Protocol of the Session on February 27, 2008

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Herr Klocksin, entsprechend dem Untersuchungsgegenstand geht es, wie vorhin beschlossen, nicht um die Bewertung des Verfahrens. Es geht um die Feststellung der Verantwortlichkeit. Ich finde, das ist ein Unterschied.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Nicht der Untersuchungsauftrag bewertet das Verfahren, sondern das BGH-Urteil hat es bereits bewertet. Daran gibt es nichts mehr zu rütteln. Es sei denn, Sie empfehlen der Landesregierung, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Insofern ist die Bewertung des Sachverhalts tatsächlich durch den BGH erfolgt. Der Untersuchungsausschuss hat die Aufgabe festzustellen, wie es dazu kommen konnte und wer dafür eine administrative und möglicherweise auch politische Verantwortung zu tragen hat, um zu verhindern, dass der systematische Fehler, von dem der Herr Finanzminister sprach, möglicherweise wieder auftaucht.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Das ist die Aufgabe, die wir beschlossen haben. Insofern sind es aus meiner Sicht wirklich zwei verschiedene Sachverhalte. Herr Klocksin, ich bin mir bewusst, dass bei einer bestimmten Interpretation, wie Sie sie gerade vorgenommen haben, und zwar derart, dass die Regierungsfraktionen nicht dazu zu bewegen sein werden, vorab einem derartigen Antrag zuzustimmen, hier eine Diktion - allerdings nicht von uns - in die Debatte hineingetragen wird, als wenn es eine Vorverurteilung wäre. Ich sage Ihnen noch einmal: Ich war Mitglied einer Reihe von Untersuchungsausschüssen. Man kann uns wirklich viel vorwerfen. Vorverurteilungen im Ergebnis des Abschlussberichtes kennen Sie nicht.

Außerdem finde ich es völlig legitim, dass sich ein Parlament auch unabhängig von der Landesregierung zu einem Sachverhalt wie dem BGH-Urteil äußert. Ich finde das völlig legitim, und nichts anderes ist der Versuch dazu. Insofern kann ich Sie nur noch einmal bitten, dem Antrag Ihre Zustimmung zu geben. Ich kann Ihnen nur noch einmal eines versichern, weil das vorhin in der Debatte auch eine Rolle gespielt hat - es mag durchaus sein, dass es nach der Sondersitzung des Finanzausschusses, die keine Alibiveranstaltung war, unterschiedliche persönliche und politische Wahrnehmungen dieser Sondersitzung gibt -, ich kann nur noch einmal versuchen, Ihnen deutlich zu machen: Meine Fraktion hat es sich weder mit dem Untersuchungsausschuss noch mit dem Antrag in irgendeiner Form leicht gemacht. Wir wissen darum - zumindest ist das unsere Einschätzung -, dass auch wir dadurch wenig politische Meriten von der Bevölkerung erhalten werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Damit sind wir am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt und ich stelle den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 4/5889 zur Abstimmung.

Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich habe eine Wortmeldung der Kollegin Hartfelder zu einer persönlichen Erklärung zu Ihrem Abstimmungsverhalten im Sinne des § 17 Abs. 2 der Geschäftsordnung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Obwohl mich die in der Öffentlichkeit viel diskutierten Vorwürfe zu den unrecht

mäßigen Praktiken des Landes im Umgang mit dem Bodenreformland und dessen Besitz erschütterten, stimme ich der von der Fraktion DIE LINKE beantragten Missbilligung nicht zu. Ohne die Väter der Fraktion DIE LINKE hätte es dieser rechtsstaatlichen Aufarbeitung von Enteignungen von Bodenreformland überhaupt nicht bedurft. Die Väter der Fraktion DIE LINKE enteigneten 1945 Betriebs- und Bodenbesitzer ohne Ansehen oder Stellung der Betroffenen. Sie prügelten, sperrten ein, verschickten nach Workuta, erniedrigten und vertrieben, und zwar nicht nur Nationalsozialisten, sondern jeden, der unbequem war und nicht in ein kommunistisches Raster passte.

(Beifall bei der CDU)

Ich empfinde Wut, Abneigung und tiefes Unbehagen, wenn ich sehe, wie sich die Söhne und Töchter dieser Enteigner nun in diesem Prozess als Anwälte der Gerächten, der Geschädigten aufschwingen. Da unsere Familie doppelt betroffen ist, weiß ich inzwischen, dass das Unrechtshandeln der Kommunisten nach 1945 durch rechtsstaatliche Versuche nicht mehr zu heilen ist. 17 Jahre läuft der Prozess, den ich in der Familie führe. Es wird bei allen Versuchen, Gerechtigkeit zu schaffen, weiterhin Verlierer geben, meine Damen und Herren, aber der Fraktion DIE LINKE als Rechtsnachfolger der Kommunisten und der SED steht in diesem Bereich keinerlei Wertung zu. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Mit dieser Erklärung schließe ich den Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Bundesratsinitiative zur Entschädigung von Opfern des Verfolgungs- und Vermögensunrechtes in der Sowjetischen Besatzungszone in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 7. Oktober 1949

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/5888 (2. Neudruck)

Die Debatte beginnt mit dem Beitrag der antragstellenden Fraktion. Frau Hesselbarth, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerechtigkeit muss geschaffen werden. Die meisten wissen es nicht. Die übrigen unterdrücken es oder wollen es nicht wahrhaben. In der Wiedergutmachung werden die deutschen Opfer schwerer kommunistischer Menschenrechtsverletzungen gegenüber Opfern des Nationalsozialismus erheblich diskriminiert. Denn anders als die Opfer von DDR-Verfolgungsunrecht, welches mit Vermögensunrecht einherging, oder die NS-Opfer, an welchen ein Vermögensunrecht verübt wurde, wurden die Opfer von Verfolgung in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 7. Oktober 1949, also der Gründung der DDR, deren Verfolgung mit Vermögensunrecht einherging, bis heute nicht entschädigt. Obwohl weder das Grundgesetz noch der Einigungsvertrag diese entschädigungslose Enteignung explizit vorschreiben, erklärte die damalige Bundes

regierung unter Kanzler Kohl, die Fortgeltung dieses Unrechts sei eine Bedingung der damaligen UdSSR-Regierung gewesen, in die Verhandlungen zum Zwei-plus-Vier-Vertrag einzutreten.

Mittlerweile steht fest und wurde vom damaligen sowjetischen Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow auch so erklärt, dass diese Behauptung nicht stimmt. Weder die Regierung der damaligen UdSSR noch die letzte DDR-Regierung stellte eine solche Forderung. Es ist daher fast 18 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung geboten, endlich auch dieses Vermögensunrecht wiedergutzumachen.

Die gesetzlichen Regelungen, die dafür infrage kommen, unterscheiden zwischen Vermögensunrecht - objektbezogen - und Verfolgungsunrecht - personenbezogen -, regeln also getrennte Sach- und Normenbereiche. Für das Vermögensunrecht ist das Vermögensgesetz zuständig; für das Verfolgungsunrecht sind es die beiden Rehabilitierungsgesetze, und zwar das strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz für individuelle Vorwürfe und das verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz für die pauschale Diskriminierung. Zuständig für die Wiedergutmachung von personenbezogenem Verfolgungsunrecht ist für die noch frei verfügbaren Vermögenswerte das verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz bzw. das strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz sowie für nicht mehr frei verfügbare Vermögenswerte, weil beispielsweise bereits verkauft, das Entschädigungsgesetz. Zuständig für die Wiedergutmachung von objektbezogenem Vermögensunrecht ist das Ausgleichsleistungsgesetz.

Diese fünf Gesetze im Zusammenhang mit dem Einheitsvertrag und der gemeinsamen Erklärung über die Eckwerte widersprechen sich nicht, überschneiden sich nicht, sondern greifen systematisch ineinander. Die Gesetzeslage ist daher völlig in Ordnung, nicht aber die Rechtsprechungslage, und zwar deswegen, weil die Gesetzeslage und ihre Systematik ebenfalls immer noch verschleiert werden.

(Beifall bei der DVU)

Es geht dabei insbesondere um die Missdeutung des Satzes 3 in Abs. 1 des § 1 des verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes. Dieser Satz 3 bestimmt und stellt damit nur klar, dass das verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz auf die Maßnahmen, die vom Vermögensgesetz erfasst werden, keine Anwendung findet, und dies gelte auch für jene Fallgruppen, die in Absatz 8 des § 1 des Vermögensgesetzes erwähnt sind.

Das Bundesverwaltungsgericht folgerte jedoch daraus, dass dieser Satz 3 verböte, die Opfer von 1945 bis 1949 zu rehabilitieren, und legte die korrespondierende Bestimmung im Vermögensgesetz so aus, als verböte sie, diesen Opfern ihr damals eingezogenes Vermögen zurückzugeben. Um in Zukunft Gerichte von solchen Auslegungen abzubringen und auch die Opfer von 1945 bis 1949 zu entschädigen, muss daher § 1 Abs. 1 Satz 3 des verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes gestrichen werden. Darüber hinaus ist § 1 Abs. 3 Satz 2 desselben Gesetzes so zu fassen, wie in unserem Antrag formuliert, damit klargestellt wird, dass es sich bei den mit der Boden- und Industriereform im Zusammenhang stehenden Eingriffen in Vermögenswerte um Unrecht handelt, für das entschädigt werden muss.

Die von uns angestrebte Gesetzesänderung dient vor allem der Klarstellung der ohnehin bestehenden Gesetzessystematik und

übergeht den Willen des historischen Gesetzgebers nicht, sondern bringt ihn im Gegenteil klar zum Ausdruck. Die bisherige Benachteiligung der Opfer der sowjetischen Besatzungszeit zwischen 1945 und 1949 beruht gerade nicht auf der Systematik der verschränkten und aufeinander bezogenen Gesetze, sondern im Gegenteil auf deren systemfremder Auslegung. Daher ist es von uns beabsichtigt bzw. mit dieser Gesetzesänderung geboten, den Willen des Gesetzgebers gegen die bislang herrschende Rechtsprechung durchzusetzen. Ich bitte Sie darum, dem vorliegenden Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der DVU)

Der Abgeordnete Schulze spricht für die Koalitionsfraktionen.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bezugnehmend auf den Antrag möchte ich in der Geschichte etwas zurückgehen. Ich erinnere mich gut an die Nacht des 9. November 1989 - ich habe den Abend in Berlin verbracht, weil ich dort studierte - und an das, was uns unglaublich erschien: Die Mauer fiel. Es war ein unglaubliches Ereignis, an das die meisten von uns - auch in der alten Bundesrepublik -, wenn wir ehrlich sind, nicht mehr so recht geglaubt haben.

Man muss geschichtlich ein Stück zurückgehen, in die Zeit der Teilung Deutschlands, des Mauerbaus. Dieses Ereignis ging aus der einzigartigen Katastrophe, die das 20. Jahrhundert geprägt hat, nämlich dem Zweiten Weltkrieg, hervor.

(Beifall der Abgeordneten Wehlan [DIE LINKE])

Wir sollten Ursache und Wirkung nicht miteinander verwechseln. Es ist von Deutschland etwas ausgegangen, was dann wie ein Bumerang zurückgekommen ist und furchtbare Wunden geschlagen hat, zuerst in den Ländern um Deutschland herum und dann in Deutschland selbst. Ich möchte die Opfer nicht gegeneinander aufrechnen. Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben, und jeder, der im Krieg stirbt, ist ein Opfer zu viel. Da gibt es keine ideologischen Fragen.

Nun hatten wir die wunderbare Situation, dass sich Deutschland in Freiheit wiedervereinigt hat und wir ein demokratischer Rechtsstaat geworden sind. 50 Jahre Geschichte in zwei unterschiedlichen Systemen mit Blockauseinandersetzungen waren zu bewältigen. Seien wir ehrlich, bis zum 9. November 1989 und eigentlich auch einige Zeit darüber hinaus waren wir der tagtäglichen Bedrohung eines nuklearen Infernos, durch das sich beide Blöcke vernichten, ausgesetzt. Dass in diesem Zusammenhang Dinge passiert sind, die man nicht gut finden mag, die unrecht sind, ist, denke ich, jedem eingängig. Wir wissen, man kann Geschichte nicht zurückdrehen, man kann Dinge, die passiert sind, nicht ungeschehen machen. In diesem Kontext waren wir froh, dass Helmut Kohl die Initiative ergriffen und ungeachtet vieler Skeptiker sehr schnell die deutsche Einheit durchgesetzt hat.

(Beifall des Abgeordneten Homeyer [CDU])

Ich persönlich bekenne mich dazu. Sicher, manches war überhastet, manches war auch nicht ganz durchdacht. Ich erinnere

mich gut an den 19. August 1991, als in der Sowjetunion geputscht wurde. Ich erinnere mich gut - es war mein Geburtstag -, wie wir in der Staatskanzlei beisammen saßen und welch große Angst wir hatten. Da haben wir Gott gedankt, dass es deutsche Politiker bzw. den Deutschen Bundestag gab, der schnell zugegriffen, die Sache entschärft und die deutsche Einheit herbeigeführt hat. Das alles hätte nämlich auch ganz anders kommen können. In diesem Zusammenhang - 9. November - Mauerfall, bis zum 1. Januar 1990 waren in der DDR Kopierer und viele andere Dinge verboten; 18. März - Volkskammerwahlen; 6. März Modrow-Gesetz; dann der schnelle Ruf nach einer Wiedervereinigung; 1. Juli - Einführung der Währungsunion; die Ausarbeitung des Einigungsvertrags in einer abenteuerlichen Geschwindigkeit, es mussten wichtige Entscheidungen getroffen werden; die Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrags.

Machen wir uns nichts vor, nach der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reichs am 8. Mai 1945 gab es bis zur Wiedervereinigung, bis zur Unterzeichnung des Zwei-plusVier-Vertrags, keine Souveränität für beide deutsche Staaten.

Machen wir uns nichts vor: Es gab nach dem 7. Oktober 1949 eine DDR; es gab davor eine Bundesrepublik Deutschland, die gegründet worden ist im Mai 1949 mit dem Grundgesetz. Aber machen wir uns nichts vor: Beide standen unter dem Vorbehalt der Alliierten. Insofern war auch klar: Eine Wiedervereinigung beider deutschen Teilstaaten zu einem freien Deutschland war nur möglich mit der Zustimmung der alliierten Mächte, denn sie hatten eine tatsächliche Gewalt über dieses Land.

Womit haben wir es hier jetzt zu tun? Ich denke, mit einem Fall von Geschichtsklitterung und einem Fall von Schlampigkeit und orthografischer Inkompetenz; von der fachlichen und sachlichen will ich gar nicht sprechen. Wir haben hier - das sehen Sie, wenn Sie einmal darauf gucken - den 2. Neudruck. Die DVU-Fraktion möchte, dass wir hier darüber entscheiden, eine Bundesratsinitiative zu starten. Wenn Sie sich diesen 2. Neudruck einmal anschauen, werden Sie sehr viele, auch schwere inhaltliche Fehler finden, weshalb man dieser Unterlage gar nicht zustimmen kann. In der Überschrift steht zwar noch richtigerweise, dass es hier um die Maßnahmen in der „Besatzungszone in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 7. Oktober 1949“ geht. Das ist aber relativ unwichtig, weil im Beschlusstext steht: „vom 8. Mai 1945 bis zum 7. Oktober 1990“. Die spannende Frage ist nun: Nehmen wir einmal hypothetisch an, wir würden, aus welchem Grund auch immer, dieser Überlegung nähertreten und beschließen, dass wir bis zum 7. Oktober 1990 - da war die Bundesrepublik Deutschland schon wiedervereinigt - eine Entschädigung wollten. Ich meine, Sie müssten erst einmal einen Antrag vorlegen, der inhaltlich richtig ist und in dem sich die Überschrift und der Beschlusstext nicht widersprechen.

Dann schreiben Sie unten, dass in der Sitzung im Juli 2007 die Landesregierung darüber berichten solle. Ich weiß nicht, ob Sie einen anderen Kalender haben, ob Sie nach dem gregorianischen, julianischen oder dem Mondkalender arbeiten. Die Landesregierung könnte im Juli 2007 gar nicht mehr berichten, weil das Jahr 2007, wie ausweislich des Datums der Ausgabe dieses Dokuments klar wird, schon vergangen ist.

Aber wir wollen uns dieser Sache nicht unbedingt weiter nähern. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Sorgfalt bei der Erarbeitung dieses Antrags schon im orthografisch-inhalt

lichen Bereich sehr zu wünschen übriglässt, von der inhaltlichen, historisch-geschichtlichen und rechtlichen Frage ganz zu schweigen.

Was intendiert die DVU-Fraktion? Sie intendiert, dass wir uns dafür einsetzen sollen, dass Maßnahmen, die unter AlliiertemRecht, unter alliierter Oberhoheit hier stattfanden, rückgängig gemacht werden. Ich habe vorhin schon ausgeführt, dass wir 1990 froh waren, dass die Alliierten der Wiedervereinigung zugestimmt haben und dass deshalb Deutschland - die Bundesregierung, die für das deutsche Volk rechtmäßig spricht - gegenüber den Alliierten zugesagt hat, dass alliierte Maßnahmen nicht infrage gestellt werden, weil es eine Forderung war. - Das können Sie bestreiten, so viel Sie wollen, das ist eine historische Tatsache. Ich war damals schon politisch aktiv und kann mich daran noch gut erinnern. Das waren Ausflüsse aus dem Abkommen von Jalta, aus dem Potsdamer Abkommen usw.

Sie wollen versuchen, die Geschichte rückgängig zu machen oder umzudeuten, und bringen zum Ausdruck, dass der Bundesgesetzgeber in § 1 aus irgendwelchen Gründen, die Sie nicht nachvollziehbar finden, einen Absatz eingebaut hätte, in dem steht, dass die Rückgängigmachung der Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher, besatzungshoheitlicher Grundlage nicht möglich sein sollen. Ich meine, der Deutsche Bundestag besteht aus über 600 Abgeordneten aus allen Schichten und allen Regionen Deutschlands. Darunter sind viele kluge Leute; davon gehe ich einfach einmal aus. Wenn die beschließen, dass dies im Gesetz zu stehen hat, hat es auch einen Hintergrund gehabt. Hätten Sie die Bundestags- und die Bundesratsdrucksache gelesen, dann wüssten Sie auch, welchen Grund es gegeben hat, nämlich den, dass es eine der Bedingungen für die Wiedervereinigung Deutschlands war. Nun kann man nicht alle Dinge rückgängig machen und sagen, wir tun einmal so, als wäre nichts gewesen.

Deshalb, meine Damen und Herren, ist dieser Antrag nicht nur schlampig gemacht, sondern er geht auch an der historischen Wirklichkeit vorbei. Man kann auch nicht alle Dinge stets und ständig neu aufrühren. Wir haben heute im Rahmen der Bodenreform über Rechtsfrieden gesprochen: dass bestimmte Dinge nicht immer wieder neu gemacht werden können. Das war auch ein Grund dafür, dass die Bodenreform nicht rückgängig gemacht wurde. Es war auch eine Forderung, die aus der ehemaligen DDR kam, die auch von Politikern kam, die nicht der SED oder den Blockparteien angehörten, dass Rechtsfrieden bestehen muss.

Im Übrigen intendiert der Antrag der DVU-Fraktion auch gar nicht eine Gesetzesänderung - das hat im Übrigen Frau Hesselbarth spannenderweise hier auch ausgeführt; es steht auch in der Beschlussvorlage, dass sich der Antragsteller nicht an der Gesetzeslage stört -, sondern die DVU-Fraktion begehrt eine Änderung der Rechtsprechung. Nun ergreift mich vollständige Verwunderung; denn heute früh ist von einigen hier das Bundesverwaltungsgericht als unumstößliche Instanz postuliert worden, und jetzt schreiben Sie selbst eine versteckte Richterschelte in Ihren Antrag hinein. Ich sage, das kann nicht sein. Wenn das Bundesverwaltungsgericht so entschieden hat, und zwar auf der geltenden gesetzlichen Grundlage, dann kann man das nicht einfach nolens volens wieder ändern wollen. Deswegen, meine Damen und Herren, können wir diesem Antrag nicht zustimmen. Er ist schlicht und einfach an der Sache vorbei, und es bringt letztendlich niemandem etwas. Ich glaube