Protocol of the Session on October 15, 2008

Plangenehmigungen sind immer durchzuführen, wenn Belange Dritter betroffen sind. Das kann man überhaupt nicht ausschließen. Ich möchte noch einmal sagen: Plangenehmigungen bei Straßenbauvorhaben kommen dann zur Anwendung, wenn feststeht, dass Rechte anderer nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben.

Das sind die Grundprämissen, über die wir hier verhandeln. Das hat nichts damit zu tun, dass wir irgendetwas aushebeln wollten. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist bei größeren Straßenbauvorhaben sowieso vorgeschaltet. Damit ist auch wieder eine Beteiligung gewährleistet. Wir haben also wirklich versucht, alles, was in den Anhörungen an uns herangetragen worden ist, aufzunehmen und diese Punkte im Änderungsantrag zu formulieren, der Gegenstand der Beschlussvorlage ist. Ich bitte heute alle in diesem Hause, unserem Antrag stattzugeben und der Beschlussempfehlung des Ausschusses zu folgen. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Hesselbarth. Während sie zum Pult kommt, begrüße ich die Schülerinnen und Schüler des Marie-Curie-Gymnasiums aus Dallgow-Döberitz. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Richtige Intention, schlechter Gesetzentwurf. Unter diesen beiden Gesichtspunkten muss man die vorliegende Beschlussempfehlung des Ausschusses betrachten. In Brandenburg soll nun der Bau der Straßen erleichtert werden. Ausgehend von den Forderungen des ehemaligen Sonderausschusses für Bürokratieabbau sollen Landkreise, Städte und Gemeinden größere Ermessungsspielräume für den Bau, die Sanierung oder die Erweiterung von Straßen erhalten; denn bisher sind nach dem geltenden Straßengesetz alle Standards für den Straßenbau wie Baumaterialien, Spurbreiten, Kurvenradien usw. bis in das Detail geregelt.

Künftig können die Kommunen in begründeten Ausnahmefällen davon abweichen, wenn die Sicherheit dadurch nicht beeinträchtigt wird. Außerdem sollen die Verwaltungshürden beim Bau von Straßen gesenkt werden, indem zukünftig auf zeitaufwendige Planfeststellungsverfahren verzichtet werden kann, wenn für ein Projekt auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig ist, also eine Straße nicht durch Natur- oder Landschaftsschutzgebiete führt oder diese anderweitig tangiert.

Durch die Planfeststellungsverfahren mit ihren umfangreichen Anhörungsprozeduren wurde der Bau von Straßen einschließlich der Sanierung bisher häufig in geradezu unverantwortlicher Art und Weise verzögert.

So weit, meine Damen und Herren, könnten wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sehr gut leben. Doch stellte sich bei der Behandlung des Gesetzentwurfs, insbesondere bei der Anhörung im Ausschuss, klar und deutlich heraus, dass dieser handwerklich schlecht gemacht ist. Die grundsätzlich richtigen Nachjustierungen aufgrund der Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen konnten beileibe nicht alle Mängel des Gesetzentwurfs der Landesregierung beseitigen.

Besonders bemerkenswert fand ich es, meine Damen und Herren der Koalition, dass Ihnen erst aufgrund der Stellungnahme des Verbandes der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure und aufgrund eines Änderungsantrags der DVU-Fraktion bewusst wurde, dass die von der Landesregierung geplante Regelung in § 12 Abs. 2 des Brandenburgischen Straßengesetzes zu massenhaft falschen Vermessungsunterlagen und Schadensersatzansprüchen in unabschätzbarer Höhe sowie zu einer Klageflut geführt hätte.

Und es gehörte schon ein gerüttelt Maß an Rabulistik dazu, meine Damen und Herren von SPD und CDU, unseren Änderungsantrag zunächst einmal abzulehnen, um ihn dann mit einigen umgestellten Formulierungen als eigenen Änderungsantrag wieder einzubringen und sodann mehrheitlich anzunehmen und in den Gesetzentwurf der Landesregierung die entsprechende neue Formulierung aufzunehmen. Also wieder einmal ein Plagiat.

Doch der Gesetzentwurf hat noch weitere handwerkliche Mängel, insbesondere beim Schutz und der Wiederaufforstung von Alleen, der Bürgerbeteiligung oder beim Bau von Straßen durch geschlossene Ortslagen von Dörfern und Kleinstädten. Da die DVU-Fraktion jedoch die Grundintention, die Verwaltungsvereinfachung und den zügigen Neu-, Aus- und Umbau der Landesstraßen, nicht behindern will, werden wir uns bei der vorliegenden Beschlussempfehlung der Stimme enthalten.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Schrey.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einer der Auslöser für die Gesetzesänderung war zweifelsohne der Sonderausschuss zum Abbau von Normen und Standards. Bei ihrer Arbeit haben die Mitglieder stets darauf geachtet, welche Belastungen der Bürger, Kommunen und Unternehmen im Land Brandenburg wirklich notwendig sind und welche nicht.

Neben der Bauordnung war das Brandenburgische Straßengesetz eines jener Gesetze, die einer Novellierung unterzogen werden sollten. Die Landesregierung hat dem Landtag das Gesetz zu Beginn des Jahres vorgelegt. In den Beratungen hat sich entgegen der Meinung der Landesregierung durchaus gezeigt, dass das Straßengesetz einer Novellierung bedurfte.

Das Ziel einer solchen Gesetzesänderung war den meisten Abgeordneten klar: ein effizienteres, bürger- und investitionsfreundlicheres Straßengesetz zu schaffen. Die Verwaltungen des Landes sollen angehalten werden, im Bereich des Straßenrechts effektiver und vor allem kooperativer innerhalb ihrer Strukturen zusammenzuarbeiten. Der zuständige Ausschuss für Infrastruktur und Raumordnung hat den Gesetzentwurf federführend bearbeitet und sich dabei eng mit dem Umweltausschuss abgestimmt. Nachdem schon vorab die Kommunen bei der Novellierung beteiligt wurden, fand im April eine Anhörung zu den geplanten Gesetzesänderungen statt. Dabei wurden Hemmnisse für Investoren und Kommunen herausgefiltert und Verfahrensabläufe beleuchtet.

In besonders strittigen Fällen wurden aber auch einzelne Themenkomplexe extra behandelt. Ich möchte an dieser Stelle nur die Beteiligung der anerkannten Umwelt- und Naturschutzverbände an den Planungen und dem Alleenschutz hervorheben. Für die intensiven und konstruktiven Gespräche mit allen Verbänden und Institutionen möchte ich mich hier nochmals bedanken. Es hat sich gezeigt, dass man trotz unterschiedlicher Auffassungen durchaus zu einem zukunftsfähigen Kompromiss finden kann, solange das auch von den Beteiligten gewollt ist.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und den Änderungen durch den Fachausschuss wächst die Verantwortung der Straßenbauverwaltung für die entsprechenden Bereiche. Andererseits entfallen damit zeit- und kostenaufwendige Verwaltungsverfahren zur Beteiligung und Genehmigung bei den Naturschutz-, Denkmalschutz-, Immissionsschutz-, Abfall- oder Wasserbehörden - ein wichtiges Signal in Sachen Bürokratieabbau und Verwaltungsvereinfachung.

Wir hoffen nun, dass nach der Verabschiedung des Gesetzes die förmlichen Verfahren beschleunigt werden und die Kommunen eine spürbare Entlastung erfahren. Insgesamt soll den Gemeinden mehr Verantwortung übertragen und sollen ihnen somit mehr Freiräume gegeben werden. Diese klug und im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten zu nutzen ist dann die Aufgabe der Verantwortlichen vor Ort. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält nun Minister Dellmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen herzlichen Dank für die konstruktive Behandlung des Straßengesetzes im Fachausschuss, insbesondere auch seitens der Koalitionsfraktionen. Frau Tack, Sie haben hier wieder den Eindruck erweckt, dass Bürokratieabbau gleichzusetzen wäre mit verringerter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern und weniger Einfluss.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [DIE LINKE])

Genau das Gegenteil ist der Fall. Es ist durchaus möglich - die Koalition hat mit ihren Änderungsanträgen den Beweis angetreten -, eine gute, ausreichende Beteiligung der Bürger, auch der Verbände zu organisieren und gleichzeitig einen Beitrag dafür zu leisten, dass Bürokratie abgebaut wird. Das heißt aber auch, dass es richtig und gut ist, Verantwortung zu delegieren, sprich bestimmte Dinge in den Planungsverfahren stärker auf die kommunale Ebene zu übertragen. Denn die kommunale Ebene weiß sehr wohl, was notwendig und angemessen ist und welches Planungsverfahren das angemessene für die jeweilige lokale, regionale Situation ist.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass es in intensiven Gesprächen der Koalitionsfraktionen mit den anerkannten Naturschutzverbänden gelungen ist, eine gute Formulierung zu finden, wie die Verbände in Planungsverfahren beteiligt werden, dass ihnen gerade auch unter Nutzung der neuen elektronischen Medien die Planungsunterlagen komplett in einer sehr guten Form und vor allen Dingen zeitnah zur Verfügung gestellt werden. Das ist wirklich auf der Höhe der Zeit. Das wurde gemeinsam mit den Verbänden erarbeitet.

Ich bin auch froh, dass es gelungen ist, bezüglich des Themas Alleen einiges klarzustellen. Der Landtag hat ganz klar nach außen hin, insbesondere in Richtung der unteren Naturschutzbehörden, dargestellt, dass es gerade bei der Festsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen wichtig ist, verstärktes Augenmerk auf die Anpflanzung von Alleen zu legen.

Denn wir alle wissen, dass in großem finanziellen Umfang Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Land Brandenburg zu tätigen sind. Allein im Bereich der Landesstraßenbauverwaltung sind das jährlich etwa 8 Millionen bis 10 Millionen Euro. Es ist gut, wenn dort auch der Gesetzgeber ganz klar den zuständigen Behörden, die das festzusetzen haben, mit dieser Gesetzesänderung etwas an die Hand gibt, dass entsprechende Alleenpflanzungen vorgenommen werden müssen. Er sagt ganz klar: Wenn in den Landkreisen, wenn in den kreisfreien Städten Aus

gleichs- und Ersatzmaßnahmen festgesetzt werden, dann soll das Thema Alleen einen deutlich höheren Stellenwert als bisher erhalten.

In diesem Sinne darf ich mich ganz herzlich für die Änderungsvorschläge bedanken, die aus der Koalition gekommen sind. Ich hoffe, dass dieses Gesetz in Brandenburg die erhoffte Wirkung zeitigen wird. - Vielen herzlichen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die Aussprache ist damit beendet, und wir kommen zur Abstimmung. Es liegt Ihnen von der Fraktion DIE LINKE der Änderungsantrag in der Drucksache 4/6829 vor. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer stimmt gegen diesen Änderungsantrag? - Wer enthält sich? - Es ist mehrheitlich gegen diesen Änderungsantrag gestimmt worden. Damit ist er abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung in der Drucksache 4/6703. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. - Wer stimmt gegen diese Beschlussempfehlung? - Wer enthält sich bei dieser Beschlussempfehlung? - Es gibt Ablehnungen und Enthaltungen, aber die Mehrheit ist für diese Beschlussempfehlung; sie ist damit verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Drittes Gesetz zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/6678

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie

Drucksache 4/6730

Ich eröffne die Aussprache. Frau Abgeordnete Weber, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt das Dritte Gesetz zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes vor. In § 2 wird der Personenkreis beschrieben. Es soll durch eine Erweiterung der Regelung in Satz 2 um die Worte „Aufenthaltserlaubnis oder“ - die Erweiterung ist also ganz gering - den betroffenen Personen scheinbar ein teilweise günstigerer Aufenthaltsstatus gewährt werden.

Er beinhaltet - so die Begründung - die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit und den Anspruch auf den Integrationskurs.

Um es vorwegzunehmen: Dem Gesetzentwurf zur Änderung des Landesaufnahmegesetzes wird die Fraktion DIE LINKE zustimmen, weil das Landesgesetz dem Bundesgesetz angepasst werden muss. Kein Flüchtling, der nur über eine Aufenthaltserlaubnis verfügt, soll von Landesleistungen ausgegrenzt sein.

Gestatten Sie mir bitte aber noch einen Blick auf das dieser Änderung zugrunde liegende geänderte Aufenthaltsgesetz des Bundes. Hier wird deutlich, dass es sich eigentlich nicht um eine Erweiterung der Rechte von Flüchtlingen, sondern um Einschränkungen handelt. In § 23 Abs. 2 hieß es dort ursprünglich:

„Bei besonders gelagerten politischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland kann die Anordnung vorsehen, dass den betroffenen Personen eine Niederlassungserlaubnis erteilt wird.“

Diese Regelung wurde nun um den Aufenthaltstitel „Aufenthaltserlaubnis“ ergänzt.

Was aber unterscheidet eigentlich Aufenthaltserlaubnis und Niederlassungserlaubnis? - Die Aufenthaltserlaubnis ist immer zeitlich befristet, kann mit Auflagen versehen werden. Diese Praxis, Aufenthaltserlaubnisse immer nur kurzzeitig zu verlängern, führt zu den in diesem Hause schon oft kritisierten Dauerduldungen, die es Ausländern nicht ermöglichen, wirkliche Lebensperspektiven zu entwickeln und sich nachhaltig in das gesellschaftliche Leben zu integrieren.

Eine Niederlassungserlaubnis hingegen ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel, der räumlich und zeitlich unbeschränkt ist. Er ist zwar in der Regel an Bedingungen geknüpft; von denen kann bei Flüchtlingen aber nach § 5 Abs. 3 abgesehen werden.

Die Einführung des Aufenthaltstitels „Aufenthaltserlaubnis“ in § 23 Abs. 2 stellt somit aus Sicht der Fraktion DIE LINKE keine wirkliche Verbesserung dar; sie war eine weitere Einschränkung des von der rot-grünen Bundesregierung erlassenen Zuwanderungsgesetzes. Es kann aus unserer Sicht nicht sein, dass ein Hilfeanspruch durch Gewährung von Aufenthaltserlaubnissen für einzelne Personen oder - besser - Flüchtlingsgruppen eingeschränkt wird. Alle Flüchtlinge müssen aus Sicht der Linken nach wie vor den Anspruch auf Niederlassungserlaubnis haben.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)