Protocol of the Session on April 25, 2007

Auch in der Land- und Forstwirtschaft kann CO2 eingespart werden. Dazu bedarf es einer nachhaltigen Flächenbewirtschaftung statt Stilllegung und der bekannten Forstreform. Biokraftstoffe leisten einen wichtigen Beitrag; jedoch besteht auch hier noch Verbesserungsbedarf.

Beim Thema Wasserwirtschaft sieht die Landesregierung keine Handlungsmöglichkeiten für die Politik und die Wasserwirt

schaft. Jedoch ist mit Erfassung, Forschung und Modellierung allein noch kein Problem gelöst. Verstärkten Handlungsbedarf gebe es erst, falls sich jetzige Trends sinkender Grundwasserspiegel statistisch als Folgen des Klimawandels nachweisen ließen. Offensichtlich will man mit der Rettungsaktion warten, bis das Kind nicht nur in den Brunnen gefallen, sondern auch ganz sicher ertrunken ist.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Eine klare systematische Trennung von Istzustand, Ursachenanalyse, Ziel- und Handlungsoptionen hätte dem gesamten Konzept gutgetan.

Zusammenfassend gesagt bleibt das im Kern zu begrüßende, jedoch in Qualität und Quantität unbefriedigende Klimamanagement für Brandenburg weiter in der Kritik. Klimaschutz ist - will er seiner Zielsetzung gerecht werden - als fachübergreifende Disziplin mit höchster sozialer Bedeutung zu begreifen. Es geht um Arbeitsplätze, um die Höhe der Kosten für die Daseinsfürsorge, um Risiken, Auswirkungen und letztendlich um Lebensqualität. Betrachten wir Klimaschutz als Chance, der Natur das zurückzugeben, was wir ihr abgerungen haben. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die SPD-Fraktion erhält die Abgeordnete Gregor das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schönen Nachmittag, würde ich sagen.

Liebe Frau Steinmetzer-Mann, was wir jetzt wirklich allesamt brauchen, sind Argumente und nicht Polemik.

(Zuruf der Abgeordneten Weber [Die Linkspartei.PDS])

Was wir brauchen, ist eine seriöse Diskussion und nicht moralisierende Besserwisserei.

Ich war in weiten Teilen mit Ihrem Redebeitrag einverstanden, aber die Angriffe gegen den Ministerpräsidenten fand ich ein bisschen überzogen und auch nicht seriös.

(Vietze [Die Linkspartei.PDS]: Aber nur ein bisschen!)

- Ja, ja, manchmal hilft es ja, sich bei einer grundlegenden Diskussion über die Basis der Diskussion sowie über Definitionen und Grundlagen zu unterhalten.

Die Klimaforschung beruht nämlich auf Szenarien. „Szenarien“ sind mögliche Entwicklungen, die nur prognostiziert sind. Sie können schneller eintreten, sie können langsamer eintreten, sie können auch völlig anders zutreffen, weil Klima ein Gesamtsystem ist. Das klimatische System der Erde ist schon immer von Veränderungen und Übergängen gekennzeichnet, und es bewegt sich immer von einem Gleichgewichtszustand in den anderen. Worüber wir reden, sind die vom Menschen beeinflussten und beeinflussbaren Möglichkeiten, auf den Klima

wandel zu reagieren. Es ist unbestritten, dass der Mensch in den vergangenen 200 Jahren natürlich massiv eingegriffen hat.

Die Auswirkungen sind in der Zwischenzeit, wie auch Frau Steinmetzer betont hat, für jeden Einzelnen von uns als Betroffenen spürbar und erlebbar. Der heute zur Diskussion stehende Bericht zum Klimaschutzmanagement kommt sehr spät und erfüllt auch nicht alle Erwartungen, die jeder Einzelne von uns in ihn gesetzt hat.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und vereinzelt bei der SPD)

Vor diesem Hintergrund kann er deshalb nur als Datenbasis genutzt werden, weil er wirklich alle relevanten Politikfelder umfasst und auch im Klimakontext mögliche Handlungsoptionen beschrieben hat. Was wir allerdings vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion und der dramatischen Entwicklung brauchen - da widerspreche ich dem Staatssekretär ganz vehement -, ist kein Nebeneinander von Energienkonzeption, BiomasseAktionsplan und integrierten Verkehrskonzepten. Vielmehr brauchen wir ein politisch-strategisches neues Denkmodell für uns alle.

(Beifall bei SPD und CDU sowie vereinzelt bei der Linkspartei.PDS)

Diese politische Gesamtstrategie müssen wir gemeinsam auf den Weg bringen und gemeinsam vehement vertreten.

Das Anerkenntnis des demografischen Wandels und der demografischen Probleme, die wir im Land haben, führte letztendlich dazu, dass alle für die Entscheidung relevanten Themen mit einem Demografiecheck belegt werden sollen. Ich frage ganz ketzerisch: Warum sollen wir in Zukunft nicht auch einen Klimacheck einführen und all unsere Entscheidungen auf den Prüfstand stellen nach dem Motto: Wie klimarelevant sind Auswirkungen einzelner Maßnahmen, die wir im Land veranlassen? - Jeder ist ja für Klimaschutz. Aber betroffen sein will niemand. Verkehrsverlagerung wird von allen begrüßt. Wenn dann aber Wasserstraßen ausgebaut werden sollen, sieht die Meinungsbildung ganz differenziert aus. Zum weiteren Ausbau regenerativer Energien werden natürlich alle Ja sagen. Aber ein Windpark vor der eigenen Haustür, eine Biogasanlage im eigenen Dorf - nein, danke! CO2-Minderung im Verkehr - selbstverständlich sind alle dafür. Aber Tempolimit und ein paar PS weniger - da hört es dann langsam auf, da wird es zu konkret für den Einzelnen.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Den Energieverbrauch senken - natürlich will das jeder. Aber die Einführung neuer Normen und Standards - da kommen wir mit uns selbst und unseren Prämissen in Konflikt. So ließe sich die Liste beliebig - unendlich, glaube ich - fortsetzen. Aber genau an diesem Punkt formuliere ich einen Appell in die Richtung dessen, was jeder seriöse Klimaforscher und jeder, der hier eine Diskussion seriös führt, sagt: Wir brauchen ausgewogene Reaktionen. Wir brauchen nicht Aktionismus. Wir brauchen Realismus, und wir brauchen Verlässlichkeit von Politik.

(Beifall bei der SPD)

Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben. Klimawandel hat in geologischen und auch in historischen Zeiträumen betrachtet

immer dazu geführt, dass sich der Mensch dieser Aufgabe gestellt hat; denn schließlich sind wir vernunftbegabte Wesen und werden auch das Notwendige leisten, um das Vermeidbare zu beherrschen und das Unvermeidbare nicht unbeherrschbar zu machen. In diesem Sinne sehe ich folgende dringende Handlungsansätze für uns.

Aus dem vorliegenden Bericht der Landesregierung müssen wir Handlungsansätze ableiten. Diese müssen wir in kurz-, mittel- und langfristig untergliedern und mit entsprechenden Prioritäten versehen. Die öffentliche Hand muss vor allen Dingen ihre Vorbildfunktion viel stärker wahrnehmen. Bei der Dienstwagenflotte fängt das an, bei der Prüfung des verstärkten Einsatzes biogener Kraftstoffe im öffentlichen Personennahverkehr geht es weiter.

Der Gebäudepass für öffentliche Gebäude - ob Landes- oder kommunale Liegenschaften - muss Standard sein. Ich finde, bei Sanierungen, Reparaturen, bei allem, was im Land an Neubau ansteht, muss immer gefragt werden: Welche energiesparenden Komponenten, welche regenerativen Energien kommen bei der Versorgung zum Einsatz? - Nur so werden wir vorankommen.

Gelegentlich hilft auch ein Blick nach Berlin. Ich wage einmal, danach zu fragen: Wir hatten im Land einmal eine EnergiesparAgentur. Sie ist in die ZAB integriert worden, ist in der Zwischenzeit bis zur Unkenntlichkeit verändert, sodass sie nicht mehr wahrgenommen wird. Die Berliner haben gute Erfahrungen mit ihrer Energiespar-Agentur gemacht. Sie ist inzwischen frei finanziert, braucht also keine Unterstützung mehr. Die Nachfrage ist in einem Ballungsraum sicherlich noch eine andere als im flachen Land, aber eventuell sind dort gesammelte Erfahrungen für uns nutzbar zu machen. Das große Ganze sollten wir wiederbeleben und in den Fokus unserer Aktivitäten rücken. Das kann nicht schaden.

Klimaschutzpolitik darf vor allen Dingen nicht nur auf Symbolen beruhen bzw. aus Symbolpolitik bestehen. Wir brauchen eine völlig neue Industriepolitik. Wir brauchen alternative Ansätze. Wir müssen ganz große Räder bewegen. Vor diesem Hintergrund kann es nur um integrierte Vorhaben auch auf Landesebene gehen. Dazu gehören alle Maßnahmen der CO2Reduzierung, die Option, CO2-Verbringung als Pilotanlage zu testen und nach Möglichkeit ein Verfahren zu entwickeln, das eine exportfähige Technologie darstellt, damit wir global gesehen handeln können; denn fossile Energieträger erzeugen immer CO2, und eine Beseitigung des CO2-Problems kann nur über eine technische Lösung und nicht über das Verteufeln einzelner Technologien erfolgen.

In diesem Sinne bitte ich Sie alle um eine rege Diskussion. Jeder in seinem Politikfeld sollte sich dem Klimaschutz verpflichtet fühlen. Das beginnt bei Bildungspolitik, geht über Sozialpolitik bis hin zur Wirtschaftspolitik. Ich bitte Sie alle - Frau Steinmetzer hat es schon vorweggenommen -: Wir haben uns die Aufgabe gestellt, eine übergreifende Anhörung zu diesem Klimaschutzmanagementbericht durchzuführen; denn wir müssen Maßnahmen ableiten, die vernünftig sind, von der breiten Mehrheit getragen werden und die Politik der nächsten Jahrzehnte in diesem Land bestimmen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei SPD, CDU und vereinzelt bei der Linkspar- tei.PDS)

Für die DVU-Fraktion spricht der Abgeordnete Schulze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht der Landesregierung „Integriertes Klimaschutzmanagement“ liegt nun vor, und das zu einer Zeit, in der die Hiobsbotschaften über die Auswirkungen des globalen Klimawandels für Mensch und Natur Hochkonjunktur haben. Dieser Bericht wird die Situation des Landes Brandenburg sowie die notwendigen Schritte für Politik, Wirtschaft und Bürger aufzeigen. Nicht zuletzt der dritte Teil des UN-Klimaberichts mit seinem düsteren Szenario von verheerenden Dürreperioden, zerstörerischen Wirbelstürmen, Seuchen usw. hat die Menschen aufgeschreckt.

Auch der vorliegende Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Menschen durch ihre Eingriffe in die Natur zu einem entscheidenden Klimafaktor geworden sind. Es wird für möglich gehalten, dass schon in wenigen Jahren die gewohnten Rahmenbedingungen der Land- und Gewässernutzung nicht mehr gegeben sind. Wir als DVU-Fraktion sagen ganz klar: Klimaschutz ist eine internationale Gemeinschaftsaufgabe, und Brandenburg muss dabei seinen Beitrag leisten.

Interessant ist die Aussage von Vertretern aus Politik und Wirtschaft bei einem Energiekongress während der Hannover-Messe, dass Europa im Kampf gegen den weltweiten Klimawandel zwar in der ersten Reihe stehen kann, jedoch sein Beitrag im weltweiten Vergleich nur gering sein wird. Der globale Energiebedarf wird in den nächsten 25 Jahren um mehr als die Hälfte wachsen - und das fast vollständig in Staaten, die nicht zur OECD gehören.

Die Europäische Union hat sich laut Kioto-Protokoll verpflichtet, bis 2012 den Ausstoß von Treibhausgasen um 8 % zu senken. Deutschland will bis zu diesem Zeitpunkt eine Reduzierung um 21 % erreichen. Bundesumweltminister Gabriel meint, weil einige EU-Länder erst am Anfang eines wirtschaftlichen Aufschwungs stehen und ihre CO2-Emissionen somit noch steigen, habe Deutschland größere Lasten übernommen eine Logik, die im Zeitalter des Technologietransfers kein normaler Mensch versteht, meine Damen und Herren. Wir stellen hier nochmals klar: Es muss gehandelt werden, jedoch nicht so, dass man das Kind mit dem Bade ausschüttet. Unsere Fraktion trat und tritt vehement für eine umweltschonende, wettbewerbsfähige und sichere Energieversorgung ein. Die Panikmache der Medien und einer Reihe inkompetenter Politiker ist dumm und geradezu unverantwortlich.

(Beifall bei der DVU)

Den Ernst des Problems haben die Bürger längst begriffen. Energiesparen und Eingriffe in die Natur vermeiden heißt auch stete Steigerung der Energieeffizienz, und das gilt auch für die Landesregierung in Bezug auf ihre öffentlichen Liegenschaften. Entsprechende Förderprogramme sind zweifellos ein Anreiz zur Erhöhung der Wärmedämmstandards und der Verbesserung der Heizungsanlagen im Wohnungsbestand. Wir halten es für zwingend erforderlich, dass sich Wissenschaft und Forschung noch intensiver als bisher den Fragen der effizienten Nutzung in den Bereichen Biomasse, Wasser, Windkraft, Solarund Geothermie sowie Brennstoffzellentechnologie widmen.

Meine Damen und Herren, Klimaschutz betreiben wir alle auch beim Einkaufen: Indem wir einheimische Lebensmittel kaufen, sichern wir nicht nur Arbeitsplätze in der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft, sondern wir unterstützen durch den Wegfall weiter Transportwege auch den Klimaschutz. Denken Sie bitte einmal darüber nach, und dann lassen Sie uns handeln!

(Beifall bei der DVU)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Dombrowski.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Steinmetzer, vorweg eine Anmerkung zu Ihrem Beitrag. Sie haben gesagt, wir müssten Menschen erziehen, und zwar egal, wozu. - Gehen Sie davon aus, dass unsere Fraktion nicht den Anspruch hat, Menschen zu erziehen. Wir möchten Menschen mitnehmen, sie begeistern, ihnen helfen, und wir möchten, dass sie unsere Arbeit unterstützen, aber wir möchten sie nicht erziehen.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren! „Wird das integrierte Klimaschutzmanagement der Problemlage oder der Aufgabe gerecht?“, könnte man fragen. Die Antwort könnte lauten: „Ja und Nein.“ Ja, da viele Maßnahmen in die richtige Richtung weisen, und Nein, weil formulierte Ziele lückenhaft sind und die konkrete Umsetzung im Land nicht ausreichend ist.

Um es ganz klar zu sagen: Ich spreche nicht dafür, in Hysterie und Aktionismus zu verfallen, sondern ich spreche im Gegenteil für eine sachliche Bestandsaufnahme, für eine Zielbestimmung unserer Landespolitik und im nächsten Schritt für die Ergänzung oder Schaffung der Instrumente, die uns helfen, dem Klimawandel wirksam zu begegnen.

Um es an einem Beispiel deutlich zu machen: Wenn im integrierten Klimaschutzmanagement erhebliche Potenziale bei der Energieeffizienzsteigerung im Gebäude- und Wohngebäudebereich gesehen werden und gleichzeitig die Landesregierung auf meine Kleine Anfrage 1615 vom Februar dieses Jahres unter Punkt 6 antwortet, dass eine Übersicht über die Situation bei der Gebäudemodernisierung und der energiewirtschaftlichen Ziele in Brandenburg ebenso wenig existiert wie eine entsprechende Förderrichtlinie im zuständigen Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung, dann wird ein Problem deutlich: Ziel und Maßnahmen stimmen nicht überein.

Ein weiteres Beispiel: Seit 1999 gibt es in Brandenburg das Instrument der Umweltpartnerschaften, in denen sich Umweltverbände in freiwilligen Vereinbarungen mit der Landesregierung und den Kammern verpflichten, weitergehende Umweltauflagen zu erfüllen oder umweltgerechte Arbeitsmethoden einzuführen. An diesen Umweltpartnerschaften - so geht aus dieser Kleinen Anfrage hervor - beteiligen sich lediglich 48 Unternehmen im Land Brandenburg. Das ist viel zu wenig. Wir stehen also noch ganz am Anfang, freiwilliges Engagement auf den Weg zu bringen.

Nun könnte man sagen: Es reicht aus, wenn sich jeder an geltendes Recht hält. - Eine solche Einstellung führt uns aber nicht zum Ziel; denn wenn wir - damit meine ich die Landesregierung, die Wirtschaft und die Bürger gleichermaßen - nicht mehr tun, als uns am geltenden Recht zu orientieren, dann werden wir unser Ziel, die Schadstoffemissionen im Land Brandenburg deutlich zu mindern, deutlich verfehlen.