Sehr verehrte Frau Vizepräsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich dachte eigentlich, ich brauche, da wir zur 1. Lesung eine intensive Debatte geführt haben, nur noch ein oder zwei Sätze zu sagen. Aber man kann das wirklich nicht so stehen lassen, Herr Schuldt, beim besten Willen nicht. Sie haben gerade ein klassisches Beispiel dafür geboten, wirklich daran zu zweifeln, ob Sie die Demokratie, so wie sie funktioniert, wirklich haben wollen.
Es gibt ein Verfassungsgerichtsurteil, in dem ganz deutlich steht, dass ein Abgeordneter angemessen zu entschädigen ist, damit er das Amt unabhängig wahrnehmen kann.
Lassen Sie mich noch etwas zu dem Hinweis sagen, dass jetzt schon ab dem ersten Jahr Rentenanwartschaften erworben würden. Im Verfassungsgerichtsurteil steht auch, dass man natürlich dafür vorsorgen muss, dass ein Abgeordneter keine Nachteile für seine Rentenanwartschaft erleidet. Deswegen erwirbt man diesen Rentenanspruch auch nicht als Ganzes, sondern es gibt die so genannte Lückenversorgung. Das ist bei der Anhörung auch sehr schön deutlich geworden, dass ein Abgeordneter, der nur ein, zwei, drei oder vier Jahre im Amt ist, die Lücke, die er in sein Berufsleben reißt, damit ausgleichen kann. Deswegen gibt es diese Lückenversorgung. Mit der Regelung, die wir jetzt treffen, kommen wir dem Verfassungsgerichtsurteil ein Stück näher.
Ein weiterer Punkt, weil es heißt, das NRW-Modell mache deutlich, dass die Abgeordneten selbst in das Rentensystem einzuzahlen hätten: Ob ich als Abgeordneter jetzt höhere Aufwandsentschädigungen bekomme und davon etwas einzahle oder später eine Rente erhalte - es sind beides Steuergelder.
Das ist auch in der Anhörung deutlich geworden, Herr Schuldt. Es tut mir leid, das kann man so nicht stehen lassen.
Ich glaube, man kann ruhig einmal deutlich sagen, dass die Kostenpauschale, die immer wieder Kritikpunkt ist, 169 Euro pro 30 km, seit 1996 unverändert ist. Sie wissen, dass wir seit 1996 eine 180%ige Steigerung schon allein bei den Spritkosten haben. Hier haben sich Abgeordnete nicht bedient, haben nicht
gesagt, sie kommen damit nicht klar, sondern die Kostenpauschale ist gleich geblieben. Die Abgeordneten haben in dem Ausschuss - ich bin übrigens dafür dankbar, so etwas auch einmal ansprechen zu dürfen - sehr vernünftig entschieden, sie haben diese Sache dargelegt und sind sehr vernünftig damit umgegangen.
Jetzt lassen Sie mich zum Abgeordnetengesetz als solchem zurückkommen. Ich finde es schade, dass in der gesamten Diskussion immer nur das Abgeordnetengesetz, das wir hatten, und eine so genannte NRW-Lösung gegenübergestellt wurden und nie das alte Abgeordnetengesetz dem neuen, das wir jetzt vorgelegt haben. In der Anhörung war nach anderthalb Stunden eine Frage entscheidend: Wie schätzen die Anzuhörenden den neuen Entwurf im Gegensatz zum alten Entwurf ein? Sie waren anwesend, Herr Schuldt, und Sie müssen auch zugestehen, dass deutlich gesagt wurde: Es ist ein Einsparung. Die Abgeordneten haben sehr deutlich wahrgenommen, dass es Kürzungen geben muss, was die Rentenversorgung angeht, aber auch andere Dinge. Das haben wir umgesetzt. Der Bund der Steuerzahler hat ausgerechnet, dass das neue Gesetz erhebliche Einspareffekte erzielt, und festgestellt, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist.
Ich bin erst seit 2004 Mitglied des Parlaments, bis dahin habe ich die Diskussionen immer von außen wahrgenommen. Meine Einstellung war damals keine andere als heute. Nun habe ich die Diskussion aus dem Innenleben wahrgenommen. Als Parlamentarische Geschäftsführerin wird man namentlich erwähnt. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass es einige nicht sehr freundliche E-Mails an mich gab. Wenn man von einer Sache überzeugt ist, darf man sich jedoch von bestimmten Dingen nicht zwingend beeinflussen lassen. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit dem neuen Abgeordnetengesetz den Ansprüchen der Bürger gerecht werden, indem wir bestimmte Ansprüche zurückschrauben. Man muss aber auch deutlich sagen, dass ein Abgeordneter eine Aufgabe hat. Wenn man diese Aufgabe ordentlich wahrnimmt, braucht man die Kostenpauschalen, und dann ist die Aufwandsentschädigung von derzeit knapp 4 400 Euro brutto - es ist also noch zu versteuern; das brauche ich Ihnen nicht zu erzählen - weiß Gott nicht unangemessen.
Sie können die von Ihnen vorgeschlagene Kürzung in Höhe von 600 Euro gern realisieren und diesen Betrag jeden Monat spenden. Das ist sehr empfehlenswert, wenn Sie auf die Grundpauschale verzichten wollen. Ich halte Ihren Vorschlag für unangemessen.
Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei allen anwesenden Abgeordneten bedanken, die diesen Weg mitgehen. Jeder, der bei der Abstimmung seine Hand zur Zustimmung hebt, nimmt Einschnitte in Kauf. Das zu vermitteln war nicht ganz einfach. Aber es muss sein, das wissen wir; deswegen tun wir es auch. Das kann man hier mit Fug und Recht so deutlich sagen. Ich bin überzeugt - deswegen habe ich auch die vielen an mich gerichteten E-Mails entsprechend beantwortet und erklärt, warum wir so vorgegangen sind -, dass es richtig ist und dass wir etwas Gutes und Sinnvolles vorgelegt haben.
Man darf sich einer Diskussion nie verschließen; das haben wir mit dem Entschließungsantrag deutlich gemacht. Wenn es neue
Noch einmal herzlichen Dank an diejenigen, die das Vorhaben mittragen. - Dabei sollten wir es belassen. Danke.
Ich bedanke mich ganz herzlich. - Die Landesregierung verzichtet auf einen Redebeitrag, sodass wir jetzt zur Abstimmung kommen.
Ihnen liegt in Drucksache 4/2948 der Änderungsantrag der DVU-Fraktion vor. Es geht um die Änderung des Artikels 1 Nr. 1. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Die deutliche Mehrheit hat dagegen gestimmt. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Des Weiteren liegt Ihnen in Drucksache 4/2949 der Änderungsantrag der DVU-Fraktion vor. Es geht um die Änderung des Artikels 1 Nr. 2. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist auch dieser Antrag ganz eindeutig mehrheitlich abgelehnt worden.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung in Drucksache 4/2881 - 2. Neudruck -, siebente Änderung des Abgeordnetengesetzes. Wer dieser Beschlussempfehlung des Hauptausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen und einigen Stimmenthaltungen stimmte die deutliche Mehrheit dafür. Damit ist das Gesetz in 2. Lesung verabschiedet.
Schließlich liegt Ihnen ein Entschließungsantrag in Drucksache 4/2946, eingereicht vom Hauptausschuss, vor. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Bei einigen Stimmenthaltungen hat die deutliche Mehrheit dafür gestimmt. Damit ist der Entschließungsantrag angenommen worden.
Frau Dr. Schröder bittet um die Möglichkeit, eine persönliche Erklärung zu ihrem Abstimmungsverhalten abzugeben. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Frage nach der Angemessenheit von materieller, finanzieller und personeller Ausstattung für gewählte Volksvertreter ist keine populistische und schon gar keine Neiddebatte. Es geht um politische Glaubwürdigkeit, um soziale Gerechtigkeit insbesondere in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und klammer Kassen.
Das Abgeordnetengesetz tangiert kein Regierungshandeln, sondern nur uns selbst. Somit ist keine Partei, keine Fraktion und kein Abgeordneter in dieser Frage an einen Koalitionsvertrag oder an irgendeine Fraktionsdisziplin gebunden. Die Entscheidung für oder gegen den vorliegenden Gesetzentwurf ist allein eine nach bestem Wissen und Gewissen.
Das Wissen um die wirtschaftliche Lage - Brandenburg ist Schlusslicht aller Bundesländer -, um den hochverschuldeten
Landeshaushalt, die sich verfestigende Langzeitarbeitslosigkeit, die brüchigen Erwerbsverläufe, die zunehmende Armut, den erkennbaren Rechtsextremismus und die mit alldem verbundene Politikverdrossenheit verlangt von uns eine gesellschaftlich akzeptable Position.
Das vorliegende Gesetz ist aus meiner Sicht nicht akzeptabel. Es ist keine angemessene Antwort auf die Erfordernisse der Zeit, weil es sich an nicht mehr zu rechtfertigende Privilegien klammert. Der jungen Drucksache haftet alter Staub an, und ich bin nicht bereit, diesen weiter zu schlucken.
Der Erwerb einer vollen Alterssicherung durch eine befristete Mandatszeit und eine Frühpensionierung mit 57 Jahren ohne Beitragszahlungen und Abschläge ist in Zeiten von Hartz IV, Nullrunden bei den Renten und einem künftigen Renteneinstieg mit 67 Jahren den Brandenburgerinnen und Brandenburgern nicht mehr vermittelbar.
Tagtäglich erkläre ich im Hartz-IV-Kontaktbüro Langzeitarbeitslosen die Notwendigkeit des Umbaus unserer Sozialsysteme. Als Sozialdemokratin vertrete ich dabei die Position der Bundes-SPD. Meine Partei hat dem Lammert-Papier nicht zugestimmt. Keine Diätenerhöhung ohne Reform der Altersversorgungssysteme - das ist die klare Position der Bundes-SPD. Das Wahlprogramm der Landes-SPD beinhaltet diese Position ebenfalls; es ist auch die Position von Mitgliedern meines Ortsvereins. In der vorliegenden Form ist das Gesetz gesellschaftlich nicht konsensfähig.
Entscheidend für meine Ablehnung bleibt außerdem die bis heute fehlende Kostenkalkulation. Die Drucksache weist Mehrkosten aus. Diese werden jedoch nicht exakt beschrieben und sind in der Gesetzesbegründung nicht ausgewiesen. Jedes andere Gesetz mit einer solchen Begründung würde in diesem Landtag scheitern.
Meine Damen und Herren, ich lehne den vorliegenden Gesetzentwurf ab, weil es der untaugliche Versuch ist, längst überholte Systeme zu zementieren, obwohl der Systemwechsel von der Staats- zur Eigenvorsorge bundesweit längst läuft. Die fatale Botschaft, die heute vom Brandenburger Landtag ausgeht, lautet: Uns selbst fehlt die Kraft zur Erneuerung. Ein dringendes Signal bleibt aus. Ich bedauere dies sehr.
Da es hier fragende Blicke gab: Nach § 71 der Geschäftsordnung steht nach Schluss der abschließenden Abstimmung über einen Beratungsgegenstand jedem Abgeordneten eine mündliche Erklärung zu seinem Stimmverhalten zu, die nicht länger