Protocol of the Session on April 10, 2008

Kriminalitätsatlas für das Land Brandenburg

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/6093

Für die DVU-Fraktion eröffnet der Abgeordnete Claus die Debatte.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Gerade im Sicherheitsbereich tut Aufklärung not. Die kriminalpolitischen Entwicklungen, insbesondere das Verhältnis der Zunahme sozialer Probleme zur Kriminalität, vor allem aber die zunehmende Angst der Bürger vor Kriminalität erfordern wirkungsvolle Reaktionen, um die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger weiterzuentwickeln. Das Land Brandenburg zu einem noch sichereren Land zu entwickeln ist ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor auch für die wirtschaftliche Entwicklung, meine Damen und Herren. Die vorhandenen Probleme müssen möglichst vor Ort gelöst werden, und dafür ist ein hohes Maß an Informationen über die örtliche Sicherheitslage erforderlich.

Durch die fortschreitende Beobachtung tendenzieller Kriminalitätsentwicklung in deren Bezug zu vorhandenen sozialen Strukturen ist es möglich, gezielte raum- und zeitbezogene Kriminalitätsprävention als Beitrag zum Abbau kriminalitätsbegünstigender Faktoren zu initiieren. Ein Kriminalitätsatlas kann dazu einen entscheidenden Beitrag leisten; das sagte auch Innenminister Schönbohm.

Die Entwicklungstendenz der zunehmenden Gewaltbereitschaft junger Menschen, der Eigentumsdelikte und Drogenkriminalität ist nicht nur für urbane Zentren spezifisch, sondern eine Erscheinung unserer modernen Gesellschaft auch in einem Flächenland wie Brandenburg. Insbesondere Straßenkriminalität kann durch eine gut funktionierende Kriminalitätsprävention und dadurch, dass eine bessere, flächendeckende Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger stattfindet, verringert und deren Ursache teilweise bekämpft werden.

Kriminalitätsprävention ist nicht nur Aufgabe der Polizei, sondern wir als DVU-Fraktion sehen dies als gesellschaftliche Aufgabe an. Letzteres erfordert neben dem Dialog und dem Arrangement aller gesellschaftlichen, politischen und staatlichen Bereiche vor allem das Engagement der Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg. Grundvoraussetzung dafür ist allerdings ein Höchstmaß an Informationen wenigstens zu den Kriterien, die wir in unserem Antrag benannt haben.

Weil sich ein Kriminalitätsatlas nicht nur an Polizei und Sicherheitsbehörden richtet, sondern primär der Aufklärung der Bevölkerung dient, reichen die üblichen polizeilichen Kriminalitätsstatistiken in ihrer abstrakten Form nicht aus. Eine gesellschaftsübergreifende Kriminalitätsprävention ist nur möglich, wenn ein entsprechendes soziales Engagement zur Verbesserung der inneren Sicherheit gefördert wird. Hierfür ist ein Maß an Informationspolitik im Bereich der inneren Sicherheit erforderlich und anhand der vorhandenen Informationen auch leicht machbar. Das zeigen die Erfahrungen anderer Bundesländer bzw. Kommunen, die bereits einen Kriminalitätsatlas haben und damit arbeiten, so zum Beispiel der Freistaat Sachsen Innenminister Schönbohm sagte schon, dass es mit Brandenburg vergleichbar sei -, Hamburg oder Erfurt.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der DVU)

Für die Koalitionsfraktionen spricht die Abgeordnete Stark.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist denn das Ziel dieses wirklich überflüssigen DVU-Antrags? Ein Kriminalitätsatlas. Wollen Sie in gedruckter Form auf lange Zeit ganze Regionen dieses Landes abstempeln, ihnen bestimmte Kriminalitätsfelder zuordnen, um auch auf diese Weise letztlich wieder den Rechtsstaat zu unterhöhlen? Die Frage muss gestellt werden.

(Beifall bei der SPD - Schulze [SPD]: Das ist des Pudels wahrer Kern!)

- Das ist des Pudels wahrer Kern!

Die Bevölkerung des Landes Brandenburg ist in der Regel viel weiter, als Sie womöglich zur Kenntnis nehmen. Sehen Sie die Karte, die ich hier hochhalte? Das sind die Schutzbereiche des Landes Brandenburg. Wir können - die Brandenburgerinnen und Brandenburger tun dies ausgiebig - die polizeilichen Kriminalitätsstatistiken sowohl im Internet als auch regelmäßig in den Tageszeitungen lesen; gestern beispielsweise für den Landkreis Barnim. Sie bilden im Übrigen nicht nur die Zahlen ab, wie Sie es gerade sagten, sondern klären auch über Ursachen auf und zeigen Handlungsoptionen auf.

Ihr Antrag ist wie sehr viele Ihrer Anträge überflüssig. Insofern kann ich allen nur empfehlen, den Antrag abzulehnen. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Es spricht der Abgeordnete Scharfenberg.

Frau Stark hat das Notwendige gesagt. Ich verzichte.

(Beifall bei der SPD)

Die Landesregierung hat auch das Empfinden, dass das Notwendige gesagt ist, und verzichtet auf einen Redebeitrag. - Das Wort erhält noch einmal der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Mich verwundert es schon sehr, wie wenig sich die Koalitionsfraktionen für die Verhältnisse im Land Brandenburg interessieren. Zumindest von den Kolleginnen und Kollegen der CDU hätte ich etwas anderes erwartet. Ich hätte zumindest erwartet, dass sie darauf antworten. Schließlich hat die Berliner CDU den dortigen Polizeipräsidenten aufgefordert, die Schwerpunkte der Kriminalitätsbekämpfung anhand eines Kriminalitätsatlasses offenzulegen, der alle Straftaten geografisch aufschlüsselt.

Ihre Parteikollegen in Berlin, meine Damen und Herren von der CDU, sehen darin sehr wohl ein geeignetes Mittel, um die

Öffentlichkeit für besonders durch Straftaten belastete Orte zu sensibilisieren.

Gerade in einer Zeit der knappen Kassen und des vom Innenministerium betriebenen Personalabbaus auch bei der Polizei ist es umso erforderlicher, das Sicherheitsbewusstsein in der Bevölkerung zu fördern.

Da sind die CDU-Parlamentarier in Berlin wohl etwas fortschrittlicher als Sie, meine Damen und Herren von der CDU im Landtag Brandenburg. Immerhin haben sie erkannt, dass ein Kriminalitätsatlas mit Benennung von Kriminalitätsschwerpunkten auch Rückschlüsse auf notwendige Personalstärken der Polizei erlaubt, was - dafür müssten sich die Herren Innenminister und so auch unser Innenminister besonders interessieren - auch Entscheidungen über Verstärkungen der einzelnen Polizeiabschnitte leichter möglich macht. Dann kann man nämlich leichter entscheiden, wohin man mehr Polizeikräfte setzt und wohin nicht.

(Zuruf von der SPD: Das kann man auch so!)

Die Erfahrung von Recht und Sicherheit und Ordnung im eigenen Landesumfeld ist ein elementares Bedürfnis unserer Menschen. Aufgrund ihrer zugewiesenen Aufgaben wird die Polizei primär für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in die Verantwortung genommen. Das wissen Sie ebenfalls. Denn über wen meckert man rum? - Wir meckern dann alle über die Polizei.

Doch die Polizei allein kann für die Befriedigung dieser Bedürfnisse unserer Bürger nicht genügend Sorge tragen, meine Damen und Herren. Das Gewährleisten von Sicherheit und das Aufrechterhalten der öffentlichen Ordnung lässt sich nicht allein auf die Schultern der Polizeibeamten stützen, sondern ist als eine gesellschaftliche Aufgabe zu verstehen, bei der jeder Einzelne von uns seinen richtigen Beitrag zu leisten hat und auch leisten kann. Hier sind vor allem bürgerschaftliches Engagement und Zivilcourage gefragt, aber auch ein wachsendes Vertrauensverhältnis und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Bürgern und Polizei.

Wir als DVU-Fraktion nehmen das ernst, meine Damen und Herren. Wir haben begriffen, dass es für eine effektive Kriminalitätsbekämpfung eben nicht genügt, nur einmal im Jahr wie diesmal wieder am 21. Februar 2008 geschehen - eine polizeiliche Kriminalitätsstatistik zu veröffentlichen, die im Wesentlichen nur Fallzahlen - im Jahresvergleich einiger Deliktfelder - aufzeigt, der sich von interessierten Bürgern jedoch nicht entnehmen lässt, wo die Kriminalitätsschwerpunkte liegen und welche Beziehungen diese zum sozialen Umfeld und zu sozialen Entwicklungen aufweisen.

Die Brandenburger Bürgerinnen und Bürger haben das gleiche Recht auf Information wie die Berliner Bürger, denn sie haben die gleichen Informationsbedürfnisse. Deshalb bitte ich noch einmal um Zustimmung zu unserem Antrag.

Zum Schluss noch ein Vorschlag - Sie können ja sicherlich ins Internet gehen -: Lesen Sie doch einmal die „Berliner Morgenpost“. Dort steht zum Beispiel: CDU fordert Berliner Kriminalitätsatlas. Oder gehen Sie auf „Dresden Online“. Dort steht: Seit 1999 gibt es einen Kriminalitätsatlas. - Sie wissen, Dresden ist Sachsen, und der Innenminister hat gesagt, Sachsen

könne man mit Brandenburg vergleichen. Dort können Sie vieles nachlesen, was dort auch zum Kriminalitätsatlas steht.

Also, meine Damen und Herren, stimmen Sie unserem Antrag zu! - Danke schön.

(Beifall bei der DVU)

Meine Damen und Herren, die DVU-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrags in Drucksache 4/6093 an den Ausschuss für Inneres. Wer dem zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist ohne Enthaltungen mit übergroßer Mehrheit abgelehnt.

Ich lasse dann über den Antrag in der Sache abstimmen. Wer dem Antrag in Drucksache 4/6093 Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist ohne Enthaltungen mit übergroßer Mehrheit abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Im Interesse der weiteren Existenz des sorbischen Volkes in der Bundesrepublik Deutschland: Die Stiftung für das sorbische Volk angemessen finanzieren!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Außerdem liegt Ihnen in Drucksache 4/6132 ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen vor.

Wir eröffnen die Debatte mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Es spricht der Abgeordnete Dr. Hoffmann. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Jahre 1991 wurde die Stiftung für das sorbische Volk gemeinsam vom Bund und den Ländern Sachsen und Brandenburg gegründet. Die Aufgabe dieser Stiftung ist ziemlich klar: Es geht darum, die sorbische (wendische) Kultur und Sprache durch Förderung von Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen langfristig zu bewahren und zu finanzieren.

Die Höhe der Zuwendungen, die ausgehandelt wurde, hat mit den Aufgaben zu tun und ist daran zu messen. Sie hat nicht davon abhängig zu sein, wie die gegenwärtige Kassenlage ist.

Die Bezugsgröße war 1998, dass jährlich 16 Millionen Euro gebraucht werden, um die Aufgaben zu erfüllen. Heute sind es nach seriösen Schätzungen mindestens 16,4 Millionen Euro.

Dazu gibt es auch einen einstimmig gefassten Beschluss des Parlamentarischen Beirates der Stiftung für das sorbische Volk, dem aus diesem Hause Frau Dr. Münch und ich angehören.

Am 31. Dezember lief das 1998 geschlossene Finanzierungsabkommen aus. Nun können wir uns drehen und wenden, wie wir wollen: Drei Regierungen haben hier versagt und haben bis heute kein neues Finanzierungsabkommen vorgelegt. Nun könnte man sagen: Das ist nicht weiter schlimm. Wenn wir es gründlich machen wollen, dann dauert es eben etwas und wird dafür umso besser. - Aber daran kann heute niemand mehr glauben.

Im Gegenteil! Die Versuche, den Sorben (Wenden) die Schuld an der entstandenen Situation zu geben, steigerte sich zur Unverschämtheit - besonders beim Bund.

Dass Sie zum heutigen Tagesordnungspunkt dem Sorben (Wenden) -Rat, einer Einrichtung des Landtages, nicht einmal Rederecht gewähren, hat selbst mich überrascht,

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)