Protocol of the Session on July 5, 2007

Herr Minister Woidke, ich hatte eigentlich gehofft, dass Sie nicht die tiefste bzw. letzte Schublade bemühen, nämlich die der Regierungsverantwortung der Fraktion DIE LINKE in Mecklenburg-Vorpommern. Sie sprechen unwahr. Bleiben Sie doch einmal bei den Tatsachen. Auf der Agenda der Sozialdemokratie in Mecklenburg-Vorpommern stand die Forstreform und die Anstalt öffentlichen Rechts. Auf der Agenda der Sozialdemokratie war auch ein deutliches Signal, dass diese Themen mit der CDU zu handeln sind. Die Einflussnahme der Linkspartei hat dafür gesorgt, dass eine Gutachterexpertise und ein Variantenvergleich Grundlage für die Anstalt öffentlichen Rechts waren. - Sie nicken. Ja, das gehört dazu, aber Sie lassen einfach Sätze weg, die deutlich machen, dass man mit dem Thema Forstreform und Strukturveränderung auch anders umgehen kann.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Der Einfluss der Linkspartei in Mecklenburg-Vorpommern hat dafür gesorgt, dass Tariftreue und Rückkehrklausel in überführte Arbeitsverträge Eingang gefunden haben. Die Linkspartei hat dafür gesorgt, dass die Struktur der Einheitsforstverwaltung Gegenstand der Strukturveränderung war.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Sie hat dafür gesorgt, dass eine Gemeinwohlorientierung fixiert wurde. Sie hat dafür gesorgt, dass Sitze der Landtagsabgeordneten im Aufsichtsrat fixiert wurden. Sie hat dafür gesorgt, dass Tariftreue bei der Neueinstellung zum Gegenstand der Festlegungen wurde.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Das sind Tatsachen, die Sie nicht einfach weglassen können, wenn Sie über die Regierungsverantwortung der Partei DIE LINKE in Mecklenburg-Vorpommern reden. Darum bitte ich Sie.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Wir sind im Agrarausschuss in der sachlichen Auseinandersetzung - wohin wir Sie ja zurückgeholt haben, wenn Sie ehrlich sind -, Frau Gregor, sehr nahe bei Ihnen. Es geht um eine sachliche Auseinandersetzung. Ich kann Sie beruhigen: Bei uns passt da keine Zeitung dazwischen.

Auch wir stellen die Strukturveränderung hin zu einer Anstalt öffentlichen Rechts infrage. Ich habe in meinen Ausführungen

deutlich gemacht, warum wir das tun. Betrachtet man die Personalentwicklung in diesem Bereich, geht es letztendlich nach Abzug des natürlichen Abbaus um eine Personalzielzahl von 365 Stellen ab dem Jahr 2015 bis 2021; in Geld ausgedrückt um 7 Millionen Euro in einem Zeitraum von sechs Jahren, den wir nach dem heutigen Wissensstand für die Zukunft noch nicht präsent haben.

Wir vertreten den Standpunkt, dass sich diese Differenz in Anbetracht der aktuellen Holzmarktentwicklung problemlos über die Einnahmen kompensieren lässt. Deshalb bleibt die Frage, Herr Helm, was die Landesregierung überhaupt bewogen hat, das ganz große Rad zu drehen, zumal die durch die Projektgruppe beschriebenen Führungsschwächen und Potenziale als Reserven im System ausgemacht wurden. Deshalb also auch die Frage: Wozu eine Rechtsformänderung? Diese Frage ist überhaupt noch nicht beantwortet. Ihre Argumente waren ja auch mehr von Polemik als von wirklichem Erkenntniszuwachs getragen. Ich habe jedenfalls von Ihnen auch keine anderen Argumente wahrnehmen können als die, die wir schon im Ausschuss reflektieren durften. Sie haben sich deshalb ja auch keiner anderen Arbeit zuwenden wollen und die Anträge abgelehnt.

Wozu die Entflechtung der Zuständigkeit im Landeswald? Wieso der Rückzug aus der Fläche? Wieso die Entkopplung der Vorgaben der Personal- und Finanzentwicklung? Wieso eine Verkaufsoption im Detailkonzept für den Finanzminister zum Landeswald? Wieso keine Regelung zur Verlängerung des Preußenmoratoriums über das Jahr 2009 hinaus? Es ist für Sie sicherlich nichts Neues, Herr Helm, wenn ich Ihnen sage, dass sich sehr hartnäckig der Eindruck aufdrängt, dass dadurch eine Privatisierung des Landeswaldes erleichtert werden soll. Nicht wir schüren die Ängste, Herr Helm, sondern die Hü-und-hottPolitik der Landesregierung, die Sie ja unterstützen und die von zu wenig Transparenz und Sachkunde getragen ist.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE - Helm [CDU]: Das ist doch Unsinn, was Sie erzählen!)

Ja, Frau Gregor, auch wir haben das Zitat aus der Broschüre „Aktueller Stand der Forstreform“ der Landesverwaltung sehr deutlich vernommen. Die Umsetzung - so wird dort geschrieben - der definierten Ziele wird in Teilbereichen erschwert, weil Führungskräfte ihre Führungsverantwortung noch nicht ausreichend wahrnehmen und unzureichend ihre Vorbildwirkung entfalten. Dies führt zur Demotivation bei den Beschäftigten und damit zu erheblichen betrieblichen Risiken. Es bedarf weiterer erheblicher Anstrengungen, um die Umsetzung der Reform zu gewährleisten. - Das wird selbst sozusagen recherchiert und als Reserve deutlich herausgearbeitet.

Zusammengefasst bedeutet das für uns: zielgerichtete Ausschöpfung der bestehenden Reserven, Abstellung von Mängeln und Defiziten in der Führung und Fortentwicklung und Anpassung der bestehenden Grundstruktur an örtliche Erfordernisse. Ja, wir sind auch für Veränderungen, wenn das aufgrund der örtlichen Gegebenheiten erforderlich ist; aber wir meinen, dass diese weiteren finanziellen Zielvorgaben im System umgesetzt werden können, weil andere Aussagen uns diesbezüglich keine andere Aufhellung geben. Es besteht aus gegenwärtiger Sicht keine hinreichende Sicherung für die vorgeschlagenen Maßnahmen des Personalabbaus und der Strukturveränderung.

Das ist unsere Antwort auf die Forstreform, Herr Helm. Wie können Sie heute die Frage stellen, wenn die Zahlen noch geringer sind, als sie akquiriert worden sind? Auf welcher Grundlage soll denn das erfolgen, wenn nicht einmal die jetzigen Zahlen auf der Grundlage einer Aufgabenkritik recherchiert wurden? Wir drehen uns doch im Kreis, Herr Helm. Jeder spricht so, wie es anscheinend in sein Konzept passt. Der Vorwurf, dass sich die Parteien zu sehr einmischen, trifft möglicherweise auch auf Sie bzw. Ihre Partei zu.

Die Aussagen, Herr Minister, von Vertretern Ihrer obersten Forstbehörde bei der gegenwärtigen Bereisung der Forstdienststellen über die angeblichen Vorgaben der Politik, die umzusetzen seien, sind schlichtweg falsch. Mir scheint, dass hier der Landtag als Souverän vor den Karren der obersten Forstbehörde gespannt werden soll. Da machen wir nicht mit.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herr Helm, für Ihre weitere Arbeit gestatten Sie mir, noch einmal auf die Einnahmeseite zurückzukommen; denn wir sind ja sehr bemüht, uns mit den konkreten Fragen auseinanderzusetzen. Ich hatte bereits von dem Fehlbetrag von 7 Millionen Euro in den Jahren 2015 bis 2021 gesprochen. Im Zwischenbericht steht dazu: Der Zuschussbedarf konnte deutlich abgesenkt werden, weil das vorhandene Personal in erheblichem Umfang zusätzliche Einnahmen aus Holz und Holzprodukten sowie eine Wertschöpfungssteigerung erzielt hat. Im Betrachtungszeitraum konnte so eine Tarifsteigerung von 14 % ohne entsprechenden Mehrbedarf im Zuschuss aufgefangen werden. - Die Reihe der Beispiele ließe sich fortsetzen. Man muss diesen Bericht nur einmal lesen. Insbesondere im Bereich Holzmobilisierung und Privatwaldbetreuung bestehen deutliche Reserven.

Lassen Sie uns also über die Reserven im System reden, über eine Aufgabenkritik, wozu die Gemeinwohlleistungen gehören, Herr Helm. Im Ausschuss haben Sie sich sehr offen für eine solche Diskussion gezeigt. Heute spielt das Thema Gemeinwohlleistung bei Ihnen schon gar keine Rolle mehr.

Wir haben also die Bitte an Sie, Herr Minister: Verlassen Sie Ihren Stil „von oben“. Eine Arbeitsgruppe mit den Beschäftigten kann ja auch dazu dienen, den Minister wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Der Minister steht auf den Füßen, hat noch Redezeit und möchte diese wahrnehmen.

Wir haben ja, liebe Frau Wehlan, mit den Abrüstungsverhandlungen begonnen, auch zum Thema Forstreform, worüber ich sehr froh bin. Ich würde darum bitten, dass in Zukunft alle Dinge, die nicht den Tatsachen entsprechen und die Sie leider eben wieder genannt haben, richtiggestellt werden. Sie haben hier zum wiederholten Male behauptet, der Landeswald solle verkauft werden, weil es die Option gebe, dass man sich mit Genehmigung des Finanzministers - natürlich bei Arrondierungs-, Tausch- oder ähnlichen Fragen - auch einmal von ein oder zwei Hektar trennen könne. Diese Situation ist übrigens auch im Preußenmoratorium

berücksichtigt. Aber es gibt einen Kabinettsbeschluss, an den ich hier noch einmal erinnern möchte, weil Sie das ein wenig durcheinanderbringen. Das kann ja mal vorkommen, macht nichts. In dem Kabinettsbeschluss steht der Satz: Das Landesforstvermögen bleibt erhalten.

Wenn Sie eine bessere Absicherung dieses Kabinettsbeschlusses wollen, müssen Sie eigentlich ein Gesetz wollen. Dann kann dieser Landtag per Gesetz beschließen: Das Landesforstvermögen bleibt erhalten. - Wenn darüber Konsens besteht, können Sie es in das Gesetz schreiben. Dann kann die Verwaltung machen, was sie will. Sie wird niemals ein Gesetz brechen, übrigens auch nicht der Finanzminister, genauso meine Wenigkeit.

(Minister Speer: Niemals!)

Wir alle sollten uns die Zeit nehmen - heute ist die letzte Landtagssitzung vor der Sommerpause - und in Ruhe einmal durchatmen und nachdenken. Dann sollten wir abwarten, welche Empfehlungen uns die Arbeitsgruppe, die sehr gut besetzt sein wird, im September auf den Tisch legt, und sollten uns dann in diesem Hohen Hause, aber natürlich auch in den Fachgremien, damit beschäftigen. Ich denke, dass wir zum Ende des Jahres, wie wir das schon oft praktizierten, einen guten Kompromiss erzielen werden. - Danke schön.

(Beifall bei SPD und CDU)

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Aktuellen Stunde. Ich schließe Tagesordnungspunkt 1.

Gleichzeitig begrüße ich neue Gäste im Landtag Brandenburg, Schülerinnen und Schüler des Städtischen Gymnasiums Fürstenwalde „Werner Seelenbinder“. Herzlich willkommen und einen spannenden Vormittag für euch!

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Drucksache 4/4813 Drucksache 4/4765

Es liegt die Dringliche Anfrage 43 (Lage auf dem Lehrstellen- markt) vor, die von der Abgeordneten Lehmann gestellt wird.

Pressemeldungen von Anfang der Woche erwecken den Eindruck, als befänden sich Ende Juni mehr als 27 500 Jugendliche in Brandenburg auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Die Zahl der Ausbildungsplatzsuchenden sei gegenüber Ende April um mehr als 4 000 Personen gestiegen.

Ich frage die Landesregierung: Treffen diese Angaben zu?

Staatssekretär Alber wird auf diese Frage antworten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Lehmann, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie Gelegenheit geben, hier einiges zurechtzurücken; denn hierbei handelt es sich wieder einmal um einen Fall von Zahlenspielerei. Ich denke, es ist dem Ausbildungsgeschehen nicht zuträglich, wenn hier mit solchen Zahlen Stimmung gemacht wird.

Die Behauptung in den Pressemeldungen, dass Ende Juni noch mehr als 27 500 Jugendliche eine Lehrstelle suchen, ist in dieser Form irreführend und vermittelt ein völlig falsches Bild. Nach den Daten der Berufsberatung der Bundesagentur für Arbeit haben sich zwar bis Ende Juni 27 555 Jugendliche bei den Agenturen für Arbeit und bei den Trägern der Grundsicherung als Bewerberinnen und Bewerber für eine Ausbildungsstelle gemeldet. Von diesen waren nach Angaben der Bundesagentur zu diesem Zeitpunkt allerdings schon 13 522 Jugendliche versorgt. Damit ist mit Stand von Ende Juni noch über 14 033 Jugendliche zu reden, die nach den Statistiken der Bundesagentur eine Ausbildung nachfragen. Für diese jungen Menschen werden auch in diesem Jahr in Brandenburg, und zwar auch dank des Ausbildungskonsens im Lande, ausreichende Ausbildungsund Qualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt.

Wie sehen diese Angebote aus? - Der Landesausschuss für Berufsbildung, in dem die Sozialpartner vertreten sind, rechnet in diesem Jahr mit der Bereitstellung von ca. 10 300 betrieblichen Ausbildungsplätzen durch die Wirtschaft. Nach vorläufigen Zahlen der Kammern wurden in den ersten sechs Monaten dieses Jahres schon ca. 3 500 betriebliche Ausbildungsverträge bei den Kammern eingetragen. Bis zum Ende des Jahres ist demnach, und zwar auch angesichts der guten Konjunktur, mit mindestens ca. 6 800 zusätzlichen neuen betrieblichen Ausbildungsverträgen zu rechnen.

Mit dem Beginn des neuen Ausbildungsjahres 2007/08 werden im Übrigen in den Berufsfachschulen des Landes insgesamt ca. 4 600 vollzeitschulische Ausbildungen in Sozial- und Assistentenberufen nach Landesrecht angeboten.

Außerdem wird in Brandenburg in 17 Fachberufen des Gesundheitswesens ausgebildet. Für 2007 sind in diesen Berufen insgesamt ca. 1 300 Angebote vorgesehen.

Zusätzlich stellt die Landesregierung mit dem Ausbildungsplatzprogramm Ost 2007 gemeinsam mit dem Bund insgesamt 3 645 Ausbildungsplätze zur Verfügung. Die Vermittlung dazu beginnt im August. Die Auswahl von Ausbildungsberufen in diesem Programm richtet sich auch nach dem Bedarf der Branchenkompetenzfelder.

Somit können die bis Ende Juni gezählten 14 033 unversorgten Jugendlichen gegenwärtig zwischen ca. 16 345 Ausbildungsangeboten wählen. Dabei sind die außerbetrieblichen Ausbildungsangebote für Benachteiligte nach SGB III in dualer Ausbildung durch öffentliche Förderung noch gar nicht mitgezählt. Die kommen also noch hinzu.

Wenn man mit Zahlen zum Ausbildungsbedarf operiert, sollte man deshalb immer gleichzeitig auch die Anzahl der versorgten Jugendlichen wie auch das vorhandene, noch unbesetzte

Ausbildungsplatzangebot benennen, um nicht eine große Ausbildungsplatzlücke zu suggerieren, die es gar nicht gibt.

Wie funktioniert im Übrigen der Ausbildungsstellenmarkt? Dazu an dieser Stelle vielleicht auch noch einige Worte.

Die aktuelle Zahl der unversorgten Bewerberinnen und Bewerber sagt nichts über die Größe eines eventuellen Defizits an Ausbildungsplätzen aus; denn im Gegensatz zum Arbeitsmarkt ist der Ausbildungsmarkt nicht auf einen umgehenden Ausgleich von Angebot und Nachfrage gerichtet. Vielmehr orientieren sich Jugendliche und Ausbildungsbetriebe am regulären Beginn der Ausbildung im August und September. Deshalb gibt es jetzt nur eine Momentaufnahme. Die Stunde der Wahrheit kommt dann im Herbst. Das in der Presse zitierte Zahlenspiel ist also auch angesichts der Funktionsweise des Ausbildungsmarkts nicht sachgerecht.