Protocol of the Session on June 6, 2007

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Land verfügt nach Angaben der Landesregierung über ein quantitativ ausreichendes Straßennetz. Auch wir sind dieser Auffassung. Diese Einschätzung hat die Landesregierung in ihren Zwischenbericht zur Umsetzung des integrierten Verkehrskonzepts im September 2006 niedergeschrieben. Darin hat sie ferner festgehalten: Es gibt Defizite bei der Verkehrsinfrastruktur hinsichtlich der Qualität sowie der fehlenden bzw. mangelnden Vernetzung einzelner Verkehrsträger. Soweit besteht zwischen uns Übereinstimmung. Der Vollständigkeit halber füge ich hinzu, dass es im Land Brandenburg 5 758 Kilometer Landesstraßen gibt, zu denen 686 Straßenbrücken gehören.

(Dr. Klocksin [SPD]: Wie viele Bäume?)

- Die Zahl der Bäume liegt mir nicht vor. Es ist aber eine einfache Übung, in der Statistik nachzusehen, Herr Dr. Klocksin.

Aus den genannten Gründen sehen wir Handlungsbedarf hinsichtlich des schlechten Zustands einiger Landesstraßen und Brücken. Extreme Witterungsbedingungen in den letzten Jahren haben die Straßenschäden in unerwartetem Maße ansteigen lassen. Das wissen Sie. Wir haben dazu schon debattiert. Ich will Sie daran erinnern, dass die Winter- und die Sommerschäden an Landesstraßen nach Angaben des Ministeriums wegen der zu hohen Gesamtausgaben im vergangenen Jahr 2007 nicht beseitigt werden können, das heißt, es bleiben Schäden in einer Reparaturkostenhöhe von mindestens 16 Millionen Euro übrig, deren Reparatur auf die nächsten Jahre verschoben werden soll.

Das ist unseres Erachtens wirtschaftlich unklug; denn neue Schäden werden hinzukommen und vorhandene werden größer. In der Summe wird die Reparatur viel teurer, als wenn die Schäden gleich in voller Höhe beseitigt würden. Das ist unsere Auffassung, der, so meine ich, auch Sie sich nicht verschließen können. Anderenfalls würde das Ministerium bzw. die Landesregierung eine Bugwelle von Ausgaben für Straßenschäden vor sich herschieben, die nicht mehr beherrschbar wäre.

Aufgrund dessen sind wir der Auffassung, dass erst die Reparaturen vorzunehmen und Mittel für den Neubau sowie für die Unterhaltung umzuschichten sind. Wir haben versucht, das mit dem Landeshaushalt zu verdeutlichen. Ansonsten ist unseres Erachtens das Problem der defekten Straßen und der sich ausweitenden Straßenschäden nicht mehr zu beherrschen und würde letztlich die Verkehrssicherheit - das wissen wir - in den nächsten Jahren beeinträchtigen. Davor wollen wir warnen.

Es ist eine Binsenweisheit - auch darüber haben wir schon oft gesprochen -, dass es für jeden guten Bauherrn wichtig und auch Motto ist, erst zu sanieren und instand zu setzen, bevor neu gebaut wird. Wir sind der Auffassung, die Landesregierung sollte ein guter Bauherr sein und die Prioritäten danach setzen.

Das Land ist gefordert, die Befahrbarkeit und die Verkehrssicherheit der Landesstraßen zu gewährleisten. Wir gehen davon aus, dass entsprechend den veränderten Entwicklungsbedingungen im Land - ich nenne in der Kürze der Zeit Rückgang der Bevölkerung und Veränderung der räumlichen Verteilung der Bevölkerung im Land - alle Neubauvorhaben kritisch auf den Prüfstand gehören und die Prioritäten neu festzusetzen sind, und zwar in vielen Fällen, denke ich, zugunsten der Erhaltung. Wir alle wissen, dass die Verkehrsinfrastruktur ein wichtiger Standortfaktor ist. Ein funktionsfähiges Straßennetz ist nicht nur für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes, sondern auch für den straßengebundenen ÖPNV unverzichtbar.

Ich zitiere aus Ihrem Bericht zur Umsetzung des IVK. Darin steht geschrieben:

„Die Stärkung der regionalen Wachstumskerne ist Aufgabe aller Politikbereiche. Grundlage der bevorzugten Förderung sind die von den regionalen Wachstumskernen zu erarbeitenden Standortentwicklungskonzepte, in denen die hohe Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur für die Wirtschaftsentwicklung deutlich wird. Grundsätzlich...“

- das ist hier zu lesen

„... weisen alle regionalen Wachstumskerne eine gute bis sehr gute Verkehrsanbindung auf.“

So wird es eingeschätzt. Ich denke, dies ist ein deutliches Zeichen, dass das Straßennetz quantitativ ausreichend ist und wir die vorhandenen Schäden reparieren und weiteren vorbeugen sollten.

Wir wissen aber auch - diese Erfahrung mussten vor allem die Kollegen der CDU-Fraktion sammeln -, dass neue Straßen allein nicht den wirtschaftlichen Aufschwung bringen, den Sie immer wieder zur Begründung herangezogen haben, um Straßeninvestitionen zu begründen; denn sonst befänden wir uns in Brandenburg - das wäre schön - in einer anderen Situation. Wir hätten viel niedrigere Arbeitslosenzahlen sowie einen höheren

wirtschaftlichen Aufschwung zu verzeichnen, wenn in Verbindung mit den Straßeninvestitionen der Aufschwung käme - vor allem daran gemessen, dass das Land Brandenburg eine sehr große Ausstattung an Bundesautobahnen sowie Landes- und Bundesstraßen hat.

Alles in allem wollen wir mit unserem Antrag Folgendes verdeutlichen: Wir brauchen dieses Erhaltungskonzept für Landesstraßen und Landesstraßenbrücken, um in der Lage zu sein, politische Entscheidungen zu treffen und die richtigen Prioritäten zu setzen, um eine ausgewogene Infrastrukturentwicklung insbesondere die Verkehrsinfrastruktur - im Land Brandenburg zu sichern. Wir wollten Sie darum bitten, das vorzulegen, damit wir auch im Zusammenhang mit den Entscheidungen zum Doppelhaushalt für die nächsten zwei Jahre in der Lage sind, die richtigen politischen Entscheidungen zu treffen.

Meine Damen und Herren, auch das haben wir aufgenommen. Sie alle sind in Ihren Kreistagen das eine oder andere Mal mit Umwidmungsverfahren von Landesstraßen befasst bzw. betroffen. Diesbezüglich wollen wir auch wissen, welches Konzept der Verkehrsminister vorlegt, damit wir eine Entscheidungsgrundlage haben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die SPD-Fraktion erhält der Abgeordnete Dr. Klocksin das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich darüber, Frau Kollegin Tack, wenn wir das Thema Straße bzw. Straßenausbau in diesem Hause zur Sprache bringen. In der Tat ist die Frage, wie wir in Brandenburg künftig Straßenausbau betreiben, eine zentrale Frage. In den letzen Jahren unterhielten wir uns verschiedentlich darüber. Ich darf Ihnen sagen - dies ist auch im Ausschuss für Infrastruktur und Raumordnung, dem Sie angehören, deutlich geworden -: Die Neuausrichtung der Straßenplanung bzw. des Straßenbaus ist dringend erforderlich.

Für die Zukunft werden wir natürlich ein Augenmerk darauf legen, ob die Ausbaustandards, die in den vergangenen Jahren angelegt worden sind, nicht nur mit Blick auf die von Ihnen beschriebene regionale Absiedlung, sondern auch auf die Unterhaltungskosten, die bei entsprechenden Ausstattungsmerkmalen - Ingenieurbauwerken, Brücken, die auch Gegenstand Ihres Antrags sind, insbesondere jedoch Kreuzungsanlagen - objektiv anfallen, tragfähig sind.

Ich nenne gern ein Beispiel, das in der Nähe meines Wahlkreises liegt. Dort gibt es den Knotenpunkt Großbeeren B 101/L 40. Wenn mir jemand erzählt, er wolle nach Los Angeles in den USA reisen, schlage ich demjenigen vor, zunächst nach Großbeeren zu fahren. Für den, der durch diesen Knotenpunkt kommt, stellt der Verkehr in Los Angeles nämlich kein Problem mehr dar.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [Die Linkspartei.PDS])

- Herr Bochow kennt sich dort bestens aus. Ich lasse mich dort auch gern führen.

Vor dem Hintergrund freue ich mich über solch durchaus gelungene Ingenieurkunst, die gleichwohl in Teilen überdimensioniert ist. Dieses Land lernt jedoch. Das Land ist ein lernendes System wie die das Land tragenden Parteien, liebe Frau Kollegin Tack.

(Beifall des Abgeordneten Hammer [Die Linkspartei.PDS])

Vor dem Hintergrund werden wir - der Beifall kommt an der richtigen Stelle - in Zukunft angepasster bauen. Das bedeutet auch, dass Landstraßen nicht vierspurig und damit zu „kleinen Autobahnen“ ausgebaut werden, sondern hin und wieder werden wir prüfen, ob es nicht ausreicht, Überholverkehr auf einer dritten Spur, einer Wechselspur, zu ermöglichen. Die Reihe der Beispiele ließe sich fortsetzen.

So vorzugehen ist nicht nur klug, nachhaltig und kostensparend, sondern auch den zur Verfügung stehenden Mitteln, die mit denen der frühen 90er Jahre nicht vergleichbar sind, angepasst. Das, was ich gerade beschreibe, sehe ich sowohl in anderen Bundesländern als auch im benachbarten Ausland, in Polen, Ungarn, Skandinavien, Frankreich. Es bedeutet im Übrigen Kreisverkehre statt Lichtsignalanlagen auf Überlandstraßen. Sie erhöhen die Durchlässigkeit, ihr Unterhalt kostet weniger, und sie sind sogar umweltfreundlicher.

Das alles ist eigentlich nicht unser Thema. Zur Debatte steht der Antrag „Erhaltungskonzept für Landesstraßen und Landesstraßenbrücken“. Beim Lesen dieses Antrags, Frau Kollegin Tack, dachte ich, wir stehen kurz vor dem nationalen Notstand. Sie suggerieren mit Ihrem Antrag, das Straßennetz in Brandenburg befinde sich in einem derart schlechten Zustand, dass man ohne das Risiko eines Achsenbruchs kaum noch von A nach B gelangen kann. Das ist mitnichten so.

(Zuruf des Abgeordneten Bochow [SPD])

Vor dem Hintergrund - Großbeeren macht es in der Tat möglich frage ich mich: Was ist der Anlass des Antrags? Er sollte nicht nur dazu dienen, die Zeit bis zum Parlamentarischen Abend zu überbrücken, sondern wir sollten vielleicht auch fragen: Was können wir operativ tun? Der Minister wird sicherlich einiges über die Unternehmungen seines Hauses sagen. Ich meine - auch aus Ihrem Antrag kann ich das nicht ableiten -, es besteht überhaupt keine Notwendigkeit, die Landesregierung aufzufordern, bis zum Oktober eine Erhaltungskonzeption vorzulegen; schon der Begriff „Erhaltungskonzeption“ lässt aufhorchen. Es gibt keine Gefährdungssituation, und wir stehen auch nicht unter Druck.

Ich habe Ihren Antrag zum Anlass genommen, das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung zu bitten, in der nächsten Ausschusssitzung Bericht zu erstatten.

(Oh! bei der Linkspartei.PDS - Frau Tack [Die Linkspar- tei.PDS]: Wie mutig!)

Das wird, wie wir es gewohnt sind, zeitnah - deutlich vor Oktober - geschehen. Ich schlage vor, dass wir auf dieser Basis dann gemeinsam weiter diskutieren. Ich hätte mir gewünscht, dass wir diese Initiative gemeinsam gestartet hätten.

(Zuruf der Abgeordneten Mächtig [Die Linkspartei.PDS])

Aber ich glaube an dieser Stelle in Ihrem Sinne gehandelt zu

haben. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und kündige die Ablehnung des Antrags an. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die DVU-Fraktion erhält die Abgeordnete Hesselbarth das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihr Antrag, Frau Tack, verwundert mich sehr, weil, denke ich, abschreiben noch keinen Gesinnungswandel bedeutet. In einer Satzgruppe stehen eindeutig Dinge, die ich in Debattenbeiträgen im Parlament mehrmals betont habe, und zwar: Die Verkehrsinfrastruktur ist ein wichtiger Standortfaktor auch für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Das haben Sie bisher immer negiert. Ihre Politik war folgende: weg von der Straße, rauf auf die Schiene. Der Straße haben Sie wenig Bedeutung beigemessen.

Herr Dr. Klocksin, im Ausschuss können wir uns sicher darüber unterhalten. Das haben wir bereits mehrmals - insbesondere wenn Haushaltsdebatten anstanden - getan.

Zum Abschluss nur noch eines: Ich werde natürlich nicht gegen meine eigenen Forderungen stimmen. Deswegen werden wir Ihrem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der DVU sowie Zurufe von der Linkspartei. PDS)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Schrey.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diejenigen, die sich regelmäßig auf den Straßen des Landes bewegen, können bestätigen, dass sich deren Zustand in den letzten Jahren verschlechtert hat. Das wird niemand bezweifeln. Deshalb wurde nach Zustimmung des Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung durch die Niederlassungen des Landesbetriebes Straßenwesen eine Bestandsaufnahme der Brandenburger Straßen vorgenommen. Das bedeutet auch, dass eine entsprechende mittelfristige Planung durch die Landesregierung vorgenommen wurde und wird. Schon aus diesem Grund halten wir den Antrag der Linkspartei.PDS für entbehrlich. Sie, liebe Kolleginnen, fordern in Ihrem Antrag die Landesregierung auf, dem Landtag bis Oktober 2007 eine Erhaltungskonzeption für Straßen und Straßenbrücken, die sich in Verantwortung des Landes befinden, vorzulegen.

Unabhängig von den fachlichen Gründen halte ich eine derartige Frist für absolut unlogisch. Im Oktober sind die Beratungen für den kommenden Haushalt auf der Ebene der Landesregierung längst abgeschlossen. Das heißt, ein derart weitreichendes Konzept könnte meiner Meinung nach nicht mehr in den Haushalt eingeplant werden.

Die knapper werdenden Mittel von EU und Bund werden wir zukünftig zu einem großen Teil eher in den Erhalt von Landes

straßen und deren Brücken stecken müssen als in den Neubau. Dem sind sich die CDU-Fraktion und - davon gehe ich aus auch die Landesregierung bewusst. Durch die schon erwähnte Bestandserhebung ist die jeweils zuständige Niederlassung des Landesbetriebes Straßenwesen bereit und fachlich in der Lage, die zuständigen Abgeordneten darüber zu informieren.

Kurzum, wir lehnen den Antrag ab, weil wir ihn nicht für notwendig erachten. Wir wissen, welche Investitionen notwendig sind, zwar nicht unmittelbar, sondern durch den Landesbetrieb. Ich gebe gern zu, dass die zuständigen Mitarbeiter nicht immer die auskunftsfreudigsten sind. Ich hoffe, dass das Ministerium diese Kritik an die Leiter der Niederlassungen weitergibt. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)