Protocol of the Session on April 25, 2007

Gesetz zur Änderung des Beamtengesetzes für das Land Brandenburg in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 1999 (GVBl. I S. 446), zuletzt geändert durch Sechstes Änderungsgesetz vom 22.06.2005 (GVBl. I S. 214)

Gesetzentwurf der Fraktion der DVU

Drucksache 4/4338

1. Lesung

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der DVU. Bitte, Herr Schuldt.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Politische Beamte haben in einer rechtsstaatlichen Justiz nichts zu suchen. Es ist allgemein anerkannt, dass die Strafrechtsprechung nur durch unabhängige, von politischen Einflüssen freie Gerichte wahrgenommen werden kann. Aus den gleichen Gründen kann aber auch eine effektive Strafverfolgung nur durch unabhängige Staatsanwälte vorgenommen werden. Die Staatsanwaltschaft entscheidet bei den meisten Vergehen alleine über den Anfangsverdacht, den hinreichenden Tatverdacht sowie über die Einstellung des Verfahrens gegen oder ohne Auflagen. Damit entscheidet sie abschließend über 60 bis 70 % aller Fälle insgesamt, ohne dass sich ein Gericht mit ihnen befasst hat. Für die übrigen Fälle entscheidet sie, ob Anklage erhoben und damit ein öffentliches Gerichtsverfahren durchgeführt oder ob die Sache mit Strafbefehl schriftlich erledigt werden soll.

Die Staatsanwaltschaft ist damit Frühwarnsystem für gesellschaftliche Fehlentwicklungen wie Gewalt, Korruption und Menschenhandel. Jedoch müssen die Staatsanwaltschaften vor allem in diesen Belangen immer häufiger kapitulieren. Sie laufen derzeit Gefahr, den Kampf gegen die Wirtschafts- und organisierte Kriminalität auf Dauer zu verlieren. Die gegenwärtige Situation ist davon geprägt, dass Kriminalität zum Teil verwaltet, in einigen wesentlichen Bereichen jedoch nicht mehr verfolgt werden kann.

Derzeit wird die Arbeitskraft der Staatsanwälte mit der Bearbeitung von Bagatell- und Massendelikten zu stark eingebunden. Eine wirksame Strafverfolgung findet darüber hinaus allenfalls bei schweren Gewalttaten statt. Eine nachhaltige Verbesserung der Situation kann nur durch - von der Politik möglichst unabhängige - Staatsanwaltschaften erreicht werden.

Seit Montesquieu ist die Gewaltenteilung das Kernprinzip des demokratischen Rechtsstaates. Die drei Säulen der staatlichen Gewalt - Legislative, Exekutive und Judikative - müssen als voneinander unabhängige Staatsorgane ihre Aufgaben allein nach Maßgabe der Verfassung und im Rahmen der Gesetze erfüllen. Kaum einer in der Bevölkerung mag daran zweifeln, dass dieses eherne Prinzip in der Bundesrepublik Deutschland uneingeschränkt in Kraft und gültig ist. Dennoch ist solcher Zweifel nur allzu berechtigt, insbesondere wenn man die Regelung des § 105 Abs. 1 lit. c des Brandenburgischen Beamtenge

setzes betrachtet, wonach der Generalstaatsanwalt jederzeit von der Landesregierung in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden kann. Damit hängt er schließlich sozusagen immer am Tropf der Exekutive.

Beamtenrechtlich wird der Generalstaatsanwalt nicht nur im Rahmen seiner originären Tätigkeit als Strafverfolger, sondern auch in seiner Tätigkeit als Behördenleiter zum verlängerten Arm der Landesregierung, der letztlich deren Willen zu vollstrecken hat. Je politisch brisanter ein Fall ist, umso wahrscheinlicher wird damit der Durchgriff der Politik in den Raum der Justiz. Das ist ein nicht hinzunehmender Zustand, meine Damen und Herren.

Die rechtspolitische Diskussion hierzu dauert schon viel zu lange, und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Unabhängigkeit der Justiz schwindet damit zusehends. Das muss endlich ein Ende haben und deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der DVU)

Es spricht der Abgeordnete Schulze für die Koalitionsfraktionen.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt keinen Anlass, weder eine Beschwerde noch einen Sachverhalt, der zum jetzigen Zeitpunkt eine Novellierung des Gesetzes notwendig machen würde. Im Übrigen denke ich, dass gerade die Justiz ein Bereich ist, der ein nahezu unerschütterliches Vertrauen in der Gesellschaft genießt, im Gegensatz zu manch anderen Institutionen oder Organisationen oder auch Gruppierungen, die hier im Landtag vertreten sind. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen. Es gibt keinen realistischen Ansatzpunkt, warum wir dem Antrag zum jetzigen Zeitpunkt zustimmen sollten.

Herzlichen Dank. - Die Linkspartei.PDS verzichtet. Die Landesregierung verzichtet ebenfalls. Herr Abgeordneter Schuldt, demzufolge geht das Wort wieder an Sie.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Beitrag meines Vorredners ist nicht nur von Populismus, sondern auch von außerordentlicher Ignoranz geprägt. Dass unser Antrag sowohl inhaltlich als auch von der rechtspolitischen Zielsetzung her korrekt und notwendig ist, wird indes von unserer hochverehrten Justizministerin selbst bestätigt. Auf dem zweiten Brandenburgischen Richter- und Staatsanwaltstag in Neuruppin hat sie erst kürzlich zur Problematik des Status des Generalstaatsanwalts als politischer Beamter Folgendes gesagt:

„Das kann man so verstehen, dass der Generalstaatsanwalt dafür verantwortlich sein soll, die politische Linie der Landesregierung in die Arbeit der Staatsanwaltschaft umzusetzen. Dies steht im Widerspruch zu seinem gesetzlichen Auftrag, sicherzustellen, dass die Staatsanwaltschaft Straftaten nur nach Recht und Gesetz und gerade

nicht nach politischen Interessen verfolgt. Die bestehende Möglichkeit, den Generalstaatsanwalt jederzeit ohne Begründung in den Ruhestand zu versetzen, beschädigt das Vertrauen der Bürger in die Unabhängigkeit der Justiz. Gerade in den neuen Bundesländern, die in ihrer Geschichte von politischen Machthabern vorbestimmte Prozesse erlebt haben, wie jene gegen Michael Gartenschläger oder Robert Havemann, muss deutlich gemacht werden, dass die Politik in einem demokratischen Rechtsstaat keinen Einfluss auf den Verlauf von Straftaten nimmt.“

Durch Ihr heutiges Verhalten in dieser Plenarsitzung, Herr Schulze, schlagen Sie auch unserer Justizministerin förmlich ins Gesicht.

(Beifall bei der DVU)

Sie entziehen ihr praktisch das Vertrauen.

Meine Damen und Herren, der DVU-Fraktion geht es um Folgendes: Die Staatsanwaltschaft hat darüber zu wachen, dass die Polizei als Teil der Exekutive bei ihren Ermittlungen die Rechte der Bürger wahrt. Sie wacht damit auch darüber, dass sich die Exekutive an die Strafgesetze hält. Es ist widersinnig, dass die Landesregierung, selbst Exekutive, mithilfe des Weisungsrechts den Wächter überwacht. Die Gerichte und die Staatsanwaltschaften sind in gleicher Weise dafür verantwortlich, dass sich der Geltungswille und der Geist des Rechts in allen Abschnitten des Verfahrens behaupten. Sie sind dafür verantwortlich, dass alle aus dem Bereich der politischen Macht kommenden die Sache der Justiz störenden Einflüsse abgewehrt werden.

Das Mittel, mit welchem das Grundgesetz die Gerichte befähigt, die aus dem Bereich der politischen Macht kommenden justizstörenden Einflüsse abzuwehren, ist die Unabhängigkeit. Dieses Mittel fehlt der Staatsanwaltschaft im Land Brandenburg, wenn das Spitzenorgan jederzeit von der Landesregierung aus dem Amt genommen werden kann. Damit die Staatsanwaltschaft die Vorarbeit leisten kann, dass die rechtsprechende Gewalt ihre Aufgaben politisch unbeeinflusst erfüllen kann, muss sie also genau wie die Richter unabhängig werden. Dies muss umso mehr für den Generalstaatsanwalt gelten, der an der Spitze der Behörde steht.

Herr Kollege Schulze, meine Damen und Herren, wenn die Justizministerin das schon auf dieser Tagung anspricht, sollte man ihr doch vom Parlament aus die Möglichkeit geben, hier Mehrheiten dafür zu schaffen, das auch umzusetzen. Sie sollten nicht wie so oft viel erzählen, aber nur sehr wenig umsetzen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Die DVU-Fraktion hat namentliche Abstimmung beantragt. Ich eröffne die namentliche Abstimmung und bitte um das Verlesen der Namen.

(Namentliche Abstimmung)

Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt: Für diesen Gesetzentwurf stimmten sechs Abgeordnete. Gegen diesen Ge

setzentwurf stimmten 52 Abgeordnete. Damit ist der Gesetzentwurf in 1. Lesung abgelehnt.

(Abstimmungslisten siehe Anlage S. 3436)

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Gesetz zur Änderung der Brandenburgischen Bauordnung vom 16. Juli 2003 (GVBI. I S. 210), zuletzt geändert durch das Dritte Änderungsgesetz vom 19.12.2005 (GVBI. I S. 267) und durch Artikel 2 Erstes Brandenburgisches Bürokratieabbaugesetz vom 28.06.2006 (GVBI. I S. 74)

Gesetzentwurf der Fraktion der DVU

Drucksache 4/4342

1. Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile Frau Abgeordneter Hesselbarth das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jeder Tote und jeder Schwerverletzte ist ein toter und ein schwerverletzter Mensch zu viel. Gerade wenn es sich um die Verhinderung von Unfällen im Zusammenhang mit Gebäudebränden handelt, stellt sich oft erst im Nachhinein heraus, dass man mit einfachen Mitteln etwas dagegen hätte tun können.

Ein einfaches und kostengünstiges Mittel, um Rauchvergiftungen mit oftmals tödlichem Ausgang zu verhindern, ist der Einbau von Rauchwarnmeldern. Rauchwarnmelder sind nicht nur aus Sicherheitsgründen wichtig, sondern mittlerweile auch in vielen Versicherungsbestimmungen relevant für den Versicherungsschutz. Neue Bedingungen zur Wohngebäude- und Hausratversicherung fordern daher vielfach, dass man als Versicherter alle zumutbaren Sicherheitsmaßnahmen selbst ergreift. Dazu gehört in immer mehr Bundesländern die Pflicht, Rauchwarnmelder zu installieren. In Rheinland-Pfalz, dem Saarland, in Schleswig-Holstein, Hessen, Hamburg und MecklenburgVorpommern müssen bereits neu erstellte Wohngebäude mit Rauchwarnmeldern ausgestattet werden. Andere Bundesländer folgen nach. So hat auch Nordrhein-Westfalen angekündigt, sich der bauordnungsrechtlichen Rauchwarnmelderpflicht anzuschließen.

Wo Rauchwarnmeldergesetze gelten, müssen bestehende Wohnhäuser innerhalb zumutbarer Fristen nachgerüstet werden. Das wollen wir auch im Interesse der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger. In Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern hat man als Hauseigentümer dafür bis Ende 2009 und in Hessen bis 2014 Zeit. In diesen Bundesländern bekommen neue Gebäude ohne Rauchwarnmelder keine positive Bauabnahme mehr.

Immer mehr Schadensversicherer belohnen ihre Kunden für die Installation von Rauchmeldern mit Prämienrabatten. Das alles zeigt, wie wichtig und sinnvoll diese von uns geforderte Maßnahme ist. Die Gebäudesicherheit in den genannten

Bundesländern ist um einiges gewachsen, und das Schadenrisiko ist gesunken.

Diese Minimalstandards verlangen wir auch für Brandenburg. Es ist kein rühmliches Beispiel für den Bürokratieabbau, dass wir im Land Brandenburg wieder einmal hinter vernünftigen Sicherheitsstandards herhinken. In den letzten Jahren hat die Landespolitik durch das bloße Fokussieren auf Deregulierungen auch im sicherheitsrelevanten Bereich des Bauordnungsrechts - ich darf hier an die Abschaffung der Rohbauabnahme und der Schlussabnahme bei Neubauten erinnern - nicht immer die richtigen Akzente gesetzt.

So hat die Landesregierung seit Jahren die Forderung der Landesfeuerwehrverbände, Berufsfeuerwehren und Fachverbände für Elektro- und Informationstechnik ignoriert, eine entsprechende Änderung der Bauvorschriften zur Vermeidung von Rauchtoten auf den Weg zu bringen.

Es wird endlich auch in Brandenburg Zeit, hier mitzuziehen. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der DVU)

Herzlichen Dank. - Der Abgeordnete Schrey spricht für die Fraktionen von SPD und CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema des vorliegenden Gesetzentwurfs ist hochsensibel. Jedem ist klar, dass durch Rauchwarnmelder durchaus Brände verhindert und Leben gerettet werden könnten. Allerdings halten wir eine Änderung der Brandenburgischen Bauordnung und damit die Pflicht zur Einführung für alle Wohnungen für nicht praktikabel. Zum einen würde das eine Konterkarierung des Ziels der Landesregierung und des Parlaments zur Deregulierung und zum Abbau von Vorschriften bedeuten. Zweifellos wäre die Einführung einer solchen Pflicht mit einem sehr hohen bürokratischen Aufwand verbunden. Zum anderen sehe ich das Problem der unzureichenden Kontrollmöglichkeiten.

Ich vertrete die Auffassung, dass die Zahl der Fälle, in denen durch Gesetze Einfluss auf Familien genommen wird, möglichst gering gehalten werden sollte, und setze vielmehr auf Eigenverantwortung.

Außerdem sehe ich hier noch einen ganz anderen Knackpunkt. Wenn eine Pflicht zur Installation von Rauchwarnmeldern erlassen würde, müsste zwingend auch deren Einhaltung kontrolliert werden, und zwar vor allem auch im Interesse der Wohnungsnutzer; denn wenn eine Rauchwarnmelderpflicht bestünde, würde sich die betreffende Versicherung im Falle eines Brandes zwangsläufig dafür interessieren, ob Rauchwarnmelder vorhanden waren und wann deren Funktionstüchtigkeit zum letzten Mal kontrolliert wurde.