Es wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Deshalb kommen wir sofort zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung in Drucksache 4/3393. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Bei wenigen Stimmenthaltungen ist dieser Beschlussempfehlung zugestimmt worden.
Gesetz zum Staatsvertrag vom 17.03./23.03.2006 zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg über die Bergbehörde und energieaufsichtliche Zuständigkeit
Auch zu diesem Tagesordnungspunkt ist vereinbart worden, keine Debatte zu führen. Deshalb kommen wir sofort zur Abstim
mung über die Beschlussempfehlung in Drucksache 4/3390. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer Stimmenthaltung ist dieser Beschlussempfehlung zugestimmt worden.
Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und zur Änderung des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einige Worte zum Gesetzeshintergrund: Ab Januar 2007 ist das gesamte Sozialhilferecht im SGB XII geregelt. Die bisherigen Übergangsregelungen nach dem BSHG gelten dann nicht mehr. Das betrifft auch die grundsätzliche sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe, die jetzt § 97 SGB XII regelt. Diese bundesrechtliche Neubestimmung erfordert ein neues Ausführungsgesetz zur Sozialhilfe. Dem kommt die Landesregierung mit dem vorgelegten Entwurf nach.
Wir nutzen diese Neuregelung, um die Sach- und Finanzverantwortung bei den örtlichen Trägern der Sozialhilfe zusammenzuführen, ein lang gehegter Wunsch. Wir versprechen uns davon, dass die bisherigen oft schwierigen Schnittstellen zwischen den jeweiligen Zuständigkeiten der örtlichen und der überörtlichen Träger künftig vermieden werden.
Aber, meine Damen und Herren, was ist das eigentliche Ziel? Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, die Betreuung behinderter Menschen heute und morgen optimal zu gewährleisten und zu sichern. Es geht darum, die Qualität der stationären Versorgung zu halten und die der ambulanten Versorgung im wachsenden Maße zu gewährleisten; denn bestimmte Entwicklungen - das wissen wir alle - sind absehbar; wir haben auch hier schon oft darüber diskutiert. Die Zahl der behinderten alten Menschen, der dauerhaft auf Hilfe und Pflege angewiesenen Menschen wird in den nächsten Jahren deutlich steigen. Wir können nicht alle, die künftig auf Hilfe angewiesen sind, einfach in Heime stecken. Das ist weder menschlich vertretbar noch finanziell zu leisten. Im Mittelpunkt all unserer Überlegungen muss der Mensch stehen. Deshalb ist es richtig und sinnvoll, dass wir rechtzeitig die Weichen dafür stellen und die Dinge vor Ort regeln, dort, wo die Menschen leben. Nichts anderes meint der Grundsatz „ambulant vor stationär“. Deshalb wollen wir ihn stärken und ausbauen. Wir wollen angesichts steigender Zahlen betroffener Menschen die Qualität sichern
und eine bürgernahe Organisation der Sozialhilfegewährung schaffen. Dies geschieht auch in Umsetzung einer entsprechenden Vereinbarung der Regierungskoalition für die 4. Wahlperiode.
Nach § 97 Abs. 1 SGB XII tragen ab Januar 2007 die örtlichen Träger, also die Landkreise und kreisfreien Städte, neben der Sachverantwortung auch die Finanzverantwortung. Das Land stattet sie nach dem Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetz mit entsprechenden Finanzmitteln aus und erhöht für die Wahrnehmung dieser Aufgaben das Finanzvolumen für den Sonderlastenausgleich auf jährlich 312 Millionen Euro. Mit dieser Ausgleichsregelung erhalten sie insgesamt einen höheren finanziellen Spielraum. Fachwissen und Steuerungsmöglichkeiten werden damit sinnvoll zusammengeführt werden können. Dies entspricht Artikel 99 Satz 2 unserer Landesverfassung, der das Land zu einem Finanzausgleich verpflichtet, damit die Gemeinden und Gemeindeverbände ihre Aufgaben erfüllen können. Zum einen erhalten die örtlichen Träger die Finanzverantwortung für Aufgaben, die sie bereits seit Jahren durchführen, zum anderen wurde mit dieser Regelung das für die stationäre Hilfe nach SGB XII verfügbare Finanzvolumen um mindestens 26 Millionen Euro im Vergleich zu den Vorjahresausgaben der Kommunen erhöht. Nach der Systematik unseres Finanzausgleichs werden spätestens im Jahr 2009 die Finanzausgleichsbeträge neu begutachtet, sodass sie der Ausgabenentwicklung bereits 2010 angepasst werden können. Bis dahin - davon gehen wir fest aus - werden sich erste positive Effekte der zusammengeführten Verantwortungsbereiche bei den Landkreisen und kreisfreien Städten bemerkbar machen.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, reden wir nicht darum herum: Es ist nicht zu verhehlen, dass diese Regelungen von den Kommunen, den Spitzenverbänden und den Wohlfahrtsverbänden kritisch gesehen und auch kontrovers diskutiert werden. Vor allem besteht die Sorge, dass die 312 Millionen Euro jährlich angesichts steigender Fallzahlen und wirtschaftlicher Entwicklungen nicht ausreichen werden. Die Wohlfahrtsverbände befürchten den Rückzug der Landesregierung aus der Behindertenpolitik insgesamt. Ich habe sehr großes Verständnis für diese Sorgen. Wir nehmen die kritischen Stimmen auch sehr ernst. Wir sind mit allen Beteiligten in sehr intensiven Gesprächen dazu und werden die weiteren Schritte im Gesetzgebungsverfahren gemeinsam mit dem Parlament weiterhin intensiv begleiten.
Auch die Sorge, das Land zöge sich aus der Behindertenpolitik zurück, ist wirklich unbegründet. Behindertenpolitische Konzepte und Empfehlungen zur Durchführung der Eingliederungshilfe wie auch die Hilfe zur Pflege, die beiden größten Leistungsbereiche im SGB XII, behält sich die Landesregierung auch in Zukunft ausdrücklich vor. Dies bedarf jedoch keiner sachlichen Zuständigkeit des Landes als überörtlichem Träger bei der Durchführung der Hilfen vor Ort. Auch darüber haben wir in letzter Zeit ausführlich mit Kommunen und Wohlfahrtsverbänden gesprochen, und wir haben alle eingeladen, sich am Entstehen des geplanten Leitfadens zur Eingliederung behinderter Menschen in die Gesellschaft zu beteiligen. Das, was uns sehr ermutigt, sind die Signale, die wir bisher erhalten haben.
Wir werden diese Themen weiterhin mit allen Betroffenen diskutieren. Ich bin auch zuversichtlich, dass die Vorbehalte zur Finanzausstattung in nächster Zeit der inhaltlichen Diskussion
über die bestmögliche Betreuung und Versorgung behinderter und pflegebedürftiger Menschen weichen werden. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In gut drei Monaten soll der heute vorliegende Gesetzentwurf in Kraft treten. Dieser Zeitpunkt ist der Landesregierung seit fast drei Jahren bekannt. Die durch die Landesregierung produzierte Hektik wäre vielleicht hinnehmbar, wenn der Gesetzentwurf eine entsprechende Qualität aufweisen würde. Aber leider mangelt es daran.
In den letzten Woche haben diejenigen, die das Gesetz umsetzen müssen, nämlich die Kommunen und die Leistungserbringer, kaum ein gutes Haar an diesem Entwurf gelassen. Die rechtliche Argumentation zur Übertragung der stationären Eingliederungshilfe auf die Kreise ist höchst fragwürdig. Die Verteilung der Mittel insgesamt und im Besonderen auf die einzelnen Kreise ist nicht nachvollziehbar.
Das sind zwei Kritikpunkte, die völlig zu Recht vorgebracht werden. Für meine Fraktion wiegt allerdings noch sehr viel schwerer, dass die Landesregierung mit diesem Gesetzentwurf erreichte fachliche Standards infrage stellt.
Wir im Parlament müssen mit diesem Gesetz Rahmenbedingungen schaffen, die es ermöglichen, in unserem Land einheitliche Standards zu haben. Es darf nicht sein, dass zum Beispiel der Hilfebedarf in dem einen Landkreis nach anderen Kriterien festgestellt wird als in einem anderen Landkreis. Dieser großen Verantwortung müssen wir uns stellen. Das erwarten die Betroffenen und die Träger der Einrichtungen von uns. Angesichts der langen Zeitspanne bis zur Vorlage des Entwurfs im Landtag hätten die behinderten Menschen und auch die Leistungserbringer einen ausgereifteren Gesetzentwurf erwarten können.
Aus unserer Sicht müssen folgende Voraussetzungen geschaffen werden. Erstens: die Sicherung landeseinheitlicher Standards der Eingliederungshilfe. Das heißt, es darf nicht zu 18 verschiedenen Mustervergütungsvereinbarungen, zu verschiedensten Leistungstypen, Personalschlüsseln usw. kommen.
Zweitens: die Gründung eines kommunalen Sozialverbands als Dachorganisation der örtlichen Träger der Sozialhilfe. Zur Gewährleistung und Überwachung landeseinheitlicher Standards und Verfahrensweisen sollte ein kommunaler Dachverband gegründet werden. Dies zeigen auch die Erfahrungen anderer Bundesländer, zum Beispiel Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern. Die Empfehlungen der Projektstudien unterstützen dieses Begehren.
Drittens: eine notwendige Umsteuerung zu mehr ambulanten Betreuungsformen anstelle des stationären Wohnens. Der Anteil der ambulanten Hilfen am Gesamtausgabevolumen der Eingliederungshilfe beträgt in Brandenburg nur rund 5 %. Mit diesem Ausführungsgesetz müssen finanzielle Anreize geschaffen werden, mehr betreutes Wohnen und familienentlastende Dienste anzubieten. Diese Umsteuerung von der stationären Unterbringung zur ambulanten Wohnform kann aber nur gelingen, wenn die Umsetzung für die Hilfeempfänger bedarfsgerecht mit entsprechender Förder- und Betreuungszeit auch im ambulanten Bereich abgesichert ist.
Es darf zum Beispiel nicht passieren, dass ein Hilfeempfänger aus dem stationären Bereich, dem jetzt rund 50 Förder- und Betreuungsstunden zur Verfügung stehen, in den ambulanten Wohnbereich umgesetzt wird, wo ihm nur noch unzureichende zwei bis sieben Förderstunden wöchentlich zugestanden werden.
Leider existiert im Land Brandenburg immer noch kein flächendeckendes Angebot an familienentlastenden Diensten. Mit einem entsprechenden Angebot könnten wir zum Beispiel einen erwachsenen, im häuslichen Bereich lebenden behinderten Menschen besser und auch rechtzeitig auf ein ambulantes Wohnen vorbereiten und die oftmals schon alten Eltern entlasten.
Viertens: die Kontrolle der Mittelverwendung durch das Land. Die jährlich an die Kommunen zu überweisenden Finanzmittel des Landes sind zweckgebunden auszureichen und es ist ein Verwendungsnachweis durch die Kommunen zu erbringen. Im Übrigen halten wir die bis zum Jahr 2009 festgeschriebene Summe von 312 Millionen Euro nicht für ausreichend. Sie berücksichtigt die prognostizierte Fallzahlentwicklung und die Personal- und Sachkosten bei den Kommunen nicht. Die Summe der Landesmittel ist deshalb dynamisch an eine künftige Bedarfsentwicklung anzupassen.
Dies sollte auf der Grundlage einer einvernehmlichen und verbindlichen Übereinkunft eines Beirates erfolgen, in dem die Kommunen, die Liga der freien Wohlfahrtspflege und Vertreter des Landes Brandenburg vertreten sind.
Eingliederungshilfe aus einer Hand und das Umsetzen des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ ist eine Herausforderung für alle, für die Kommunen, für die Träger der Einrichtungen, aber auch für uns hier im Parlament. Wir müssen ein Gesetz verabschieden, dass das Ziel auch erreichbar werden lässt. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Ich möchte schon sagen: Gut Ding braucht Weil. In der Tat, es ist so.
Die Kritik, dass das Gesetz sehr spät kommt, ist berechtigt. Wir alle wissen, dass andere Bundesländer etwas schneller waren bis gestern meinten wir das, ich jedenfalls. Ich habe gestern an einer großen Veranstaltung der Arbeiterwohlfahrt teilnehmen dürfen. Dort waren auch Vertreter aus Schleswig-Holstein, die über ihre Erfahrungen mit dem dort bereits seit Dezember 2005 vorliegenden Ausführungsgesetz zum SGB XII sprachen. Man hatte darin jedoch lediglich die Übertragung auf die Kommune geregelt, nicht den schwierigen Part der Finanzierung. Darüber streitet man in Schleswig-Holstein derzeit sehr heftig. Als ich das hörte, habe ich gedacht: Siehst du, wir sind gar nicht so spät. Schließlich haben wir zum einen die Übertragung auf die kommunale Ebene und zum anderen - in Artikel 2 - die Regelung der Finanzierung in diesem Gesetz als Paket zusammengeschnürt und bringen es in den Landtag ein. So spät sind wir gar nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei.PDS, Sie wissen es genauso gut wie wir: Die Kommunen und die Wohlfahrtsverbände wissen seit sehr langer Zeit, was die Landesregierung vorhat, was wir gemeinsam vorhaben, nämlich die Kommunalisierung. Die Kommunalisierung der Eingliederungshilfe ist überhaupt nicht strittig; alle wollen diese Kommunalisierung.