Protocol of the Session on February 23, 2006

Meine zweite Frage ist: Wie bewerten Sie die Bedeutung von Hoppegarten für Beschäftigung, Sport und Kultur in der Region? Sie haben die Kernaufgaben genannt. Deshalb frage ich: Welche Bedeutung hat Hoppegarten für Sie aus wirtschaftsund beschäftigungspolitischer Sicht?

Die letzte Frage habe ich schon beantwortet. Sobald Sie das Protokoll bekommen, können Sie das nachlesen. Ich muss mich hier nicht wiederholen. Die Bedeutung für den Arbeitsmarkt, für die Region ist uns bewusst und wir werden alles dafür tun, dass die Entwicklung weiterhin unterstützt wird.

Mit dem ersten Teil Ihrer Fragestellung spielen Sie auf den im Raume stehenden Vorwurf, das Stiftungsmodell hätte wie ein Pfropfen auf der Flasche gesteckt und man wäre deshalb nicht weitergekommen, an. Ich sehe das ein bisschen anders. Das Stiftungsmodell - das sagt schon der Name - war immer ein Modell. Hätte es neben dem Union-Club jemanden gegeben, der bereit und in der Lage gewesen wäre, sich mit einem vernünftigen Nutzungskonzept für die gesamte Bahn als Investor zu betätigen, hätte keiner der Partner - weder der Bund noch das Land - auf diesem Modell bestanden.

Die Region, Frau Kaiser, trägt in dieser Sache eine große Verantwortung. Die Nutzung auf dem Gelände muss aufgrund der kommunalen Planungshoheit zwingend mit den Gemeinden abgestimmt sein. Ohne sie gibt es keine Bebauung. Deshalb muss gemeinsam mit den Kommunen ein gangbarer Weg gefunden werden. Beide Häuser werden diesen Weg sowohl investiv als auch intensiv begleiten und wir werden versuchen, die Leute zu beraten.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir setzen die Fragestunde mit der Frage 609 (Ausbildungsreife von Jugendlichen) fort, die die Abgeordnete Lehmann stellen wird.

In einem Interview der „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ vom 13. Februar dieses Jahres stellt Herr Heinrich Alt, Vizechef der Bundesagentur für Arbeit, die Überlegung an, dass die BA nur noch ausbildungsreife Jugendliche zur Ausbildungsvermittlung übernehmen sollte. Er wies darauf hin, dass die Herstellung der Ausbildungsreife Ländersache sei.

Ich frage die Landesregierung: Teilt sie diese Auffassung des BA-Vizechefs Alt?

Wer könnte uns diese Frage besser beantworten als Frau Ministerin Ziegler.

Vielen Dank, Herr Präsident, für das Vertrauen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Auffassung des Vizechefs der Bundesagentur für Arbeit kann ich nicht teilen. Das habe ich sowohl dem Chef der Regionaldirektion als auch den Geschäftsführern der Arbeitsagenturen unseres Landes bereits mitgeteilt. Im Rahmen des nationalen Ausbildungspaktes hat der Bund als Partner dieses Paktes die Verpflichtung übernommen, Ausbildungs- und Qualifizierungsangebote für Jugendliche zu unterbreiten. Dazu gehört auch die Qualifizierung von noch nicht ausbildungsfähigen Jugendlichen.

Deshalb wurden in Brandenburg von den Agenturen für Arbeit im Jahre 2005 1 176 ausbildungsbegleitende Maßnahmen gefördert. Diese Maßnahmen sind quasi eine Nachhilfe für Auszubildende, die sich in betrieblicher Ausbildung befinden. Im

Jahre 2005 wurden dafür 4,2 Millionen Euro bereitgestellt. Mit etwa 18 Millionen Euro haben die Agenturen im vergangenen Jahr berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen für 5 457 Teilnehmer gefördert. Von diesen mündeten anschließend 2 225 in eine Berufsausbildungsmaßnahme in überbetrieblichen Einrichtungen. Ich meine, die Bundesagentur kann sich nicht so einfach aus der Verantwortung für junge Menschen verabschieden.

Ein weiterer Grund, der gegen die Absicht der Bundesagentur für Arbeit spricht, ist, die Länderhaushalte zusätzlich zu belasten. Die Länder reformieren derzeit mit enormen Geldsummen die allgemeinbildenden Schulen. Auch während der Übergangsphase kann sich der Bund im Rahmen des Ausbildungspaktes nicht aus der Verantwortung ziehen. Viele Experten weisen darüber hinaus darauf hin, dass die mangelnde Ausbildungsreife vieler Jugendlicher ein Spiegel des sozialen Hintergrundes sei. Der Zeigefinger ist nicht immer nur auf die Schulen zu richten. Angesichts dessen, dass in Deutschland ein unseliger enger Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und beruflichen Chancen besteht, würde ein Rückzug der BA aus der Ausbildungsförderung für Jugendliche zum jetzigen Zeitpunkt das falsche Signal sein.

Man muss auch deutlich sagen: Die Definition der mangelnden Ausbildungsreife ist oft von der jeweiligen regionalen Aufnahmekapazität des Ausbildungsstellenmarktes abhängig. Man hat da eine schöne Ausrede parat. Auch deshalb ist ein Nachsteuern der Bundesagentur mit entsprechenden Maßnahmen angebracht. Dafür werde ich mich weiterhin einsetzen.

Danke sehr. - Frau Fechner hat weiteren Klärungsbedarf.

Frau Ministerin, können Sie mir sagen, wie hoch etwa der prozentuale Anteil der nicht ausbildungsreifen Jugendlichen ist?

Bezogen auf die von mir eingangs genannten Teilnehmer an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen wären das rund 16 %. Wir müssen dazu sagen, dass es nicht nur Schulabbrecher, sondern auch Jugendliche gibt, die mehrfach eine Lehre beginnen, diese aber nicht beenden und sich wieder neu orientieren. Das ist eine ziemlich schwierige Gemengelage, weil Jugendliche oft erst spät feststellen, in welche Richtung sie sich weiterentwickeln möchten. Umso wichtiger ist es, dass die Berufsorientierung an den Schulen so früh wie möglich stattfindet, damit das Problem, nicht ausbildungsfähige Jugendliche zu haben, gar nicht erst entstehen kann.

Der Abgeordnete Görke hat noch eine Nachfrage.

Frau Ministerin, die Begriffe „nicht ausbildungsfähig“ bzw. „nicht ausbildungsreif“ kennen wir erst seit einigen Jahren. Wie bewerten Sie die Feststellung des DGB, dass dies ein Ergebnis der verfehlten Bildungspolitik sowohl im Bund als auch in den Ländern und damit auch in Brandenburg sei?

Darüber haben wir hier schon mehrfach diskutiert. Das ist eine sehr große Gemengelage von Ursachen. Zum einen musste sich unser Bildungssystem seit der Wende vielen politischen Zwängen unterordnen, es wurde immer hin- und herdiskutiert, welches das bessere Schulsystem sei. Wir hatten Gesamtschulen, Realschulen und Gymnasien, das heißt, es fand ein frühzeitiges „Sortieren“ von Schülern und Lehrern statt. Das alles haben wir überwunden. Wir haben jetzt die Oberschule und das Gymnasium. Aber wir wissen, dass es lange dauern kann, bis das neue Schulsystem wirksam wird.

Zum anderen sind die Defizite nicht allein auf Schule und Bildung zurückzuführen, sondern es müssen auch die sozialen Schwierigkeiten in Betracht gezogen werden. Schauen Sie sich Eltern an, die seit vielen Jahren langzeitarbeitslos sind! Dadurch haben sich die Mentalität in den Familien und auch die Motivation von Schülerinnen und Schülern geändert. Es gibt nicht nur die eine Ursache, sondern es ist ein gesellschaftliches Problem, mit dem wir uns sehr intensiv auseinander gesetzt haben. Ich bin davon überzeugt, dass wir die richtigen Schlüsse gezogen haben, und wir werden weiter daran arbeiten, dass die Schulabgänger ausbildungsfähig sein werden.

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die Frage 611 (Unterrichtsor- ganisation in der Oberschule) wird vom Abgeordneten Senftleben gestellt.

Zum Schuljahr 2005/2006 wurde die Oberschule eingeführt. Im Rahmen der Gesetzgebung wurde den Oberschulen damit die Möglichkeit eröffnet, die Form ihrer Unterrichtsgestaltung vor Ort frei zu wählen.

Deshalb meine Frage an die Landesregierung: Kann sie eine Aussage darüber machen, wie die Entscheidungen der Oberschulen im Land Brandenburg ausgefallen sind?

Herr Minister Rupprecht, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senftleben, exakt die gleiche Frage wurde mir in der letzten Sitzung des Landtages gestellt.

(Heiterkeit bei der Fraktion der Linkspartei.PDS)

Ich konnte sie nicht endgültig beantworten und kann es auch heute nicht, da der Termin, 27. Februar 2006, weiter besteht. Bis dahin haben die Schulen das Ergebnis zu melden. Um Sie jetzt jedoch nicht allzu sehr zu enttäuschen, kann ich einen Zwischenstand verkünden. Wir haben inzwischen die Rückmeldung von 95 Oberschulen, von denen sich 15 für das kooperative Modell, 68 für das integrative Modell

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

und 12 für das so genannte Mischmodell, das integrativ-kooperative System, entschieden haben. So weit der Zwischenstand. Mein Angebot steht. Sobald das Ergebnis vorliegt, werde ich es dem entsprechenden Fachausschuss mitteilen. Wenn Sie die Frage dann hier noch einmal stellen, kann ich sie endgültig beantworten.

Es gibt eine Nachfrage des Abgeordneten Senftleben.

Herr Minister, ich denke, ein halbes Jahr nach der Einführung der Oberschule ist es Zeit, darüber nachzudenken, wie sich das Ganze bewährt hat. Deswegen meine kurze Frage an Sie - aufgrund Ihrer vielen Besuche im Land Brandenburg und zur Freude der Opposition -: Können Sie einen kurzen Zwischenstand geben, wie Sie die Einführung der Oberschulen einschätzen und wie sie vor allem vor Ort eingeschätzt wird?

Um nicht eine zusätzliche Frage zu beantworten, was man mir womöglich übel nehmen könnte, fasse ich mich kurz: Was ich vernommen habe, lässt mich optimistisch verkünden, dass die Einführung - bis auf wenige Ausnahmen - sehr gut gelaufen ist, und zwar unabhängig davon, wie sich die Schulen entschieden haben, wie es jetzt weitergehen soll.

Es macht mich glücklich, dass wir - nach anfänglich heftigem Widerstand - ein Modell geschaffen haben, das von weiten Kreisen der Bevölkerung, vor allen Dingen von den Betroffenen, angenommen wird.

(Beifall des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Ich danke dem glücklichen Minister und rufe die Frage 610 (Engagement für Wachstumskern in Märkisch-Oderland) auf. Sie wird von der Abgeordneten Kaiser gestellt.

Eine öffentliche Präsentation erfolgreicher, zukunftsfähiger Unternehmen, der Kommune und der Bundeswehr am 8. Februar in Strausberg entlockte Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns unter anderem die Einschätzung: „Ich habe viel gelernt.“ Die Stadt und der örtliche Wirtschaftsbeirat übergaben dem Minister eine Bewerbung um den Status „Regionaler Wachstumskern“. Dieses Anliegen wird von Bürgermeistern der Region, dem Landrat und Abgeordneten mehrerer Parteien unterstützt, zumal sich der Landkreis Märkisch-Oderland in der neuen Förderstrategie des Landes nicht berücksichtigt sieht. Antworten und Erklärungen der Landesregierung auf entsprechende Nachfragen und parteiübergreifend geäußerte Kritik lassen vermuten, dass der Entscheidung unvollständige bzw. nicht aktuelle Analysen zum Potenzial von Stadt und Region zugrunde lagen.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Wie wird der vorliegende Antrag behandelt, um das Anliegen der Stadt Strausberg und des Landkreises Märkisch-Oderland entsprechend zu berücksichtigen?

Herr Staatssekretär Appel, machen Sie uns Hoffnung!

(Dr. Klocksin [SPD]: Uns auch! - Schippel [SPD]: Wie- so? Da kann ja jeder kommen!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrte Frau Kaiser, eine Vorbemerkung: Es gab und gibt kein formelles Antrags- und Bewerbungsverfahren, das dann auch formell beschieden werden könnte. Die Ausweisung der Regionalen Wachstumskerne erfolgte im letzten Jahr auf der Grundlage einer Gesamtschau von quantitativen und qualitativen Kriterien. Die wirtschaftlichen Potenziale bemessen sich danach, ob ein Standort Branchenschwerpunktort ist, an dem viele Branchenkompetenzfelder besonders stark vertreten sind. Die wissenschaftlichen Potenziale werden durch das Vorhandensein von Universitäten, Fachhochschulen bzw. außeruniversitären Forschungseinrichtungen bestimmt.

Die Landesregierung war sich auch darin einig, dass ein Wachstumskern in Bezug auf die Bevölkerungszahl eine gewisse kritische Masse überschreiten, das heißt, eine städtische Struktur haben muss, da nur dann - vorausgesetzt, wirtschaftliche und wissenschaftliche Potenziale sind vorhanden - nennenswerte Ausstrahlungseffekte auf das Umland zu erwarten sind. Die Mindesteinwohnerzahl wurde deshalb auf 20 000 festgelegt. In Ausnahmefällen wurden mehrere Orte zu einem regionalen Wachstumskern zusammengefasst. In diesen Ausnahmefällen verfügt mindestens ein Ort über die Mindesteinwohnerzahl von 20 000.

Für die Bewertung wurde eine Vielzahl von aktuellen Quellen ausgewertet. Ich nenne beispielhaft amtliche Statistiken, Förderstatistiken über GA sowie Forschung und Entwicklung, Ansiedlungsstatistiken, Analysen von Wirtschaftsforschungsinstituten, Branchengutachten sowie Materialien der Landesregierung zu Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen.

In der Gesamtschau der Kriterien konnte die Einstufung der Region um Strausberg als Regionaler Wachstumskern nicht erfolgen. Zwar sind durch die verkehrsgünstige Lage unbestritten wirtschaftliche Potenziale vorhanden. In Rüdersdorf und Umgebung sind die Branchenkompetenzfelder Metallherstellung, Metallbearbeitung, Metallverarbeitung, Mechatronik, Papier, Schienenverkehrstechnik und Logistik ausgewiesen, in Strausberg die Luftfahrttechnik. Die immer wieder genannte Akademie für Information und Kommunikation der Bundeswehr in Strausberg leistet ebenfalls gute Arbeit. Alleinige wissenschaftliche Einrichtung in der Region ist aber das Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung in Erkner, sodass überdurchschnittliche wissenschaftliche Potenziale nicht bescheinigt werden können.

(Dr. Klocksin [SPD]: Na, na, na!)

Das Einwohnerkriterium wird nur von Strausberg mit rund 26 500 Einwohnern erfüllt, wobei Strausberg mit nur einem Branchenkompetenzfeld allerdings wirtschaftlich nicht überdurchschnittlich - ich sage nicht „schlecht“, sondern „nicht überdurchschnittlich“ - aufgestellt und eher Verwaltungs- und

Wohnstandort ist. Die wirtschaftlich potenteren Standorte Rüdersdorf, Hoppegarten, Neuenhagen und Schöneiche erfüllen wiederum das Einwohnerkriterium nicht. Die wirtschaftlichen Potenziale des Standorts sind, wie gesagt, unbestritten. Das hat auch dazu geführt, dass die Region über mehrere Branchenschwerpunktorte verfügt. Dies allein genügt aber nicht, um als Regionaler Wachstumskern ausgewiesen zu werden. Es gibt in Brandenburg eine ganze Reihe von weiteren Standorten, die ebenfalls über gute wirtschaftliche Potenziale verfügen und ebenfalls nicht als Regionale Wachstumskerne ausgewiesen sind.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, die Landesregierung hat sich die Entscheidung am 22. November 2005 wahrlich nicht leicht gemacht. Sie ist nach gründlicher Abwägung getroffen worden. Jetzt gilt es, die Entscheidung mit den ausgewählten Wachstumskernen umzusetzen. Die Ausweisung der Wachstumskerne ist zwar grundsätzlich entwicklungsoffen; es ist aber auch klar, dass die Kategorie Regionaler Wachstumskern für alle Beteiligten auf der Ebene des Landes, aber auch in den Regionen für längere Zeiträume angemessene Planungssicherheit ermöglichen muss. Daher ist davon auszugehen, dass die vom Kabinett festgelegten Kerne für die nächsten Jahre Bestand haben werden. Ein ständiges Auf und Ab wäre mit der Ausrichtung der Förderprogramme der Ressorts auf die Regionalen Wachstumskerne nicht vereinbar, da die Fördermaßnahmen häufig eine Laufzeit von mehreren Jahren aufweisen und die Wachstumskerne sich auf die zugesagte Förderung verlassen können müssen. Ein konkreter Überprüfungstermin ist vom Kabinett aus den genannten Gründen nicht festgelegt worden. - Schönen Dank.

Vielen Dank. Die Fragestellerin hat weiteren Informationsbedarf.

Herr Appel, es geht nicht um ein Auf und Ab, sondern um die Akzeptanz des Potenzials. Deshalb frage ich Sie zum Ersten: Wie sind die offensichtlich widersprüchlichen Einschätzungen der Landesregierung und der regionalen Verantwortungsträger jetzt zu klären? Es gibt selbst hinsichtlich der von Ihnen angelegten Kriterien offensichtlich unterschiedliche Einschätzungen.