Protocol of the Session on September 14, 2006

Zu Herrn Senftleben nur noch einen kurzen Satz: Wenn Sie immer von diesen 8 % Unterrichtsausfall reden,

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

dann wissen Sie ganz genau, dass man mit dieser Zahl zwar arbeiten kann, aber dass sie so, wie Sie sie gebrauchen, nicht richtig ist. Ich will das nicht weiter erläutern, weil mir dazu auch die Zeit fehlt. Aber es hilft nichts, solche Einzeldinge, die man irgendwo gehört hat, die man in Bremen macht - sprich: Ostercamps -, nun als Allheilmittel in den Raum zu stellen und zu meinen, dass man damit alles retten kann. Ich denke, dass es ein System geben muss - dazu hat auch der Minister gesprochen -, mit dem wir den Schulen Mittel in die Hand geben, um das Sitzenbleiben komplett zu verhindern, indem die Schüler rechtzeitig individuell gefördert werden. Da kann zum Beispiel auch ein Ostercamp ein Bestandteil sein. Sie sind ein großer Befürworter des Sitzenbleibens, haben aber inzwischen auch erkannt, dass das Geld kostet, was wir schon immer gesagt haben. Ich denke, wir müssen Schüler so weit bringen, dass sie von diesem „Makel“ befreit werden; denn das stigmatisiert. Ich bin immer bereit, zu allen Mitteln zu greifen, um den Schülern diese Erfahrung zu ersparen. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält noch einmal die Fraktion der Linkspartei.PDS. Frau Große, bitte.

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde war ein Beispiel dafür, dass wir es innerhalb der Koalition wirklich mit zwei verschiedenen Philosophien zu tun haben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die einen sprechen von Kopfnoten, von Unterrichtsausfall und davon, dass man dann den Projektunterricht wegfallen lassen müsse. Die anderen, die Antragsteller, sprechen von Lernstandsfeststellungen, von individuellen Lehrplänen, von FLEX, von Ganztagsunterricht, wovon ich natürlich auch sage - Herr Minister, es ist falsch, dass wir alles schlechtreden -, dass das die richtigen Maßnahmen sind. Die müssen aber natürlich auch ausfinanziert werden.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Darüber werden wir uns heute noch zu unterhalten haben. Was unsere Zahlen betrifft, die liegen uns schwarz auf weiß vor. Genau darüber werden wir reden.

Es ist also nicht richtig, dass wir unsolide Zahlen benutzt haben. Wir werden bei der Haushaltsdebatte nachweisen, dass Sie Ihr richtiges Ziel haushaltsmäßig unzureichend etabliert haben. Wir werden natürlich auch immer und immer wieder zeigen, dass Sie in dieser Koalition nicht weiterkommen, wenn Sie diese unterschiedlichen Bildungsvorstellungen nicht zusammenbringen. Wir haben dann die Tests in Jahrgangsstufe 6 und die richtigen Lernstandsanalysen in Jahrgangsstufe 1. Das geht nicht zusammen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Der nächste Beitrag kommt von der CDU-Fraktion. Es spricht der Abgeordnete Karney.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich freue mich, wenn Sie hier informieren, dass am vergangenen Montag der Arbeitskreis Schule/Wirtschaft gegründet worden ist. Die Handwerkskammer Frankfurt (Oder) und auch ich als Kammerpräsident werden uns in diesem Arbeitskreis kräftig mit einbringen.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Auch die anderen Kammern Brandenburgs, die IHKs und die Handwerkskammern - das kann ich Ihnen hier versprechen sind dabei, unseren Kindern und Jugendlichen weiterhin bessere Bedingungen für ihr Leben, für ihre Ausbildung anzubieten.

(Beifall bei der CDU)

Die neueste Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung stellte fest, dass das deutsche Bildungssystem im internationalen Vergleich weiter hinterherhinkt. Wie wir die Situation zumindest in Brandenburg verbessern können, hat Kollege Senftleben schon sehr deutlich dargestellt.

Lassen Sie mich noch einige Ausführungen zur Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit unserer Kinder und Jugendlichen machen. Wie in meiner Firma erleben viele Ausbildungsbetriebe immer wieder Bewerber mit schlechten Vorkenntnissen. Wenn sich jemand bewirbt und sich dabei kaum verständlich und in zusammenhängenden Sätzen ausdrücken kann, haben wir als Gesellschaft ein Problem. Ich bekomme dies fast täg

lich von unseren Mitgliedsunternehmen im Handwerkskammerbezirk Frankfurt (Oder), aus anderen Handwerkskammerbezirken und aus den Kreishandwerkerschaften zu hören, denn auch in anderen Regionen Brandenburgs haben wir diese Probleme. Wir müssen endlich die Schwierigkeiten überwinden, damit die Wirtschaft wieder gut ausgebildete Lehrlinge einstellen kann.

Dabei sind sich die Unternehmen des Landes nach wie vor ihrer Verantwortung für die duale Ausbildung bewusst. Das sieht man auch daran, dass bis Ende August bei den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern des Landes Brandenburg 7 887 betriebliche Ausbildungsverträge geschlossen wurden. In den Internetbörsen der Kammern stehen zurzeit noch fast 500 Ausbildungsplätze zur Verfügung.

Die Zahl der angebotenen Plätze hat sich in diesem Jahr gegenüber dem Vorjahr erhöht. Vor dem Hintergrund, dass wir in Brandenburg eine kleinteilige Wirtschaft haben und die wirtschaftliche Situation der Unternehmen oft sehr schwierig ist, können wir dies durchaus positiv bewerten. Nichtsdestotrotz müssen wir in Nachvermittlungen versuchen, die Ausbildungsplatzlücke in Brandenburg zu schließen.

Die anfangs erwähnte Zurückhaltung der Firmen bei der Einstellung von Auszubildenden besteht insbesondere wegen mangelhaften Kenntnissen in Mathematik und Deutsch und fehlenden Allgemeinwissens. In Gesprächen höre ich immer wieder, dass die Jugendlichen lust- und sorglos sind. Das sehen die Unternehmen äußerst kritisch und pochen auf Veränderungen im Bildungssystem.

Ich möchte an dieser Stelle kurz vier Ziele darstellen, die auch im Sinne der Wirtschaft des Landes schnellstmöglich erreicht werden sollten:

Erstens: Die Jugendlichen müssen deutlich bessere Leistungen vorweisen, wenn sie die Schule verlassen und sich um eine Lehrstelle bewerben. Zurzeit muss der zuständige Lehrmeister mit den Auszubildenden sehr oft erst die Grundrechenarten oder Rechtschreibung üben, um ihnen später die eigentlichen Ausbildungsinhalte vermitteln zu können.

Zweitens: Die Grundeinstellung zur Arbeit muss sich verändern, denn kein Betrieb will einen lustlosen Lehrling ausbilden, geschweige denn, ihn nach der Ausbildung übernehmen.

Drittens: Wir sprechen uns für das duale System der Ausbildung auch für die Zukunft aus, denn dies ist der beste Garant für eine Weiterbeschäftigung nach der Ausbildungszeit.

(Beifall bei der CDU)

Viertens: Wir müssen auf alle Verantwortlichen im Schulsystem dahin gehend einwirken, dass sie den Schülern ein positives Bild des wirtschaftlichen Handelns und Denkens vermitteln. Es dürfen nicht länger die Wirtschaft oder der Unternehmer verteufelt werden. Wir müssen schon in der Schule ein gesundes Verständnis für diejenigen vermitteln, die durch ihr Steueraufkommen auch die sozialen Errungenschaften unseres Landes bezahlen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Rednerliste zur Aktuellen Stunde angelangt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 1 und rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Drucksache 4/3375 Drucksache 4/3376

Wir beginnen mit der Frage 818 (Brielower „Schwedenlinde“ als touristisches „Top-Highlight“), die der Abgeordnete Holzschuher stellen wird.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Zufall will es, dass wir die Fragestunde heute gleich mit einer ganz besonders großen Sache beginnen können.

In Brielow, einem Ortsteil der Gemeinde Beetzsee, übrigens nördlich der schönen Stadt Brandenburg an der Havel gelegen, steht ein bemerkenswerter Baum, die „Schwedenlinde“. Dieser Baum ist über 500 Jahre alt und hat einen Stammumfang von fast 13 m. Damit ist er wahrscheinlich die dickste Linde des Landes. Manche vor Ort sagen, er sei der vom Stammumfang her größte Baum des Landes Brandenburg.

Aus Sicht des Tourismusmarketings hat dieser Baum aber einen Makel: Er ist zu wenig bekannt. Auch diejenigen, die von seiner Existenz gehört haben, finden ihn nicht. Der Baum steht nämlich etwas versteckt hinter der Brielower Dorfkirche. Die Brielower Dorfkirche steht ihrerseits etwas versteckt in einer Hausreihe. Die Durchgangsstraße führt weit an dieser Kirche vorbei.

Die Spannung auf die Frage steigt, Herr Holzschuher.

Die Bedeutung dieser Angelegenheit zwingt aber dazu, noch etwas mehr auszuführen.

Der örtliche Kirchenförderverein hatte daher die Idee, auf diesen Baum mit einem Schild hinzuweisen. Er stellte aus eigenen Mitteln ein braun gefärbtes Schild auf. Dieses Schild entspricht - für diejenigen, die es wissen wollen - dem Zeichen 386 der Straßenverkehrsordnung.

Der Landkreis Potsdam-Mittelmark veranlasste die Entfernung dieses Schildes, weil die Aufstellung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Nach den Richtlinien der Landesregierung ist vorgesehen, dass derartige braun gefärbte Hinweisschilder bei so genannten - im schönsten Deutsch formuliert - touristischen Top-Highlights aufgestellt werden dürfen. Deswegen jetzt meine Frage:

(Heiterkeit)

Wie groß, wie dick muss der Baum noch werden, um ein touristisches „Top-Highlight“ zu werden?

Während der Minister an das Mikrofon tritt, begrüße ich, wenn wir schon bei Werbung sind, unsere Gäste aus der schönen Fontanestadt Neuruppin, von der „Theodor-Fontane-Gesamtschule“. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Minister, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Holzschuher, es wäre richtig gut, wenn es eine Landeslindenbaumumfangsschilderaltersverordnung, die das regelte, gäbe. Aber Scherz beiseite: Diese gibt es nicht, also gibt es auch keine Vorgaben.

Aber zur Genese des Vorgangs: Der Förderverein hatte ein grünes Hinweisschild beantragt und auch genehmigt bekommen, hat aber ein braunes hingestellt,

(Heiterkeit)

und das mit weißer Schrift. Damit - das ist nun einmal in der StVO so geregelt - ist es ein amtliches Verkehrszeichen. Dafür gab es keine Antragstellung.