Protocol of the Session on December 16, 2004

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

„Der neue Landtag soll die beschlossene Überführung des bisherigen Sondervermögens 'Grundstücksfonds Brandenburg' in den allgemeinen Landeshaushalt überdenken und rückgängig machen.“

Herr Domres, dies erklärte Herr Werner Große, Präsident des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, am 20. August dieses Jahres anlässlich der Eröffnung der Tagung „Fortführung der Konversion ehemals militärisch genutzter Liegenschaften“ nach der Landtagswahl 2004.

„Viele Kommunen befürchten, dass die erwirtschafteten Mittel künftig nicht mehr vollständig der Entwicklung anderer Liegenschaften zugeführt werden“,

sagte der Bürgermeister der Stadt Prenzlau, Herr Hans-Peter Moser, in seiner Eigenschaft als Sprecher des Forums für Stadtentwicklung und Konversion. Der Geschäftsführer des brandenburgischen Städte- und Gemeindebundes, Herr KarlLudwig Böttcher, ergänzte,

„dass trotz 60%iger Verwertung der ehemaligen WGTFlächen sich noch in über 100 Gemeinden des Landes Liegenschaften des Sondervermögens befinden.“

Damit wäre immer noch etwa jede vierte Gemeinde des Landes betroffen. Herr Böttcher wörtlich weiter:

„Konversion bleibt damit eine Aufgabe des ganzen Landes. Angesichts der Größe und der von den Liegenschaften ausgehenden Gefahren können wir es uns nicht leisten, die Grundstücke liegen zu lassen.“

(Beifall bei der DVU)

Doch genau das ist Ihre Absicht, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank. Diese Absicht liegt weder im Interesse des Landes noch seiner Bürgerinnen und Bürger oder seiner Kommunen und Landkreise. Hier soll eindeutig am falschen Ende gespart werden. Außerdem handelt es sich bei dieser Art von Sparen um eine finanzpolitische Milchmädchenrechnung; denn man nimmt die Kosten für den Schutz der von Gefahren behafteten Brachflächen und die entgangenen Verkaufsgewinne zusammen. So übersteigt diese Summe in jedem Fall die eingesparten Konversionskosten.

Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg erwartet daher vom neuen Landtag zu Recht eine Aufhebung des noch vom alten Landtag beschlossenen Gesetzes zur Änderung des WGTGesetzes, und zwar noch vor seinem In-Kraft-Treten am 1. Januar 2005. Nur so kann eine Fortführung der Konversionsmaßnahmen für ehemals militärisch genutzte Flächen gesichert und das von der Landesregierung gesteckte Ziel des Verkaufs von mehr als drei Vierteln der ehemaligen WGT-Flächen bis Ende des Jahres 2006 erreicht werden. Genau diesem Zweck dient unser Antrag, nämlich das WGT-Sondervermögen in seiner bisherigen Form zu erhalten und damit die Effektivität der Konversion und Veräußerung auch in Zukunft zu gewährleisten. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Damit sind wir am Ende der Debatte angelangt. - Die DVUFraktion beantragt die Überweisung des Antrags - Drucksache 4/222 - an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer diesem Ansinnen Folge leisten möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Mit den Jastimmen der DVU-Fraktion und den Neinstimmen der Fraktionen der SPD, PDS und CDU ist dieser Antrag abgelehnt.

Im Falle der Ablehnung der Ausschussüberweisung ist über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer dem vorliegenden Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag auch in der Sache mit den Stimmen der DVUFraktion gegen die Stimmen von SPD, CDU und PDS abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Sicherstellung der Kofinanzierung von GA- und EUStrukturfondsmitteln in Brandenburg

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/223

Wir beginnen die Aussprache mit dem Beitrag der Abgeordneten Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben auf der ganzen Linie versagt. Damit meine ich nicht Sie, Herr Präsident, sondern den Ministerpräsidenten und die Mitglieder seiner Landesregierung - und zwar allen Gebieten.

Sehen wir uns die nochmals gestiegene Massenarbeitslosigkeit in Brandenburg an: Im November hat sich die Lage auf dem Brandenburger Arbeitsmarkt abermals verschlechtert. Die Zahl der Arbeitslosen stieg um knapp 3 000. Die offiziell zugegebene Quote beträgt 19,4 %. In den Bezirken Cottbus und Eberswalde liegt sie deutlich über 20 %. Würde man die Teilnehmer von Bildungsmaßnahmen, ABM und SAM oder die Inhaber so genannter Ich-AGs hinzuzählen, käme man auf eine Quote von über 30 %.

Mit 108 060 Personen sind sage und schreibe 45,3 % der Ar

beitslosen in Brandenburg langzeitarbeitslos und damit ab dem 01.01.2005 potenzielle Opfer der Hartz-IV-Verelendungspolitik.

Auch die Zahl der Arbeitslosen unter 25 Jahren stieg gegenüber dem Vorjahr dramatisch an; im November waren es knapp 30 000.

Besonders dramatisch sieht es nach wie vor in der Baubranche aus: Ende Juni waren 38 000 Menschen und damit fast 4 500 weniger als vor einem Jahr in der Brandenburger Bauindustrie tätig. Damit ging binnen zwölf Monaten jeder zehnte Arbeitsplatz in dieser Branche verloren.

Die Zahl der größeren Betriebe sank ebenfalls, nämlich um 52. Der Gesamtumsatz in Brandenburg beträgt mittlerweile nur noch etwas über 3 Milliarden Euro.

Doch trotz der Massenarbeitslosigkeit, einer wachsenden Zahl von Firmeninsolvenzen und dem allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang in Brandenburg werden auch im Jahr 2004, ähnlich wie bereits in den vorangegangenen Jahren, die GA- und EUStrukturfondsmittel nur zum Teil ausgeschöpft, da seitens der Landesregierung die Kofinanzierung nicht sichergestellt wird.

Brandenburg wird in diesem Jahr voraussichtlich mindestens 10 % der im Landeshaushalt veranschlagten GA-Mittel an den Bund zurückzahlen müssen. Da kann es nicht verwundern, wenn in der Föderalismuskommission von Bund und Ländern zunehmend die Forderung nach Abschaffung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ von Bund und Ländern erhoben wird. Besonders die Südländer Bayern und Baden-Württemberg drängen darauf.

Bei den EU-Strukturfondsmitteln sieht es sogar noch schlechter aus: Obwohl das Ende der laufenden Förderperiode - sie endet am 31.12.2006 - absehbar ist und spätestens dann bisher nicht ausgeschöpfte Mittel an die EU zurückgezahlt werden müssen, hat die Landesregierung hier - sogar doppelt - versagt. Nicht nur, dass der Mittelabfluss bei den EFRE-Mitteln zum 30.09.2004 lediglich bei ca. 45 % lag, von den Mitteln für technische Hilfe kein müder Cent abgerufen worden ist und der Finanzierungsanteil des Landes für die INTERREG-III-Mittel zu lediglich 27 % ausgeschöpft wurde, nein, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, durch die von Ihnen vor zwei Jahren verschuldete Zweiteilung des Landes haben Sie Brandenburg als Ganzes ab dem Jahr 2007 aus der Ziel-1-Förderung buchstäblich hinauskatapultiert.

Doch dazu komme ich noch im zweiten Teil meiner Rede.

Meine Damen und Herren! Um die brandenburgische Wirtschaft finanziell zu stärken und insbesondere auch mit Blick auf die EU-Osterweiterung wettbewerbsfähig zu machen bzw. zu halten, ist eine vollständige Auszahlung der Fördermittel des Bundes und der EU einschließlich der zugehörigen Kofinanzierung zwingend. Dem dient der von uns vorgelegte Antrag, für den wir Ihre Zustimmung erbitten.

(Beifall bei der DVU)

Danke. - Wir fahren mit dem Beitrag der Koalitionsfraktionen fort. Es spricht der Abgeordnete Karney.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die von der EU und dem Bund bereitgestellten Finanzmittel werden kofinanziert und insbesondere für die Verbesserung der Standortbedingungen eingesetzt sowie auf die Erweiterung des ersten Arbeitsmarktes konzentriert - so festgeschrieben im Kapitel 1 Wirtschaft, Arbeit, Technologie und Haushalt, Ziffer 1.3.1 des Koalitionsvertrages von SPD und CDU vom 12.10.2004 -, Frau Hesselbarth.

Da die SPD und die CDU die Sicherstellung der Kofinanzierung von GA- und EU-Strukturfondsmitteln als verbindliche Maßnahme bereits im Oktober vorgegeben haben, frage ich mich: Was soll der Antrag der DVU-Fraktion? Welchen Zweck soll dieser Antrag haben? Wem soll dieser Antrag dienen?

(Zuruf der Abgeordneten Hesselbarth [DVU])

Unsere Fraktion geht selbstverständlich davon aus, dass der Haushalt 2005/2006 der wichtigsten Aufgabe in unserem Land, nämlich der Steigerung des Wirtschaftswachstums für mehr Beschäftigung, gerecht wird.

Meine Damen und Herren von der DVU-Fraktion! Ihr Antrag ist überflüssig und dient lediglich plattem Populismus, den wir von Ihnen gewohnt sind. Frau Hesselbarth, da wir kurz vor Weihnachten stehen, könnte ich Ihnen noch ein Exemplar unseres Koalitionsvertrages überlassen. Ihnen wird ja hier im Hause sonst nichts geschenkt.

(Zuruf der Abgeordneten Hesselbarth [DVU])

Ihren Antrag, Frau Hesselbarth, müssen wir natürlich ablehnen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei CDU und SPD)

Danke. - Wir fahren mit dem Beitrag der PDS-Fraktion fort. Frau Stobrawa, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die DVU als Vorkämpferin für die Nutzung der Vorzüge der europäischen Integration - das ist einmal etwas Neues, eine neue Nuance, die die Fraktion uns heute in der von ihr bekannten populistischen Manier offeriert. Denn, meine Damen und Herren, nachdem diese Partei nicht nur in ihrem Wahlkampf, sondern auch hier im Parlament immer wieder weniger Europa, weniger deutsche Mittel für den EU-Haushalt und damit auch weniger Mittel für eine gesamteuropäische Strukturpolitik gefordert hat, spielt sie sich jetzt als diejenige Partei auf, die mehr Europa und mehr Strukturfondsmittel haben will.

(Beifall bei der PDS sowie Zuruf von der DVU)

Das von Ihnen genannte Problem ist bekannt, es ist aber weitaus vielschichtiger, als es im Antrag und, Frau Hesselbarth, in Ihrer Rede beschrieben wird. Die Aufnahme der vollen Kofinanzierung der Gemeinschaftsaufgabe und der Strukturfondsmittel in den Landeshaushalt allein - das zeigen die Erfahrun

gen der Vergangenheit - lösen dieses Problem nicht. Aus diesen Gründen lehnen wir den Antrag der DVU-Fraktion ab. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Danke, Frau Stobrawa. - Die Landesregierung verzichtet auf einen Redebeitrag. Das Wort geht noch einmal an die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Karney, in der letzten Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft haben wir anhand der Zahlen gesehen, wie gering der Mittelabfluss war. Wirtschaftsminister Junghanns konnte auf eine ganz spezielle Frage meinerseits keine Antwort geben. Er hat mir die Antwort zwar versprochen, aber ich habe sie bis heute nicht.

Ganz ehrlich: Was in Ihrem Koalitionsvertrag steht - den können Sie in den Papierkorb stecken!