Protocol of the Session on January 26, 2006

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich erteile Frau Dr. Schröder das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der 4. Landesgleichstellungsbericht ist aus frauenpolitischer Sicht in der Tat kein Anlass zur Freude. Zehn Jahre nach In-Kraft-Treten des Landesgleichstellungsgesetzes besetzen im öffentlichen Dienst des Landes Brandenburg Frauen noch immer in unzureichender Zahl höhere und Spitzenpositionen. Wo Frauen im höheren oder gehobenen Dienst beschäftigt sind, haben sie die schlechteren, zumindest die schlechter bezahlten Positionen. Nicht einmal in den von Frauen geleiteten Häusern werden Führungspositionen erkennbar stärker mit Frauen besetzt.

(Frau Kaiser [Die Linkspartei.PDS]: Das ist überwiegend der Fall!)

Ebenso unbefriedigend sind die Befunde für weibliche Vertretungen in öffentlichen Gremien; das ist bereits angesprochen worden. Nur etwa jedes vierte Mandat des Landes wurde im Berichtszeitraum von einer Frau wahrgenommen - und das, obwohl § 12 LGG auf 50 % Frauenanteil orientiert und es hierzu seit 2000 einen entsprechenden Beschluss auf Staatssekretärsebene gibt. Es fällt mir daher schwer, die Einschätzungen des Berichts auf Seite 4, nach der das Landesgleichstellungsgesetz seine Wirkung entfalte, nachzuvollziehen. Jedenfalls ist diese Entfaltung nach den im Bericht geschilderten Tatsachen nicht belegbar.

Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene Verfassungsauftrag. Von dieser Vision sind wir in Deutschland im Jahre 2006, insbesondere bezüglich der beruflichen Situation und Stellung von Frauen, meilenweit entfernt. Da macht auch eine deutsche Bundeskanzlerin noch keinen Sommer.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Frauen brauchen chancengleiche Zugänge zu Bildung und Ausbildung. Qualifizierte Frauen brauchen Förderung, Förderinnen und Förderer, vor allem aber den unbedingten Willen und die eigene Durchsetzungskraft, im Beruf Verantwortung ja, auch Macht - zu übernehmen.

Der vorliegende Bericht, der uns ja nur in ein sehr begrenztes Segment, nämlich in den öffentlichen Dienst Brandenburgs, Einblick nehmen lässt, beinhaltet nüchterne Befunde. Die Mehrheit der Beschäftigten ist weiblich - wohlgemerkt auf den unteren Etagen. Auf den höheren Etagen ist sie männlich. Je höher also die Position, desto geringer der Frauenanteil. 38 % der Frauen sind im höheren Dienst beschäftigt.

Demgegenüber ist Teilzeit im öffentlichen Dienst Brandenburgs nach wie vor eine Domäne der Frauen. Der Frauenanteil liegt hier bei 82,8 %. Somit sind vier von fünf Teilzeitbeschäftigten Frauen. Die Mehrheit der in Teilzeit und im einfachen

oder mittleren Dienst Beschäftigten sind also Frauen. Das wirft Fragen auf: Ist Frauen der Weg nach oben versperrt? - Wenn ja: Warum wollen bzw. können Frauen nicht aufsteigen? Solche Fragen - meines Erachtens die entscheidenden politischen Fragen - werden im Bericht jedoch nicht analysiert. Das halte ich für ein Defizit des Berichts.

Da kann auch die Feststellung, dass sich die Beschäftigungsposition von Frauen im Land bald verbessern könnte, weil 6 % der Beschäftigten im höheren Dienst - überwiegend Männer wegen Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze demnächst aus dem Dienst ausscheiden werden, nicht beruhigen. Hier bietet sich die Chance, den Frauenanteil in diesem Bereich zu erhöhen. Gleichzeitig stellt der Bericht aber fest, dass sich die Chancen von Frauen im höheren Dienst bei Neueinstellungen gegenüber Männern nicht verbessert haben.

Der Bericht benennt folgende Tatsachen im Hinblick auf eine nach wie vor unzureichende Anwendung und ungenügende Wirksamkeit des Landesgleichstellungsgesetzes in Brandenburg.

Erstens: Die Arbeit mit Gleichstellungsplänen geht zurück. Sie enthalten noch viel zu oft keine verbindlichen Ziele. Im gehobenen Dienst enthielten nur 17,2 % und im höheren Dienst nur 15,4 % der Pläne verbindliche Ziele.

Zweitens: Die Aktivitäten der Gleichstellungsbeauftragten sind zu gering. Nach wie vor gibt es das Problem der zu geringen Inanspruchnahme von Rechten. Aus Zeitgründen muss ich leider auf Details verzichten.

Drittens: Für problematisch erachte ich es, dass uns nicht zeitgleich mit der Vorlage des Landesgleichstellungsberichtes eine Berichterstattung über die Tätigkeit der Landesgleichstellungsbeauftragten zur Kenntnisnahme gegeben wird. Zwar ist die Funktion bzw. das Amt einer Landesgleichstellungsbeauftragten im LGG nicht ausdrücklich geregelt - was ich für ein Manko halte -, doch muss die Anwendung und Wirksamkeit des Landesgleichstellungsgesetzes in erster Linie auch Ziel der Landesgleichstellungsbeauftragten sein.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich wünsche mir, dass bei zukünftigen Berichterstattungen über die Umsetzung des LGG selbstverständlich auch über die Arbeit der Landesgleichstellungsbeauftragten berichtet und auch die Sicht als Querschnittsaufgabe hierbei verstärkt wird.

Viertens vermisse ich im Bericht eine Evaluation zur Umsetzung der §§ 14 und 15 LGG: Ergebnisse der Frauenförderung durch öffentliche Auftragsvergabe und staatliche Leistungsgewährung. Hierzu verliert der Bericht kein Wort. In diese „Blackbox“ ist dringend die Lampe zu halten, auch im Zuge der Beratungen des Sonderausschusses für Normen und Standards.

Fünftens stelle ich fest, dass wir hier und heute über Datenbefunde überwiegend aus dem Jahre 2003 sprechen. Der uns vorliegende Bericht ist also im Jahre 2006 keineswegs aktuell. Er hätte in die vergangene Wahlperiode gehört.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

(Heiterkeit)

- Entschuldigen Sie, Frau Präsidentin, dass mir das ausgerechnet bei diesem Tagesordnungspunkt passiert. Sie sehen daran, dass man sich an Frauen in Spitzenpositionen erst gewöhnen muss. Das bestätigt den Bericht.

Ich schließe mit § 1 LGG: „Ziel des Gesetzes ist es, die tatsächliche Gleichstellungvon Frauen und Männern im öffentlichen Dienst zu erreichen.“ - Nach dem, was wir heute feststellen müssen, sind wir von diesem Ziel noch immer weit entfernt. Hier müssen aber auch wir als Abgeordnete unsere Hausaufgaben erledigen und als Landtag ein klares Anforderungsprofil für das Amt einer Gleichstellungsbeauftragten auf Landesebene formulieren. Wir nehmen den vorliegenden Bericht kritisch wie auch selbstkritisch zur Kenntnis. Alle Adressaten müssen nun die erforderlichen Schlussfolgerungen ziehen. Als SPD-Fraktion wollen und werden wir uns hier in der kommenden Zeit stärker einbringen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Schröder. - Bevor ich Herrn Abgeordneten Schulze das Wort erteile, begrüße ich ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Görden. Sie sind heute hier bei uns zu Gast. Seien Sie herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns liegt mittlerweile der 4. Landesgleichstellungsbericht vor. Als Leser dieses Berichts war ich voller Erwartung, welche tief greifenden Veränderungen oder Verbesserungen angesichts des fast verdoppelten Berichtszeitraums den Inhalt prägen werden. Der verlängerte Zeitraum hatte im Prinzip aber nur einen Effekt, nämlich die Einsparung von Papier und Arbeitsaufwand.

(Beifall bei der DVU)

Wesentlich neue Erkenntnisse und Ergebnisse kann ich dem Bericht nicht entnehmen. Zusammenfassend kann ich sagen, wie es auch in der Zusammenfassung des diesjährigen Berichtes steht - wie übrigens in allen vorhergehenden Berichten -: je höher die Position desto geringer der Frauenanteil. Das wird sich auch in absehbarer Zeit nicht ändern, wenn nicht die Voraussetzungen für eine wirkliche Gleichberechtigung geschaffen werden. Dazu gehört in erster Linie die Möglichkeit einer Ganztagskinderbetreuung, wenn dies von den Eltern - in diesem speziellen Fall von den Müttern - gewünscht wird. Dem Bericht ist dazu jedoch nichts zu entnehmen.

Der Bericht enthält allerdings eine wichtige Erkenntnis bezüglich der Wirksamkeit der Gleichstellungspläne: Dort, wo verbindliche und messbare Ziele in den Gleichstellungsplänen vorgegeben sind, hat sich gezeigt, dass die Chance auf eine Verbesserung der Beschäftigungssituation von Frauen in der öffentlichen Verwaltung steigt. Das ist doch wunderbar. Vielleicht sollte man auch verbindliche Pläne für die Anzahl der Arbeitslosen erstellen. Die Landesregierung könnte beispielsweise verbindlich festlegen, dass die Zahl der Arbeitslosen hier im Lande einen bestimmten Wert nicht übersteigen darf. Noch besser: Man stellt verbindliche Haushaltspläne auf.

(Beifall bei der DVU)

Meine Damen und Herren, angesichts des Aufwandes der hierfür betrieben wird, frage ich mich, was das Ganze überhaupt soll. Der vorliegende Bericht verweist auf einen recht umfangreichen Personalabbau im Berichtszeitraum. Dank der Unfähigkeit der Landesregierung, die Finanzen des Landes in Ordnung zu halten, werden im öffentlichen Dienst noch erheblich mehr Stellen abgebaut werden müssen. Ich frage mich allen Ernstes, wer es noch für wichtig hält, wie hoch der Frauenanteil im öffentlichen Dienst ist. Über 220 000 Brandenburger sind offiziell arbeitslos und wir debattieren hier über die Frauenquote. Wenn die Landesregierung die Energie, die in diesen Wälzer und in die ganzen Gleichstellungsmaßnahmen geflossen ist, in die Wirtschaftsförderung investiert hätte, stünden jetzt vielleicht einige Tausend Brandenburger weniger auf der Straße. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Für die CDU-Fraktion erhält Frau Abgeordnete Schulz das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eingehend auf den vorangegangenen Redebeitrag kann ich nur sagen: Sie haben sich hier wirklich disqualifiziert. Ich halte Ihre Äußerungen für äußerst unangemessen.

(Beifall bei der CDU)

Ich behaupte: Frauenförderung ist Wirtschaftsförderung. Wenn Sie einmal richtig darüber nachdenken würden, sähen Sie das ein. Vielleicht brauchen Sie aber auch erst ein wenig Nachhilfe.

Dass sich Frauen nur mit großer Anstrengung und über einen ganz langen Zeitraum in einer männerdominierten Gesellschaft durchsetzen können, ist eine Erkenntnis aller Frauenpolitiker, die schnellere Erfolge erhofften. Daher sind Befürchtungen, dass Männer um ihre Gleichberechtigung kämpfen müssten, abwegig. Diese Befürchtung entspricht nämlich nicht der Realität - auch wenn einige Kollegen meinen, hier herumwitzeln zu müssen -, zumindest nicht im öffentlichen Dienst. Der Frauenanteil im höheren Dienst lag im Jahre 2003 bei 38 %. Das Landesgleichstellungsgesetz fordert bekanntermaßen einen Frauenanteil von 50 %.

Erfreulich ist natürlich, dass die Ministerien ihren Frauenanteil erhöhen konnten und dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen, insbesondere an den Hochschulen, bei 39 % liegt, während er im Bundesdurchschnitt nur 16 % beträgt. Meines Erachtens ist dies eine deutliche Verbesserung. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur hat sich der Herausforderung gestellt und sich auch unter den schwierigsten Bedingungen auf die Suche nach neuen Formen zur Ausgestaltung einer familiengerechten Hochschule für die Zukunft gemacht.

(Beifall bei der CDU)

In diesem Zusammenhang sei mir gestattet, darauf hinzuweisen, dass das Land Brandenburg nach einem jüngst durch das Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung vorgelegten Hochschul-Ranking neben Niedersachen und

Hamburg zur Spitzengruppe gehört. Das ist ein sehr großer Erfolg.

Nichtsdestotrotz sind Frauen finanziell schlechter gestellt als ihre männlichen Kollegen. Wenn es im Bericht heißt, dass Frauen, selbst wenn sie im höheren oder gehobenen Dienst beschäftigt sind, die schlechter bezahlten Positionen innehaben, ist das nur die Bestätigung dieser Tatsache. Es ist zu begrüßen, dass sich inzwischen in 97,8 % der Dienststellen mit mehr als 20 Beschäftigten Gleichstellungsbeauftragte etabliert haben und darüber hinaus in 36 % der kleineren Dienststellen Gleichstellungsbeauftragte freiwillig bestellt wurden.

Erfreulich ist auch, dass im Vergleich zu vorhergehenden Berichten das frauenpolitische Interesse an dieser Tätigkeit gewachsen ist. Mit großem Engagement, aber immer noch weitgehend als Einzelkämpferinnen, nehmen die Gleichstellungsbeauftragten ihre Aufgabe wahr. Für die Wirksamkeit der Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten ist ihre umfassende Beteiligung an Entscheidungen, insbesondere an Personalmaßnahmen, von sehr großer Bedeutung. Der Bericht bringt hier sehr Kritisches zutage: Zwar habe sich die Situation verbessert, aber gerade einmal 50 % der Gleichstellungsbeauftragten würden an den wichtigen Entscheidungen zu Auswahlverfahren und Bewerbungsgesprächen beteiligt. Hier ist natürlich auch die Landesgleichstellungsbeauftragte gefordert.

Die Stellung der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten hat sich mit dem Gesetz zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben sehr verändert. Diese Situation wird von den Frauenvertreterinnen und Gleichstellungsbeauftragten als „nicht befriedigend“ kritisiert. Auch der Bericht zeichnet hier kein optimistisches Bild. Die Verantwortung muss vor Ort übernommen werden; dies ist eng mit den Agierenden in den Vertretungen der Kommunen verbunden.

Immer noch zu selten sind Frauen in Aufsichtsräten, Beiräten, Sachverständigenräten und anderen Gremien vertreten. Hier ist die Vorbildfunktion erfolgreicher Frauen nicht zu verachten. Dafür steht nicht zuletzt die erste Bundeskanzlerin der Bundesrepublik. Ich sehe das etwas anders als meine Vorredner. Nach internen Recherchen mussten ganze protokollarische Vorgänge geändert werden, nur weil es jetzt eine Bundeskanzlerin gibt. Das ist schon erstaunlich.

Grundvoraussetzung für die Gleichberechtigung ist und bleibt die Gleichberechtigung in den Köpfen. Ich schließe mich einer Forderung aus der Frauenwoche 2005 an, die lautet: Die gesamte Landespolitik muss nachhaltig die spezifischen Interessen und Bedürfnissen von Mädchen und Frauen berücksichtigen und diese in allen Politikfeldern verankern. - Im Koalitionsvertrag ist unter Punkt 3.1.2 die Verankerung des Prinzips des Gender Mainstreamings ausdrücklich für die gesamte Landesregierung gefordert. Wir werden die nicht immer einfache Umsetzung weiter aktiv begleiten.

(Beifall bei der CDU)

Die Wirksamkeit des Gesetzes messbar zu machen ist eine Forderung, die wir gemeinsam formuliert haben. Von daher gibt es bezüglich des Gesetzes, das im Jahr 1994 verabschiedet wurde, sicherlich Gesprächs- und Weiterentwicklungsbedarf.

Zusammenfassend kann man sagen, dass wir, insbesondere in