Damit hatten alle Abgeordneten Gelegenheit, ihre Stimme abzugeben. Ich schließe die Abstimmung und bitte um Auszählung.
Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der DVU-Fraktion in Drucksache 3/7631 bekannt:
Für diesen Antrag stimmten 5 Abgeordnete, 52 stimmten dagegen. Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Bundesratsinitiative zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung der Straftaten über die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3007) - JGG
Ich eröffne die Aussprache und erteile der einreichenden Fraktion das Wort. Herr Abgeordneter Schuldt, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Überarbeitung des Jugendgerichtsgesetzes, kurz JGG, mit über 70 Änderungen zeigt den Reformbedarf. Ich meine, es ist die Mühe wert, denn es handelt sich um einen Kernbereich des deutschen Strafrechts. Die Erkenntnisse der Ausschussreise nach Kiel haben mich darin im Übrigen bestärkt.
Lassen Sie mich zunächst den Antrag in seinen Grundzügen darstellen. Wir meinen: Straftat bleibt Straftat. Auch wer als Jugendlicher vor dem Jugendrichter steht, hat in aller Regel etwas ausgefressen, was man nicht mehr als Bubenstreich in Lehrermanier mit erhobenem Zeigefinger abhandeln kann. Hier muss zunächst eine spürbare Sanktion her. Alles andere führt nur dazu, dass selbst jugendliche Serientäter als Helden ihrer Clique den Gerichtssaal verlassen. Sie denken: Hurra, es ist nichts passiert, weiter so! Das untergräbt das Rechtsbewusstsein und wird weder der Tat noch dem Schutzbedürfnis der Allgemeinheit gerecht.
Andererseits, das ist natürlich nicht zu übersehen, sind Straftaten Jugendlicher vielfach Ausdruck von Erziehungs- und Bildungsdefiziten oder Ergebnis von Drogensucht oder großer Perspektivlosigkeit. Dem müssen wir uns stellen. Hierauf ist der zweite Schwerpunkt zu legen, meine Damen und Herren.
Beide Erkenntnisse zusammen führen zu einer Doppelstrategie, bestehend aus Sanktionen und Erziehung. Das ist Leitlinie für unseren gesamten Entwurf. Durch die Änderung der §§ 14, 17 und 18 stellen wir die Spürbarkeit sicher. Die Verwarnung wird zur Ausnahme und ist bei Gewaltdelikten ausgeschlossen. Die Schwere von Tatunrecht und Schuld ist zum Schutz der Bevölkerung vor Straftaten für die Verhängung von Jugendstrafen einzubeziehen, nicht mehr ausschließlich erzieherische Erwägungen.
Erzieherische Erwägungen fallen dann bei der Gestaltung der Bewährungszeiten, § 21 ff., ins Gewicht. Hier bekommt der Richter mehr Spielraum, auf Defizite des Jugendlichen einzugehen, insbesondere bei Bildung, Therapie und Integration.
Bei den weiteren Erziehungsregelungen differenzieren wir nicht nur zwischen den Auflagen und den Erziehungsmaßregeln. Die bisherige Weisung geht darin auf. Es wird zudem klar gesagt, was Auflage und was Erziehungsmaßregel ist. Auflagen knüpfen an das Tatunrecht an, Erziehungsmaßregeln an den im Einzelfall vorhandenen Erziehungsbedarf. Beide Kataloge werden auch auf Heranwachsende unter Anwendung des JGG erweitert. Ausbildung, Integration, Suchttherapie und der Schutz vor weiterer Verschuldung sind jeweils die Schwerpunkte.
Zur Erziehung muss der Jugendliche auch während der gesamten Bewährung unter Aufsicht bleiben. Dafür sind Bewährungshelfer da, unser § 24, aber auch die Jugendgerichtshilfe, die wir für kompetent halten, Jugendliche für die Dauer des gesamten Strafverfahrens zu unterstützen. Sie erhält eine entsprechende Schlüsselstellung.
Schließlich halten wir es für unerlässlich, für Heranwachsende bei Tötungsdelikten und dringender Wiederholungsgefahr aufgrund unheilbarer Erkrankungen unter strenger Voraussetzung die Möglichkeit der Sicherungsverwahrung zu erörtern. Hier
Das Wort erhalten die Koalitionsfraktionen. Für sie steht Herr Homeyer auf der Rednerliste. - Er verzichtet. Für die PDS Herr Sarrach. - Nicht da. Die Landesregierung? - Sie verzichtet. Somit erhält der Abgeordnete Schuldt erneut das Wort. Bitte schön.
Für den Bereich Jugendstrafrecht besteht ein umfassender Reformbedarf. Wenn ich hier von Tragödie gesprochen habe, dann ist es Ihre Tragödie, die Sie uns heute vorspielen, Sie, die doch von morgens bis abends hier herumkrakeelen und sagen: Wir sind die größten Demokraten. Der Ministerpräsident hat ja auch nur von den demokratischen Parteien gesprochen. Wo ist denn Ihre Demokratie, meine Damen und Herren? Indem Sie nicht einmal auf vernünftige Anträge einer Oppositionspartei reagieren? Oder können Sie es eventuell vielleicht gar nicht?
Meine Damen und Herren, ich komme zu unserem Antrag zurück. Selbstverständlich wollen wir damit sichern, dass die Einzelpunkte unseres Entwurfs, die dringend notwendig sind, auf der Bundesebene auch tatsächlich beachtet werden. Der Weg dahin ist eben nur eine Bundesratsinitiative mit einem vollständig ausformulierten Gesetzentwurf. Wann haben Sie das denn überhaupt schon einmal gemacht, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen? Es kann doch übrigens nicht die Frage sein, dass wir das dann auch so machen, wie es notwendig wird. Das ist Ausdruck der seriösen Politik, die unsere DVU-Fraktion hier seit nunmehr fast fünf Jahren betreibt.
In diesen Reformentwurf gehört dann eben auch alles hinein: die Doppelstrategie von Sanktionen und die Erziehung, die ich schon dargelegt habe. Bloße Ermahnungen, von der Wirkung her sachfremde Strafen und dergleichen helfen wirklich nicht mehr weiter. In den Augen jugendlicher Täter wirkt das geradezu lächerlich und bestärkt in dem Sinne im Grunde genommen den Jugendlichen, der sagt: Ach, es passiert uns sowieso nichts.
Nicht nur bei den Jugendlichen, sondern gerade bei denjenigen im Alter von 18 bis 21 Jahren besteht ja wohl dann noch erzieherischer Bedarf, wenn wegen mangelnder Reife das JGG anzuwenden ist. Eine möglichst enge Nähe der Tat zu den Sanktionen mithilfe gemeinnütziger Arbeit und des Täter-OpferAusgleichs und - auch wenn die PDS hier vielleicht wieder aufjault - die Möglichkeit der Sicherheitsverwahrung bei Heranwachsenden im Falle vorsätzlicher Tötungsdelikte, wenn aufgrund einer nicht heilbaren oder nicht absehbar heilbaren
Die Voraussetzungen für die Anordnung und Überprüfung sind viel strenger als bei Erwachsenen. Es sind jeweils zwei Gutachten erforderlich, um zu einem einheitlichen Ergebnis zu kommen.
Auch die Bildungs- und erzieherischen Aspekte bleiben während der Sicherungsverwahrung erhalten. Es kann also nicht angehen, dass etwa in so klassischen Kriminalfällen wie demjenigen des Kindermörders Bartsch von staatlicher Seite nach Verbüßung einer Jugendstrafe keine Handhabe besteht. Dieser Fall war übrigens vor einiger Zeit - nach 40 Jahren - Gegenstand einer ARD-Serie. Er ist bis heute ein Synonym für Kindermörder.
Übrigens, meine Damen und Herren, bei seiner letzten Tat war dieser Jürgen Bartsch schon 19 Jahre alt. Oder soll ich sagen: erst 19 Jahre alt? Bedenken Sie bitte auch bei Ihrer Überlegung, ob Sie vielleicht doch unserem Antrag zustimmen werden. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Wir sind am Ende der Rednerliste und kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der DVU-Fraktion in Drucksache 3/7633 - Neudruck - folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist er mehrheitlich abgelehnt.
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Für sie spricht der neu gewählte Europaparlamentsabgeordnete Dr. Ehler. Herzlichen Glückwunsch zur Wahl!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer sich bei Tagesordnungspunkt 10 am Ende eines langen Plenartages mit dem Thema Wassertourismus an das Plenum wendet, wandelt auf einem schmalen Grat. Dennoch möchte ich Sie zum Schluss denken Sie, die Letzten, die hier versammelt sind, daran, dass immer noch der schöne Bibelspruch gilt: Die Letzten werden die Ersten sein - gern darum bitten, diesem Thema ein Stück weit Ihr Ohr zu leihen.
Sie alle kennen die Ausflüge der Ausschüsse des Parlaments des Landes Brandenburg, manchmal etwas spöttisch als Erwachsenenbildung bezeichnet, aber doch in vielen Fällen außerordentlich erhellend für uns. Wir haben mit dem Wirtschaftsausschuss vor einigen Jahren eine Reise nach Irland
unternommen und waren dort unter anderem in der Shannonregion, einer der touristisch stärksten Regionen Europas. In allen überregionalen Ferienkatalogen ist die Shannonregion als eine der touristischen Regionen Europas bekannt. Uns wurde damals ein Vortrag über die Perspektiven der Region gehalten und von irischer Seite eine Analyse darüber gegeben, wer denn die Hauptkonkurrenzregionen für diese Shannonregion, die europa-, wenn nicht gar weltweit bekannt ist, seien. Zum Erstaunen der Abgeordneten des Landes Brandenburg wurden zum einen der Canal du Midi in Frankreich und zum anderen das Land Brandenburg genannt. Nach einer der größten Wassertourismusregionen in Irland wurde unsere Region im Nordwesten Brandenburgs angrenzend zu Mecklenburg als die zukünftige Konkurrenzregion für die eigene boomende Tourismusindustrie bezeichnet. Vielleicht sollte uns das Hinweis sein, wie viel Entwicklungspotenziale im Grund genommen im Wassertourismus liegen.
Ich möchte Ihnen nur einige Zahlen nennen. Der Bundesverband Wassersportwirtschaft hat für das Jahr 2002 - es sind die aktuellsten Zahlen - die Umsätze im engeren Sinne, was den Wasser- und Wassersporttourismus betrifft, mit 1,7 Milliarden Euro beziffert. Alle uns bis zum heutigen Tag vorliegenden Zahlen sprechen von deutlichen Steigerungsmöglichkeiten. Insofern glaube ich, wenn wir heute so viel von Zukunft gesprochen haben, ob sie denn fehlt oder wie sie uns erscheinen mag, dann ist das Thema Wassertourismus eines der Themen, bei dem das Land Brandenburg, wir gemeinsam, wirklich eine Perspektive haben.
Das Wichtige, worum es sich in dem heutigen Antrag dreht, nämlich um das WIN-Projekt, ist ein gemeinsames Projekt der Kreise Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin und Barnim sowie der Städte Oranienburg, Eberswalde und Neuruppin. Allein diese Gruppierung verdeutlicht den überparteilichen Charakter dieser Initiative. Wichtig ist vor allem, dass sie von der privaten Wirtschaft ausgegangen ist.
Es waren nicht die Kommunen oder die Kreise, sondern mittelständische Unternehmen, Charterbootunternehmen, Hoteliers und die Eigentümer von Marinas, die uns vor zwei, drei Jahren gesagt haben: Wir haben Entwicklungspotenzial. Wir kommen nicht auf euch zu und fordern Subventionen, weil wir Probleme haben. - Sie haben gesagt: Wir brauchen eure Unterstützung um noch besser zu werden.
Insofern glaube ich, dass im WIN-Konzept, insbesondere was die Zusammenarbeit zwischen privater Wirtschaft und Politik angeht - die Politik kann positive Rahmenbedingungen setzen -, eine Entwicklungschance liegt, wie sie nur in wenigen anderen Regionen erkennbar ist. Es kommt hinzu, dass wir von sehr strukturschwachen Regionen sprechen.
Wir sprechen häufig missverständlich von „Wassersport“, meinen aber „Tourismus“. Alle Zahlen zeigen, dass allein im letzten Jahr über 120 000 Übernachtungen in Brandenburg durch den Wassertourismus induziert worden sind. Es handelt sich um Menschen, die an- und abreisen, die zwar ein Charterboot mieten, aber doch am zweiten oder dritten Tag nach einer Übernachtungsmöglichkeit suchen. Darin liegt die Chance, mit einem „roten Band“ die touristischen Möglichkeiten, die wir in Brandenburg geschaffen haben, mit dem zu verbinden, was Brandenburg exemplarisch ausmacht, nämlich Möglichkeiten für attraktiven Wassersporttourismus. Insofern trägt sich das
WIN-Konzept aus eigenen Ressourcen. Es ist vom Technologiezentrum für Verkehr entwickelt worden, das wir vor Jahren in Brandenburg gegründet haben. Das WIN-Konzept wird von einer Vielzahl privater Unternehmen getragen; aber wir müssen die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen.