Protocol of the Session on April 25, 2007

Man darf einen weiteren Aspekt nicht vergessen: Wir stehen zur Tarifautonomie. Es ist nicht unsere Aufgabe, in den Verhandlungsauftrag der Gewerkschaften einzugreifen. Sie haben die Verhandlungen zu führen. Die Politik hat nicht die Aufgabe, an die Stelle der Gewerkschaften zu treten. Insofern bleibt uns als Konsequenz nur, auf den Antrag mit Ablehnung zu reagieren.

Ungeachtet dessen werden wir weiterhin - auch auf politischer Ebene - versuchen, auf die Telekom Einfluss in dem Sinne zu nehmen, dass die Standorte in Brandenburg erhalten bleiben und dass ein zukunftsfähiges - weil mit der Mitarbeiterschaft

abgestimmtes - Konzept entwickelt wird. Wir werden uns also nicht völlig heraushalten. Aber Ihr Antrag hilft uns nicht weiter. Deswegen lehnen wir ihn ab. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke Ihnen auch, insbesondere dafür, dass Sie nur eine knappe Minute überzogen haben. - Das Wort erhält Frau Hesselbarth.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Deutsche Telekom steht vor einer Zäsur. Im Zuge des konzerninternen Umbaus mit Fokussierung auf das Mobilfunkgeschäft und der zunehmenden Multinationalisierung dieses ehemaligen Staatsmonopolisten, an dem der Bund direkt und indirekt - über die Kreditanstalt für Wiederaufbau - noch 27 % der Anteile und damit eine deutliche Sperrminorität hält, wurde jetzt plötzlich eine Komplettumstrukturierung des Telekom-Konzerns nötig. Denn seit den Zeiten des Telekom-Chefs Ron Sommer betreibt dieser einstige Staatskonzern eine Geschäftspolitik, die mit seinem Versorgungsauftrag mit Telekommunikationsleistungen, und zwar zu bezahlbaren Preisen, wahrlich nicht mehr viel zu tun hat. Glaubt man den Worten des heutigen Telekom-Konzernchefs René Obermann, so ist der Telekom-Konzern wohl nicht zuletzt durch sein Engagement in rund 50 Ländern weltweit und durch milliardenschwere Zukäufe, unter anderem in Österreich, den Niederlanden, Polen und den USA, finanziell schwer angeschlagen.

Und wer soll das wieder einmal ausbaden? - Natürlich die rund 50 000 bis 60 000 Mitarbeiter in Deutschland, die zu viel schlechteren Bedingungen in sogenannte Servicegesellschaften ausgegliedert werden sollen.

Meine Damen und Herren von der Linkspartei, interessant dabei ist doch, dass die Arbeitnehmervertreter im TelekomAufsichtsrat, unter ihnen der DGB-Vorsitzende, in all den zurückliegenden Jahren die Pläne des jeweiligen Vorstandes brav abgenickt haben.

(Dr. Klocksin [SPD]: Sie haben keine Ahnung, wovon Sie reden!)

Wenn also heute die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di wegen des Abbaus bei der Telekom Warnstreiks durchführt und die geplanten, geradezu verheerenden Verschlechterungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Tarifverhandlungen verhindern möchte, so müsste sie sich - sinnbildlich gesprochen - zunächst an die eigene Nase fassen.

Mit der geplanten Auslagerung weitester Konzernteile auf sogenannte Servicegesellschaften ist natürlich ein flächendeckender strukturpolitischer Rückzug des Telekom-Konzerns, insbesondere aus Mitteldeutschland, verbunden.

Doch damit nicht genug. Angesehene Wirtschaftsexperten befürchten eine komplette Zerschlagung der Telekom-Festnetzsparte T-Com mit der Ausgliederung von weiteren 25 000 Mitarbeitern in eine eigene Netzgesellschaft. Das wäre dann zu

mindest in Deutschland das Ende des Telekom-Konzerns, von dem nur noch eine Holdinggesellschaft übrig bliebe. Das muss selbstverständlich verhindert werden. Daher fordern wir als DVU-Fraktion, dass die Bundesregierung mithilfe ihrer Sperrminorität im Telekom-Aufsichtsrat sowie durch geeignete gesetzgeberische und Verwaltungsmaßnahmen das konzernpolitische Harakiri des einstigen Staatskonzerns Telekom in Deutschland verhindert.

Der vorliegende PDS-Antrag ist für die Erreichung dieses Ziels nicht sehr hilfreich. Die Selbstzerschlagung der Telekom und die Ausgliederung eines Großteils ihrer Mitarbeiter in sogenannte Servicegesellschaften mit schlechterer Entlohnung muss verhindert werden, und zwar völlig unabhängig von der Vorlage eines Gesamtkonzeptes. Allein daher geht Ihr Antrag nicht weit genug. Ihre Bitte an den Landtagspräsidenten wird wahrscheinlich gar nichts bringen. Wir denken aber, dass Ihr Antrag nichts schadet, und werden uns deshalb der Stimme enthalten.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält Herr Abgeordneter Karney. Er spricht für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Deutsche Telekom macht zurzeit nicht nur den Aktionären wenig Freude; auch den nur mittelbar Betroffenen gibt sie immer wieder Anlass zum Widerspruch. Ich denke dabei nur an die Breitbandversorgung im Land Brandenburg. Nun kann dieser Widerspruch jederzeit von jedem persönlich geäußert werden. Allerdings ist ein Vorgehen seitens der Landespolitik gegenüber dem Unternehmen, auch wenn es zum großen Teil dem Bund gehört, äußerst schwierig. Das zeigt auch das Beispiel Deutsche Bahn AG.

Die Telekom ist ein börsennotiertes Unternehmen, das dem Aktienrecht unterliegt. Aus diesem Grund kann die Landesregierung meines Erachtens keinen Einfluss auf die interne Unternehmenspolitik nehmen. Es obliegt allein den Tarifparteien, sich darüber zu einigen. Das wird mit Sicherheit auch geschehen. Die ersten Signale in diese Richtung hat der TelekomVorstand schon am Wochenende gesandt.

Zurzeit befinden sich beide Tarifparteien im Dialog, auch wenn dieser von der einen oder der anderen Seite zeitweise ausgesetzt wurde. In diesen intensiven Prozess der Gespräche sollte sich die Politik erst recht nicht einmischen.

Was das Thema „Mindestlohn“ angeht, so sollten wir zunächst die Diskussion auf Bundesebene abwarten, ehe wir hier auf Landesebene darüber reden.

Das alles bringt mich zu dem Schluss, dass das Thema, wie bei allen staatlichen Unternehmen, sensibel ist und jederzeit für Zündstoff sorgen kann. Allerdings halte ich ein Vorgehen seitens der Politik für unangebracht und für nicht zielführend. Deswegen lehnen wir den Antrag ab. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Herr Minister Junghanns, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind uns einig: Handlungsbedarf besteht. Das Problem der Telekom besteht ganz einfach darin, dass die marktwirtschaftliche Situation schneller eintrat, als sich die Umstrukturierung des Unternehmens vollzogen hat. Um nur eine Zahl zu nennen: Im Jahr 2006 ist der Gesamtmarkt der Telekommunikation von rund 69,1 Milliarden Euro erstmalig an die Wettbewerber jenseits der Telekom gegangen. Die Wettbewerber haben 50,9 % dieses Marktes erobert. Das haben wir gewollt; das wollen wir nach wie vor. Diese Entwicklung ist auch im Sinne des Services und der Neustrukturierung der Arbeitsteilung in einer modernen Wirtschaftswelt.

Deshalb rate ich auch von dieser Stelle aus - ich teile insbesondere die Auffassung des Kollegen Müller -, klarzustellen, dass die Entscheidung der Telekom überfällig ist und wir uns gut überlegen müssen, an welcher Stelle wir diesen Prozess unterstützen.

Ich sehe ihn nicht in der Auseinandersetzung über die Themen, über die im Rahmen der Tarifautonomie diskutiert wird. Das von Ihnen angesprochene Thema der vermeintlichen strukturellen oder vertraglichen Schlechterstellung der Mitarbeiter in den neuen Bundesländern muss im Rahmen der Tarifautonomie diskutiert und geklärt werden. Ich habe Vertrauen, dass sich auch bei der Deutschen Telekom der differenzierte Blick für unterschiedliche Verhältnisse entwickelt hat.

Interessant ist der Umgang mit den Standorten. Wie in der letzten Beratung zu diesem Thema gesagt, habe ich am Rande der Cebit mit dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom AG, Herrn Obermann, gesprochen. Ich habe ihm insbesondere klargemacht, dass wir in Brandenburg ein großes Standortinteresse haben. Wir wollen geeignete Standortbedingungen schaffen, sodass die Umstrukturierung nicht mit einer Entvölkerung des Unternehmens in Brandenburg einhergeht.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Wir haben - das Unternehmen kann diesbezüglich auf uns zukommen - Dialog- und Gesprächsbereitschaft signalisiert und erklärt, dass wir diese Bedingungen schaffen wollen und dass die Übergänge zu neuen Strukturen, auch Übereignungen, mit der offensiven Unterstützung des Landes realisiert werden. Das ist ein Dialogprozess, der sich aus der Sicht der Standortsicherung, der Standortbewahrung ergibt und bei dem wir nicht anders argumentieren als im Umgang mit „Walter TeleMedien“ oder mit „AXA Telekommunikation“. Wir sind ein Standort, der geeignete Bedingungen hat, um diese modernen Strukturen zukunftsfähig aufzustellen.

Unter diesem Gesichtspunkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die dritte von Ihnen aufgemachte Forderung, über einen Mindestlohn zu reden, noch nicht zeitgemäß. Es ist nicht zeitgemäß, an dieser Stelle in dieser Branche eine solche Diskussion aufzunehmen. Die Etablierung der Wettbewerber hat sich natürlich über das Preissegment gestaltet - logisch, und in

sofern ist es kein geeignetes Mittel, den Umstrukturierungsprozess der Telekom mit dem Ansatz eines Mindestlohnes oder der Erweiterung des Arbeitnehmerentsendegesetzes oder, oder, oder zu realisieren. Das halte ich für einen Fehlansatz und für nicht tragfähig.

Eine beängstigende Signalwirkung, wie Sie sie beschrieben haben, Herr Christoffers, sehe ich überhaupt nicht. Wenn sich ein ehemaliger Staatsmonopolist umstrukturiert und in seiner Flächenpräsenz Veränderungen vornimmt, so muss davon nicht unbedingt eine Signalwirkung für andere ehemalige oder bestehende Staatsunternehmen ausgehen. Im Gegenteil. Die Frage bezüglich des Umgangs mit der Deutschen Telekom AG bzw. der erwarteten Signalwirkung ist eine ganz andere. Das Unternehmen hat eine wirtschaftspolitische Verantwortung und eine Verantwortung gegenüber den Aktionären; sie und der Markt machen Druck. Der Bund hält über die KfW übrigens nur einen Anteil von 32 %. Das muss auch einmal gesagt werden; denn hier wird der Eindruck erweckt, als sei der Bund mehr als nur Beteiligter. Die Frage lautet: Schafft es ein solches Unternehmen, von der Monopolstellung wegzukommen und zu einem starken Marktteilnehmer zu werden? - Diese Frage muss der Vorstand - natürlich gemeinschaftlich mit den Mitarbeitern der Deutschen Telekom AG - beantworten. Das ist keinesfalls eine neue Frage. Dadurch, dass sie jetzt hochschwappt, wird die Situation verkannt, dass es ein ganzes Maßnahmenpaket zur Umstellung der Deutschen Telekom auf neue Marktbedingungen gibt.

Ich werbe mit Hinwendung und Gesprächsbereitschaft im Umgang mit dem Unternehmen dafür, dafür Sorge zu tragen, dass die Standorte in Brandenburg eine Zukunft haben und dass die Mitarbeiter der Deutschen Telekom AG im Servicebereich der dann neu strukturierten Unternehmensteile oder bei einem anderen der zahlreichen Unternehmen in unserem Land eine berufliche Perspektive bekommen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält noch einmal die Fraktion der Linkspartei.PDS. Bitte, Herr Christoffers.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, als Fraktion unterstützen wir sämtliche Gespräche, in denen es um die Frage der Standortsicherung geht. Dies tut auch das Land Berlin und ist überhaupt nicht die Frage. Ich glaube, das Problem ist dieses Mal tiefergehend, als dass es ein Bundesland allein lösen könnte.

Erstens: Unser Antrag greift in keiner Weise in die Tarifautonomie ein. Natürlich wissen wir, dass die Gewerkschaften - unter anderem ver.di - und das Unternehmen die Tariffrage selbst lösen müssen. Das sagen auch Sie. Wir werben jedoch darum, dass die Gesellschafter - darunter der Hauptgesellschafter Bund - direkt und indirekt die Frage nach der damit verbundenen industriepolitischen Entscheidung stellen, und die Ausgliederung von Servicegesellschaften - als Minimierung eines Kostenfaktors, denn darum geht es im Prinzip -; nicht das Nonplusultra einer notwendigen Konzernstrategie ist, um sich im Markt als angebotsstarker Wettbewerber behaupten zu können.

Ich glaube, das hat - diesbezüglich unterscheiden sich unsere Meinungen, Herr Junghanns - durchaus eine Signalwirkung für andere ehemalige Monopolisten, sich umzustrukturieren. Das halte ich zum Teil für schwierig, weil die Folgen dieser Entwicklung dann wieder die Politik - Landes- und Bundespolitik aufzufangen hat.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Zweitens: Die Frage der Dividendenausschüttung bei der Deutschen Telekom ist seit Jahren gleich geblieben. Die Dividendenausschüttung lag im letzten Jahr bei 72 Cent pro Aktie, und in diesem Bereich wird sie auch in diesem Jahr liegen. Das, was derzeit geschieht, hat auf die Renditeerwartung der Aktionäre keinen Einfluss. Insofern sehe ich - schon weil wir als Politik dem Unternehmen nicht vorschreiben können, was für ein Konzept sie haben - die Notwendigkeit und Möglichkeit, eine starke Gesellschafterstellung zu nutzen, um mit dem Unternehmen über die Sinnhaftigkeit bzw. Nichtsinnhaftigkeit sowie über die Konsequenzen von bestimmten Sanierungsstrategien sprechen zu können. Das ist kein Eingriff in die wichtige und notwendige unternehmerische Freiheit. Ich glaube, das ist schlicht und ergreifend Wahrnehmung der Stellung, die ein Gesellschafter in einem derartigen Unternehmen nun einmal hat. Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank. - Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt. Ich rufe den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS, der Ihnen in der Drucksache 4/4453 vorliegt, zur Abstimmung auf. Wer diesem Antrag seine Zustimmung

geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 18 und rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Wahl eines weiteren Mitgliedes des Präsidiums

Antrag mit Wahlvorschlag der Fraktion der CDU

Drucksache 4/4358

Es wurde vereinbart, hierzu keine Debatte zu führen. Damit komme ich direkt zur Abstimmung. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen und Frau Abgeordnete Roswitha Schier als weiteres Mitglied dieses Präsidiums gewählt worden. Herzlichen Glückwunsch!

(Allgemeiner Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind damit am Ende unserer heutigen Landtagssitzung. Ich weise darauf hin, dass der HOGA und der LTV - Hotel- und Gaststättenverband und Landestourismusverband - im Hotel „Voltaire“ zu einem Parlamentarischen Abend eingeladen haben. Möglicherweise sehen wir uns dort wieder. Ansonsten: Bis morgen und auf Wiedersehen.

Ende der Sitzung: 17.57 Uhr