Protocol of the Session on June 16, 2004

Wir bitten Sie also, unserem Antrag heute doch zu folgen. Anderenfalls werden wir in dieser Frage auch nach dem 19. September keine Ruhe geben. Sie kennen uns, wir sind da nicht so vergesslich.

Unterstreichen möchte ich an dieser Stelle unsere Fragen aus der 1. Lesung zur Einführung von Videoüberwachungen in polizeilichen Kontrollsituationen. Die Polizei sieht hier den Selbstschutzaspekt im Vordergrund.

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Schluss!

Ich bin gleich fertig, Herr Präsident. - Das ist vonseiten der Polizei verständlich und das ist auch okay. Aber wir fragen nach wie vor: Können Sie eine Ausweitung dieser Befugnis hier heute ausschließen? Die Gesetzesbegründung sieht etwas anders aus.

Ich darf also abschließend noch einmal um Ihre Zustimmung zu unserem Änderungsantrag bitten und darauf verweisen, dass die Position meiner Fraktion zur vorliegenden Gesetzesänderung davon nicht völlig unabhängig ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort erhält die SPD-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Schippel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Kaiser-Nicht, ich war selbst lange Jahre Mitglied in zwei Polizeibeiräten - einmal beim Präsidium in Cottbus, einmal bei der Wasserschutzpolizei - und habe noch die Arbeit in Erinnerung, die sich zunehmend verändert hat. Damals ging es wirklich um den Aufbau demokratischer Strukturen innerhalb der Polizei und im Außenverhältnis der Polizei. Das hat sich weiß Gott geändert.

Wenn wir uns die enge Zusammenarbeit der 15 Schutzbereiche mit der kreislichen Ebene, mit den Präventionsbeauftragten anschauen - ich habe sie zum Beispiel in meine Kreistagsfraktion eingeladen und es ist überhaupt keine Frage, dass wir dort Auskunft über die Situation im Landkreis bekommen haben -, dann erachten wir Polizeibeiräte in dem geforderten Maß tatsächlich

als überflüssig. Demzufolge, Frau Kaiser-Nicht, werden wir Ihren Antrag ablehnen.

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser-Nicht [PDS])

Verehrte Kollegen der CDU-Fraktion, wir sind froh, dass unser Anliegen von vor zweieinhalb Jahren noch in dieser Legislaturperiode verwirklicht wird. Sie erinnern sich: Mit der Verabschiedung des Gewaltschutzgesetzes auf Bundesebene forderten wir innerhalb der Koalition dazu eine landesgesetzliche Regelung. Das wurde von Ihnen abgelehnt mit dem Hinweis, das sei nicht nötig bzw. die Schulung von Beamten reiche aus.

Als erstes Land hatte damals Mecklenburg-Vorpommern ein Landesgesetz dazu auf den Weg gebracht. Die guten Erfahrungen dort, die Erfahrungen aus dem Bundesgesetz haben offenbar zu einem Umdenkungsprozess bei Ihnen geführt. Wir freuen uns darüber.

Mit der Konkretisierung des Wegweisungsrechtes aus der Wohnung zum Schutz vor häuslicher Gewalt für bis zu zehn Tage wird den eingangs genannten praktischen Erfahrungen Rechnung getragen. Geäußerte Bedenkungen einzelner Richter zur Zeitdauer des Verweises nehmen wir zur Kenntnis, mehr aber nicht. Für uns stehen nicht Bedenken, sondern steht der praktische Schutz der von häuslicher Gewalt Betroffenen im Vordergrund.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)

Auch den anderen Teilen der Gesetzesnovellierung werden wir zustimmen. Die Aufzeichnung von Notrufen dient auch der Sicherheit betroffener Anrufer bzw. der in Not befindlichen Personen.

Mögliche Videoaufzeichnungen bei der Durchführung von Verkehrskontrollen dienen der Sicherheit der Polizistinnen und Polizisten, gegebenenfalls der Rechtssicherheit der Kontrollierten.

Der mögliche Einsatz von Distanzelektroimpulswaffen ist ein humanes Mittel, um Gesetzesbrecher kurzfristig handlungsunfähig zu machen.

Herr Innenminister, mit der Verbindung solcher Themen wie erstens dem Schutz vor häuslicher Gewalt - nach nunmehr zweieinhalb Jahren - und zweitens einer weiteren technischen Ausrüstung der Polizei setzen Sie sich dem Verdacht aus, dass Sie Ersteres nunmehr nach so langer Zeit wollen, um das Zweite zu erreichen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Das ist schade. Sie hätten beides getrennt haben können. Mit Ihrer Zustimmung vor zweieinhalb Jahren, wie es die SPDFraktion damals wollte, wäre manches Leid im Bereich der häuslichen Gewalt vielleicht vermieden worden. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordneter Claus. Er spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Unsere Fraktion wird dem von der Landesregierung vorgelegten Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes zustimmen. Wir begrüßen die Neuregelung ausdrücklich. Das betrifft insbesondere die Befugnisse, die die Polizei hierdurch zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt nun erhält. Hier muss aus Sicht unserer Fraktion ein sofortiges polizeiliches Einschreiten möglich sein. Die Täter müssen sofort von den Opfern getrennt werden und den Tätern muss dabei auch die Rückkehr in den häuslichen Bereich sofort versperrt bleiben; denn dort wurde ja die Gewalt ausgeübt.

Das ist durch ein gerichtliches Eilverfahren ohne konkretes Verfügungsverfahren in der Effektivität nicht zu leisten; denn auch bis zu einer solchen gerichtlichen Entscheidung in einem Eilverfahren vergeht bekanntlich eine gewisse Zeit, in der das Opfer der Gefahr weiterer Gewalt ausgesetzt bleibt. Zumeist sind es Frauen, die betroffen sind. Es sollen auch Fälle vorkommen, bei denen Männer einmal etwas abbekommen. Es bleibt den Opfern dadurch der Weg ins Frauenhaus erspart. Also wird der bis heute bestehende geradezu unhaltbare Zustand, dass die Opfer häuslicher Gewalt zu ihrem eigenen Schutz vor weiterer Gewalt ins Frauenhaus flüchten müssen, während die Täter weiterhin fröhlich in häuslicher Umgebung leben können, endlich überwunden.

Da nun zusätzlich im Ausschuss für Inneres auch noch die letzten Fragen geklärt werden konnten, insbesondere die Wegnahme des Wohnungschlüssels sowie die rechtliche Belehrung, steht unserer Zustimmung nichts mehr im Wege.

Wie gesagt: Wir werden diesem Gesetz zustimmen.

Meine Damen und Herren von der PDS, Ihr Änderungsantrag ist zwar nett gemeint, aber wir werden ihn ablehnen. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält die CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Petke.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Land Brandenburg ist in den letzten Jahren deutlich sicherer geworden. Wir haben dies erreicht, obwohl die Herausforderungen und die Bedrohungen der Sicherheit nicht geleugnet werden können. Als Herausforderung möchte ich an dieser Stelle nennen die Erweiterung der Europäischen Union um zehn neue Mitgliedstaaten, darunter unser Nachbar Polen mit einer immerhin fast 260 km langen gemeinsamen Grenze, und als Bedrohung - wir haben im Plenum und im Innenausschuss mehrfach darüber diskutiert - den internationalen Terrorismus, der uns auch in Zukunft als Bedrohung gegenübersteht.

Dies haben wir insbesondere deswegen erreicht, weil wir unseren Polizeibeamtinnen und -beamten immer das Gefühl und die Sicherheit gegeben haben, dass die Politik, dass die Landesregierung, der Innenminister, aber auch die Koalitionsfraktionen hinter ihnen stehen, wenn sie im öffentlichen Bereich für Recht

und Ordnung sorgen. Darauf, dass wir dies in Brandenburg gemeinsam erreicht haben - das kann ich mit Fug und Recht sagen -, können wir stolz sein.

Die Fakten sprechen für sich. Die Zahl der Straftaten ist in den letzten Jahren zurückgegangen. Wir haben in Brandenburg eine Aufklärungsquote von fast 58 %, ein Wert, der sich in Ostdeutschland, aber auch in Deutschland insgesamt sehen lassen kann. Vor allen Dingen - das ist sehr wichtig, und zwar nicht deswegen, weil es die PDS immer angezweifelt hat, sondern weil es natürlich auch für das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat spricht - ist festzustellen: Die Brandenburger Bürgerinnen und Bürger haben ein sehr großes Vertrauen in die Arbeit der Polizei vor Ort.

Wir haben uns bemüht, gerade für die Sicherheit der Schwachen einzustehen. Als Schwache möchte ich die nennen, die alt sind, die sich nicht mehr so wehren können, die sich zum Teil auch deswegen bedroht fühlen, weil sie in den Medien das Bild präsentiert bekommen, dass in unserer Gesellschaft die Bedrohung ihres Eigentums, die Bedrohung ihrer körperlichen Unversehrtheit doch enorm gewachsen seien. Als Schwache möchte ich insbesondere auch die Kinder nennen, die mit einer großen Erwartung und mit einem großen Vertrauen in die Erwachsenen auf die Welt kommen, dann heranwachsen und in vielen Fällen leider enttäuscht werden, und zwar gerade von Erziehungsberechtigten.

Deswegen ist an dieser Stelle die Änderung des Polizeigesetzes von besonderem Wert, weil wir hiermit sicherstellen, dass die Polizei, wenn es zu einer Tat im häuslichen Bereich kommt, zwischen der Tat und einem Gerichtsurteil durch das zuständige Amtsgericht für zehn Tage einen Platzverweis für den Täter, den Störer, der ja meist männlichen Geschlechts ist, sprich: der Ehemann bzw. Vater ist, aussprechen kann, der dann die Wohnung nicht mehr betreten darf, und diesem Täter auch der Umgang mit den Opfern, mit den Kindern und mit der Frau, untersagt werden kann. Das alles haben wir durch mehrere Änderungen des Polizeigesetzes erreicht.

Vieles ist damals sehr kontrovers diskutiert worden. Ich erinnere an die Videoüberwachung. Darüber hat es auch in der Koalition große Auseinandersetzungen gegeben. Wir haben uns dann auf einen gemeinsamen Weg zur inneren Sicherheit des Landes verständigt. Ich meine, man kann heute sagen: Dieser gemeinsame Weg hat sich bewährt. Gerade die Videoüberwachung vor Ort zeigt große Erfolge und hat in der Bevölkerung eine sehr hohe Akzeptanz.

Aber es gibt Punkte, die noch Sorge bereiten. Das ist zum einen die Kriminalitätsbelastung pro 100 000 Einwohner. Diese ist für ein Flächenland doch sehr beachtlich. Dieses Problem müssen wir gesellschaftlich angehen. Zum anderen ist es die Kriminalität unter Jugendlichen, insbesondere die Gewaltkriminalität, im Übrigen auch die Kriminalität an Schulen. Das ist kein Problem der Polizei allein. Hier bedarf es des Zusammenwirkens vieler Partner: der Schulverwaltung, der Lehrer, der Polizei, der Justiz, der Jugendämter, also all derjenigen, die mit Jugendlichen zu tun haben. Sie alle müssen an einem Strang ziehen und für mehr innere Sicherheit sorgen.

Wir können auf etwas besonders stolz sein. Das ist die Verstärkung der Präventionsarbeit. Mit der erfolgreichen Polizeireform haben wir sichergestellt, dass die Präventionsarbeit in den

Landkreisen und kreisfreien Städten sozusagen institutionalisiert wird, dass dort Ansprechpartner zur Verfügung stehen, die dies dann bündeln und die Prävention voranbringen können.

Die Änderung des Polizeigesetzes wird für ein weiteres Mehr an innerer Sicherheit sorgen, sie wird vor allem für ein Mehr an Schutz von Polizeibeamten sorgen. Der Kollege Schippel hat bereits darauf hingewiesen. Deswegen stimmen wir dieser Änderung des Polizeigesetzes aus voller Überzeugung zu.

Ebenso wie die Kollegen der SPD lehnen wir den Antrag der PDS-Fraktion ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Schönbohm.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Polizeirecht hat wie auch das entsprechende Recht anderer Länder keinen statischen Regelungscharakter, sondern es unterliegt, wie jede andere Rechtsmaterie auch, einem stetigen Anpassungsbedürfnis aufgrund geänderter Verhältnisse und Erkenntnisse. Dabei geht es zum einen um das Sicherheitsbedürfnis unserer Mitbürger, die in unserem Land leben, und zum anderen um die sich wandelnden Methoden von Straftätern und Gefahrenverursachern. Gerade weil wir in Brandenburg über ein vergleichsweise modernes Polizeirecht verfügen, müssen wir mit dieser Entwicklung Schritt halten.

Vor diesem Hintergrund werden mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf Änderungen zum Polizeigesetz geregelt, die Opfern häuslicher Gewalt einen besseren Schutz bieten und den Beamten im täglichen Einsatz klare Handlungsbefugnisse und persönlichen Schutz vor gewalttätigen Angriffen bei Personenund Fahrzeugkontrollen gewähren.

Herr Kollege Schippel, Sie sprachen an, dass wir, wenn wir das eine vor zweieinhalb Jahren gemacht hätten, das andere auch hätten tun können. Wenn Sie mir vor zweieinhalb Jahren eine feste Zusage gegeben hätten, weiß ich nicht, ob wir das damals geschafft hätten. Ich habe auch gerade in Ihrer Pressemitteilung gelesen, dass das heute Ihr Tag ist, da wir das FAG so verabschiedet haben. Ich finde, das ist ein guter gemeinsamer Tag.

Daneben, meine Damen und Herren, geht es auch um die Einführung eines neuen Einsatzmittels, des Elektroimpulsgerätes, mit dem polizeiliche Spezialkräfte bedrohliche Gefahrensituationen effektiv lösen und die dabei bestehenden Verletzungsrisiken für sich wie auch für den Betroffenen wesentlich besser als bislang begrenzen können.

Schließlich werden wir im Wege der Gesetzessystematisierung das Polizeiorganisationsgesetz in das Brandenburgische Polizeigesetz integrieren; denn modernes Polizeirecht ist auch durch eine klare Systematik gekennzeichnet. Durch die Einbeziehung der Regelungen des Polizeiorganisationsgesetzes in das Brandenburgische Polizeigesetz werden hier künftig nicht nur die Aufgaben der Polizei, sondern auch die Zuständigkeiten der Behörden und Einrichtungen klar geregelt.

Die geplante Gesetzesnovellierung beruht daher im Wesent

lichen auf drei Säulen: Opferschutz, Eigensicherung und Rechtsklarheit. Die beabsichtigten Regelungen machen die Maßnahmen der Polizei besser vorhersehbar und erreichen auf diesem Wege auch einen klaren Abschreckungseffekt. Dies gilt insbesondere für das neue Wohnungsverweisungsrecht, die videogestützte Dokumentation von polizeilichen Fahrzeugkontrollen und die Einführung der Elektroimpulsgeräte. Wer genau weiß, welche Folgen sein Gefahren verursachendes Verhalten auslösen kann, wird sein Handeln überdenken. Hieraus ergibt sich ein präventiver Aspekt und damit ein Sicherheitsgewinn für jeden Einzelnen, auch für die Polizeibeamten in unserem Land.