Es ist vereinbart worden, über den Gesetzentwurf in der Drucksache 4/5051 nicht zu debattieren, sondern sie an den Rechtsausschuss zu überweisen. Wer diesem Vorschlag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Gegenstimmen und Stimmenthaltungen stelle ich nicht fest.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine Reihe von fachlichen und rechtlichen Anpassungen vorsieht und auch die Beschlüsse zum Bürokratieabbau in einem komplexen Gesetzgebungsverfahren umsetzt.
Bevor ich auf die Inhalte des vorgelegten Gesetzentwurfs eingehe, möchte ich die Ausgangssituation in Erinnerung rufen. Das Brandenburgische Wassergesetz gilt nunmehr seit dem 16. Juli 1994 nahezu unverändert. Das ursprüngliche Anliegen der Landesregierung war deshalb, das Wassergesetz den aktuellen Entwicklungen und den neuen Anforderungen anzupassen. Zusätzlich galt es, neben dem durch Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes in Kraft getretenen Hochwasserschutzgesetz auch EU-Bestimmungen, beispielsweise zur strategischen Umweltprüfung und zur Öffentlichkeitsbeteiligung, in Landesrecht umzusetzen.
Ein weiteres Anliegen der Landesregierung war die kritische Bestandsaufnahme des Rechts der Gewässerunterhaltungsverbände. Der Sonderausschuss des Landtags zum Abbau von Normen und Standards beschloss im August 2005, dieses Gesetzgebungsverfahren einem Gutachter-TÜV zu unterziehen. Erstmalig sollte ein landesrechtlicher Gesetzentwurf durch einen externen Gutachter hinsichtlich seiner Auswirkungen auf Bürokratie und Verwaltungskosten untersucht werden. Der Gutachter sollte außerdem Deregulierungspotenziale aufdecken, den Entwurf von unnötigem Regelungsballast befreien und gleichzeitig Sorge dafür tragen, dass das Gesetz auch für die Bürger verständlich ist.
Dieser Aufgabenstellung sind die Gutachter unter Berücksichtigung rechtlicher, organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Fragen vollauf gerecht geworden. Der Abschlussbericht wird den Ausschüssen als Information zur Beratung übermittelt. Die Gutachter empfehlen, den Regierungsentwurf als Gesetz zu beschließen. Mit der Umsetzung dieses Gesetzentwurfs erhält das Land Brandenburg - das ist die Meinung der Gutachter - ein im bundesweiten Vergleich führendes Wasserrecht.
Der Regierungsentwurf ist das Ergebnis umfassender und inhaltlich intensiver Abstimmungsprozesse nicht nur innerhalb der Landesregierung, sondern auch unter weitgehender Beteiligung der Wirtschaft, der kommunalen Spitzenverbände, der Naturschutzverbände und diverser Interessenvertretungen, beispielsweise von Interessenvertretern für die Belange der Landwirtschaft, der Waldbesitzer und der Gewässerunterhaltungsverbände.
Der erste Referentenentwurf wurde im September 2006 anlässlich des Umweltkongresses der Industrie- und Handelskammer in Potsdam zur öffentlichen Diskussion gestellt. Die Resonanz der Wirtschaft war damals erstaunlich gering.
Der Regierungsentwurf ist - ich denke, das ist natürlich - in vielen Teilen ein Kompromiss zwischen äußerst gegensätzlichen Interessen und Belangen. Er ist deshalb, wie sich der Tagespresse entnehmen lässt, für die einen zu weitgehend, für die anderen längst nicht weitgehend genug.
Betont werden muss, dass im Regierungsentwurf der Schutz der Gewässer und des Grundwassers ohne Abstriche gewahrt wird. Die Erhaltung der natürlichen Ressource Wasser ist zentrales Anliegen einer nachhaltigen Umweltpolitik der Landesregierung. Gerade für Brandenburg hat das Wasser eine ganz besondere Bedeutung.
Zugleich zeigt der Regierungsentwurf, dass die Landesregierung besonders für eine Stärkung des Hochwasserschutzes und für wirtschaftliche Gewässerunterhaltungsverbände eintritt.
Zweitens: Die Verwaltungskosten auf kommunaler Ebene werden jährlich um ca. 200 000 Euro gesenkt. Die Funktionalreform wird fortgeführt, indem ein Großteil der Ausweisung von Wasserschutzgebieten kommunalisiert wird.
Drittens: Abwasserzweckverbände und Abwasserunternehmen werden entlastet, indem die Genehmigungspflicht für rund 80 % der Kanalisationsnetze künftig entfällt. Investitionen in die Abwasserinfrastruktur werden durch die Möglichkeit erleichtert, den vorzeitigen Beginn zuzulassen.
Diese Maßnahmen werden nicht zu einer Erhöhung der Wasserpreise führen, wie dies beispielsweise von einigen Industrieund Handelskammern behauptet wurde, sondern im Gegenteil eine Aufwandsentlastung insbesondere bei kleinen und mittleren Abwasserzweckverbänden herbeiführen.
Die Landesregierung lässt derzeit zusätzlich unter bestimmten Bedingungen die Erprobung einer vollständigen Genehmigungsfreiheit für Kanalisationsnetze beispielsweise in der Stadt Potsdam auf der Grundlage des Standarderprobungsgesetzes zu. Derzeit prüfen wir die Aufnahme weiterer Städte in diese Standarderprobung.
Viertens: Der Hochwasserschutz ist für Brandenburg von besonderer Bedeutung, da an Elbe und Oder rund 50 000 Menschen und 110 000 ha Flächen vom Hochwasser betroffen sein können. Der Hochwasserschutz wird in mehrfacher Hinsicht gestärkt. Dabei geht es nicht nur um die Rückverlegung von Deichen. Mit dem Projekt bei Lenzen sind wir nach wie vor das einzige Bundesland, das in dieser Größenordnung eine Deichrückverlegung durchführt. Künftig muss vermehrt darauf geachtet werden, Abflussbereiche im Vorland von Deichen freizuhalten. Die wichtige Aufgabe in Natura 2000, Gebiete weiterzuentwickeln, muss in Ausgleich gebracht werden mit einem effektiven Hochwasserschutz für die ansässige Bevölkerung.
Im Regierungsentwurf ist vorgesehen, dass für alle relevanten Gebiete Hochwasserschutzpläne aufzustellen sind, Überschwemmungsgebiete für Bereiche mit nicht nur geringfügigem Schadenspotenzial ausgewiesen werden und sogenannte überschwemmungsgefährdete Gebiete ermittelt werden. Dabei wird von einem mindestens hundertjährigen Bemessungshochwasser ausgegangen.
Die Umsetzung solcher Hochwasservorsorgemaßnahmen wird mit erheblichen Kosten verbunden sein. Es ist normal und war
bislang auch übliche Praxis, dass jede Art von Bepflanzungsmaßnahmen auf ihre Hochwasserschutzrelevanz geprüft wird. Es ist nach wie vor nicht so, wie fälschlicherweise behauptet wird, dass Bepflanzungen grundsätzlich verboten werden, sondern sie werden mit den Hochwasserschutzbelangen in Einklang gebracht.
Die Landesregierung hat daneben auch dem Gesichtspunkt der Hochwasserrückhaltung Rechnung getragen, und das nicht nur im Projekt „Deichrückverlegung bei Lenzen“.
Investitionserleichterungen für die Wirtschaft werden Rechtsbereinigung und Vollzugserleichterungen bezüglich der Trinkwasserschutzgebiete bewirken. Trinkwasservorbehaltsgebiete entfallen ersatzlos. Weitere Wasserschutzgebiete gelten nur noch bis zum Jahr 2015 fort. Neu geregelt wurden auch Möglichkeiten der Befreiung von Verboten in solchen übergeleiteten Wasserschutzgebieten.
Erleichterungen für die Bürger sind insbesondere die Erweiterung des Gemeingebrauchs von Oberflächengewässern bezüglich Tauchen und Fischerei sowie die Reduzierung der Überwachungspflicht von Kleinkläranlagen.
Ein besonderer Teil dieser Novelle ist der Teil der Gewässerunterhaltungsverbände. Hierzu gibt es seit jeher, schon solange ich dem Landtag angehöre, besonders kontroverse Diskussionen.
Jedoch steht es vor allem aufgrund der Situation dieses Jahres im Havelland - unweit vom Standort dieses Landtags - außer Frage, dass das Land Brandenburg dringend eine effektive und wirtschaftliche Gewässerunterhaltung an den Gewässern I. und auch an den Gewässern II. Ordnung benötigt.
Anliegen der Landesregierung ist es, die Wirtschaftlichkeit der Gewässerunterhaltungsverbände zu stärken und Gewässerunterhaltungsverbände als regionale Partner der Wasserwirtschaft zu fördern.
Im Rahmen der weiteren Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union sollen die Verbände strukturell darauf vorbereitet werden, weitere konkrete Bewirtschaftungsaufgaben zu übernehmen. Derzeit prüfen wir die Verlagerung weiterer Aufgaben, unter anderem die Verlagerung von Aufgaben aus dem Landesumweltamt auf die Wasser- und Bodenverbände bzw. Gewässerunterhaltungsverbände.
Wirtschaftlich sind insbesondere Verbände mit großen Verbandsgebieten und schlanken Verwaltungsstrukturen. Deshalb wird künftig die Fusion von Verbänden zugelassen. Wir wollen flussgebietsbezogene Verbandsgebiete schaffen und hoffen diesbezüglich auf einen großen Strom der Freiwilligkeit und große Unterstützung aus den Verbänden in den nächsten Jahren. Sollte das nicht möglich sein - das muss ich deutlich sagen -, werden wir gemeinsam mit dem Gesetzgeber darüber beraten müssen, wie flussgebietsbezogene Verbände per Gesetz geschaffen werden müssen.
Die Diskussion zum Umlageverfahren in den Wasser- und Bodenverbänden wird seit Jahren besonders heftig geführt. Dabei wurde unter anderem die Einzelmitgliedschaft von Boden- und
Grundeigentümern mehrfach gefordert. Der Gutachter hat festgestellt, dass diese Einzelmitgliedschaft Mehrkosten von mindestens 11 Millionen Euro - diese wären von den Beitragszahlern zu tragen - kosten würde.
Wir haben jedoch überlegt, wie wir Landnutzer und Landeigentümer angemessen in die Arbeit des Verbandes einbeziehen und gleichzeitig eine Effizienz der Verbandsarbeit gewährleisten können. Gemeinsam mit zahlreichen Experten sind wir dann zu der Auffassung gelangt, dass die Schaffung eines Verbandsbeirates, der sich aus den Nutzern, entsprechend ihrem jeweiligen Flächenanteil zusammensetzt, eine gute Lösung ist. Diese Verbandsbeiräte erhalten weitgehende Kompetenzen. Andersherum gesagt: Landwirte und Bauern werden demnächst auch über Gewässerunterhaltungspläne debattieren. Zudem ist mit den Landwirten und Waldbesitzern Einvernehmen über den Gewässerunterhaltungsplan herzustellen. So ist es nun im Gesetzentwurf festgeschrieben. Zugleich wird jemand aus dem Verbandsbeirat gewählt, der dann als gesetztes Mitglied im Vorstand des Gewässerunterhaltungsverbandes sitzt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es leuchtet bereits seit einiger Zeit die rote Lampe auf. Ich hätte zwar noch vieles zu diesem Thema zu sagen, jedoch werden wir auch im Fachausschuss und im Landtag in den nächsten Wochen und Monaten eine intensive Debatte zu den einzelnen Punkten führen. Ich meine, der Entwurf ist eine gute Diskussionsgrundlage. Wir sind bereit, jederzeit über konstruktive Änderungsvorschläge zu debattieren. Ich denke, wir kommen diesbezüglich einen großen Schritt vorwärts. - Danke schön.
Herzlichen Dank, Herr Minister. Auch herzlichen Dank dafür, dass Sie die rote Lampe bemerkt haben. - Der Minister hat seine Redezeit um anderthalb Minuten überzogen. Aufgrund dessen stehen jeder Fraktion ebenfalls anderthalb Minuten zusätzlich zu ihrer vorgesehenen Redezeit zur Verfügung.
Für die Fraktion DIE LINKE erhält nun Frau Adolph das Wort. Während sie zum Rednerpult kommt, begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Oberschule Falkenberg/Elster. Herzlich willkommen bei uns heute Nachmittag!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf diesen Gesetzentwurf hat uns die Landesregierung drei Jahre warten lassen. Der Landtag hatte bereits am Ende der vorherigen Legislaturperiode zur unverzüglichen umfassenden Novellierung des Brandenburgischen Wassergesetzes mit Beginn der neuen Legislatur aufgefordert.
Handlungsbedarf resultierte nicht nur aus der Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Vielmehr leidet das Land Brandenburg unter einer Organisation der Wasserwirtschaft, die sich zu oft durch mangelnde Transparenz, hohe Kosten und fehlende Bereitschaft zur Übernahme der Verantwortung durch die Landesregierung ins Gedächtnis bringt. Nichts hören, nichts sehen und nichts sagen - das erlebten wir bereits