Protocol of the Session on February 27, 2008

Bitte, Herr Schulze.

Herr Kollege Christoffers, es kommt mir fast so vor, als ob Sie sich für den Antrag Ihrer Fraktion entschuldigen und rechtfertigen wollen. Aber da will ich jetzt gar nicht nachhaken, sondern möchte nur fragen, ob Sie sich vorstellen können, was diese vier Aktenordner hier sein könnten. Da Sie vermutlich genauso wenig wie ich über prophetische Kenntnisse verfügen - sonst

würden Sie wahrscheinlich Lotto spielen -, will ich es Ihnen sagen: Diese vier Aktenordner beinhalten alle Vorgänge der parlamentarischen Beratung zum Thema Bodenreform.

Wenn ich dann hier lese: „... stellt fest, zu keinem Zeitpunkt damit befasst war“, muss ich Ihnen, werte Kollegen von der Linksfraktion, sagen: Es liegt einfach daran, wie weit man es selbst kommen lässt. Ich finde, wir haben sehr oft darüber gesprochen. Wir haben vielleicht nicht immer nachgefasst.

Wir warten auf eine Frage.

Ich habe ihn ja gefragt, ob er wüsste, was das wäre.

(Abgeordneter Schulze zeigt auf die vier Aktenordner.)

Das war die Frage nicht.

Das war die Frage. Die konnte er nicht beantworten. Ich habe sie ihm dann beantwortet.

Herr Kollege Christoffers, würden Sie mir zustimmen, dass diese vier Aktenordner ein eindeutiger Beleg dafür sind, dass man sich im Parlament mit dem Thema schon befasst hat, wenn vielleicht auch nicht in ausreichendem Maße?

Herr Kollege, dass es vier Aktenordner sind, habe ich durchaus erkannt, um Ihre Frage zu beantworten. Zweitens: Ich selbst habe gesagt: Wir haben uns mehrfach mit der Thematik beschäftigt. Wir haben uns zweimal mit Gesetzentwürfen der damaligen PDS zur Erstellung eines eigenen Bodengesetzes nach § 40 beschäftigt. Wir haben die Debatte über das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz geführt. Herr Schulze, Sie werden in den Unterlagen, die Sie hier zeigen, keinen Beleg dafür finden, dass der Landtag oder die Ausschüsse die Art und Weise des Verfahrens in irgendeiner Art und Weise entschieden oder beschlossen haben.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Ich gehe nicht davon aus, dass Sie ein Verfahren akzeptieren, dulden oder politisch bejahen würden, das dazu führt, dass fünf Monate vor Ende der Frist Haftungsfreistellungen erteilt werden, in denen steht - das ist nachzulesen, Sie kennen sie -, dass die Suche nach weiteren Zeugen entbehrlich ist. Ich sage Ihnen: Ein solches Verfahren ist hier nicht entschieden worden. Ganz im Gegenteil, es gab immer den Hinweis - noch einmal von den Abgeordneten aller Fraktionen, dass die konditionierte Bedingung eine ausreichende Suche nach Erben war und ist. Dazu gab es Nachfragen und Antworten.

Im Nachhinein müssen wir leider feststellen, dass ein Teil der Antworten möglicherweise nicht voll umfänglich die tatsächlichen Entscheidungsprozesse und Abläufe nachvollzogen hat.

Das bedrückt etwas. Diese Vorgänge liegen in der Mitte der 90er Jahre. Ich finde es angemessen, dass der Landtag den einen Punkt für sich einfach einmal feststellt, wonach genau dieser Fakt durch ihn nicht entschieden worden ist. Insofern nimmt diese Antrag auch kein Untersuchungsergebnis vorweg. Der Antrag stellt nur fest: Erstens: Worin war der Landtag selbst involviert? Zweitens: Wir nehmen das, was der BGH gerügt hat, selbstverständlich für uns zur Kenntnis und missbilligen diese Handlungsweisen. Das ist das legitime Recht eines Parlaments und keine Vorwegnahme des Ergebnisses eines Untersuchungsausschusses.

Wenn der Untersuchungsausschuss zu dem Ergebnis kommt, dass auf der Grundlage einer, wie der Minister gerade sagte, systematischen Fehlentscheidung weitere Fehlentscheidungen gefolgt sind, werden wir das auch politisch zu bewerten haben. Das hat doch nichts mit einer Schuldzuweisung zu tun, sondern hat etwas damit zu tun, dass man im Untersuchungsausschuss möglicherweise diese Sachverhalte klären sollte. Unser vorliegender Antrag hat nichts - ich betone das noch einmal - mit einer Vorwegnahme des Untersuchungsergebnisses zu tun. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herr Abgeordneter Dr. Klocksin spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Christoffers, manchmal gibt es Momente, da möchte man sagen: Es ist ein schwerer Gang für den Kollegen, den er macht. Ich hatte eben den Eindruck, dass die Begründung dieses Antrags nicht gewohnt flüssig über die Lippe ging. Das mag damit zu tun haben, dass dieser Antrag nach all dem, was hier verschiedene Redner im Verlauf des heutigen Tages gesagt haben, nicht mehr so richtig hineinpassen will.

Wir haben eben unter dem vorigen Tagesordnungspunkt die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschlossen. Dafür gibt es eine gesetzliche Grundlage. Das ist kein Akt der Gnade, der Güte, des guten Willens oder einer postfeudalen Struktur, sondern es ist das Recht des Landtages - aller Landtage. Das ist überhaupt keine besondere Sache. Die Abgeordneten, die morgen gewählt werden, werden dort ihrer Aufgabe nachgehen. Ich erwarte, dass das mit der notwendigen Nüchternheit geschieht.

(Schulze [SPD]: Unvoreingenommen!)

- Wenn uns das möglich wäre, Kollege Schulze, auch unvoreingenommen. Das hat aber manchmal den Charakter des USamerikanischen Strafverfahrens, bei dem die Geschworenen in ein Zimmer gesperrt werden, weil sie noch nichts vom Thema gehört haben. Das wird kaum möglich sein, selbst einem jugendlichen Landtagsabgeordneten wie mir - gemessen natürlich an der Dienstzeit in diesem Hause - nicht. Dennoch, ich kenne viele Vorgänge nicht, über die heute gesprochen worden ist. Auch die vom Kollegen Christoffers angesprochene Befassung in den 90er Jahren ist mir weder aus der Zeitungslektüre noch aus dem eigenen Erleben vertraut. Schon vor dem Hintergrund, Kollege Christoffers, wäre es vielen hier im Hause kaum mög

lich, eine profunde Stellungnahme zu diesem explizit in Ihrem Antrag genannten Punkt abzugeben. Das sollte man wissen.

Ich glaube aber, dass es darum gar nicht geht. Verlassen wir einmal die Meta-Ebene. Ihrer Fraktion der Partei DIE LINKE, ist doch klar, dass Sie die Regierungsfraktion nicht dazu bringen werden können, die eigene Landesregierung vor Beginn der Arbeiten mit einem solchen Beschluss erst einmal in die Ecke zu stellen. Das wussten Sie. Deshalb ist der Antrag auch so gestellt, dass er natürlich abgelehnt wird - Frau Kaiser, jetzt wollen wir nicht die Unschuldsgeste zeigen. Es geht darum, nach draußen zu argumentieren: Aha, die anderen wollen gar nicht. Sie entziehen sich der Aufklärung. Das ist das Problem der mangelnden Glaubwürdigkeit.

(Frau Alter [SPD]: Genau!)

Dieser „Fensterantrag“, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, trägt nicht dazu bei, die guten Absichten - die ich dem Kollegen Görke, der dem Ausschuss auch angehören wird, gern zurechnen möchte - durch die konkrete Handlung zu unterlegen. Im Gegenteil, hier hat man den Eindruck, es soll sozusagen ein politischer Eigennutz realisiert und keine objektive, entspannte, nüchterne, unbefangene und wie auch immer zu skizzierende Eingangsstruktur in diesem Prozess gefunden werden.

Im Übrigen könnte man auf die einzelnen Begriffe eingehen. So ist hier beispielsweise der bedingungslose Aufklärungswille genannt worden. Nun könnten Sie sagen: Wir nehmen einmal den Ministerpräsidenten beim Wort, der heute Morgen mit seiner Entschuldigung, mit der Entschuldigung der Landesregierung, seine Kooperationsbereitschaft zum Ausdruck gebracht hat - abgesehen davon, dass er das nicht hätte müssen, weil dieser Landtag und dieser Ausschuss handlungsfähig sind. Das ist ein Angebot der Zusammenarbeit zur Aufklärung. Ich bin davon überzeugt, dass wir das nutzen werden.

Ich sitze nicht im Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Ich bin in der Vergangenheit nicht mit dem Thema befasst gewesen. Ich gehe davon aus, dass wir alles das, was das Land gemacht hat, zusammentragen werden. Vielleicht gibt es einen Lernwert, auch wenn keine Gerechtigkeit geschaffen werden kann. Es gibt aber einen Anspruch auf Aufklärung. Daran haben wir alle ein gemeinsames Interesse.

Deshalb war mein Zuruf, als Kollege Christoffers seinen Redebeitrag startete, kein Scherz, sondern ein ernst gemeintes Wort: Bitte ziehen Sie diesen Antrag zurück, denn Sie wissen, er ist ein rein politischer, aber er hat keine Funktion im Sinne der Aufklärung in diesem Verfahren. In diesem Sinne wiederhole ich meine Bitte. - Danke schön.

(Beifall bei SPD und CDU)

Frau Abgeordnete Hesselbarth spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wäre der Landtag in dieser Angelegenheit früher involviert gewesen, hätte möglicherweise ein Teil des Schadens verhütet werden können. Davon sind wir fest überzeugt. Wir gehen davon aus, dass, wenn

man Schätzungen Glauben schenken darf, der finanzielle Schaden allein aufgrund der sprunghaft gestiegenen Bodenpreise besonders in der Gegend um Schönefeld in die Millionen geht. Aus diesem Grunde kommt auch die DVU-Fraktion nicht umhin, dem vorliegenden, aber rein deklaratorischen Antrag der Fraktion DIE LINKE zuzustimmen.

Meine Damen und Herren von links außen, wir sehen, dass Sie aus dem Skandal um die Bodenreform der Landesregierung politisch Kapital schlagen wollen. Gleichzeitig möchte ich es jedoch nicht versäumen, Sie darauf hinzuweisen, dass Sie - mit damaligem Namen SED - es gewesen sind, welche die Bodenreformgrundstückseigner nach der Zwangsgründung der LPGs als Erste enteigneten. Auch dieser Teil der Geschichte dieses Landes sollte nicht in Vergessenheit geraten.

(Beifall bei der DVU)

Herr Abgeordneter Schrey spricht für die CDU-Fraktion.

Wir haben gerade einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der sich mit der komplexen Aufklärung der Abwicklungspraxis im Zuge der Bodenreform in Brandenburg beschäftigen wird. Der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE zeigt sehr deutlich, dass es ihr nicht allein um die Aufklärung der Praxis bei der Übertragung von Bodenreformland in Brandenburg geht. Warum, das hat gerade mein Kollege Klocksin eindeutig erklärt. Sie möchte hier einen Beschluss des Landtages erwirken, der den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses vorgreift und pauschale Schuldzuweisungen feststellt.

Unsere Fraktion hat in den vorangegangenen Redebeiträgen eindeutig dargelegt, dass wir diesen Untersuchungsausschuss unterstützen und nach besten Kräften zur Aufklärung der Vorgänge beitragen werden. Was Sie jedoch unter Punkt 2 Ihres Antrags fordern, ist nichts anderes als eine Vorverurteilung, bevor sich der Untersuchungsausschuss überhaupt konstituiert hat; denn es ist ja nicht klar, ob die darin enthaltene Missbilligung überhaupt ausgesprochen werden soll. Gerade das ist ja der Gegenstand der anstehenden parlamentarischen Untersuchungen.

Auch der dritte Punkt Ihres Antrags, der die Landesregierung auffordert, das Urteil ohne Zeitverzug und mit größter Transparenz umzusetzen, ist schlichtweg überflüssig. Die Landesregierung ist dem Urteil des Bundesgerichtshofs bereits gefolgt und hat die entsprechenden Schritte eingeleitet. Gerade weil die Koalition eine umfassende Aufklärung und einen sorgfältigen Umgang mit den Betroffenen will, gilt es, mögliche Feststellungen oder gar Missbilligungen mit hohem Bedacht zu treffen. Sie wollen mit dem Antrag ein Urteil fällen, bevor die Untersuchung überhaupt begonnen hat.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Das Urteil wurde schon gefällt!)

Wir hingegen wollen eine sachliche und belastbare Grundlage für unsere Entscheidungen und konzentrieren uns nun voll und ganz auf die Arbeit im Ausschuss. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Da die Landesregierung an dieser Stelle Redeverzicht angezeigt hat, erhält noch einmal der Abgeordnete Christoffers von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Klocksin, Sie haben Recht, es ist ein schwieriger Gang; denn die Situation ist mehr als schwierig. Es ist mehrfach darüber berichtet worden, und ich stimme dem zu: Es gibt kein BGH-Urteil, das vergleichbar wäre. - Ich empfinde die daraus entstandene Gesamtsituation wirklich als schwierig. Ich meine, dass daraus tatsächlich Politikverdruss generiert werden kann, und ich meine es ernst, dass niemand, weder Sie, wir noch die CDU, daraus in irgendeiner Art und Weise Stimmen generieren kann, auch wenn Sie das möglicherweise bestreiten. Deswegen finde ich die Gesamtsituation mehr als schwierig, und es fällt mir wirklich nicht leicht, hier zu reden.

Des Weiteren geht es nicht darum, dass wir in der Bewertung etwas vorwegnehmen. Es ist bereits bewertet, das ist ja das Problem. Das BGH-Urteil ist doch in der Wertung eindeutig. Nicht mehr und nicht weniger.

Herr Christoffers, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

Bitte.

Können Sie mir noch einmal deutlich machen, warum wir einen Untersuchungsausschuss einsetzen, wenn nach Ihrer Auffassung der Vorgang durch den BGH abschließend bewertet worden ist?

Teilen Sie meine Auffassung, dass wir in der Öffentlichkeit mit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses wenigstens den Nachweis erbringen, unsere Aufklärungsabsicht durchzusetzen, aber der jetzt gerade vorliegende Antrag, der zumindest in Teilen einen vorverurteilenden Charakter hat, in der Öffentlichkeit eher als Polarisierung wahrgenommen werden könnte und damit der Schaden, den Sie vermeiden wollen, gerade erst ausgelöst wird?

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)