Protocol of the Session on June 16, 2004

Dieses Rechnungssystem hat sich in anderen Staaten schon bewährt. Ich denke, dass wir diesen Weg auch gehen werden. Hierüber besteht große Übereinstimmung zwischen den Koalitionsfraktionen und den kommunalen Spitzenverbänden.

Ich bedanke mich sehr herzlich bei den Kollegen des Innenausschusses dafür, dass sie im Rahmen der Anhörung noch einmal so viel Zeit investiert haben, um dieses Gesetz auf den Weg zu bringen. Ich denke, dieses Gesetz ist zustimmungsfähig, und bitte Sie um Ihre Zustimmung. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über die Änderungsanträge abstimmen. Dabei beginne ich mit dem Änderungsantrag in der Drucksache 3/7666. Er kommt von der PDS-Fraktion und bezieht sich auf § 1 Abs. 3, § 3 Abs. 1 sowie die §§ 4, 6, 13 Abs. 3 und 21 Abs. 1. Wer diesem Änderungsantrag folgt, möge die Hand aufheben. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Es geht weiter mit dem Änderungsantrag der PDS-Fraktion in der Drucksache 3/7667. Er richtet sich auf die §§ 5, 8 Abs. 3, 14 Abs. 5 (neu) und 15. Wer diesem Änderungsantrag folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses in Drucksache 3/7607. Wer dieser Beschlussempfehlung folgt, möge die Hand aufheben. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenommen und das Gesetz in 2. Lesung beschlossen und verabschiedet.

Ich kann Tagesordnungspunkt 9 schließen und Tagesordnungspunkt 10 aufrufen:

2. Lesung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Psychisch-Kranken-Gesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen

Drucksache 3/7317 einschließlich Korrekturblatt

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Abgeordnete Bednarsky, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es, denke ich, relativ kurz machen. Ich hatte schon in der 1. Lesung für die PDS-Fraktion dargestellt, dass wir der beabsichtigten Privatisierung der Landeskliniken nicht zustimmen. Es gibt für eine solche Privatisierung fachlich keinen Grund und selbst finanziell hat das Land keine dauerhafte Entlastung zu erwarten, eher das Gegenteil zu befürchten.

Das vorliegende Gesetz enthält gewissermaßen die juristische Vollmacht für eine Privatisierung. Die rechtlichen Probleme sind im Ausschuss sehr umfänglich erörtert worden. Letzte Klarheit hat dies leider nicht gebracht. Das liegt nicht etwa an den Sachverständigen, die wir angehört haben. Bei ihnen möchte ich mich - im Gegenteil - recht herzlich für ihre Mühe bedanken. Letztlich bleibt aber die rechtliche Zulässigkeit wiederum davon abhängig, in welcher Weise die Kliniken übertragen werden, wie die Beleihungsverträge aussehen usw. Alles in allem bleiben für die PDS-Fraktion die Gründe für die Ablehnung des Gesetzentwurfs bestehen. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an den Abgeordneten Dr. Kallenbach, der für die SPD-Fraktion spricht.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Haushaltsstrukturgesetz 2000 und dem Haushaltssicherungsgesetz 2003 wurden die Weichen bereits in die Richtung gestellt, die Landeskliniken aus der Landesverwaltung auszugliedern. Drei der vier Landeskliniken - es betrifft Brandenburg an der Havel, Eberswalde und Teupitz - sind gegenwärtig Einrichtungen des Maßregelvollzugs - synonym auch als Kliniken für forensische Psychiatrie bezeichnet - angegliedert. Diese enge Verbindung ist kein Zufall, sie ist vielmehr sinnvoll und logisch. Eine Trennung würde den Aufbau von Teilstrukturen im Maßregelvollzug erforderlich machen, die unter einem gemeinsamen Dach effizient und kostengünstiger zur Verfügung stehen.

Mit der anstehenden Gesetzesnovelle wird die Möglichkeit eröffnet, dass Maßregelvollzug und Landesklinik in Zukunft auch unter einem Dach bleiben, wenn ein privater Träger bereit ist, beide Einrichtungen zu übernehmen.

Mehr als eine Öffnungsklausel ist das aber nicht. Die Gesetzesänderung hat nichts mit einer Bevorzugung der Angebote privater Träger im laufenden Ausgliederungsverfahren zu tun. Die Anhörung im Fachausschuss drehte sich in erster Linie um die Frage, ob die Übertragung der Aufgabe des Maßregelvollzugs an einen privaten Träger grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das Ausmaß der Eingriffe in persönliche Rechte der Patienten im Maßregelvollzug erfordert eine Klärung, ob eine Möglichkeit zur Übertragung dieser hoheitlichen Aufgabe an Dritte zulässig ist.

Zwei der renommiertesten Fachleute auf dem Gebiet des Maßregelvollzugsrechts wurden vom Ausschuss angehört und haben engagiert und fundiert Stellung bezogen. Für die SPDFraktion kann ich sagen, dass wir zu dem Ergebnis gekommen sind, dass es keine gravierenden verfassungsrechtlichen Bedenken bezüglich der Aufgabenübertragung gibt. Das Land würde in jedem Fall die Aufsicht behalten und müsste Vorkehrungen treffen, wie in einer Situation nicht pflichtgemäßer Durchführung bei der Erfüllung der Aufgabe durch einen privaten Träger zu verfahren wäre.

Die Koalitionsfraktionen haben mit einer Änderung in der parlamentarischen Beratung für die Klarstellung gesorgt, dass § 36 Abs. 3 des Psychisch-Kranken-Gesetzes künftig von der Übertragung der Durchführung der Aufgabe des Maßregelvollzugs spricht. Im Entwurf war von der Übertragung der Aufgabe selbst die Rede. Dies wäre mit dem Grundgesetz tatsächlich schwer vereinbar. Aus dem Kontext des Gesetzentwurfs ergab sich allerdings, dass dies auch nicht gemeint war.

Es ist selbstverständlich, dass eine Aufgabenübertragung generell mit äußerster Sorgfalt durchgeführt werden müsste. Das Land Thüringen ist diesen Schritt vor wenigen Jahren gegangen. Es haben sich keine Verschlechterungen hinsichtlich der Qualität der Arbeit im dortigen Maßregelvollzug oder der öffentlichen Sicherheit ergeben.

Brandenburg musste im Übrigen selbst leidvoll erfahren, dass

auch der vom Land durchgeführte Maßregelvollzug Schwächen aufweisen kann. Wir haben zwischenzeitlich die richtigen Schlussfolgerungen daraus gezogen und verfügen heute über drei Maßregelvollzugseinrichtungen, die zeitgemäße Therapien ermöglichen und höchsten Sicherheitsstandards entsprechen. Ich werbe deshalb für die Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Fachausschusses. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält die DVU-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Fechner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetzentwurf sollen kleinere verfassungsrechtliche Hindernisse auf dem Weg zur Privatisierung der Landeskliniken einschließlich des Maßregelvollzugs beseitigt werden.

Bereits während der Plenarsitzung im Januar dieses Jahres wurde darüber ausführlich debattiert. Zwischenzeitlich hat sich der Rechtsausschuss mit dieser Problematik befasst und auch der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen hat sich mehrfach dieser Problematik angenommen. Ebenfalls hat eine öffentliche Anhörung stattgefunden. Trotz bzw. gerade wegen der öffentlichen Anhörung zu diesem Gesetzentwurf bleibt es dabei: Die Fraktion der Deutschen Volksunion lehnt die Beschlussempfehlung und den Gesetzentwurf ab.

Ich möchte hier nur einen Anzuhörenden, und zwar Herrn Polähne von der Universität Bremen, zitieren. Er sagte während der Anhörung Folgendes:

„Allerdings möchte ich anmerken, dass es mir völlig spekulativ erscheint, dass die Aufgabe Maßregelvollzug von privater Seite sinnvoller und wirtschaftlicher erledigt werden kann, zumal das latente Spannungsfeld tendenziell zugunsten wirtschaftlicher Prioritäten aufgelöst werden dürfte.“

Genau so sieht das auch meine Fraktion. Bereits während der Debatte zur 1. Lesung dieses Gesetzentwurfs haben wir eindeutig dargelegt, warum unsere Fraktion dieses Gesetz ablehnt. Ich begründe noch einmal kurz, warum.

Erstens: Wir sehen im Grundgesetz und in der Landesverfassung keine Grundlage dafür, potenziell gefährliche oder geistig gestörte Straftäter von Privatunternehmern einsperren, bewachen, betreuen und behandeln zu lassen. Da nützt es auch recht wenig, wenn im jetzt vorliegenden Gesetzentwurf steht, dass nicht die Aufgabe selbst, sondern deren Durchführung übertragen werden kann.

Zweitens: Wir lehnen den Versuch des Landes Brandenburg ab, sich hier aus finanziellen Gründen quasi aus der Verantwortung zu stehlen. Wir warnen auch davor, das sensible Gebiet des Maßregelvollzugs von Gewinnerzielungsabsichten bestimmen zu lassen.

Drittens: Wir halten die Behauptung des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen, es würden keine Mehr

kosten im Vergleich zu der gegenwärtigen Rechtslage erwartet, für einen schlechten Witz. Zugegeben, nur durch diese Gesetzesänderung werden keine Kosten entstehen. Erst mit der dadurch möglichen Privatisierung könnte es heikel werden. In SachsenAnhalt beispielsweise stiegen nach der Ausgliederung aus der Landesverwaltung die Pflegesätze und somit auch die Kosten.

Wir lehnen den Gesetzentwurf und damit auch die Beschlussempfehlung des Ausschusses aus den genannten Gründen ab.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält die Fraktion der CDU. Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Wagner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe nicht allzu viel hinzuzufügen. Mein Vorredner, Herr Kollege Dr. Kallenbach, hat die Genesis, die Entstehungsgeschichte des Gesetzes, unsere Überlegungen, die zweimaligen Anhörungen richtig dargestellt. Da wäre es Quatsch, noch einmal Eulen nach Athen tragen zu wollen.

Ich möchte mich nur mit einer Sache auseinander setzen. Es gibt hier den Anspruch, man könne solche Aufgaben nicht an Private übertragen. Da tritt im Prinzip zutage - ich nehme es Ihnen nicht übel, Frau Bednarsky, dass Sie Ihre Grundangst Privatem gegenüber auch auf diese Aufgabenbereiche übertragen -, dass man sagt: Weil wir Privat nicht mögen und weil wir hinter jedem, der etwas privat macht, einen gewinnträchtigen und Gewinn heischenden Unternehmer sehen, der mit gefletschten Zähnen nach der Kohle trachtet, wollen wir das nicht übergeben. - Das ist doch wirklich großer Unsinn.

Was die DVU in dieses Horn tutet, wundert mich nicht - Sie machen ja in einer Landtagsitzung mehrere Kehrtwendungen und das ist, wie gesagt, überhaupt nicht erstaunlich.

(Na, na, na! bei der DVU!)

Wichtig ist doch, dass das Gesetz so wasserdicht gemacht wurde,

(Zuruf des Abgeordneten Schuldt [DVU])

dass es nicht nur bei schönem Wetter, also jetzt bei dieser Lesung im Landtag, Bestand hat, sondern auch unter sehr schwierigen Bedingungen, wie wir sie erlebt haben. Wenn ich Herrn Kollegen Kallenbach neben Herrn Innenminister a. D. sitzen sehe und daran denke, was wir in der Phase, als Herr Schmökel im Land sein Unwesen trieb, erlebt haben, dann muss ich sagen: Das muss natürlich abgesichert werden. Die rechtlichen Voraussetzungen sind doch jetzt geschaffen worden.

Tun wir doch bitte nicht so, als ob die Aufgabe, wenn sie einmal herausgegeben worden ist, nur den Finanzhaien vorgelegt werden wird. Nein, man kann sie jederzeit wieder zurückziehen. Natürlich muss das vernünftig geprüft werden. Natürlich darf die Aufgabe nicht zum Spielball werden und sie darf nicht beliebig ausgegliedert werden. Eines kann ich Ihnen versprechen: Der private Unternehmer muss sich, weil er weiß, dass er

diese Aufgabe - im Gegensatz zu anderen Feldern, auf denen er sich tummeln kann - wieder abgeben muss, wenn er sie nicht vernünftig durchführt, Mühe geben und solche Bedingungen schaffen, dass die Sicherheit gewährleistet wird und dass therapiert wird.

Noch eines ins Stammbuch der DVU: Wir sind nicht daran interessiert, nur wegzusperren;

(Schuldt [DVU]: Wir auch nicht!)

wir wollen therapieren. Ansonsten bekennt man sich nicht zum Maßregelvollzug. Ich weiß, dass es eine Gratwanderung ist und eine Gratwanderung bleiben wird. Das liegt in der Natur der Sache. Damit muss man leben. Ansonsten kann man auch ganz deutlich sagen, dass man vom Boden des Grundgesetzes gern mal ein bisschen abweicht. Das unterstelle ich natürlich niemandem in diesem Hause.