Protocol of the Session on November 9, 2005

Das ist nicht neu. Die Linke.PDS fordert das in jedem Jahr zu dieser Jahreszeit. Das wissen wir, darauf haben wir uns mittlerweile eingestellt. Auch die Antwort ist immer dieselbe. Frau Kollegin Esther Schröder hat vorhin anhand der Zahlen nachgewiesen, dass der Konsens, den wir im Land Brandenburg erreicht haben, durchaus Erfolg zeigt. Deshalb ist eine Ausbildungsplatzabgabe schädlich. Wir würden unsere Wirtschaft belasten, obwohl wir genau wissen, dass wir alles andere als zusätzliche Belastungen brauchen. Wir brauchen Entlastungen! In einer solchen Situation fällt Ihnen, meine Damen und Herren von der Linke.PDS, nichts anderes ein, als neu zu belasten und immer wieder die gleiche Forderung zu erheben.

(Beifall bei der CDU sowie des Abgeordneten Klein [SPD])

Die Erfüllung Ihrer Forderung würde übrigens auch unseren Jugendlichen nicht helfen; denn kein neuer Ausbildungsplatz würde entstehen.

Meine Damen und Herren von der PDS, Ihre Behauptung - von Ihnen mit einer gewissen Absolutheit vorgetragen -, der Pakt sei gescheitert, lässt sich nicht nachweisen, weder in Brandenburg noch in anderen Bundesländern.

Ich möchte Ihren Blick sehr ernsthaft auf einen anderen Sachverhalt lenken, der uns Anlass zur Sorge gibt. Es geht um die Berufsausbildungsfähigkeit. In den vergangenen Wochen hat es immer wieder entsprechende Presseberichte gegeben, insbesondere in der „Märkischen Oderzeitung“. Wir müssen feststellen, dass unsere Jugendlichen in einer wachsenden Zahl nicht ausbildungsfähig sind. Es mangelt ihnen an den elementaren Fähigkeiten, die notwendig sind, um qualifiziert in eine Ausbildung einsteigen zu können. Das berichten uns sowohl Unternehmer als auch - das ist neu - die Agenturen für Arbeit, denen dieser Missstand sehr zu schaffen macht.

Schaut man sich die Zahlen im Agenturbezirk Barnim-Uckermark an, stellt man fest - das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen -, dass sich 821 Jugendliche im berufsvorbereitenden Jahr, aber nur 1 215 in regulärer Ausbildung befinden. Das entspricht einem Verhältnis von 40 zu 60 %. An diesem Punkt müssen wir ansetzen. Dort muss der Schwerpunkt unserer Politik liegen.

Wir fordern die Gewährleistung einer soliden Schulausbildung auf allen Ebenen. Dies muss mit berufsbegleitenden Maßnah

men und der Unterstützung aller Initiativen der beruflichen Orientierung durch die Schulen, vor allen Dingen durch die Lehrer, verbunden werden. Dafür ist den Lehrern jede mögliche Hilfe zu gewähren. Es ist wichtig, dass unsere Lehrer Verbindung mit der Wirtschaft vor Ort aufnehmen. Das geschieht in vielen Orten, aber meiner Ansicht nach noch nicht genug. Es ist dringend notwendig, dass insbesondere diejenigen Jugendlichen, die die Schule verlassen, bei ihrem Übergang in den Beruf begleitet werden.

Wichtig ist auch die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft insgesamt. Die Schulen erhielten dadurch die Chance, sich zu profilieren. Dabei sollten wir sie unterstützen.

Die Eltern sollten wir in dem Bemühen unterstützen - darüber haben wir vorhin in der Debatte zum Familienbericht debattiert -, die Begabungen ihrer Kinder frühzeitig zu erkennen und zu wecken sowie ihnen berufliche Orientierung zu geben.

Selbstverständlich müssen darüber hinaus die brandenburgischen Unternehmen durch eine generelle Belebung der Wirtschaft in die Lage versetzt werden, ihre grundsätzliche Ausbildungswilligkeit in die Tat umzusetzen. Ohne betriebliche Ausbildungsverträge - im letzten Jahr ist ihre Zahl um 4,5 % gestiegen - ist nur die Hälfte aller Unternehmen in Brandenburg in der Lage, überhaupt auszubilden. Das muss sich ändern.

Was will ich sagen? Wir brauchen ein Bündel von Maßnahmen. Wir müssen unsere Jugendlichen besser qualifizieren, damit sie den Übergang von der Schule in den Beruf qualifiziert bewältigen können. Das ist machbar. Wir haben insoweit viele Möglichkeiten. Dazu bedarf es übrigens nicht mehr Geld, sondern nur des guten Willens und einer konzertierten Aktion, damit wir von diesen erschreckenden Zahlen herunterkommen. Wir müssen unsere Wirtschaft motivieren, junge Leute einzustellen. Die Wirtschaft wird sie einstellen, wenn sie hoch qualifiziert sind. Damit meine ich nicht nur die Qualifikation im Bereich des Wissens, sondern auch die Qualifikation im Sozialverhalten.

(Beifall des Abgeordneten Klein [SPD])

In vielen Gesprächen mit Unternehmensvertretern hören wir, dass die jungen Leute große Mängel im Sozialverhalten haben. Das ist eine wichtige Aufgabe für das Land Brandenburg. Dazu brauchen wir keine Bundespolitik und keine Bundesratsinitiative. Das können wir selbst in die Hand nehmen. In diesem Sinne lehnen wir den Antrag der PDS ab. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Landesregierung ergreift Frau Ministerin Ziegler das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Ausführungen ist fast nichts mehr hinzuzufügen. Ich will dennoch auf einige Punkte eingehen.

Die so genannte Ausbildungsplatzlücke wird rein rechnerisch auch in diesem Jahr wieder geschlossen werden können. Das ist ein Ergebnis des Konsens, den wir mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften gefunden haben.

Herr Görke, ich bitte Sie, den gefundenen gesellschaftlichen Konsens - an vielen anderen Stellen sind wir nicht so weit gekommen - nicht kaputtzumachen, indem Sie das Scheitern verkünden, bevor der Zeitraum abgelaufen ist, nach dem die Vereinbarung erst umfassend bewertet werden kann. Ihre Haltung motiviert die Wirtschaft nicht gerade; denn wir wollen an allererster Stelle betriebliche Ausbildungsplätze gewinnen.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Die Zahl der noch nicht versorgten Bewerber ist Ende Oktober - zum Glück! - auf unter 2 000 gerutscht. Für diese Jugendlichen stehen, wie gesagt, Angebote zur Verfügung.

Ich will Herrn Homeyer ausdrücklich in seiner Position unterstützen, dass die Jugendlichen befähigt sein müssen, die Ausbildung zu absolvieren. Es wiegt schwer, dass so viele Jugendliche in berufsvorbereitende Maßnahmen gehen müssen, weil sie nicht ausbildungsfähig sind. Das ist ein großes gesellschaftliches Problem. Wir haben unter dem vorherigen Tagesordnungspunkt zur Familienfreundlichkeit gesagt: Lassen Sie uns gemeinsam das Augenmerk auf unsere Kinder und Jugendlichen lenken, damit sie die Schwelle zum Berufsalltag nehmen können. Wenn wir immer nur Augenwischerei betreiben und dieses Problem nicht angehen, sondern vom Staat oder den Unternehmen fordern zu bezahlen, damit Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen, dann reden wir an dem eigentlichen Problem vorbei.

Herr Görke, Sie haben auch auf die kleinbetrieblichen Strukturen hingewiesen. Rund 56 000 der insgesamt 70 000 Betriebe in Brandenburg wären von der Umlage befreit. Sie sagen, dass sie das ganz toll finden; denn die kleineren Betriebe würden von der Umlage profitieren. Ich sehe das etwas anders. Nach meiner Auffassung - sie wird von Herrn Homeyer geteilt - würden zusätzliche Ausbildungsplätze nicht zur Verfügung gestellt. Ich weiß nicht, worauf Sie Ihre Annahme stützen, das Zur-Verfügung-Stellen von Ausbildungsplätzen sei für kleine und mittelständische Betriebe nur eine Frage des Geldes. Das müssten Sie uns erläutern; Sie kommen gleich noch einmal zum Rednerpult. Mir fehlt dazu Ihr Hintergrund.

Mit unserer Ausbildungsquote von 7 % liegen wir trotz der geringen Ausbildung, die wir beklagen, schon jetzt über dem Bundesdurchschnitt. Im Westen sind es 5 %, in Ostdeutschland insgesamt 6 %. Insoweit kann den Unternehmen kein Vorwurf gemacht werden. Ich habe gestern mit Herrn Dr. König ein Gespräch geführt. Auch die Handwerkskammer, deren Ausbildungszahlen im Herbst noch nicht berauschend aussahen, wird sich an den Konsens halten können und die Ausbildungsplatzlücke in ihrem Bereich schließen.

Sie sehen: Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften ziehen an einem Strang. Das sollten wir nicht voreilig kaputtmachen. Wir werden selbstverständlich darauf achten, welche Zahlen Ende 2006 vorliegen. Sollte es notwendig sein, werden wir entsprechende Konsequenzen ziehen. Im Moment jedenfalls gehen wir nicht davon aus. Ich bitte darum, zur Motivation in unserem Land beizutragen und nicht destruktiv zu agieren.

(Beifall bei SPD und CDU)

Vielen Dank. - Damit hat der Abgeordnete Görke Gelegenheit zur Motivation.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein paar Bemerkungen zu meinen Vorrednern und auch zu den Darstellungen der Ministerin.

Der Kollege Baaske hat gesagt, gute Politik sei es, das auszusprechen, was ist. Die Ausbildungssituation ist jetzt einschätzbar; denn sie ist an den Zahlen des letzten und dieses Ausbildungsjahres erkennbar. Wenn wir es wieder nur schaffen, die Lücke rein rechnerisch zu schließen, entstehen dadurch immer noch keine zusätzlichen Ausbildungsplätze, wie im Pakt beschlossen wurde. Dort stand, dass sich die Vertragspartner, dazu gehört auch die Wirtschaft, verpflichten, jährlich 30 000 neue betriebliche Ausbildungsplätze zu schaffen. In Brandenburg, darum geht es, waren es in der Bilanz im letzten Jahr plus 0,9 % und zum 30.09.2005 minus 12 %. Das ist die Wahrheit. Frau Kollegin Schröder, das rot-grüne Kabinett, das zumindest noch geschäftsführend im Amt ist, hätte den Beschluss fassen können, festzustellen, dass der Ausbildungspakt nicht funktioniert hat.

(Zuruf des Abgeordneten Karney [CDU])

In diesem Zusammenhang beschäftigt man sich nur damit, Personalmikado zu spielen, anstatt sich mit solchen wichtigen Sachen zu beschäftigen.

(Schippel [SPD]: Das ist aber nun Unsinn!)

Was auf jeden Fall zugenommen hat, sind die so genannten Einstiegsqualifizierungen. Sie sind ein Kind des Ausbildungspaktes. Für Brandenburg waren 400 vorgesehen. Am Ende des letzten Ausbildungjahres waren es schon 800. In diesem Ausbildungsjahr sind es 1 126. Wodurch ist das wohl zu erklären? Diese Schnupperlehre ist natürlich für viele Unternehmen durchaus interessant. Aufgrund eines Billig-Azubis, der sechs oder zwölf Monate im Unternehmen die Arbeitsleistungen erbringt, und mithilfe der Arbeitslosenversicherung, die im Grunde genommen die Finanzierung stellt, ist das natürlich lukrativ. Ich glaube, das ist nicht unbedingt der Weg für zukunftsfähige Ausbildungsplätze in Brandenburg. Sie sind eine Krücke in dieser Frage.

Lieber Kollege Homeyer, Sie sagten, wir würden die Unternehmen belasten. Nein, wir sind für einen bescheidenen Versuch des Lastenausgleichs zwischen denen, die ausbilden, und denen, die sich schon lange nicht mehr daran beteiligen. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis: Die Diskussion um die Mehrwertsteuer, die Sie auch bundespolitisch favorisieren, schadet der wirtschaftlichen Entwicklung der KMU, die dann natürlich die entsprechenden Ausbildungsplätze auch nicht aufweisen können.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir sind nicht die, die die Steuererhöhung fordern. Sie praktizieren sie. Das muss hier einmal gesagt werden.

In dem Zusammenhang möchte ich noch sagen: Die große Flunkerei von Wirtschaft und Bundesregierung ist im Grunde genommen nicht zielführend gewesen. Sie zeigt einmal mehr,

dass Beschwörung des guten Willens, freiwillige Vereinbarungen nicht reichen, um die Zukunft junger Menschen, ihrer Ausbildung und damit die Sicherung des Fachkräftepotenzials hier in Brandenburg zu bewältigen. Frau Kollegin Ziegler, der Landesrechnungshofbericht wird ja jetzt im Haushaltskontrollausschuss auch eine Rolle spielen. Darin findet man die Formulierung, dass das mangelnde Engagement vieler Großbetriebe für diese Ausbildungssituation durchaus mitverantwortlich ist. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich beende die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag in Drucksache 4/2075 der Fraktion der Linkspartei.PDS „Initiative für Ausbildung“ seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 18 und ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Bericht der Landesregierung zum Stand der Forstreform

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/2076

Wir eröffnen die Debatte mit dem Beitrag der Linkspartei.PDSFraktion. Die Abgeordnete Wehlan spricht zu uns.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ende 2001 begann eines der umfangreichsten Reformvorhaben der Landesregierung, die brandenburgische Forstreform. Damit verbunden ist eine schrittweise Neuausrichtung der Forstverwaltung bis zum 31. Dezember 2005. Als Zielstellung wurde die Entwicklung einer modernen, kundenorientierten, schlanken und effizienten Dienstleistungsverwaltung formuliert, die den Erfordernissen knapper werdender Finanzen, der weiteren Privatisierung des Treuhandwaldes und dem Einsatz moderner Technik im Wald durch Optimierung und Rationalisierung Rechnung trägt.

Allein letztere Stichworte verdeutlichen, worum es bei der Forstreform hauptsächlich ging, um Personalabbau - und das in einer Größenordnung von 30 % der Beschäftigten, darunter vor allem Waldarbeiter.

Es kommt also nicht von ungefähr, dass die Landesregierung selbst die Dienstvereinbarung mit dem Hauptpersonalrat als das Herzstück der Reform bezeichnet, in der sich das Ministerium verpflichtet, den notwendigen Abbau von 535 Waldarbeiterstellen und 407 Beamten- und Angestelltenstellen bis zum 31. Dezember 2005 sozialverträglich, das heißt ohne Kündigung, zu begleiten.

Ich frage Sie: Ist dieses Ziel geschafft und vor allem sozialverträglich? Wurden in diesem Zusammenhang die angedachten zusätzlichen Arbeitsplätze unter anderem in der privaten Forstwirt

schaft, der Holzwirtschaft, der Wasserwirtschaft, im Naturschutz und bei der Beräumung von Munitionsverdachtsflächen entwickelt, und das dauerhaft? Welche Effekte sind mit der Reduzierung der Zahl der Forstämter von 18 auf 10 verbunden? Hat sich die Verringerung der Oberförstereien von 111 auf 72 sowie die Anzahl der Reviere von 656 auf 504 bewährt? Welche Auswirkungen hat es, dass die Forstverwaltung auf der Fläche bei Bewirtschaftungsgrößen der Reviere von durchschnittlich 2 100 ha und bei den Oberförstereien von 15 000 ha weniger gut vertreten ist? Wie wirkt in diesem Zusammenhang die Übernahme übergreifender Fachaufgaben der Oberförstereien durch die Ämter für Forstwirtschaft für mehr oder weniger Bürokratie? Haben Ansprüche wie die Abkehr von hierarchischen Strukturen und eine konsequente Einführung teamorientierter Arbeitsweisen Umsetzung gefunden? Bringt nun die Verlagerung ortsbezogener Aufgaben auf Revier- und Oberförstereiebene entsprechend den Vorstellungen der Landesregierung für Waldbesitzer weniger bürokratischen Aufwand und eine höhere Qualität in der Betreuung der Fläche? Wie hat sich das auf die Nutzung des so genannten notwendigen Holzpotenzials im Kleinprivatwald ausgewirkt? Welche Schlussfolgerungen sind nötig, um das durch die Landesregierung formulierte Branchenkompetenzfeld Holz mit dem notwendigen Entwicklungsschub zu versehen und für Arbeit und Einkommen im ländlichen Raum zu sorgen? Welche Erfahrungen gibt es bei der Umsetzung der im Rahmen der Budgetierung bereitgestellten Haushaltsmittel und bei der Selbsterwirtschaftung von Mitteln? Wie bewertet die Landesregierung die Wahrnehmung der Eigenverantwortlichkeit der Ämter für Forstwirtschaft für die wirtschaftlichen Ergebnisse einschließlich der Planungs- und Steuerungsmöglichkeiten im jeweiligen Zuständigkeitsbereich? Welche Erfahrungen gibt es durch die Spezialisierung der Ämter auf bestimmte Leistungen, die für das gesamte Land erbracht werden, zum Beispiel die jährliche Holzversteigerung? Welche Einspareffekte wurden mit der Übergabe der Bewirtschaftung der gesamten forstlichen Liegenschaften erreicht? Schließlich ist damit die Landesforstverwaltung für Miet-, Pacht-, Tausch- und Kaufverträge selbst zuständig und muss auch die Finanzierung von Baumaßnahmen in Eigenregie vornehmen.