Gleich in meinem dritten Satz möchte ich dazu kritisch anmerken, dass vor allem Landtagsabgeordnete in dieser Strategie anscheinend nicht zu jenen Akteuren gehören, mit denen die Landesregierung die europapolitische Öffentlichkeitsarbeit neu ausrichten möchte; denn diese fehlen bei der Leiste der Multiplikatoren und sind auch als Einzelbürger hier nicht angesprochen. Wie notwendig das aber ist, sehen wir allein schon an Äußerungen auch von Abgeordnetenkollegen. Ich erinnere mich etwa daran, dass Herr Petke meinte, die Öffnung der Grenzen aus Anlass des Schengen-Abkommens werde zu einer derartigen Steigerung der Kriminalität in den Grenzregionen führen, dass sich die Bewohner dort verbarrikadieren müssten.
Ich sehe das vor allem unter dem Aspekt, dass man hier sowohl über Chancen als auch über Risiken sehr deutlich und sehr nachhaltig miteinander diskutieren sollte.
Sehr verehrte Landesregierung, zu dem, was ich kritisch anzumerken habe, passt natürlich auch, dass Sie es im 17. Jahr des Bestehens des Landes Brandenburg immer noch nicht vermocht haben, die Regelung für die Einbeziehung des Parlaments in europapolitische Entscheidungsprozesse vorzulegen. Wollen Sie so die Bürger für Europa gewinnen? Wollen Sie so auch rechtes Gedankengut zurückweisen?
sowie Chancen und Risiken des Zusammenlebens in einer Gemeinschaft von 27 Staaten aufzuzeigen. Bekanntlich wollen die Fraktionen der SPD, der CDU und DIE LINKE Europapolitik aus Brandenburger Sicht mitgestalten. Die Landesregierung sollte endlich aufhören, uns Abgeordnete der drei demokratischen Fraktionen wie Unmündige in diesem Prozess zu behandeln.
Gestatten Sie mir zweitens einige Worte zum Bereich der Entwicklungspolitik. Ich gehöre sicherlich zu den Unverbesserlichen, die immer noch das ernst nehmen, was Regierungsmitglieder nicht einmal mehr in Sonntagsreden formulieren. Zuweilen wird das sogar als Pipifax denunziert. Ihnen liegt ein Änderungsantrag meiner Fraktion vor, in dem wir die Einstellung von 10 000 Euro für die Förderung entwicklungspolitischer Projekte fordern.
10 000 Euro, was ist das im Vergleich zu der halben Million DMark, die, als Brandenburg noch als „die kleine DDR“ galt, in Haushaltspläne geschrieben wurde?
Heute feiern Sie sich selbst für Kleinstsummen, die Sie aus Lottotöpfen für solche Projekte spendieren. Auch hier musste ich mir eine Presseerklärung zu Gemüte führen, in der es hieß, dass die 4. Brandenburger entwicklungspolitischen Bildungsund Informationstage möglich wurden „durch Unterstützung aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, von der Stiftung Nord-Süd-Brücken und aus dem brandenburgischen Jugendministerium“. Brandenburg, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat sage und schreibe 2 500 Euro gegeben, 2 500 Euro von über 40 000 Euro für ein Projekt, das nicht durch Zuschüsse Brandenburgs, sondern durch das Engagement der Macher aus sieben entwicklungspolitischen Projekten und die Unterstützung durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu einem Brandenburger Exportschlager geworden ist.
Wenn in der besagten Presseerklärung gefordert wird, „Entwicklungspolitik muss stärker ins öffentliche Bewusstsein“, dann stimme ich dem aus vollem Herzen zu. Doch zunächst sollten Sie bei Ihrem Bewusstsein und dem Ihrer Regierungsmitglieder anfangen, Herr Ministerpräsident. Diese dringende Bitte möchte ich an Sie richten.
Entwicklung und Frieden gehören, wie es Willy Brandt einmal formuliert hat, in der Einen Welt zusammen. Dies muss Maßstab für die Landespolitik sein. Unser Land ist verpflichtet, einen eigenen Beitrag zur Umsetzung der UNO-MillenniumsEntwicklungsziele zur weltweiten Bekämpfung von Armut bis 2015 zu leisten. Die Mitverantwortung des Landes in einer globalisierten Wirtschaft, unser Beitrag zum weltweiten Klimaund Umweltschutz, die Gewährleistung einer sozialen Infra
struktur in Afrika, Asien und Lateinamerika sowie die Förderung entwicklungspolitischer Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit sind wichtige Ansatzpunkte für die noch zu erarbeitende Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Brandenburg.
Ich bitte Sie deshalb, zu überlegen, ob Sie unserem Antrag betreffend 10 000 Euro für entwicklungspolitische Maßnahmen vielleicht zustimmen können. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Stobrawa. - Jetzt erhält für die CDU-Fraktion die Abgeordnete Funck das Wort.
Herr Präsident! Sehr verehrte Abgeordnete! Schön, schön, schön - so könnten wir den Doppelhaushalt 2008/2009 bezeichnen. Die Haushaltsaufstellung selbst ist ohne größere Irritationen erfolgt. Wir verzeichnen sprudelnde Steuermehreinnahmen. Der Pensionsfonds, über den wir lange diskutiert haben, steht endlich in Aussicht. Wir mussten keine betriebsbedingten Kündigungen vornehmen. Es gibt sogar komplettes Weihnachtsgeld für die Mitarbeiter der Verwaltung.
Es ist eine schöne Nachricht für das Bundesland Brandenburg, 2007 - und damit erstmals in seiner noch jungen Geschichte keine neuen Schulden machen zu müssen. Für 2010 sind sogar im Haushaltsplan keine neuen Schulden mehr geplant. Damit halten wir das 2004 vereinbarte Koalitionsziel ein.
All diese positiven Nachrichten haben es verdient, mit „Schön, schön, schön“ überschrieben zu werden.
Nun ist es aber Aufgabe der Finanzer, den verklärten Blick auf die Realität zu richten. Wir haben nach wie vor Schulden in Höhe von 18 Milliarden Euro. Damit ist eine dauerhafte Zinsbelastung von ca. 800 Millionen Euro verbunden. Wir werden bis zum Jahr 2019 2 Milliarden Euro weniger Einnahmen haben. Momentan können wir mit einem Haushaltsvolumen von 10 Milliarden Euro arbeiten, 2019 werden es nur noch 8 Milliarden Euro sein. Für Beamtenpensionen wenden wir zum heutigen Zeitpunkt 50 Millionen Euro auf; 2020 werden es 500 Millionen Euro sein. Angesichts dessen frage ich Sie: Was wäre geschehen, wenn die Steuermehreinnahmen in dieser Höhe nicht geflossen wären?
Angesichts der uns vorliegenden Anträge der Fraktion DIE LINKE und der dort geforderten Summen sage ich Ihnen von der Fraktion DIE LINKE ernsthaft: Sie können Ausgaben fordern. Aber was ist mit Einnahmen? - Da höre ich schon wieder, wir müssten den Reichen etwas wegnehmen.
Wegnehmen mag ganz gut sein, aber wie soll dann investiert werden, um auf Dauer Einnahmen zu generieren? - Wir dürfen definitiv keine neuen strukturellen Ausgaben generieren. Es ist
ein Wermutstropfen beim vorliegenden Haushalt, dass das an der einen oder anderen Stelle leider doch passiert. Wir werden darüber in den nächsten zwei, drei Jahren wieder diskutieren müssen.
Schon heute steht fest, dass die konjunkturelle Phase, in der wir uns gerade befinden, abflauen wird - im nächsten Jahr noch nicht in diesem Maße, aber in zwei, drei Jahren werden wir die Folgen deutlich zu spüren bekommen. Die Steuermehreinnahmen, über die wir heute verfügen, werden definitiv wegbrechen.
Lassen Sie mich das Interview Ihres Kollegen ansprechen, das heute in der Zeitung erschienen ist. Die Forderungen der Fraktion DIE LINKE hören sich schön und gut an, zum Beispiel kostenlose Schülerbeförderung und freies Schulessen. Aber Sie müssen zu Recht gefragt werden, ob Sie ein neues Füllhorn entdeckt haben.
- Ich freue mich zu hören, dass es kein neues Füllhorn gibt. Aber wenn es heißt, dass 62 Millionen Euro der Steuermehreinnahmen genommen werden sollen, um 186 Millionen Euro an Mehrkosten zu decken, dann ist das ein Generieren von neuen Ausgaben. Was passiert, wenn wir diese Steuermehreinnahmen nicht mehr haben?
- 62 Millionen Euro mehr umverteilen? - Das sind jetzt erst einmal höhere Steuereinnahmen. Sie würden mit Ihren Vorschlägen gar nichts umverteilen, sondern wollen von den Einnahmen, die wir gerade erzielt haben, schon wieder neue Ausgaben finanzieren. Wenn diese Einnahmen in den nächsten zwei Jahren nicht mehr fließen, haben wir 62 Millionen Euro höhere Ausgaben und wissen nicht, woher wir das Geld nehmen sollen.
Frau Kollegin, die politische Bewertung kann sicherlich sehr verschieden ausfallen, aber können Sie mir erklären, wie die Fraktion der CDU den Beschluss des eigenen Parteitages zum kostenfreien letzten Kita-Jahr sozialpolitisch umsetzen will, ohne neue Ausgaben zu generieren? Oder besteht nicht die Absicht, den Beschluss in dieser Legislaturperiode politisch und finanziell zu untersetzen?
Herr Christoffers, ich traue Ihnen zu, die Antwort selbst zu finden. Es entsteht keine neue Ausgabe, wenn man dafür andere Aufgaben hinterfragt und festlegt, was einem wichtig und was einem nicht wichtig ist.
Vorschlag, Steuermehreinnahmen sofort wieder für die Finanzierung neuer Aufgaben zu verwenden. Sagen Sie, woher aus dem Gesamthaushalt Sie das Geld nehmen wollen! Das ist der springende Punkt. Ich glaube, darüber sind wir uns einig.
Wir dürfen auf keinen Fall neue strukturelle Ausgaben generieren. Wenn wir politische Schwerpunkte setzen wollen, müssen wir deutlich sagen, an welcher Stelle wir uns beschränken wollen. Wir müssen die Fragen beantworten: Was ist uns wichtig? Was ist uns nicht wichtig? - Damit sind wir bei der Aufgabenkritik. In diesem Zusammenhang stellen sich die Fragen: Wo haben wir uns zu beschränken? Wo können wir uns auch in Zukunft politische Spielräume sichern bzw. eröffnen?
Ich bin der Meinung, dass die Politik grundsätzlich dafür da ist, den Bürgern Spielräume offenzuhalten, ihre eigene Zukunft angesichts der neuen Herausforderungen, die täglich auf uns einstürmen, selbst zu gestalten. Diese Spielräume eröffnen wir unseren Bürgern nicht, wenn wir immer mehr umverteilen und immer mehr Steuereinnahmen brauchen, um die von uns zusätzlich generierten Aufgaben zu finanzieren. Wir müssen in der Lage sein, in Zukunft weniger auszugeben, damit wir nicht mehr Steuermittel brauchen. Vergessen Sie nicht, dass die Steuer- und Beitragsbelastung unserer Leistungsträger, derjenigen, die für ihr Geld schwer arbeiten, immer noch deutlich über dem europäischen Durchschnitt liegt. Nur Belgien toppt uns in dieser Hinsicht. Ich glaube, das ist sozial ungerecht.
Welche Lösungen gibt es, speziell für das Land Brandenburg? Wir befinden uns gerade in der Diskussion zur Föderalismusreform II. Ich hoffe, dass wir als Land Brandenburg uns intensiv einbringen. Jedes Mal heißt es: Wir haben Pflichtaufgaben, die wir erfüllen müssen. - Das ist richtig; es gibt Pflichtaufgaben. Aber auf welche Art und Weise diese erfüllt werden, bestimmen wir bei uns im Land selbst. Wenn wir feststellen, dass es dafür keine Stellschrauben gibt, dann müssen wir uns diese Stellschrauben im Rahmen der Föderalismusdiskussion schaffen, indem wir sagen: An dieser Stelle ist das Korsett für uns zu eng. - Genau da wollen wir einhaken.
Zu den Pflichtaufgaben muss hinterfragt werden, ob wir sie zielorientiert und vor allen Dingen effektiv umsetzen.
Ich würde gern noch einen neuen Punkt in die Diskussion einführen. Wir verlangen von den Kommunen, die Doppik einzuführen, was ich für völlig richtig halte. Aber wir als Land müssen diese Diskussion genauso führen. Darin steckt großes Potenzial, insbesondere für uns Abgeordnete, den Haushalt so transparent zu gestalten, dass wir tatsächlich feststellen können, wo Luft drin ist, wie die Aufgaben tatsächlich strukturiert sind und wie viel wir wofür ausgeben. Ich freue mich auf diese Diskussion. Forderungen, die wir an die Kommunen stellen, müssen wir uns als Land natürlich auch gefallen lassen.
Es ist sehr wichtig, die Stärken Brandenburgs zu nutzen, um das Jahr 2019 wirklich freudig erwarten zu können. Viele sagen, ab 2019 würden wir zahlreiche Transferleistungen nicht mehr bekommen, was nicht so prima für Brandenburg sei. Ich sehe eine Chance darin. Wir können dann nämlich wirklich
An dieser Stelle komme ich auf unsere Verwaltung zu sprechen; die Diskussion führen wir seit Längerem. Wir wissen, dass im Zeitfenster der nächsten fünf Jahre sehr viele gediente, erfahrene Mitarbeiter ausscheiden werden. Dieses Zeitfenster müssen wir intensiv nutzen, um ein Markenzeichen Brandenburgs zu kreieren: eine bürgerfreundliche, zuverlässige und vor allen Dingen partnerschaftliche Hochleistungsverwaltung.