Protocol of the Session on April 10, 2008

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

weil ich dachte, das wäre geklärt und wäre eine Selbstverständlichkeit. Dass die Betroffenen, die hier in diesem Landtag in einem eigenen Rat Stimme haben, nicht einmal zu ihren eigenen Problemen sprechen können, ist wirklich sehr seltsam. Mit dieser Arroganz blamieren Sie dieses Hohe Haus. Gegenüber Minderheiten die Machtkarte auszuspielen, das ist kaum zu glauben. Das tut man nicht in einer funktionierenden Demokratie mit einer stabilen Koalition.

Oder was ist hier eigentlich los? Worum geht es hier überhaupt?

(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Ich frage Sie, Frau Ministerin Wanka: Welchen Sinn hat es, jetzt noch immer an der Haushaltssperre festzuhalten? Damit wird kein Druck gegenüber dem Bund ausgeübt. Hier geht es auch nicht um Einsparungen. Diese Sperre demütigt eindeutig nur die Sorben (Wenden) in unserem Land. Das sollten wir vermeiden.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE - Zuruf des Abge- ordneten Bischoff [SPD])

Sie sollten sich also nicht wundern, wenn sich jetzt die Sorben (Wenden) wehren. Denn welchen Grund sollte es geben, dass Sorben (Wenden) einen Haushalt mitverantworten, der die Schließung von Einrichtungen zur Folge hat, des DomowinaVerlages, des Sorbischen National-Ensembles oder des DeutschSorbischen Volkstheaters?

Ich hatte bereits mehrfach die Gelegenheit genutzt und darüber gesprochen, warum die Förderung der Sorben (Wenden) auch für die deutsche Mehrheit wichtig ist. Das will ich nicht wiederholen.

Es gibt weitere Gesichtspunkte, von denen ich einige nennen möchte. Erstens: Immer wieder mal wird der Eindruck erweckt, als wären die Sorben (Wenden) vor allem ein Kostenfaktor. Aber 60 000 Sorben zahlen pro Jahr Steuern in Höhe von 258 Millionen Euro. Von diesen Steuergeldern 16,4 Millionen Euro zur Förderung dieser Minderheit zu nehmen, das ist doch wirklich nicht zu viel verlangt!

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Zweitens: Die Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ hat klare Worte zur Verantwortung von Bund und Ländern zur Förderung von Minderheiten gefunden.

Drittens: Die Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern haben schließlich zu einem Vertragsentwurf geführt, der eine kurze Laufzeit und eine Absenkung der Zuwendungen vorsieht.

Steffen Reiche, mein bisher ruhiger Kollege im Parlamentarischen Beirat der Stiftung für das sorbische Volk, sagte dazu Folgendes:

„Dieser degressive und wiederum nur kurzfristige Vertrag ist eine abenteuerliche Unverschämtheit.“

Weiter sagte Steffen Reiche, es zeuge von empörender Ignoranz, wenn man einem kleinen Volk, das seit mehr als tausend Jahren mitten in Deutschland alle Systeme überlebt habe, die Mittel verwehre, seine einzigartige Kultur und Sprache zu erhalten.

Viertens: Der Sorben(Wenden)-Rat hat es bisher immer vermieden, die Situation der Sorben (Wenden) mit der anderer Minderheiten zu vergleichen, wenn es um die Finanzierung geht. Ich denke jedoch, es ist manchmal recht gut - um Ungerechtigkeiten aufzuzeigen und um Tendenzen, die ins Negative laufen, vorzubeugen -, ab und an zu vergleichen. So stehen unter anderem der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein mit ca. 50 000 Angehörigen etwa 80 Millionen Euro für die kulturelle Arbeit zur Verfügung. Der deutschen Minderheit in Dänemark mit ca. 15 000 Angehörigen stehen 30 Millionen Euro zur Verfügung. Von diesen 30 Millionen Euro stammen immerhin 12 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt. Wer dies nachlesen möchte: Einzelplan 06 02 Titelgruppe 03.

Dann ist dabei noch zu beachten, dass für diese beiden Minderheiten keine Kosten für die Erstellung von Büchern oder anderen Medien entstehen. Auch die Lehrerausbildung kostet nichts, weil man an dieser Stelle auf das Mutterland zurückgreifen kann. Das alles trifft für die Sorben (Wenden) nicht zu; denn dafür kann einzig und allein nur Deutschland selbst zuständig sein.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Am besten, wir würden hier im Landtag dem Memorandum zur weiteren Existenz des sorbischen Volkes in der Bundesrepublik zustimmen und dies zur Grundlage der weiteren Arbeit machen. Das geht nicht, also: Nehmen Sie unseren Antrag und stimmen Sie ihm zu! Dann stimmt die Richtung wieder und die Sorben (Wenden) -Politik erreicht wieder ein vertretbares Niveau.

Der Entschließungsantrag der Koalition ist zumindest unschädlich, eventuell sogar innerbetrieblich in der Koalition hart erkämpft. Die Richtung stimmt, und zum Glück wird die Begründung nicht umgesetzt; denn eine Laufzeit von fünf Jahren ist zu kurz. Es geht eben nicht um einen ungekürzten Finanzierungsanteil Brandenburgs, sondern darum, dass Sachsen und Brandenburg mehr zahlen müssen, wenn wir uns gegenüber dem Bund nicht durchsetzen können. Das ist die Problematik der gegenwärtigen Lage. - Ich bitte Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Für die SPD-Fraktion erhält die Abgeordnete Dr. Münch das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich, Herr Dr. Hoffmann, bedauere sehr, dass wir nach wie vor kein endgültig abgeschlossenes Finanzierungsabkommen für die Stiftung für das sorbische Volk haben. Ich würde mir auch wünschen, die heutige Debatte wäre nicht nötig. Ich denke aber, dass Sie mit Ihrem Antrag der Sache letztlich keinen guten Dienst erweisen; denn es geht nicht darum, uns katholisch zu reden; denn die Landesregierung bemüht sich ausdrücklich darum - das wurde hier wiederholt dargestellt -, dieses Finanzierungsabkommen endlich zu schließen. Die Bedingung für die Aufhebung der Sperre, die bei uns im Haushalt steht, ist die, dass dieses Finanzierungsabkommen geschlossen wird. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass es im Laufe der nächsten Monate - bis zur Sommerpause - tatsächlich dazu kommt.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Bis zur Sommer- pause?)

Richtig ist natürlich, dass der Druck auf den Bund erhöht werden müsste. Insofern sollten Sie Ihre Rede Ihren Kollegen im Bundestag geben, damit sie das an die zuständigen Stellen tragen; denn Brandenburg ist nicht das Problem. Brandenburg steht zur Höhe seiner Zahlung und hat klar gesagt, es werde ein Automatismus erfolgen. In dem Moment, in dem das Finanzierungsabkommen geschlossen ist, steht das Geld in voller Höhe zur Verfügung.

In Ihrer Kleinen Anfrage haben Sie mehrere Dinge nachgefragt, die letztlich aus den Gutachten des Bundesvermögensamtes und des Bundesrechnungshofs resultieren. Auch an den Antworten müssen Sie erkennen, dass die Landesregierung die Bemühungen des sorbischen Volkes in der Stiftung für das sorbische Volk ausdrücklich würdigt, auf diese Anregungen einzugehen, und dass vieles von den kritisierten Bedingungen bereits angegangen und umgesetzt wurde. In der Sitzung unseres zuständigen Finanzausschusses wurde dargestellt - auch von Herrn Suchy -, dass im Grunde diese Anregungen aufgegriffen und angegangen wurden. Das wird von der Landesregierung ausdrücklich gewürdigt, das können Sie ihrer Antwort entnehmen.

Lassen Sie mich kurz etwas zu Ihrem Antrag sagen. Punkt 4 in Ihren Forderungen verwundert mich sehr. Darin bitten Sie die Vertreter des Landes Brandenburg, Einfluss darauf zu nehmen, dass die Zuwendungen in hoher Qualität und Effizienz eingesetzt werden. Was soll das denn bedeuten? - Darunter kann man sich im Umkehrschluss nur vorstellen, dass es bisher so nicht erfolgt ist. Das ist, denke ich, im Grunde fast schon eine Kränkung der Stiftung für das sorbische Volk bzw. eine Unterstellung, dass man dies bis jetzt so nicht getan hat. Dem ist nicht so. Sie selbst sitzen in dem entsprechenden Gremium.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Kaiser?

Frau Münch, wenn Sie jetzt der Auffassung sind, dass wir mit diesem Antrag der Sache der Sorben (Wenden) keinen guten Dienst erwiesen haben, wäre es besser gewesen, die Sorben (Wenden) in eigener Sache sprechen zu lassen. Können Sie mir bitte die Argumente erklären, mit denen in Ihrer Fraktion die Erteilung des Rederechts für den Vorsitzenden des Rates für sorbisch (wendische) Angelegenheiten hier im Parlament abgelehnt wurde?

(Dr. Niekisch [CDU]: Das ist keine Frage! - Frau Schier [CDU]: Das ist keine Frage zur Sache!)

Dabei handelt es sich um einen demokratischen Präsidiumsbeschluss, den ich hier nicht weiter zu kommentieren habe.

(Frau Schier [CDU]: Richtig!)

Ich denke, es schadet letztlich nichts in der Sache, da wir alle hinter dem Anliegen der Sorben-Stiftung stehen und wir das sorbische Volk weiter in der bisherigen Höhe unterstützen möchten. Insofern geht es nicht darum, dass man jemandem das Rederecht verweigert, weil man das Anliegen nicht erkennt. Es handelt sich, wie gesagt, um einen Präsidiumsbeschluss und nicht um einen Fraktionsbeschluss.

Ich möchte zu unserem Antrag zurückkommen. Der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen enthält alle drei entscheidenden Punkte. Es geht darum, auf die Bundesregierung mit Nachdruck hinzuwirken, dass zügig ein Finanzierungsabkommen geschlossen wird, die erforderliche finanzielle Ausstattung vorhanden ist und es zu einer ungekürzten Bundesförderung kommt. Das sind die Punkte, um die es geht. In diesem Haus haben wir mehrfach darüber gesprochen, wie wichtig es uns ist, die Kultur und das sorbische Volk zu fördern. Das Land Brandenburg hat in den letzten Jahren unter Beweis gestellt, dass es mit seiner Finanzierung nicht in dem Maße zurückgegangen ist, in dem das nach dem ursprünglichen Finanzabkommen möglich gewesen wäre. Ich weiß auch, die zuständige Ministerin setzt sich intensiv dafür ein, dass es zu einem Abschluss dieses Finanzierungsabkommens kommt. Insofern, denke ich, wäre es günstiger gewesen, nicht mit einem Antrag im Plenum Forderungen zu stellen, die etwas fragwürdig sind, sondern in dem gemeinsamen Bemühen fortzufahren, wie wir es bisher gehandhabt haben.

Vielleicht noch einen letzten Satz zu den Ereignissen im Stiftungsrat: Menschlich kann ich es sehr gut verstehen, dass die Vertreter der Sorben den Stiftungsrat verlassen haben, weil sie zu Recht empört darüber sind, was der Bund ihnen vorgeschlagen hat. In der Sache ist es jedoch nicht sehr hilfreich. Wir werden nur vorankommen, wenn wir weiter verhandeln und die Bedingungen tatsächlich erfüllt sind - diese sind erfüllt -, wenn man das weitervermittelt und wir gemeinsam den Bund davon überzeugen, wie wichtig es ist, das sorbische Volk mit den Mitteln in der bisherigen Höhe weiter zu fördern. Dazu stehen wir, und deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zum Entschließungsantrag. - Danke.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die DVU-Fraktion erhält der Abgeordnete Nonninger das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere DVU-Fraktion möchte hier mehr Sachlichkeit anmahnen; denn bei allen Problemen ist die Aussage, dass die Existenz des sorbischen Volkes auf dem Spiel steht, wohl etwas zu hoch gegriffen. Zudem brauchen wir keine Feststellungen, wie sie im Antrag unter Punkt 1 bis 5 dargestellt sind. Die Grundlagen sind klar; denn in ihrer Verfassung garantieren sowohl das Land Brandenburg als auch das Land Sachsen den Sorben und Wenden die Pflege der sorbischen Sprache, Kultur und nationalen Tradition sowie den Schutz und die Erhaltung der sorbischen Identität. Nicht zu vergessen ist der Einigungsvertrag aus dem Jahr 1990 mit seinem Artikel 35.

Natürlich geht es letztlich immer um die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel. Eines steht fest: Planungssicherheit auch über einen längeren Zeitraum ist eine unbestrittene Notwendigkeit. Dennoch kann man einem Antrag wie diesem nicht uneingeschränkt seine Zustimmung erteilen. Unter anderem unterstellen Sie in Punkt 5 der deutschen Bevölkerung Ressentiments gegen die sorbische Minderheit und der Bundesregierung, diese Ressentiments gegen die Sorben zu verstärken. Was meinen Sie eigentlich? Von welchen Ressentiments sprechen Sie? - Wenn es diese gäbe, wäre dies mit Sicherheit ein Thema im Ausschuss, das wir gern behandeln können.

Auch kann wohl kein Haushaltspolitiker Ihren Forderungen zustimmen, dass der Stiftung für das sorbische Volk zukünftig öffentliche Mittel in der Höhe zur Verfügung gestellt werden sollen, wie sie von den Sorben und ihren Verbänden zur Erfüllung des Stiftungszweckes als unverzichtbar bezeichnet werden. Meine Damen und Herren, Blankoschecks haben wir hier nicht zu verteilen. Es geht nicht, dass die Empfänger allein über die Höhe der Zuwendung entscheiden können.

Im Übrigen erinnere ich mich noch gut an die Anhörung im Haushaltsausschuss, bei der ich den Vertretern der Sorbenverbände die Frage nach Möglichkeiten eigener Einnahmeverbesserungen gestellt habe. Leider kam diesbezüglich von den entsprechenden Vertretern nichts.

Sehr anrüchig erscheint uns die Formulierung im angehängten Memorandum. In diesem wird unter anderem im letzten Satz des ersten Abschnitts bezüglich der Sorben von einer stetig abnehmenden Zahl durch Assimilation und Germanisierung gesprochen. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die DVUFraktion erachtet es als notwendig, eine ausreichende Finanzierung mit allen Seiten abzusichern, damit alle damit leben können. Zweifelsohne gab es in letzter Zeit einige Ungereimtheiten seitens der Bundesregierung, die keinen klaren Kurs fährt und damit unberechenbar wird.

Unserer DVU-Fraktion erscheint es aber auch sehr fragwürdig, wenn die Vertreter der Sorben ihre Mitglieder im Stiftungsrat einfach abziehen.

(Zuruf von der SPD)

So lassen sich die aufgetretenen Fragen und Probleme sicherlich nicht lösen.

Noch eine Anregung möchten wir allen Seiten mit auf den Weg geben. Es geht letztlich um eine ganze Region, in der Sorben und Deutsche leben. Es ist eine Region, die von einer katastrophalen wirtschaftlichen Situation geprägt wird. Somit reicht es eben nicht, nur über eine nicht geklärte Finanzierung der sorbischen Verbände zu reden, es muss gleichzeitig über die gesamte Situation der Gesellschaft im betreffenden Siedlungsraum gesprochen werden.

(Beifall bei der DVU)

Der Abgeordnete Dr. Niekisch setzt die Debatte für die CDUFraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich werbe für unseren Entschließungsantrag im Sinne der Sache, im Sinne der Kultur, der Finanzierung der Sorben und Wenden in Deutschland und bei uns im Land Brandenburg. Denn da wird klar gesagt, zu welcher Verantwortung wir stehen, dass die Bundesrepublik Deutschland, der Bund und der Bundestag, Vorbehalte aufgeben, schnell prüfen und die Zahlungen in Gänze wieder freigegeben werden; denn, meine Damen und Herren, es gibt eigentlich keine richtige Finanzierungslücke. Der Freistaat Sachsen steht zu seinen Verpflichtungen, das Land Brandenburg zahlt in Tranchen die vollen Beträge, und auch die Bundesrepublik Deutschland zahlt in Zwölftelschritten den vollen Betrag. Trotzdem ist es richtig: Wir haben eine Aufforderung und eine Entschließung, damit das zügiger und damit besser und rechtssicherer ist.

Aber, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE - ich wiederhole das ungern -, dass Sie sich ausgerechnet von der DVU vorhalten lassen müssen, dass die Existenz des sorbischen Volkes in der Bundesrepublik Deutschland in Gefahr ist, ist harter Tobak im Interesse der weiteren Existenz. Dass Sie schreiben, dass die Bundesregierung durch die Nichtvorlage einer Stellungnahme zum Prüfbericht des Bundesrechnungshofes im März 2007 in der deutschen Öffentlichkeit vorhandene Ressentiments gegen die Minderheit verstärkt, ist, wie ich finde, fast schon verhetzend. Das ist jenseits des demokratischen Konsenses. Ich kenne in der breiten Öffentlichkeit Anerkennung und sehr viel Respekt. Das ist doch das, was wir durch die DDR-Geschichte und die Bundesrepublik Deutschland in den letzten vierzig, fünfzig Jahren gelernt haben: dass sie anerkannt und geschätzt werden. Eine Ausfransung der Ränder auf radikaler Seite brauchen wir nicht mit der deutschen Gesellschaft in Einklang zu bringen oder zu identifizieren. Diese Dinge lassen immer wieder Zweifel an Ihrer Seriosität und an einer realistischen menschlichen Betrachtung dieser Probleme aufkommen.