Protocol of the Session on April 25, 2007

Nun könnte man sagen: Es reicht aus, wenn sich jeder an geltendes Recht hält. - Eine solche Einstellung führt uns aber nicht zum Ziel; denn wenn wir - damit meine ich die Landesregierung, die Wirtschaft und die Bürger gleichermaßen - nicht mehr tun, als uns am geltenden Recht zu orientieren, dann werden wir unser Ziel, die Schadstoffemissionen im Land Brandenburg deutlich zu mindern, deutlich verfehlen.

Das integrierte Klimaschutzmanagement setzt uns zum Ziel, im Jahre 2010 die CO2-Emissionen auf 43 Millionen Tonnen in Brandenburg zu reduzieren. Ich teile die Einschätzung der Umweltverbände - habe darauf auch schon in der Aktuellen Stunde im März hingewiesen -, dass es aus jetziger Sicht keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dieses Ziel erreicht werden könnte. In jener Aktuellen Stunde hatten die Vertreter der Landesregierung auch über den erfolgreichen Weg Brandenburgs beim Klimaschutz berichtet. Richtig ist, dass wir spitze sind im Bereich der erneuerbaren Energien. Richtig ist aber auch - das wurde in der Aktuellen Stunde nicht gesagt -, dass diese Einschätzung der Landesregierung auf der Datengrundlage aus dem Jahre 2003 basiert und seit 2004 die CO2-Emissionen in Brandenburg um fast 1 Million Tonnen deutlich gestiegen sind.

Ich habe in jener Aktuellen Stunde auch mein Unverständnis darüber geäußert, dass wir im Frühjahr des Jahres 2007 auf der Datengrundlage von 2003 die CO2-Emissionen bewerten sollen. Bezogen auf das heute zu beratende Klimaschutzmanagement der Landesregierung bedeutet dies, dass das Erreichen oder Nichterreichen der Zielmarke von 43 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß im Jahre 2010 durch die Landesregierung und den Landtag im Jahr 2014 kontrolliert und bewertet werden kann. Wenn man Management als einen aktiven Prozess versteht, hat dies aus meiner Sicht wenig damit zu tun. Ich möchte deshalb meine Forderung erneuern, die Auswertung der CO2Emissionen in Brandenburg spätestens ein Jahr oder zumindest zeitnäher nach Ende des Erfassungszeitraums durchzuführen.

Ich möchte jetzt nicht jeden einzelnen Bereich des integrierten Klimaschutzmanagements der Landesregierung bewerten. Das ist eine schwierige Aufgabe, die durch engagierte und strukturierte Arbeit zu lösen bzw. einer Lösung näherzubringen ist.

Ich habe bereits in der Aktuellen Stunde am 8. März gefordert, dass die Energiebewirtschaftung und damit der Klimaschutz auch als eine Querschnittsaufgabe unserer Landesverwaltung verstanden werden muss.

Wie wir wissen, sind die meisten unserer Landesimmobilien unter dem Gesichtspunkt der Energieeffizienz betrachtet in einem jämmerlichen Zustand, und der Landtag ist auch nicht besser. Ich wäre freudig überrascht, von der Landesregierung zu hören, dass die Chefs der Verwaltungen ihre Einrichtungen angewiesen hätten, jede defekte herkömmliche Glühbirne ab sofort durch eine Energiesparlampe zu ersetzen. Durch eine so lapidare Maßnahme könnte in diesem Bereich der Energieverbrauch mittelfristig um bis zu 80 % gesenkt werden.

Ich möchte nochmals davor warnen, in eine „Hurra, wir in Brandenburg sind die Besten“-Stimmung zu verfallen. Trotz aller hervorragenden Leistungen im Bereich der regenerativen Energie und auch unserer wissenschaftlichen Einrichtungen sind wir der CO2-Verschmutzer Nr. 1 in Deutschland, und in der negativen Weltspitze liegen wir zum Beispiel noch vor den

USA. Dies hat Gründe, die man erläutern und für eine gewisse Zeit auch akzeptieren kann. Ein Grund ist die Braunkohle. Auch dazu von mir ein klares Wort: So problematisch die Braunkohleverstromung ist, so unverzichtbar ist sie für uns. Die Verfasser der UN-Klimastudien haben deshalb auch die Braunkohle als Energieträger dieses Jahrhunderts bezeichnet, weil die Braunkohle nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Teilen der Welt als fossiler Energieträger am längsten zur Verfügung steht - länger als alle anderen fossilen Energieträger einschließlich Uran.

Die Energiesicherheit ist gleichwertig mit der Umweltverträglichkeit zu betrachten, weil es dazu keine Alternative gibt. Mit einem Technologieschub wird es mittelfristig gelingen, die Umweltverträglichkeit der Kohle- und Braunkohlekraftwerke zu steigern und aus der Entwicklung neuer Technologien auch eine Bruttowertschöpfung durch den Export und die Arbeitsplätze, die hier entstehen, zu schaffen. Von daher kommt es darauf an, die Sache nicht einfach laufen zu lassen, sondern auch in dem Fall der Braunkohle ganz klar zu bestimmen und zu kalkulieren, in welchem Verhältnis Nutzen und Risiko zueinander stehen.

Lassen Sie mich einige Punkte ansprechen, die man, wie ich meine, weiter verfolgen sollte und die auch in der Diskussion, die von Frau Gregor angekündigt wurde, im Rahmen einer gemeinsamen Anhörung der Fachausschüsse weiter betrachtet werden sollten. Ich denke daran, in Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale des Landes Brandenburg, der Investitionsbank des Landes und mit der KfW bestehende Förderprogramme zur Modernisierung von Gebäuden zu evaluieren und Möglichkeiten zur verbesserten Unterstützung von Energieeffizienzmaßnahmen im gewerblichen Bereich und im Bereich von Heizen und Kühlen zu integrieren. Dabei ist insbesondere das bestehende Anreizproblem für Vermieter zu beleuchten und zu berücksichtigen. Es ist so, dass Modernisierung zur weiteren Erhöhung der Energieeffizienz ausschließlich zur Nebenkostenreduzierung beim Mieter führt, dies aber kein Anreiz für den Vermieter ist, noch einmal Geld zu investieren.

Ich denke auch, dass der Landeshaushalt die unabhängige Energieberatung der Verbraucherzentrale des Landes berücksichtigen sollte. Durch eine Bundesratsinitiative sollte darauf hingewirkt werden, dass Privathausbesitzern über einen Zeitraum von drei Jahren der Abzug der Kosten für ihre Gebäudeund Energieeffizienzgutachten von der Grund- oder der Einkommensteuer ermöglicht werden sollte.

Die Erfassung und Auswertung der CO2-Emissionen muss deutlich zeitnäher erfolgen; sonst kann man damit nicht arbeiten. Die Erkenntnisse unserer Forschungseinrichtungen im Land müssen eingesetzt werden, um praktikable Maßnahmen im Klimaschutz umzusetzen.

Auch die fortlaufende Modernisierung des Fuhrparks unserer Landesverwaltung ist zu betrachten. Bei der Beschaffung technischer Geräte sollte die Energieeffizienz ein Faktor sein, der zu berücksichtigen ist. Die Umweltpartnerschaften habe ich schon erwähnt. Auch die Einführung des Berufsbildes des Energiewirts haben wir in Brandenburg noch nicht geschafft, obwohl im Laufe der Jahre immer mehr regenerative Energieerzeugungseinrichtungen geschaffen wurden. Die Öffentlichkeitsarbeit ist erheblich zu verbessern. Das Angebot im öffentlichen Personennahverkehr ist aufrechtzuerhalten und nicht weiter zu vermindern.

Es heißt immer, regenerative Energien hätten für Brandenburg besondere Bedeutung. Das ist richtig. Wir haben darauf zu achten, dass wir mehr Windeignungsgebiete ausweisen. Ebenso sind Fördermittel bereitzustellen, damit die Einspeisenetze zur Verbindung von Biogasanlagen und Windkraftanlagen finanziert werden können. Ferner haben wir mit unseren Banken zu reden, auch mit der ILB. Die Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien werden ganz überwiegend nicht von Brandenburger Geldinstituten - auch nicht von der ILB - finanziert.

Die Genehmigungsverfahren sind drastisch zu beschleunigen. Wenn ich von Windkraftanlagenbetreibern höre, dass es zwei Jahre dauert, ehe die Anlage genehmigt wird - das ist ein Durchschnittswert; teilweise geht es noch darüber hinaus -, dann wird am Ende nicht der modernste Stand der Technik eingesetzt, weil innerhalb dieser zwei Jahre die Entwicklung fortgeschritten ist.

Im Bundes- und im Landesnaturschutzrecht sollten wir einen Klimaschutzfaktor einführen, der bei Eingriffen in Natur und Landschaft genauso zu berücksichtigen ist wie jeder andere Punkt im Naturschutzrecht auch. Wenn wir mehr regenerative Energien haben wollen, dann müssen wir im Land Brandenburg, das zu großen Teilen mit Schutzgebieten belegt ist, dafür sorgen, dass der Klimaschutz ein selbstständig zu bewertender Punkt wird. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält noch einmal die Fraktion der Linkspartei.PDS. Herr Abgeordneter Thiel spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema ist wichtig; es ist das Jahrhundertthema. Meine Fraktion hat gestern beschlossen, es am Kochen zu halten.

(Zuruf von der Regierungsbank: Mit Braunkohlestrom?)

Wir werden die inhaltlich-sachliche Diskussion führen, vor allen Dingen in diesem Parlament. Ich bitte aber jeden, der sich dazu äußert, alle Qualifikationsmöglichkeiten zu nutzen.

Frau Kircheis, Sie haben in der vergangenen Woche an der Konferenz „Nachwachsende Rohstoffe“ teilgenommen. Man brauchte nicht weit zu fahren; sie fand bei der IHK Potsdam statt. Dort hat man gesehen, dass es Alternativen gibt.

Ich rede nicht am Kern des Problems vorbei. Herr Schulze hat gesagt, 75 % der CO2-Emissionen kämen aus dem Energieumwandlungssektor. Wenn wir dort nicht ansetzen, dann helfen uns auch neue Glühbirnen nicht weiter.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herr Dombrowski, ich habe nichts gegen die Auswechselung herkömmlicher Glühbirnen durch Energiesparlampen. Ich habe auch nichts gegen ein Tempolimit. Aber wir in Brandenburg schaffen die Reduktionsziele mit Blick auf das Jahr 2010 - 53 Millionen Tonnen CO2 - nicht, wenn wir das Thema Braunkohleverstromung nicht angehen.

Deswegen plädiere ich dafür - ich habe in der Aktuellen Stunde dazu gesprochen -, dass wir jetzt den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung organisieren - für die Menschen und mit den Menschen in der Lausitz. Noch ist das Zeitfenster offen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Noch haben wir die Möglichkeit, den Menschen dort unten, die eigentlich nur Angst um ihren Arbeitsplatz haben, weil sie nach 1990 gesehen haben, wohin die Entwicklung führen kann, diese Angst zu nehmen und eine Perspektive im integrierten Klimaschutzmanagement zu geben.

Herr Staatssekretär, ich bin auf Ihrer Seite: Es geht nicht nur um Umwelt- und Energiepolitik, sondern auch um ein gesamtgesellschaftliches Anliegen. Das beginnt mit der Bildung. In jedem privaten Haushalt ist darüber nachzudenken, wie wir die Folgen des Klimawandels angehen können bzw. die schon absehbaren Folgen vermindern können. An diesem Punkt müssen wir ansetzen.

Ich habe vorhin über Alternativen gesprochen. Im Klimaschutzbericht ist das nachlesbar; ich will zwei Fakten nennen:

Von dem für das Jahr 2010 prognostizierten Primärenergieverbrauch in Brandenburg in Höhe von 709 Petajoule soll ein Anteil von 35,5 Petajoule aus erneuerbaren Energien stammen. Das Datenmaterial stammt aus dem Jahr 2003; wir leben heute im Jahr 2007. Wahrscheinlich gibt es schon völlig neue Erkenntnisse.

(Unruhe)

- Herr Baaske, nun hören Sie mir einmal zu!

(Baaske [SPD]: Ich höre Ihnen immer zu! Das wissen Sie doch, Herr Thiel!)

Das entspräche ca. 16 % des derzeit technisch möglichen Potenzials an erneuerbaren Energien im Land, das gegenwärtig bei identifizierten 221 Petajoule liegt. Ich sage das deswegen, weil wir am Freitag gemeinsam auf der DGB-Konferenz in Sachsen gewesen sind und Sie dort gesagt haben, wir hätten einen Anteil von 16 % an der Stromerzeugung für den Eigenverbrauch. Das stimmt nicht. In der Stromerzeugung für den Eigenverbrauch liegen wir bei 28,7 %.

(Baaske [SPD]: Ich habe von Brutto gesprochen! Das ging der Kanzlerin auch schon einmal so! Lassen Sie mal!)

- Das hat mit Brutto nichts zu tun. Günter Baaske, ich bin gern bereit, noch einmal darüber zu diskutieren. Ich habe nämlich zugehört. Deswegen bin ich übrigens auch dorthin gefahren.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Dem Klimaschutzbericht ist auch zu entnehmen, dass im Bilanzjahr 2004 - inzwischen sind fast zweieinhalb Jahre ins Land gegangen - Strom aus regenerativen Energiequellen zu 9,3 % zur Bruttostromerzeugung des Landes beitrug. Zieht man die Exportquote von 60 % ab, dann erreichen wir fast 30 %.

Übrigens, Herr Staatssekretär: Selbst wenn wir die 60 % Stromexport abziehen, liegen wir noch bei 14 Tonnen CO2

Emission pro Kopf der Bevölkerung. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 10 Tonnen. Sie sehen also, was alles noch möglich ist.

Deswegen betone ich: Wir haben Alternativen. Wir müssen entsprechende Förderprogramme auflegen und vor allen Dingen den politischen Willen dokumentieren, dass wir bereit sind, einen neuen Entwicklungspfad einzuschlagen.

Ich habe es nicht kleiner. Was wir heute gemeinsam durchleben, ist die Umstellung von einem fossil basierten auf ein vor allen Dingen solar basiertes Energiesystem. Da gibt es Brüche. Deshalb muss man umdenken und Denkblockaden überwinden. Aber wir haben die Zeit.

Zur „Clean coal“-Technologie. Ich hatte am Freitag einen Streit mit einem führenden IGBCE-Mann. Ich nehme ihm nicht übel, dass er die Interessen der Beschäftigten in der Kohle und in den Kraftwerken vertritt. Aber wenn sich jemand hinstellt und sagt: „Wir verfügen schon über Clean-coal-Technologien und brauchen sie nur noch anzuwenden“, dann kann ich nur lachen. Eine solche Aussage ist ganz einfach Verdummung der Menschen, um die es hier geht. Die neueste Studie vom Februar dieses Jahres - sie stammt vom Wuppertal-Institut und kann im Internet nachgelesen werden - zählt die Probleme auf, die wir bei der Abscheidung, aber vor allen Dingen bei der Lagerung von CO2 noch haben. Sie prognostizieren: Wenn wir zum Beispiel in Deutschland alle noch nicht gefüllten Löcher füllen, dann ist das eine Technologie, die für maximal 30 Jahre gilt. Wir brauchen aber strategische Energiekonzepte. Wir sind bereit, daran mitzuarbeiten - mit den Menschen und für die Menschen. - Schönen Dank, dass Sie zugehört haben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort erhält noch einmal die SPD-Fraktion. Die Abgeordnete Hackenschmidt spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem Thema, um das es hier geht, haben wir schon viel geschafft. Wir diskutieren darüber breit in der Gesellschaft, mit den Bürgerinnen und Bürgern. Es ist ein entsprechendes Bewusstsein entstanden. Ich finde, das ist ein großer Schritt bei diesem globalen Thema.

Wenn ich heute die Zeitung lese, wird mir schlecht. Es ist blanker Populismus, wenn suggeriert wird, wir könnten mal schnell sozusagen aus der Kohleförderung aussteigen. Dabei ist Kohle der einzige einheimische Rohstoff zur Erzeugung von Primärenergie.

Wir tragen Verantwortung für die Familien vor Ort, nicht nur für die Menschen, die direkt im Kohlebereich ihre Arbeit finden, sondern auch für die anderen. Wenn Arbeitsplätze und Einkommen wegfallen und damit Kaufkraft verlorengeht, haben auch andere die Lasten zu tragen.

Zur Kohle gibt es zurzeit keine Alternative in der Lausitz. Wir brauchen die Braunkohle noch; denn die größte Sicherheit bei der Stromerzeugung bieten die eigenen Ressourcen. Das ist in Brandenburg nun einmal die Braunkohle. Die Kohleverstro

mung wird auf absehbare Zeit die wichtigste Säule der Stromerzeugung bleiben.