Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung mangelt es am ökologischen Verständnis und am Verständnis für die künftige Bedeutung der Energieerzeugung im ländlichen Raum. Zugespitzt gesagt ist eine Energiereform nicht ohne Beachtung der Agrarreform möglich. Genau das würde jedoch nach dem Willen des Bundes geschehen.
Wir fordern hingegen, dass der Anbau nachwachsender Rohstoffe im Land in die Betrachtung einfließt. Ich frage Sie: Was nutzen uns die Verarbeitungskapazitäten, wenn die Rohstoffe zum Schluss importiert werden? Für die brandenburgischen Landwirte kommt es darauf an, dass die hier erzeugten Energiepflanzen auch abgesetzt werden können.
Abgesehen davon, dass der ökologischste Kraftstoff der ist, der nicht verbraucht wird, gab es bisher gute Gründe für die Befreiung der Biokraftstoffe von der Mineralölsteuer. Ein Umdenken in der Energiepolitik infolge des globalen Klimawandels, des Zurückgehens fossiler Energiequellen und der Verteuerung des Rohöls waren zwingend notwendig. Diesem Ziel wurde mit der Steuerbefreiung entsprochen und die wirtschaftlichen Hauptnachteile von Biokraftstoffen ausgeglichen, die vor allem in höheren Herstellungskosten, niedriger Energiedichte und Umrüstungskosten bei Fahrzeugbetreibern bestehen.
Warum sollte sich gerade der Landtag Brandenburg dem Thema annehmen und gegenüber der Bundesregierung aktiv werden?
Erstens konterkariert das Vorgehen des SPD-Bundesfinanzministers die Energiestrategie 2010 des Landes Brandenburg. Der Anteil erneuerbarer Energien in Brandenburg soll von 21,3 Petajoule im Jahr 2004 auf etwa 35 Petajoule im Jahr 2010 steigen. Dies entspricht einem jährlichen Wachstum von 18 % und einer Verzwölffachung innerhalb von 15 Jahren, womit die erneuerbaren Energien mit dem Schwerpunkt Biomasse einen Anteil von etwa 5 % am Primärenergieverbrauch erreichen sollen.
Zweitens läuft der Referentenentwurf des Bundesfinanzministers der Agrarwirtschaftsinitiative Brandenburg, die der Minis
terpräsident am 15. September 2004 ins Leben rief, zuwider. Die Initiative wurde angesichts anhaltender Abwanderung aus den Randgebieten, der ab 2005 anstehenden Umsetzung der EU-Agrarreform, sinkender Erzeugerpreise sowie - nach zwei klimatisch schwierigen Jahren - schlechter Finanzlage vieler landwirtschaftlicher Unternehmen mit akutem Handlungsbedarf begründet.
Ein Schwerpunkt ist die alternative Energiegewinnung aus Biomasse und nachwachsenden Rohstoffen zur Schaffung weiterer Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten für Landwirte.
Biokraftstoffe wie Rapsöl, Biodiesel und Bioethanol sind auf dem Vormarsch. Allein in Brandenburg sind gegenwärtig sieben Biodieselanlagen mit einer Kapazität von etwa 560 000 t in Betrieb, durch die etwa 320 Arbeitsplätze geschaffen werden. Die jährlich produzierten fast 400 000 t Biodiesel machen mehr als 30 % der bundesdeutschen Produktion aus.
Zunächst wird eine strategische Leitlinie vom Landwirt zum Energiewirt für Brandenburg formuliert und dann durch die Halbwertszeit politischer Entscheidungen konterkariert. Völlig außer Acht gelassen wird dabei, dass der Landwirt zumeist nicht mehr nur Rohstofflieferant ist, sondern zunehmend auch zum Energieerzeuger wird. Somit entstehen geschlossene Stoffkreisläufe und in der Region wird Geld verdient, was letztendlich allen zugute kommt.
Drittens sind nach dem Wegfall der Förderung des Agrardiesels Biokraftstoffinitiativen dringend gefragt, um einen Teil der Treibstoffkosten für die wichtige Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit Brandenburger Agrarbetriebe zu kompensieren.
Ich glaube, ich trage Eulen nach Athen, wenn ich auf die Verbindung der Initiativen zur Zukunftssicherung Brandenburger Agrarunternehmen mit Entwicklungsfragen für den peripheren und strukturschwachen ländlichen Raum verweise.
Mit den Stimmen der Brandenburger Koalitionsregierung wurde das Haushaltsstrukturgesetz auf den Weg gebracht, das mit Kürzungen beim Agrardiesel und der Festlegung von Obergrenzen erstmals eine typische Ostvariante vorsieht. Das war ein Dammbruch für die Schlechterstellung ostdeutscher Agrarstrukturen unter Rot-Grün. Herr Platzeck, Sie haben mit Ihrem Entschließungsantrag auch die Chance genutzt, Ihre damalige Entscheidung zur Einführung von Obergrenzen beim Agrardiesel zu revidieren, zumindest wieder etwas wettzumachen und sich Ihrer Koalitionsvereinbarung zu erinnern. Ich zitiere:
„Die Koalition wirkt darauf hin, dass der Bund nicht durch Regelungen die brandenburgische Landwirtschaft in ihrer Struktur benachteiligt.“
Vielen Dank. - Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Es spricht der Abgeordnete Folgart.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ziel des Koalitionsantrags ist ein Gesamtkonzept zur Herstel
lung und Nutzung von Biokraftstoffen für die Jahre 2006 bis mindestens 2015. Das ist das, was der neue Hauptinhalt gegenüber dem Antrag ist, den Frau Wehlan für die Linkspartei.PDS dargestellt hat. Ich begrüße übrigens, dass diese Initiative ergriffen wurde.
Deshalb ist eine Steuerdiskussion im Zusammenhang mit Biokraftstoffen in diesem Jahr aus unserer Sicht eher kontraproduktiv, da der Gesetzgeber größeren und auch kleineren Investoren Sicherheit in dieser Sache bis zum Jahr 2009 gab. Man kann sich dann schon die Frage stellen: Wo bleibt da die Verlässlichkeit von Politik? - Bei dem Entwurf, den Sie, Frau Wehlan, angesprochen haben, handelt es sich allerdings - Sie haben es richtig gesagt - um einen Referentenentwurf; es ist noch keine Konzeption der Regierung.
Abgesehen davon habe ich manchmal ein Problem mit dem Begriff „Mineralölsteuer“ im Zusammenhang mit Biokraftstoffen. Wir haben in diesem hohen Hause an anderer Stelle bereits die wachsende Rolle von nachwachsenden Energieträgern für Brandenburg herausgestellt. Der Biokraftstoffmarkt ist aufgrund der gestiegenen Preise von Öl und Gas und wegen der CO2-Problematik ein Zukunftsmarkt. Das ist unbestritten.
Biogene Treibstoffe sind wichtig für die Landwirtschaft, sie sind aber auch wichtig für die Automobilindustrie und auch für andere Wirtschaftszweige.
Nebenher möchte ich darauf hinweisen, dass es wichtig ist, weltweit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und auch der brandenburgischen Landwirtschaft abzusichern. Deshalb muss von der Politik alles getan werden, um auch im Ausland die Sozial- und Umweltstandards in der Produktion zu erreichen, die bei uns in Deutschland gelten.
Die Erhaltung der Steuerbefreiung für Biokraftstoffe in Reinform sollte gesichert werden. Weiterhin müssen Biokraftstoffe für den Einsatz im öffentlichen Personenverkehr, aber auch in umweltsensiblen Bereichen und für den Eigenverbrauch der Land- und Forstwirtschaft dauerhaft gesichert werden und von der Mineralölsteuer - nun muss ich diesen Begriff doch noch einmal benutzen - befreit bleiben.
Die im Entwurf des Energiesteuergesetzes geplante Teilbesteuerung von Biodiesel in Reinform und in Mischungen mit Biodiesel sowie von reinem Rapsöl für die motorische Verwendung ist aus unserer Sicht unangemessen hoch. Deshalb sollte der zweite Bericht der Bundesregierung an den Bundestag zur Prüfung der Überkompensation bei Biokraftstoffen abgewartet werden, um die über 15 Jahre erfolgreiche Marktentwicklung für reine Biokraftstoffe nicht voreilig zu zerstören. Ich meine, dass eine komplexe Betrachtung zwingend notwendig ist.
Brandenburg - auch das hat Frau Wehlan gesagt - ist in Deutschland der größte Produzent zum Beispiel von Biodiesel. Die Biodieselkapazität im Jahr 2005 betrug nach meinen Zahlen 380 000 t. Frau Wehlan hat eine höhere Zahl genannt. Aber immerhin sind wir mit dieser Zahl - 25 % der bundesdeutschen Kapazität - führend. Anstehende Entscheidungen dürfen deshalb keine erfolgreichen Entwicklungen auf diesem Gebiet gefährden. Das ist unser Ansatz.
Wir brauchen keine Investitionsruinen und auch kein bürokratisches Monster. Ich denke daran, dass wir, wenn wir jetzt Steuerspreizungen einführen, verschiedene Wege der Besteuerung einführen, dann auch die Erfassung dessen, was tatsächlich produziert wird und auf den Markt kommt, sichern müssen. Hier darf kein bürokratisches Monster heranwachsen. Deshalb müssen für Reinkraftstoffe die gesonderten Besteuerungsregeln auf der Basis einer Überkompensationsprüfung für alle Biokraftstoffe erhalten bleiben.
Lassen Sie mich einige Punkte unseres Entschließungsantrages noch kurz zusammenfassen. Ich meine, dass wir ein schlüssiges Gesamtkonzept in der Biokraftstofffrage von folgenden Punkten her brauchen:
Erstens die Feststellung spezifischer Kraftstoffanteile für Diesel- und Autokraftstoff mit Priorität für regionale Hersteller und Vermarkter, zweitens die flankierende steuerliche Spreizung zwischen Kraftstoffen mit Biokraftstoffanteilen und ohne Biokraftstoffanteile in Analogie zur Einführung von bleifreien und schwefelarmen Ottokraftstoffen und drittens die Fortsetzung der Steuerbegünstigung für den begrenzten Markt der Biokraftstoffe.
Die vollständige Steuerbefreiung ist - Frau Wehlan hat das auch gesagt - für die Land- und Forstwirtschaft, im öffentlichen Personennahverkehr und in umweltsensiblen Bereichen wichtig. Deshalb sollte die Beschlussfassung über das Gesetz zur Beimischungspflicht, die am 01.01.2007 erfolgen soll, der frühestmögliche Termin sein, um auch hier über Steuerregelungen zu sprechen. Das Gesamtkonzept muss her.
Lassen Sie mich noch ergänzen, dass zurzeit auch in den anderen im Bereich der Biokraftstoffe führenden Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein ähnliche Diskussionen in den Parlamenten geführt werden. Ich denke, dass wir eine gute Chance haben, eine hervorragende Lösung für die Wirtschaft und speziell für die Agrarwirtschaft in Brandenburg zu sichern. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist in Deutschland schon zu einer kontinuierlich schlechten Tradition geworden: Erst wird alles als gut, umweltfreundlich und preisgünstig angepriesen und dann, meine Damen und Herren, kommt die berüchtigte Keule. Die Fakten „gut“ und „umweltfreundlich“
bleiben, die Preisschraube jedoch dreht sich unaufhörlich nach oben und der Gutgläubige sitzt in der Preisfalle.
Wir erinnern uns: Erdgas ist ein gut umweltverträglicher Energieträger und noch dazu besonders preisgünstig. - So vor Jahren und nun: fast nicht mehr bezahlbar. Ebenso die Sache mit den Biokraftstoffen: Sie sind umweltfreundlich und noch dazu billiger als fossile Kraftstoffe. - Nun: Steuer drauf und schon ist der Gesamtpreis höher als bei den fossilen Kraftstoffen.
Man könnte also auf den ersten Blick meinen, dass Die Linkspartei.PDS die Situation richtig erkannt hat. Aber, meine Damen und Herren, ist das wirklich der Fall? - Wir von der DVU-Fraktion sagen hier ganz eindeutig: Nein, die Situation wurde von der Linkspartei nicht erkannt. Der Antrag lässt angesichts des ernsten Problems den unbedingt erforderlichen Nachdruck vermissen, weil das Ergebnis nur eine lapidare Sachstandsfeststellung mit Meinungsaussage des Landtages wäre. Der einzige und richtige Adressat in dieser Sache ist nun einmal die Landesregierung, denn nur sie hat die Möglichkeit, effektiv tätig zu werden.
Es ist eine Tatsache, dass die nachwachsenden Rohstoffe erst auf dem Weg in Richtung Wettbewerbsfähigkeit sind. Eine Besteuerung von 10 bis 15 Cent pro Liter Biokraftstoff würde diesen Weg abrupt abbrechen.
Brandenburg als Flächenland mit einem hohen Anteil landwirtschaftlicher Nutzfläche eröffnet unseren Landwirtschaftsbetrieben nach der bisherigen Negativentwicklung auch auf diesem Sektor eine neue wirtschaftliche Chance mit dem Anbau nachwachsender Rohstoffe.
Deshalb geht die eindringliche Forderung meiner Fraktion an die Landesregierung: Machen Sie sich stark in Sachen Ablehnung der Biokraftstoffbesteuerung. Sie stehen in Deutschland nicht allein mit diesem Standpunkt. Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Artur Bauckhage zum Beispiel will die geplante Biokraftstoffbesteuerung stoppen und er kündigte gegenüber der Presse an, dass dies eines der Topthemen auf der Agrarministerkonferenz am 9. und 10. März in Mainz sein wird. Als amtierender Vorsitzender der Agrarministerkonferenz wird er - Zitat -:
„alle Hebel in Bewegung setzen, um den sich anbahnenden energie-, umwelt- und agrarpolitischen Unsinn noch zu stoppen.“
Nun, meine Damen und Herren von der Landesregierung, wissen Sie, was wir von Ihnen erwarten. Machen Sie sich die Auffassung Ihres rheinland-pfälzischen Kollegen zu Eigen und tun Sie etwas wirklich Gutes für die brandenburgische Landwirtschaft und die dazugehörige Industrie!
Zusammenfassend zum Inhalt meiner Ausführungen kann es also nur eine Schlussfolgerung geben: Der PDS-Antrag ist schlichtweg gegenstandslos, weil er am eigentlichen Zweck vorbeigeht. Einzig und allein die Landesregierung steht hier in der Verantwortung; denn nur sie kann in der Frage der Biokraftstoffbesteuerung ein spürbares Ergebnis erzielen.