintergrund eines ernsthaft erstellten Berichts

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Was ist Ihr Problem?)

auch entsprechende Schlussfolgerungen ziehen werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD - Schulze [SPD]: Emotionaler Ausbruch! - Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort erhält nun Frau Abgeordnete Fechner.

Ich muss jetzt wohl aufpassen, was ich sage. Ich überlege noch einmal ganz genau. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Schulz, wir sind sehr gespannt auf diesen Bericht. Allerdings hätten wir noch einen kleinen Ergänzungswunsch: Wir sollten uns nämlich auch darüber berichten lassen, warum so viele Abgänger von Brandenburger Schulen als nicht ausbildungsfähig gelten. Finden Sie heraus, welche Gründe es dafür gibt, dass Brandenburger Schulen den Jugendlichen zu wenig von dem vermitteln, was man für eine Berufsausbildung benötigt. Fragen Sie auch nach Förderprogrammen, die Schulabgängern die notwendigen Fähigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen beibringen, damit sie überhaupt ausgebildet werden können. Für Schulabbrecher gibt es solche Förderprogramme, für Schulabgänger jedoch nicht. Vielleicht sollte man Schulabgänger einbeziehen.

Meine Damen und Herren! Frau Schulz, der Bericht schadet nicht, er nützt eventuell sogar etwas, wenn die Berichtersteller selbstkritisch genug an die Berichterstellung herangehen. Wir hoffen, dass die Landesregierung das tun wird. Demzufolge wird die DVU-Fraktion diesem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der DVU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Frau Ministerin Ziegler.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt noch erfreuliche Nachrichten in dieser Zeit drohender Finanz- und Wirtschaftskrisen: Die Lehrstellenlücke schließt sich allmählich. Der Ausbildungsmarkt entspannt sich.

In Brandenburg gab es im September - Frau Dr. Schröder hat es bereits gesagt - noch 770 junge Menschen ohne Arbeit; das sind fast 700 weniger als im vorherigen Jahr zur gleichen Zeit. Dagegen gibt es noch weit mehr als 500 freie Ausbildungsstellen. Das sind, wie ich finde, gute Signale und auch eine gute Grundlage zur Sicherung des Fachkräftebedarfs. Insoweit ist

wieder ein Stück weit Normalität in unserem Land eingetreten.

Aber - das wurde bereits mehrfach erwähnt - die hohe Zahl der Altbewerber in der Warteschleife sorgt uns nach wie vor. Diesbezüglich müssen wir einen Appell an unsere Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber richten, auch den Jugendlichen mit schwächeren schulischen Leistungen eine Ausbildungschance zu geben. Darauf komme ich nachher zurück.

Wir brauchen in unserem Land jedes Mädchen und jeden Jungen. Wir brauchen vor allem Fachkräfte. Das Thema Fachkräftesicherung ist allgegenwärtig. Angesichts des demografischen Wandels kommt niemand daran vorbei. Viele Unternehmen klagen bereits jetzt über einen wachsenden Mangel an Fachkräften. Das war jedoch absehbar, weshalb wir uns bereits im Jahr 2004 in der Koalitionsvereinbarung auf die Fahnen geschrieben haben, dieses Problem gemeinsam mit vielen Partnern und geeigneten Instrumenten anzupacken.

Wir haben im Jahre 2005 den Landesarbeitskreis Fachkräftesicherung eingerichtet. Das war ein sehr wichtiger Schritt, weil wir dort regelmäßig mit allen relevanten Akteuren aus den Bereichen Aus- und Weiterbildung zusammensitzen und konkrete Maßnahmen verabreden; einige haben wir schon auf den Weg gebracht. Ich nenne als ein gutes Instrument das Fachkräfteinformationssystem. Es dient zum einen der Beurteilung des künftigen Fachkräftebedarfs in einzelnen Branchen und Regionen. Zum anderen können Jugendliche, Eltern und Lehrer darauf zugreifen und sich schon früh darüber orientieren, in welchen Branchen und mit welchen Fachkräften es in ihrer Region vorangehen kann.

Fachkräfteentwicklung beginnt mit A wie Ausbildung und begleitet uns praktisch lebenslang. Es geht um die Vermittlung von Schlüsselkompetenzen, an deren Beherrschung sich Innovation, wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt entscheiden. Die Grundlagen für lebenslanges Lernen werden - das wissen wir alle - bereits in der Schule gelegt. Berufsorientierung, Berufswahl und Ausbildung sowie die frühzeitige Zusammenarbeit der beteiligten Partner sind die Schlüsselbegriffe für Qualität des künftigen Lebensweges für Mädchen und Jungen.

Insofern beginnt die Fachkräftesicherung viel früher als in einem Ausbildungsbetrieb. Sie beginnt schon mit dem Überwinden des tradierten Rollenverständnisses. Es gibt schon heute den typischen Frauen- oder Männerberuf weitgehend nicht mehr; in der künftigen Arbeitswelt wird es ihn noch viel weniger geben. Die modernen Berufe fragen nicht nach Frau oder Mann. Deswegen sind wir sehr gut beraten, unsere Kinder und alle, die mit ihrer Bildung und Erziehung zu tun haben, rechtzeitig davon zu überzeugen.

Ich habe es soeben gesagt: Der Ausbildungsmarkt in Brandenburg hat sich etwas entspannt. Demografischer Wandel und gute wirtschaftliche Entwicklung haben dazu beigetragen. Schon seit Jahren hatten wir nicht mehr so viele betriebliche Ausbildungsplätze wie heute. Die Ausbildungschancen steigen. Dennoch blieben auch in diesem Jahr - zumindest bislang - wieder viele betriebliche Lehrstellen und Ausbildungsangebote unbesetzt, während andererseits Jugendliche keinen Ausbildungsplatz fanden. Auch hier sind die Ursachen vielfältig. Offenbar leidet unser duales System unter einem „Mismatch“, denn nicht immer passen die Anforderungsprofile der Ausbildungs

betriebe mit den Profilen der Bewerberinnen und Bewerber gut zusammen.

Wo die Ausbilder angesichts vermeintlicher oder tatsächlicher Defizite an der beruflichen Leistungsfähigkeit der künftigen Azubis zweifeln, ist der Ausbildungswille der Unternehmen gering, bisweilen sogar gar nicht mehr vorhanden. Ich höre oft von Unternehmern, die sagen: na ja, mit den Noten. Ich hätte ja einen in die Ausbildung aufgenommen, aber bei solchen Noten verzichte ich generell auf Ausbildung. - Ich finde das sehr kurzsichtig. Das können wir uns nicht mehr leisten, schon gar nicht angesichts der Entwicklung des demografischen Wandels.

Ich will es deutlich sagen: Ein Jugendlicher, der in die Lehre geht, kann kein fertiger Mensch sein, der alle Fähigkeiten eines voll ausgebildeten Facharbeiters besitzt und mit den sozialen Kompetenzen ausgestattet ist, von denen ich sage: Die besitzen auch hier im Raum nicht alle. Wir stellen an unsere Jugendlichen oftmals höhere Anforderungen, als wir an uns selbst stellen. Das muss ich einmal ganz deutlich sagen.

(Beifall des Abgeordneten Schippel [SPD])

Wir sehen mit Sorge, dass die Vermittlungschancen jener Jugendlichen, die schon seit Jahren in der Warteschleife des Ausbildungsmarktes hängen - die sogenannten Altbewerber -, zunehmend ungünstiger werden. Hierfür spricht auch der hohe Anteil arbeitsloser Jugendlicher unter 25 Jahren, die über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Dem sehen wir nicht tatenlos zu.

Wenn man die Situation mit dem August des vorigen Jahres vergleicht, stellt man fest: Damals gab es 18 500 sogenannte Altbewerber. In diesem Jahr gelten noch 11 700 Jugendliche als Altbewerber. Das ist ein Rückgang um ungefähr 7 000. Natürlich ist das keine zufriedenstellende Zahl, aber doch eine positive Tendenz.

Wir wollen die Zahlen weiter senken und speziell den Gruppen ausbildungssuchender und benachteiligter Jugendlicher größere Chancen geben. Ich habe vorhin schon gesagt, wo die Qualifizierungsinitiative des Bundes mit einer Reihe individueller Förderungen ansetzt: Ausbildungsbonus, zusätzliche Ausbildung besonders förderungsbedürftiger Altbewerber, ausbildungsbegleitende Hilfen, Einsatz sogenannter Berufseinstiegsbegleiter. Das sind ganz wichtige Instrumente, die hier zum Einsatz kommen. Wir werden die Wirkung in den nächsten Monaten sehen.

Auch die Differenzierung der Ausbildungsberufe in zwei- und dreijährige Berufe ist ganz wichtig. Vor diesem Hintergrund sind die erweiterten Möglichkeiten der Stufenausbildung und die verstärkte Nutzung von Ausbildungsbausteinen ebenfalls bedeutende Elemente zur Weiterbildung des dualen Systems.

Es ist ganz wichtig, Jugendlichen, die heute sagen: „Ich habe die Schule satt, ich will endlich arbeiten“, Möglichkeiten zu eröffnen, das auch zu tun. Wenn sie aber später doch noch einmal die Schulbank drücken wollen, um die Qualifikation zu erhöhen, sollte das System so durchlässig sein, dass sich diese Menschen weiterentwickeln können. Darauf müssen wir uns in Zukunft sehr stark konzentrieren.

Jeder Jugendliche muss eine Chance auf Ausbildung erhalten und sie natürlich auch wahrnehmen wollen. INNOPUNKT

wurde bereits erwähnt. Das ist nur eines der Modelle, mit denen wir Lernortkooperationen zur Unterstützung etablieren wollen. Ich nenne beispielhaft den Ausbildungspreis Brandenburg, das externe Ausbildungsmanagement und die Verbundausbildung. Unsere Konsenspartner sind Jahr für Jahr intensiv bemüht - mit steigendem Erfolg, wie wir sehen -, jedem Jugendlichen ein Angebot zur Ausbildung und zur Qualifizierung zu machen. Das alles sind richtige Instrumente.

Ich möchte auch etwas zum Budget sagen, weil es immer so klingt, als würden wir für diesen Teil kein Geld in die Hand nehmen. Die berufliche Aus- und Weiterbildung nimmt im arbeitspolitischen Programm - jedenfalls meines Hauses - großen Raum ein. Über die Hälfte des Geldes wird dafür eingesetzt: 62 Millionen Euro. Das ist der größte Teil des Budgets im Rahmen dieses Programms. Ich glaube, wir haben hier keinen Nachholbedarf. Wir brauchen keine zusätzlichen Förderprogramme.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Wir sollten aber sehr wohl die bestehenden Programme daraufhin durchleuchten, ob sie sinnvoll sind, ob sie sinnvoll miteinander verknüpft werden können und vor allem, ob sie auf die individuellen Bedarfe unserer Jugendlichen gut abgestimmt sind. Wir dürfen die Zielgruppe nicht aus den Augen verlieren. Das ist keine Materie, die man irgendwie mit Instrumenten beherrschen kann, sondern das sind Menschen mit ganz unterschiedlichen Ausgangssituationen und mit ganz unterschiedlichen sozialen Hintergründen. Dem müssen wir mit angemessenen Instrumenten Rechnung tragen. Das ist nicht einfach. - Herr Vietze, Sie geben mir Recht. Das macht mir schon wieder Sorge.

(Heiterkeit bei der SPD)

Natürlich betreten wir mit einigen Dingen Neuland. Ich darf auf den Ausbildungsbonus nach SGB III zurückkommen. Er ist erst seit August dieses Jahres im Einsatz. Wir haben dazu noch keine Erfahrungswerte. Deshalb finde ich es wichtig, dass wir im Frühjahr nächsten Jahres einen Bericht vorlegen, in dem wir die ersten Erfahrungen darlegen. Auf dieser Grundlage ist dann auch der Handlungsbedarf ableitbar. - Vielen Dank.