Des Weiteren liegt ein Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU in der Drucksache 4/6729 vor.
Nach längeren Diskussionen, ob über dieses Thema debattiert wird oder nicht, liegen mir derzeit zwei Wortmeldungen vor. Herr Dr. Scharfenberg, möchten Sie hierzu reden? - Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion über das Dritte Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes gestaltet sich offensichtlich sehr zäh. Wenn ich mich recht entsinne, ist dieser Gesetzentwurf im Juli an den Innenausschuss überwiesen worden. Wir haben in der vergangenen Woche die Beratung zu diesem Gesetzentwurf durchgeführt. Jede Fraktion konnte sich darauf vorbereiten. Wir haben schon zur 1. Lesung zwei Änderungsanträge eingebracht; jeder konnte sich damit beschäftigen. Wir haben damit unsere Position deutlich gemacht, dass wir für eine Entlastung der Altanschließer sind. Ich weiß, dass sich die SPD-Fraktion mit dieser Problematik sehr schwertut und bemüht ist, in dieser Richtung auch etwas zu erreichen.
Der Entschließungsantrag, der uns gestern kurzfristig vorgelegt wurde, bringt keine echte Verbesserung im Vergleich zum gegenwärtigen Zustand. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass wir am Gesetzestext etwas verändern wollen, was tatsächlich zur Entlastung der Altanschließer beiträgt.
- Lieber Herr Baaske, ich verstehe, dass Sie so aufgeregt sind, denn die aktuelle Umfrage hat ja gezeigt, dass dieses Thema die Brandenburgerinnen und Brandenburger sehr bewegt. Das haben wir vorher gewusst, und das ist nun bestätigt worden.
- Das ist eine Unterstellung, Herr Baaske; darauf lasse ich mich nicht ein. Wir leisten einen wirksamen Beitrag zur Lösung dieses Problems.
- Herr Baaske, wenn wir nicht so drängen würden, dann wären Sie schon lange auf der Linie gewesen: Es läuft so, wie es läuft. - So einfach ist das doch. Das kann aber nicht sein!
Ich denke, dass wir mit unseren klaren Vorgaben dazu beigetragen haben, dass Sie es sich so schwer machen müssen. Das ist doch der Hintergrund.
(Schulze [SPD]: Wir haben im Innenausschuss die Anhö- rung beantragt; da haben Sie noch tief geschlafen!)
- Sie haben am Anfang eine Anhörung beantragt und gesagt, dass dieses Problem gelöst werden muss. Kurze Zeit später haben wir uns aber allein gesehen mit der Aufforderung, die Alt
anschließer zu entlasten. Wir waren auf einmal allein, und Sie haben mit uns argumentiert, warum das nicht geht.
Meine Herrschaften, würden Sie bitte den Dialog beenden. Zwischenrufe sind erlaubt und Zwischenfragen auch.
- Ich rede die ganze Zeit zur Sache, Herr Petke. - Sie haben etwas mit der heißen Nadel zusammengestrickt, dessen Sinn sich mir nicht erschließt. Ich sehe keine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Zustand. Wenn Sie hier festschreiben wollen, dass die Verjährung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Dritten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes noch nicht eingetreten ist, dann bedeutet das doch trotzdem, dass Sie die Wirkung des KAG von 2004 anerkennen, dass Sie anerkennen, dass die vorher unwirksamen Satzungen nicht die Grundlage sein können.
Das ist doch das Problem. Ich erinnere Sie daran. Gehen Sie doch nicht hinter das zurück, was bis zum Jahre 2005, also nach Inkrafttreten des KAG, offensichtlich herrschende Auffassung war! Es bestand die Auffassung, dass es auch für nicht rechtswirksame Satzungen gelten soll. Das muss doch der Maßstab sein und nicht dieser Versuch einer Verschönerung des gegenwärtigen Zustands, eines Schönredens. Das kann es nicht sein. Es tut mir leid, damit sind wir nicht einverstanden. Wir halten an unserer klaren Forderung fest. Wir können Ihnen nicht dabei helfen, sich auf diese Art und Weise in der Öffentlichkeit besser darzustellen, als Sie es tatsächlich sind. - Danke schön.
Schönen Dank. - Herr Holzschuher will ebenso reagieren. Bitte schön. - Dann liegt mir noch eine Wortmeldung von Herrn Petke vor.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natürlich möchte ich nicht „ebenso“ reagieren, sondern sachlich.
Herr Kollege Scharfenberg, Ihren Vorschlag können wir leider auch nicht unterstützen, weil das, was Sie vorschlagen, nun
einmal rechtlich sehr zweifelhaft ist. Abgesehen davon würde das das Land sehr viel Geld kosten. Sie sagen einfach, wir sollen mit einem Federstrich bestehende Forderungen der Verbände streichen. Wir sollen sagen, dass sie nicht mehr geltend gemacht werden dürfen, weil sie jetzt wieder verjährt sind, nachdem ein Gericht gesagt hat - insofern ist das Oberverwaltungsgericht zuständig für die Interpretation unserer Gesetze -, dass diese Forderungen bestehen. Sie würden diese also aus der Welt schaffen, und das würde, selbst wenn es zulässig wäre, Entschädigungsforderungen auslösen, die die Steuerzahler, das heißt alle Bürger im Lande, tragen müssten. Alle Hartz-IVEmpfänger müssten sich mittelbar daran beteiligen, dass Grundstückseigentümer entlastet werden. Das ist nicht unser Ziel. So wollen wir es nicht machen. So einfach, wie Sie sich das denken, ist die Welt leider nicht.
Wir suchen einen ernsthaften, funktionsfähigen Weg, der Gerechtigkeit und Zufriedenheit im Lande schafft. Wir sind dabei. Ich bitte Sie noch einmal - wir haben es ja schon gestern erörtert und werden es auch weiterhin erörtern -, uns dabei zu unterstützen und die Bürger im Land nicht immer in die falsche Richtung, auf die Bäume, zu jagen, von denen Sie sie irgendwann wieder herunterholen müssten.
Herr Petke, bitte einen kleinen Moment! Ich muss zunächst noch die DVU fragen, ob es Redebedarf gibt. - Herr Claus hat das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Auch eine 3. Lesung ändert an der Problematik der grundsätzlichen Veranlagung sogenannter Altanschließer nichts. Das kann man auch aus diesem Änderungsantrag herauslesen. An der Grundsätzlichkeit der mit dem OVG-Urteil vom 7. Dezember 2007, das vorhin bereits angesprochen wurde, festgestellten Veranlagungspflicht ändert weder der vorliegende Entschließungsantrag noch der Änderungsantrag etwas. Dieser Antrag enthält in Eckpunkten lediglich die Option für Differenzierung bei der Veranlagung sogenannter Altanschließer bei der Beitragsbefreiung, die gegenwärtig noch nicht einmal auf konkrete Gesetzesänderungen abzielt.
Mit den vorliegenden Initiativen, also den Drucksachen 4/6422 und 4/6729, liegt mithin noch nicht einmal der Ansatz einer Lösung auf landesgesetzgeberischer Ebene vor. Weil die Koalitionsfraktionen hier also nichts weiter tun, ist es nichts anderes als eine Hinhaltetaktik zulasten der betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowie der Kommunen und keine Änderung des KAG im Sinne der sogenannten Abgabegerechtigkeit. Es ist, meine Damen und Herren, kurz vor der Kommunalwahl eigentlich nur - wie soll man sagen? - Wahlwerbung. Sie haben 2004 mit den KAG-Änderungen sozusagen die Bürger getäuscht. Kurz vor der Kommunalwahl probieren Sie es mit diesem Änderungsantrag schon wieder.
Mit dem Entschließungsantrag auf Einräumung einer Option auf Schaffung besonderer Herstellungsbeiträge in kommunale Satzungswege wollen Sie den Schwarzen Peter wieder den Zweckverbänden zuschieben. Diese wären dann in der Situation, vor Ort Differenzierungen bei den Beiträgen vornehmen zu müssen. Unabhängig von den verfassungsrechtlichen Bedenken schaffen sie damit auch landesgesetzgeberisch keine Abgabegenrechtigkeit, wie sie eigentlich herrschen sollte; denn die betroffenen Kommunen müssen dann allen Gebührenzahlern, auch den ungleich veranlagten Beitragszahlern, gegenübertreten und erklären, warum sie massiv ungleich veranlagt werden. Der Unmut der Bevölkerung, insbesondere das Gefühl, ungerecht veranlagt zu werden, wird damit nicht beseitigt, sondern eigentlich noch verstärkt. Einzig und allein Ihnen soll diese Absichtserklärung dienen, sich dann auch auf Kosten der Kommunen aus der Verantwortung zu ziehen, meine Damen und Herren von der Landesregierung.
Da jedoch in Wahrheit nur die rot-schwarze Regierung mit den KAG-Änderungen von 2004 für das ganze Fiasko verantwortlich gewesen ist, lassen wir den billigen Kompromiss, den Sie hier vorschlagen, nicht zu. Wenn Sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nur Verjährungsfristen zulasten der grundsätzlich weiter zu veranlagender Bürgerinnen und Bürger verlängern und zusätzlich auch noch den Bereich der Eingriffsverwaltung ausweiten, dann gehen Sie einen Weg in die falsche Richtung, meine Damen und Herren. Deshalb werden wir ebenfalls den Änderungsantrag und auch den Entschließungsantrag bei der namentlichen Abstimmung ablehnen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, was in dieser Debatte deutlich wird, ist nichts anderes als der Unterschied zwischen verantwortlicher und unverantwortlicher Politik.
- Herr Dr. Scharfenberg, die Partei hat immer recht. Das haben wir früher gehört. Sie leben es noch. In dieser Debatte wird deutlich, dass Sie sagen - Kollege Holzschuher hat dankenswerterweise darauf hingewiesen -, die sollen alle freigestellt werden und der Steuerzahler soll das bezahlen. - Wer ist der Steuerzahler? Das sind genau die Menschen, für die wir Politik machen. Das sind genau die Menschen, denen wir erklären müssen, wieso jemand, der neu angeschlossen wurde, anders behandelt wird als jemand, der in einer früheren Zeit angeschlossen wurde. Beide haben eine Verantwortung für das, was investiert worden ist.
Wir wollen erreichen, dass es einen gerechten Ausgleich gibt, eine Lösung, die wir den Menschen auch erklären können. Was Sie tun, ist etwas anderes als das, was Ihre Kollegen in anderen Ländern früher selber so beschlossen haben. Deswegen ist es natürlich richtig, darauf hinzuweisen, dass das, was Sie hier
machen, nichts anderes als Wahlkampf ist, als Stimmenfang, als die Menschen im Land zu verunsichern, weil sie angeblich illegalerweise beteiligt werden sollen, dass die Regierung hier also etwas falsch mache. Ob Sie damit Erfolg haben werden, kann ich nicht beurteilen. Aber ich weiß, dass es uns nicht davon abbringen wird, eine sachgerechte, vernünftige und vor allen Dingen rechtlich bestandsfähige Lösung zu suchen und eben keinen Schnellschuss zu tätigen. Deswegen brauchen wir Zeit. Das sagen wir auch so.
Und wenn es Ihrem Ego hilft, Herr Dr. Scharfenberg, zu sagen, dass Sie uns treiben, dann sagen Sie es halt. Faktisch ist es so, dass wir die nächsten Monate nutzen werden, um eine gesetzgeberische Lösung zu suchen und zu präsentieren, im Sinne eines gerechten Ausgleichs für diejenigen, die neu angeschlossen wurden, und für diejenigen, die man Altanschließer nennt. Darüber werden wir dann im Landtag entsprechend debattieren. Ich bitte Sie, der Gesetzesänderung zustimmen. - Vielen Dank.