Es ist in solchen Fällen schlichtweg üblich, sich untereinander abzustimmen. Deswegen ist vorliegend auch die Überweisung
an einen Ausschuss nicht zielführend, wenn eine der maßgeblichen Fraktionen erklärt, diesem Weg nicht folgen zu wollen. Das ist zu spät. Dann brauchen wir die Diskussion nicht in den Ausschuss zu tragen. Das ist der falsche Weg, auch wenn wir inhaltlich nicht weit auseinander sind, Frau Kollegin Kaiser.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Alle Macht geht vom Volke aus, aber wo geht sie hin“? Dieser vielen bekannte Satz Tucholskys fiel mir bei der Lektüre dieses Gesetzentwurfs als Erstes ein, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE.
Wenn Sie schon nicht die Verfassungswirklichkeit kennen, sollten Sie sich zumindest mit Verfassungsdiskussion beschäftigen. In Artikel 2 der Verfassung des Landes Brandenburg ist unter anderem wie folgt formuliert: Brandenburg ist ein freiheitliches, rechtsstaatliches... dem Frieden und der Gerechtigkeit... verpflichtetes demokratisches Land, welches den Frieden mit anderen Völkern anstrebt.
„Das Volk des Landes Brandenburg bekennt sich zu den im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, in der Europäischen Sozialcharta und in den Internationalen Menschenrechtspakten niedergelegten Grundrechten.“
Nun wollen Sie eine sogenannte antifaschistische Schutzklausel einfügen, die ein Verbot nationalsozialistischen Gedankenguts festschreibt. Ausgehend von dem mit der Ewigkeitsgarantie des Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz geschützten Grundrecht sowie der Ausstattung der wehrhaften Demokratie hätte Ihnen aber auffallen müssen, dass die Verfassung ausreichend Instrumente vorsieht, sich gegen eine nationalsozialistische Machtübernahme zur Wehr zu setzen.
Andererseits verbietet die freiheitlich-demokratische Grundordnung aber auch die Verfolgung von bloßem politischem Gedankengut, solange keine Angriffe auf die Verfassungsordnung vorliegen. Tatsächlich drohen uns von Ihrer Seite da ganz andere Gefahren. Denn Antifaschismus ist eine parteipolitische Festlegung, und derartige parteipolitische Festlegungen fanden sich bisher nur in den Verfassungen der Diktaturen Stalins, Maos, Ceaucescus und dergleichen wieder.
Die Väter des Grundgesetzes haben sich indes bewusst dagegen ausgesprochen, über die Staatsziele der freiheitlich-demokratischen Grundordnung hinausgehende politisch-ideologische Festlegungen in die Verfassung aufzunehmen, weil es ihnen darum ging, politische Auseinandersetzungen führbar zu halten. Genau deswegen kann nach unserer Verfassung jedenfalls niemand Gedankenhygiene zur Staatsdoktrin machen, wer
Die Kriminalisierung von Gedanken schlägt letztlich - dafür gibt es in der Geschichte genügend Beispiele - auf alle zurück, die die Gesellschaft demokratisch gestalten wollen. Staat und Verfassung werden dann bald nicht mehr ernst genommen, und daraus entsteht eine Politikferne, die der Demokratie gefährlicher wird als ein fehlgeleitetes Gedankengut.
Die in diesem Gesetzentwurf zum Ausdruck kommende Geisteshaltung steht damit in der Tradition verdeckter und offener Diktaturen. Das ist auch die logische, ethische wie auch juristische Bewertung dieses Gesetzentwurfs. Deswegen kann ich mich dieser Initiative nur unter Punkt C - Rechtsfolgeabschätzung - anschließen, denn dort verneint die einbringende Fraktion ja wörtlich selbst die Frage, ob die Regelung rechtlich oder tatsächlich erforderlich ist.
DIE LINKE möge also dieses Elaborat ihren Programmstammtischen vorbehalten, wo verfassungsrechtliche Fehleinschätzungen weniger auffallen als hier im Parlament. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn eines ganz klar benennen: Wir sind als CDU und als CDU-Fraktion der Auffassung, dass Extremismus ganz konsequent bekämpft werden muss. Rechtsextremismus ist ein besonderes Problem in Brandenburg. Jeder hat die schlimmen Vorfälle in Erinnerung, in denen Menschen zu Schaden oder gar zu Tode kamen.
Der Extremismus insgesamt ist ein Übel. Er hat unendliches Leid verursacht. Er hat den Verlust vieler Menschenleben zu verantworten, gerade hier in Deutschland und in Europa. Er hat viele Menschen die Heimat gekostet und Familien zerstört. Für uns ist klar: Es muss alles daran gesetzt werden, dass solche Tendenzen ganz konsequent bekämpft werden und nie wieder Raum greifen.
Dabei gilt: Wehret den Anfängen! Deshalb muss auch aufkeimenden Tendenzen klar und entschlossen entgegengetreten werden. Wir können das. Das unterscheidet uns auch von Weimarer Verhältnissen. Wir sind eine wehrhafte Demokratie. Wir können Parteien verbieten, wenn sie verfassungsfeindlich sind; das ist in Deutschland geschehen. Wir können Vereinigungen verbieten, das ist geschehen in Deutschland, das ist geschehen in Brandenburg. Das hat der Innenminister vor gar nicht allzu langer Zeit hier in Brandenburg gemacht. Das unterstützen wir ganz nachdrücklich, und dafür treten wir auch ein.
Wir tun auch eine Menge, ob auf präventivem Wege oder im Bereich der Repression. Als Beispiel für den präventiven Weg nenne ich das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“, das für die Demokratie eintritt und zum Ziel hat, gerade jungen
Menschen klarzumachen: Extremismus ist kein Weg. Demokratie, Toleranz, Freiheit - das ist der Weg, und das unterstützen wir. Was die Repression angeht, so wurden MEGA und TOMEG in den letzten Jahren weiterentwickelt. Der Landtag hat 2005 das Gedenkstättenschutzgesetz beschlossen.Wir haben damit Ravensbrück und Sachsenhausen vor rechtsextremen Aufmärschen geschützt. Wir haben 2006 das Gräberstättenversammlungsgesetz beschlossen und damit Halbe geschützt. Weiteres ist auf dem Verordnungswege geschehen, ob es für Spremberg oder Seelow ist, um dort Stätten vor rechtsextremem Missbrauch zu schützen. Wir hatten in Halbe zum Volkstrauertag mehrfach Veranstaltungen, mit denen wir Zeichen gesetzt haben. Und wir haben damit Erfolg. Rechtsextreme marschieren dort nicht mehr auf. Da hat sich wirklich etwas verändert und etwas bewegt.
Wir halten allerdings den von den Linken hier vorgestellten Verfassungsänderungsvorschlag nicht für sinnvoll, zum Ersten deshalb, weil diese Vorschläge bereits weitgehend in der brandenburgischen Verfassung enthalten sind. Da unterscheidet sich die Brandenburger Verfassung von der mecklenburgischen, die vor der Verfassungsänderung längst nicht so weit ging.
DIE LINKE will zwei Paragrafen in einem neuen Artikel 20 a. Aufgenommen werden soll zum einen die Friedenspflicht. Zum anderen soll die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts als verfassungswidrig eingestuft werden. Dazu sage ich Ihnen: Wir haben in Artikel 2 der Brandenburgischen Verfassung bereits Grundsätze der Verfassung normiert. In Abs. 1 heißt es:
„Brandenburg ist ein freiheitliches, rechtsstaatliches, soziales, dem Frieden und der Gerechtigkeit, dem Schutz der natürlichen Umwelt und Kultur verpflichtetes demokratisches Land, welches die Zusammenarbeit mit anderen Völkern, insbesondere mit dem polnischen Nachbarn, anstrebt.“
Wir haben den Inhalt von Artikel 1 des Grundgesetzes in Artikel 7 der Landesverfassung praktisch übernommen:
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und Grundlage jeder solidarischen Gemeinschaft.“
Von daher geht die brandenburgische Verfassung deutlich weiter. Wir haben, und zwar auf der Grundlage des Grundgesetzes, im Strafgesetzbuch ganz konkrete Regelungen in § 130 Volksverhetzung -:
„Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert..., wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“
Alle diese Dinge sind dort konkret benannt. Wer nationalistische oder rassistische Hetze betreibt, wird mit Freiheitsstrafe
bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Das heißt, wir haben bereits sehr weitgehende Regelungen, die alle diese Dinge umfassen.
Zweitens sage ich: Wir ändern das Denken der Menschen nicht durch immer neue Gesetze, zumal wenn sie schon vorhanden sind,
sondern wir müssen uns offensiv mit diesen Dingen in der Diskussion, im Streit auseinandersetzen. Wir müssen darlegen, welche Verheerungen Extremisten bei uns in Deutschland angerichtet haben, und dies den Menschen überzeugend darlegen. Im Meinungsstreit muss man diese Dinge austragen. Das zeichnet eine wehrhafte, offene, freiheitliche Demokratie, das zeichnet den mündigen Bürger aus. Das immunisiert wirklich gegen extremistische Rattenfänger von links oder von rechts,
die Menschen für ihre irrsinnigen Theorien gewinnen wollen. Ich nenne ein Beispiel dafür, was geschieht, wenn Gesetze nur geschrieben sind, nicht offen diskutiert werden und nicht darum gerungen wird. Gucken Sie sich einmal die Verfassung der DDR an - ich habe das im Vorfeld einmal getan -, das ist spannend. Darin sind die Pressefreiheit, die Meinungsfreiheit und das Post- und Fernmeldegeheimnis festgeschrieben. Wie es wirklich war, wissen wir alle. In der Diskussion um Freiheit und Demokratie kann eine freie Gesellschaft diese Auseinandersetzung führen.
Wir haben ein Problem mit der Akzeptanz der Demokratie. Es gibt eine Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, in der ausgeführt wird, dass 61 % der Ostdeutschen ein gewisses Akzeptanzproblem mit unserer Demokratie haben. Da frage ich: Was setzen wir dem entgegen? Und welchen Beitrag leistet denn DIE LINKE, um dem wirklich etwas entgegenzusetzen? Stärkt DIE LINKE die Akzeptanz von Demokratie? Dazu schaue ich mir die Äußerungen von Lothar Bisky, neben Oskar Lafontaine einer Ihrer Bundesvorsitzenden, an, der mehrfach gesagt hat: „Wir stellen die Systemfrage.“ Was ist denn die „Systemfrage“? Stärkt das die Akzeptanz von Demokratie? Wenn Frau Enkelmann sich im Ersten Deutschen Fernsehen kritisch zu unserer Demokratie äußert, oder wenn Ihre kommunistische Plattform landauf, landab
demokratie- und freiheitsfeindliche Thesen verkündet und daher vom Verfassungsschutz beobachtet wird - leistet DIE LINKE damit einen Beitrag zur Stärkung der Akzeptanz unserer Demokratie?
In diesem Zusammenhang erscheint die Ausrichtung Ihres Wunsches auf Verfassungsänderung nur in Richtung der Verfassungswidrigkeit nationssozialistischen Gedankenguts schon in einem ganz besonderen Licht.
Denn in Mecklenburg wurde das Weitertragen von extremistischem Gedankengut als verfassungswidrig eingestuft. Da frage
ich Sie: Ist denn Verbreitung linksextremistischen Gedankenguts etwa nicht würdig, als verfassungswidrig eingestuft zu werden?
Deswegen sage ich ganz klar: Wir brauchen von der LINKEN keine Belehrungen in Sachen Demokratie. Das begründet unsere Zweifel an diesem Antrag, und wir können ihm nicht zustimmen. - Danke schön.