Dritte Vorbemerkung: Herr Ministerpräsident, Sie haben mich etwas überrascht. Ich nehme für die Debatten im Parlament und für das Handeln meiner Fraktion in Anspruch, dass wir uns niemals angewöhnt hatten, Menschen aufzugeben. Wir waren unterschiedlicher politischer Auffassung über die politischen Instrumente, die eingesetzt werden müssen, um Menschen wieder zu motivieren und zu aktivieren, aber wir hatten sie niemals abgeschrieben oder aufgegeben. Sollte das innerhalb der Koalitionsfraktionen wirklich der Fall gewesen sein, dann bin ich sehr froh darüber, dass Sie das politische Verständnis, dass das nicht mehr der Fall ist, hier und heute klargestellt haben.
Ich will für uns in Anspruch nehmen, dass diese Art und Weise, Politik zu machen, nicht Inhalt und Ziel der politischen Initiativen gewesen ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gehöre zu einer Minderheit in Brandenburg und offensichtlich auch in der Politik, weil ich ganz klar sage: Eine Fusion mit Berlin ist das, was ich will. Als ich vorhin Ihre Argumentation gehört habe, habe ich mich an die Debatten von 1996 erinnert. Die Argumentation - das ist nachlesbar, sie ist fast wortgleich - unter anderem von mir und Herrn Dr. Markov, war damals der Ausdruck eines Willens, politisch zu blockieren. Nichts anderes hatten wir als politisches Konzept 1996 in der Auseinandersetzung um den Neugliederungsstaatsvertrag eingebracht.
Er hatte einen gravierenden Mangel. Die Finanzbeziehungen des neuen Landes, zum Beispiel der Umgang mit den Schulden, wurden nicht oder kaum geregelt. Herr Finanzminister, das wissen Sie.
Die Argumentation unsererseits wurde damals als politische Blockade gewertet. Jetzt verkünden Sie es als politisches Ziel.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Bürger mit einer erlebbaren und erfahrbaren Zusammenarbeit davon überzeugt werden können, dass ein gemeinsames Land Berlin-Brandenburg, ein gemeinsamer Wirtschafts- und Sozialraum BerlinBrandenburg eine politische, soziale und wirtschaftliche Alternative sind. Diese Zusammenarbeit muss ausgestaltet werden.
lagen der gesamten Region ist; denn ich beobachte mit Sorge, dass sich Teile der Berliner Politik wieder auf ein Großstadtbzw. Stadtniveau reduzieren. Sowohl SPD als auch CDU möchten in Berlin offensichtlich Großstadtpartei bleiben oder werden. Das ist natürlich ein politischer Hintergrund, der Interessenkonflikte zwischen Berlin und Brandenburg in eine Konkurrenzsituation umschlagen lässt. Ich habe deswegen eine Bitte bzw. einen Vorschlag.
Um zu verhindern, dass sich bei der günstigen konjunkturellen Entwicklung, über die ich sehr froh bin, durch eigenes politisches Verschulden Entwicklungspotenziale in der Region als Negativsaldo für die Entwicklung der Region niederschlagen, rege ich an, dass sich die IHK Berlin, die IHKs des Landes Brandenburg sowie die Handwerkskammern beider Länder und politische Vertreter beider Länder zusammenfinden, um über die Bewertung a) des Erreichten und b) über die Definition dessen, was man gemeinsam für notwendig erachtet, zu diskutieren.
Anderenfalls laufen wir nämlich Gefahr, bei der Wirtschaftsund Arbeitsmarktregion, bei der Verkehrsregion, bei der Logistik, beim Nutzen der Potenziale im Bereich Medien, Biotechnologie und in vielen anderen Bereichen, die wir nur als Region Berlin-Brandenburg, also Berlin und Brandenburg gemeinsam, nutzen können, neben dem Fachkräftemangel auch noch ein selbstverschuldetes konjunkturelles und strukturelles Problem in der Region zu schaffen. - Deshalb möchte ich aktiv dafür werben.
Ich hoffe sehr, dass der angekündigte Umbau der Förderstruktur beschleunigt wird. Herr Ministerpräsident, ich war sehr überrascht darüber, mit welcher Vehemenz Sie sich auf dem Fördertag der ILB für revolvierende Fonds eingesetzt haben. Ich finde das wichtig, möchte aber darauf hinweisen, dass alle Anträge, die im Jahre 2006 zum Teil zum wiederholten Male gestellt worden waren, von Ihnen abgelehnt worden sind,
und zwar mit der Begründung: Wir werden es möglichweise in diesem Jahr machen, und 2008 oder 2009 wird es eingeführt. Ich sage Ihnen: Ich bin froh, dass es jetzt passiert, aber Sie haben ein Jahr verschenkt.
Ein revolvierender Fonds muss ja erst einmal gegründet werden, und Mittel dafür müssen in Umlauf gebracht werden.
- Ich weiß. Ich mache es ja hier nur an dem Beispiel fest. Gleichwohl ist es so, dass Sie ein Jahr verschenkt haben. Wir hätten früher damit anfangen können. Ich meine, das hätte uns gut zu Gesicht gestanden, weil die Strukturfondsperiode nur bis zum Jahr 2013 läuft. Es wäre ein wichtiger Bestandteil des dringend notwendigen Umbaus der ILB zu einer Mittelstandsund Strukturbank gewesen. Ich bin sehr froh, dass Sie, Herr Wirtschaftsminister, Ihre bisherige Argumentation zum Teil etwas zurückgestellt haben, dass das aus EU-rechtlichen Grün
den nicht möglich sei, denn natürlich ist das EU-rechtlich möglich. Die Frage ist nur, was man aus der Neuordnung des Beihilferechts und mit den größeren Möglichkeiten der politischen Rahmensetzung der Europäischen Union politisch zu machen gewillt ist. Wir müssen die Substanzpflege verstärken, um konjunkturellen Aufschwung auch hier in Brandenburg auf sichere Füße zu stellen. - Vielen Dank.
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Christoffers, zwei oder drei Sätze muss ich dazu schon noch sagen, damit kein Missverständnis entsteht.
Erstens: Was meine ich mit Menschen, die wir nicht aufgeben sollen? - Wir haben uns im Jahre 2004 - das fiel gerade in die Wahlkampfzeit - insbesondere mit Ihnen bzw. mit Ihrer Partei sehr intensiv um die Arbeitsmarktreform gestritten. Ein wichtiger Bestandteil dieser Reform war, dass Menschen, die unsere Gesellschaft quasi aufgegeben hatte, nämlich die Sozialhilfeempfänger, so sie irgendwie arbeitsfähig sind, wieder in die Vermittlung hineinkommen. Das haben Sie wahrscheinlich verdrängt oder vergessen. Ich wollte mit meiner Äußerung zum Ausdruck bringen, dass uns so etwas nicht mehr passieren darf.
Das war Gegenstand der damaligen Arbeitsmarktreform, wobei Sie seinerzeit vehement dagegen waren, dass das gemacht wird.
Zweitens: Ich habe mich auf dem Fördertag der ILB sehr intensiv für revolvierende Fonds eingesetzt, weil wir erstens schon zwei davon haben und weil wir zweitens in den nächsten Jahren noch mehr bekommen werden, weil das einfach ein Gebot der Vernunft ist. Von daher ist es folgerichtig, dass wir das tun, wofür ich mich auch eingesetzt habe.
Drittens - hier sind wir uns wohl relativ nahe -: Ich habe in dem Bericht der Berliner IHK noch mehr Merkwürdigkeiten gefunden als nur die, dass ein IHK-Präsident und die von ihm eingesetzen Wissenschaftler nicht einmal wissen, wo Arbeitsmarktreformen definiert werden, woher Änderungen kommen und wer das induziert. Wenn man aber nicht einmal so etwas weiß das wollte ich vorhin ausdrücken -, hat man noch einiges zu tun, um die Frage zu klären, ob man sich für den Partner wirklich ernsthaft interessiert und sich mit ihm auseinandersetzt. Solche eklatanten Wissenslücken lassen nämlich darauf schließen, dass zu wenig ehrliches Interesse am Partner und seinen Gegebenheiten vorhanden ist. - Danke.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat ihre Redezeit um fünf Minuten überzogen. Die Fraktion der Linkspartei.PDS hat von den ihr damit zustehenden zusätzlichen fünf Minuten Redezeit durch Herrn Christoffers bereits drei in Anspruch genommen. Damit haben Sie von der Fraktion der Linkspartei.PDS noch zwei Minuten, und den anderen Fraktionen stehen noch fünf Minuten zu. Wer möchte das in Anspruch nehmen? - Frau Kaiser, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, vielen Dank für Ihre heutige Rede und Erklärung. Wir haben gut zugehört und an den Stellen, an denen wir mit Ihnen zu langjährigen Positionen Übereinstimmung gefunden haben, auch unsere Zustimmung signalisiert. Ich bitte Sie, genau hinzuhören und auch genau nachzulesen, welches die Positionen der Linkspartei bzw. der PDS zu der Arbeitsmarktreform waren.
Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Niemand aus meiner Fraktion oder meiner Partei hatte die Sozialhilfeempfänger jemals aufgegeben. Niemals ging es darum, dass wir uns nicht darin einig waren, Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zusammenzulegen,
Damit sind wir beim heutigen Thema, nämlich dem Wirtschaftsaufschwung. Die Empfänger von Arbeitslosengeld II, die Aufstocker, die in dieser Arbeitswelt keinen gesicherten Mindestlohn vorfinden, und die Langzeitarbeitslosen profitieren nicht von dem Aufschwung, den Sie festgestellt haben. Die Gewinner sind andere. Ich bedauere sehr, dass wir Veränderungen in einigen Punkten der Arbeitsmarktpolitik, zum Beispiel Mindestlohn, bei denen wir in diesem Parlament eine Mehrheit hätten, nicht im Sinne der Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen, auf den Weg bringen.
Deshalb, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, nehmen wir Sie beim Wort und werden unsere Vorschläge zur Verbesserung der Situation der Langzeitarbeitslosen, die vom Aufschwung nicht profitieren, in den nächsten Monaten auf den Tisch legen. Wir möchten sie mit Ihnen diskutieren und hoffen auf Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.
Danke schön. - Gibt es bei den anderen Fraktionen Bedarf, die Redezeit auszuschöpfen? - Herr Baaske meldet sich.
(Hammer [Die Linkspartei.PDS]: Man kann die Wahrheit nicht wegreden; das sage ich schon einmal vorab!)
- Bis 12 Uhr sagt man in Deutschland „Guten Morgen“. Das ist üblich; lesen Sie einmal bei Knigge nach.
In einem Artikel der „Lausitzer Rundschau“ heißt es: Langzeitarbeitslose finden zunehmend Jobs in Südbrandenburg. Schauen wir uns einmal die aktuellen Zahlen an: Der Anteil der Langzeitarbeitslosen in der Gruppe der Arbeitslosen lag in den letzten Jahren bei ca. 50 %, derzeit liegt er bei 48 %. In absoluten Zahlen ausgedrückt: 111 000 Langzeitarbeitslose Mitte des Jahres 2005, derzeit 87 000. Die Zahl ging insbesondere in den letzten Monaten drastisch zurück. Sie lag vor kurzem bei 100 000 und ist um 13 000 zurückgegangen. Es passiert also etwas. Der Ministerpräsident und Herr Müller haben gesagt, dass dieser Rückgang noch zu gering sei; das wollen wir nicht bestreiten, das ist halt so. Aber dass der Aufschwung gänzlich an den Langzeitarbeitslosen vorbeigehe, ist Quatsch. Das kann man nicht im Raum stehen lassen.