Protocol of the Session on April 10, 2008

Sie werden erkennen, dass der LEP B-B Teil eines langfristigen Prozesses ist, der von der Interministeriellen Arbeitsgruppe über die PLAKO bis hin zur Benehmensherstellung im Fachausschuss reicht; dort sind wir gefragt. Das Problem ist nur: Sie verkennen grundsätzlich, dass es sich bei dem Ganzen nicht um ein Gesetz, sondern um eine Rechtsverordnung handelt. Es ist kein Regelungsgegenstand dieses Parlaments. Deshalb bitte ich Sie, den Antrag abzulehnen. Er ist sachlich völlig unbegründet und kommt zur Unzeit. Unser Fachausschuss ist jederzeit informiert worden. Im Benehmen mit dem Minister werden wir auch das weitere Verfahren gestalten. Dabei kommt es zu einer Abwägung zwischen allen Interessengruppen, sowohl im Land als auch mit Berlin. Ich gehe davon aus, dass die kommunale Ebene unseren - dann wahrscheinlich abgestimmten - Bericht in Gänze mittragen wird.

(Beifall bei SPD und CDU)

Die Abgeordnete Hesselbarth setzt für die DVU-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Gregor-Ness, das neue Leitbild ist ja das Problem. Wir sind der Meinung: Das verfassungsmäßige Ziel der dezentralen Konzentration muss erhalten bleiben. - Das hat die Fraktion der DVU als Entgegnung zu dem sogenannten neuen Leitbild der Landesregierung immer und immer wieder gesagt; dabei bleiben wir auch.

Diese Kritik gilt für alle Politikbereiche, sei es die Wirtschafts-, die Arbeitsmarkt-, die Bildungs-, die Kultur- oder eben die Infrastrukturpolitik. Deshalb sagen wir als DVU-Fraktion heute nochmals: Die bisherigen Grund- und Kleinzentren müssen erhalten bleiben. Eine Abschaffung dieser Ebene der zentralen Orte

(Frau Gregor-Ness [SPD]: Die Orte schafft niemand ab!)

durch Übertragung von deren Aufgaben entweder auf die Mittelzentren oder direkt auf die Städte, Gemeinden und Ämter führt zu einer weiteren verwaltungsmäßigen und infrastrukturellen Ausdünnung unseres Landes, insbesondere der berlinferneren Regionen. Daher lehnen wir den bisherigen Entwurf des Landesentwicklungsplanes, der nur auf den Speckgürtel rund um Berlin und einige sogenannte Wachstumskerne setzt, allein schon aus grundsätzlichen Erwägungen ab.

Bisher gibt es im Land 152 sogenannte zentrale Orte, von denen sage und schreibe 115 Grund- und Kleinzentren sind. Im Entwurf des neuen Entwicklungsplanes sind diese komplett gestrichen. Im Zuge der gemeinsamen Landesplanung haben Sie sich, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, mit Ihren Berliner Kollegen verwaltungs- und auch infrastrukturpolitisch auf das neue Leitbild geeinigt. Geld für Infrastruktur gibt es demnach nur noch für die Hauptstadtregion, die vier kreisfreien Städte, die - zukünftig - 34 Mittelzentren sowie für 16 Orte, die sich die Funktion als Mittelzentrum teilen. Scharfe Kritik an der Landesplanung hat daher - neben vielen Bürgermeistern und Gemeindevertretungen - insbesondere der Brandenburgische Städte- und Gemeindebund geübt.

Dessen Geschäftsführer, Herr Böttcher, erklärte, der bisherige Ansatz, unterhalb sogenannter Mittelzentren keine weitere Ebene vorzusehen, sei gescheitert. Die Entfernungen zu wichtigen Einrichtungen des täglichen Lebens seien gerade für eine immer älter werdende Bevölkerung zu groß. Das bedeutet für die dort lebenden Menschen längere Wege zu Ärzten, Verwaltungen oder Bildungseinrichtungen. Herr Böttcher sprach bei einer Konzentration auf wenige Mittelzentren von - so wörtlich „weißen Flecken“ auf der Landkarte Brandenburgs, die dann infrastrukturpolitisch entstünden.

Einen offenen Brief an die Landesregierung und den Berliner Senat, ausgehend vom Brandenburgischen Städte- und Gemeindebund, hatten allein bis Ende letzten Jahres über 170 Städte und Gemeinden unterschrieben. Dem können wir uns als DVU-Fraktion nur anschließen, und, meine Damen und Herren von links außen: Wir waren die Ersten, die diese Konzentrationspolitik der Landesregierung kritisiert haben. Demzufolge werden wir Ihrem Antrag auch zustimmen.

(Beifall bei der DVU)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Schrey.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die zukünftige Landesplanung in Berlin und Brandenburg ist einer der wichtigsten Meilensteine, den sich beide Länder gesetzt haben - und das trotz der Differenzen über die neue Imagekampagne Berlins und trotz der Diskussionen über eine gemeinsame Wirtschaftsförderung. Schon diese beiden Probleme verraten, dass ein konstruktives Miteinander zwischen Berlin und Brandenburg nach wie vor sehr viel Arbeit bedeutet.

Das gilt auch für die gemeinsame Landesplanung. Ich kann nur erahnen, wie viel Geduld und Ausdauer die Landesplanungsabteilung gehabt haben muss, um auch für Brandenburg zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen. Dafür meine Anerkennung!

Es ist das verbriefte Recht aller Betroffenen, bei einem so wichtigen Verfahren entsprechende Möglichkeiten zu finden, ihre Meinung kundzutun, sei es nun auf Veranstaltungen der kommunalen Spitzenverbände oder, ganz formal, durch die Abgabe ihrer Stellungnahmen an die Landesplanungsabteilung. Das ist in den vergangenen Wochen und Monaten geschehen. Wir sind jetzt in dem Stadium, in dem diese umfangreichen Erklärungen der Städte und Gemeinden gesichtet und ausgewertet werden. Dieser Prozess wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Ich gehe davon aus, dass dies gründlich und genau erfolgen wird. Wir halten aus diesem Grund den vorliegenden Antrag für nicht zielführend, da er zur Unzeit kommt, und lehnen ihn daher ab.

Es ist sicherlich richtig, dass aus den betroffenen Kommunen Widerstand kommt. Diejenigen, die näher an der Kommunalpolitik sind, verspüren das schon seit geraumer Zeit. In vielen Gesprächen mit Bürgermeistern und Amtsdirektoren wurden mir gegenüber die Befürchtungen geäußert, die mit dem Wegfall des Grundzentrumsstatus einhergehen. So gehen die betroffenen Bürgermeister davon aus, dass aufgrund dieses Verlustes zukünftig Genehmigungen für den Bau von Altersheimen, Schulen und anderen wichtigen Einrichtungen nicht mehr gegeben werden. Hier sehe ich durchaus noch Diskussionsbedarf. Allerdings sollten wir erst die Auswertung der Stellungnahmen abwarten. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Minister Dellmann spricht für die Landesregierung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Diskussion, die wir richtigerweise auch zur Landesplanung haben, verknüpft der eine oder andere eine Argumentation, die höchst gefährlich ist, dass nämlich die Landesregierung die ländlichen Räume angeblich abhängen werde. Ich habe wirklich die ganz herzliche Bitte, dass all diejenigen, die sich in die Diskussion einmischen, nicht das Signal hinaus

tragen, dass mit der Landesplanung irgendein Teil dieses Landes abgehängt wird;

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

denn es ist das Schlimmste, wenn zum Teil sogar Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sagen, wenn ihr Ort kein Zentrum mehr sei - egal, ob Klein- oder Grundzentrum -, werde er angeblich abgehängt. Die Realität und gerade die Programme des Kollegen Dr. Woidke sprechen genau die gegenteilige Sprache. - Ich bin sehr froh, Herr Heinze, dass Sie das in Ihrem Redebeitrag nicht gemacht haben.

Sie haben mit Ihrem Antrag die Idee, eine Evaluierung in Auftrag zu geben. Aber eine solche Evaluierung ist im gesamten Prozess der Landesplanung selbstverständlich bisher auch durchgeführt worden. Wenn man die Überlegung anstellt, was für eine Landesplanung man machen will, dann halte ich sehr viel davon, dass man das sehr, sehr ehrlich macht.

Wir alle wissen, dass das sehr stark gegliederte Zentrensystem nicht mehr funktioniert hat. Wenn ich in andere Bundesländer schaue, nach NRW oder Rheinland-Pfalz, stelle ich fest, dass es dort Modelle gibt, bei denen jede Gemeinde als Grundzentrum ausgewiesen worden ist. Ich stelle mir dann allerdings die Frage: Wenn die Gemeinden alle diese Aufgaben übernehmen, wozu muss man dann noch die Funktion, den Titel eines Grundzentrums mit verleihen?

Deshalb ist die Argumentation des Kollegen Böttcher inzwischen ausgesprochen zwiespältig. Dazu darf ich einmal Punkt 6 des Beschlusses des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, uns im Februar 2005 zugestellt, zitieren - ich stelle es auch gern zur Verfügung -:

„Nach der Gemeindestrukturreform ist davon auszugehen, dass die amtsfreien Städte und Gemeinden auch im äußeren Entwicklungsraum mit dauerhaft mehr als 5 000 Einwohnern in ihrem Gemeindegebiet den Grundbedarf der Bevölkerung bedienen können. Gleiches gilt für den Bereich der Ämter.“

Das ist die Kernaussage dieses Beschlusses.

Herr Heinze, wenn Sie sich den Entwurf der Landesplanung, Punkt 2.4, einmal anschauen, werden Sie feststellen, dass darin sinngemäß das Gleiche steht. Er lautet nämlich:

„Die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des Grundbedarfs soll innerhalb der amtsfreien Gemeinden und innerhalb der Ämter für die amtsangehörigen Gemeinden abgesichert werden.“

Es ist sinnvoll, auch einmal in die Kommunalverfassung zu schauen. Dort ist in § 2 Abs. 2 das Gleiche geregelt.

Ich habe sehr viele Diskussionen geführt. Als Beispiel nehme ich hier einmal die Veranstaltung in der Stadt Rheinsberg. Ich habe dort an der großen Veranstaltung, die vom Städte- und Gemeindebund leider nur sehr einseitig besetzt war, teilgenommen, habe mich fünf Stunden der Diskussion gestellt. Von Ihnen waren auch Kolleginnen und Kollegen anwesend. Rheinsberg war „Amt Rheinsberg“, und jetzt es „Stadt Rheinsberg“. Wo sind die Funktionen in der Stadt Rheinsberg, die es recht

fertigen würden, einen gesonderten Zentrumsstatus zu erhalten? - Selbstverständlich hat Rheinsberg im Bereich Tourismus, Fremdenverkehr auch brandenburg-, deutschlandweite Bedeutung. Das gilt aber auch für Bad Saarow, meine Heimatgemeinde Wandlitz und andere. Die Frage ist aber: Ist das wirklich eine Rechtfertigung dafür, nun für die Stadt Rheinsberg oder für Bad Saarow einen gesonderten Titel auszuweisen? Denn nach der Gemeindebildung haben sie die Funktionen der Grundversorgung, der Daseinsvorsorge zu erfüllen. Ich halte überhaupt nichts davon, aus rein populistischen Gründen denen dann noch einen Titel zu verleihen, sondern orientiere auf ein starkes Maß an Ehrlichkeit.

Manche Bundesländer haben es sich einfach gemacht. Ich greife noch einmal das Beispiel Rheinland-Pfalz oder NRW auf. Damit sie politisch gesehen ihre Ruhe hatten, haben sie einfach gesagt: Alle diejenigen, die Gemeinden sind, bekommen automatisch den Titel, sind dann halt Grundzentren. Wenn Sie dann aber mal nach NRW gehen, etwa in das Umland von Münster ich rede auch über den ländlichen Raum, wo die Gemeinden zum Teil auch nur 6 000, 7 000 Einwohner haben - und fragen, was das denn konkret heißt, nachdem sie den Titel haben, werden Sie die Antwort erhalten: Das bedeutet gar nichts.

Von dieser Diskussion halte ich also ausgesprochen wenig. Deshalb ist der Ansatz, den wir hier gewählt haben, nicht schlecht. Zurzeit wird das Gemeinsamen Landesplanungsabteilung ausgewertet. Es wird sicherlich einen Überarbeitungsbedarf geben. Aber ich kann aus der Diskussion in Brandenburg bisher nicht erkennen, dass es irgendeine inhaltliche, geschweige denn eine politische Notwendigkeit geben sollte, an diesem System einer ganz klaren Orientierung, nämlich Oberzentren, Mittelzentren und darunter Gemeinden und Ämter, nicht festzuhalten. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Gibt es Bedarf bei der Fraktion DIE LINKE, noch einmal zu reden?

(Heinze [DIE LINKE]: Wie viel Zeit habe ich noch?)

- Drei Minuten.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

- Dann erhält der Abgeordnete Heinze noch einmal das Wort.

Drei Minuten will ich mir nicht entgehen lassen. - Liebe Frau Gregor-Ness, natürlich habe ich nicht den Einblick in das, was alles an Hinweisen gekommen ist. Aber ich habe mir die Mühe gemacht, mir einen Großteil der sachlich fundierten Stellungnahmen anzusehen. Deshalb komme ich zu anderen Ansätzen als Sie. Ich halte es nicht für gut, von vornherein zu sagen: Die wollen nur mehr Geld haben, denen geht es nur um die Einwohnerveredelung. Wenn Sie sich das mal ansähen, was die Leute an klugen Ideen aufgeschrieben haben, dann würden Sie etwas gründlicher herangehen.

Was ich Ihnen zubilligen muss: Es hätte im Antrag natürlich

heißen müssen, „dem Landtag vorzulegen“ und nicht „allgemein vorzulegen“. Das gebe ich gern zu.

Wir wissen, dass wir ein geordnetes Planungsverfahren haben. Ich möchte nicht über die zentralen Orte an sich, sondern über die Strukturen der Daseinsvorsorge, wie sie sich im Land herausgebildet haben, diskutieren. Bei der Erarbeitung des LEP I war die Vorbereitung und auch Mitwirkung der Kommunen über die Regionalen Planungsgemeinschaften wesentlich intensiver. Ich hätte mir gewünscht, dass man die Ergebnisse genommen und eine Bilanz gezogen hätte, was sich entwickelt hat und wo Veränderungen eingetreten sind. Es ging nicht darum, eine Diskussion über den gesamten LEP B-B aufzumachen, sondern darum, dass sich das Hohe Haus aufgrund eines Berichts mit den Strukturen der Daseinsvorsorge beschäftigt.

Nun wird hier stets dem Ansatz gefolgt: Die Nahbereichsversorgung haben wir geregelt; sie ist an eine Einwohnerzahl von mindestens 5 000 in den Ämtern und Gemeinden gebunden. Das sieht in der Praxis jedoch anders aus. Ich bin Regionalrat in der Regionalen Planungsgemeinschaft Oderland-Spree. Dort gibt es nach wie vor Strukturen, die weit über das Gemeindegebiet, wie es sich herausgebildet hat, hinausgehen, aber eben nicht von den im Entwurf vorgesehenen Mittelzentren gedeckt werden. - Das war das Anliegen. Ich bedauere, dass Sie ihm nicht folgen können.

Die Frage des Zentrale-Orte-Systems ist in der gesamten Bundesrepublik in der Diskussion. Es gibt durchaus bemerkenswerte Ansätze, die die Nahbereichsversorgung nicht so sehr an den Gemeindestrukturen festmachen, die zum Teil sehr groß sind, sondern man beachtet Cluster von zentralörtlichen Einrichtungen. Hier muss man nicht unbedingt dem Ansatz des Städte- und Gemeindebundes folgen, sondern es gibt auch Kerne und Zentren, die man durchaus herausnehmen kann. Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland verschiedene Herangehensweisen. Das sollten auch wir uns nicht nehmen lassen. Das Planungsverfahren - so, wie es ist - gibt uns, bei allem Respekt, keine Möglichkeit, darüber noch einmal intensiv zu sprechen.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Damit ist die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt beendet.

Ich stelle den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 4/6091 - LEP B-B - zur Abstimmung. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Kriminalitätsatlas für das Land Brandenburg